Frage zum Vajrayana

  • Hallo zusammen,


    leider muss ich euch schon wieder um Hilfe bitten :)
    Ich beschäftige mich gerade ausführlich mit dem Vajrayana, also dem Diamantfahrzeug.
    Dort ist die Rede von der "Erlösung durch Erfahrung der All-Identität und Erschließung des Absoluten im eigenen Inneren mittels geheimer psychoaktiver Techniken".


    Die Erfahrung der All-Identität deute ich als Erkenntnis, dass alles miteinander verbunden ist - also auch das eigene Selbst.
    Aber welche psychoaktive Techniken sind hier gemeint? Mantras, Tantra, Niederwerfunden, Meditation?


    Für einen kleinen Schubser auf dem Weg der Erkenntnis bin ich euch wie immer dankbar :)


    Einen schönen Sonntag
    Andy

  • Andy:

    Ich beschäftige mich gerade ausführlich mit dem Vajrayana, also dem Diamantfahrzeug.
    Dort ist die Rede von der "Erlösung durch Erfahrung der All-Identität und Erschließung des Absoluten im eigenen Inneren mittels geheimer psychoaktiver Techniken".


    Wo genau ist so die Rede davon? Das würde helfen, die Aussage besser einzuordnen. Das Vokabular ist etwas ungewöhnlich.


    Zitat

    Die Erfahrung der All-Identität deute ich als Erkenntnis, dass alles miteinander verbunden ist - also auch das eigene Selbst.
    Aber welche psychoaktive Techniken sind hier gemeint? Mantras, Tantra, Niederwerfunden, Meditation?


    Im Grunde gibt es nur eine Buddhanatur, die durch unser aller Augen schaut als individuelle Blickwinkel. Alle Buddhas sind im Wesen gleich (Wesensgleichheit) aber nicht in der Ausdrucksform. Die genannten sind durchaus "psychoaktive" Techniken, wobei die Auflistung Elemente verschiedener Kategorien vermischt. Sie sind aber alle nicht per se "geheim". Es sind auch nicht alle Techniken des Vajrayana "geheim". Es gibt Yidam-Meditationen und besondere Belehrungen, die als geheim gelten aus verschiedenen Gründe. Sowas wie Phowa oder Tummo aus den 6 Yogas von Naropa ist zu riskant, um es ohne ordentliche Einweihung um direkt alleine zu üben. Bestimmte Yidam-Meditationen sind auf ein Individuum und seine speziellen Störungen maßgenau zugeschnitten und sollten daher nicht geteilt werden, weil andere damit zumindest wenig Erfolg haben werden, so wie ein Maßanzug nur seinem Besitzer perfekt passt. Wieder andere sind erst ab einer gewissen Stufe der geistigen Entwicklung verständlich, so dass man sich Hindernisse aufbauen kann, wenn man sich zu früh damit beschäftigt. Es geht nie um Geheimniskrämerei oder Esoterik zum Selbstzweck.


    Als Definition für den Vajrayana taugt das Zitat so für sich stehend aber nicht und ist allenfalls schwammig. Das ist es nicht, was den Vajrayana von anderen Wegen abgrenzt.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Hab die Quelle gefunden, eine Wikipedia-Seite die einen Überblick über die Schulen und Wege bieten soll. Die ist aber sehr dürftig und von zweifelhafter Aussagekraft.


    Lies besser mal das hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Vajrayana das ist wesentlich klarer und ausführlicher:


    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Hier noch ein Zitat von Dzogchen Ponlop Rinpoche, aus "Der Geist überwindet den Tod" (S. 67)


    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • @ Voom: Bist du sicher, dass "Stolz" hier richtig übersetzt ist ? Weil jemand der `stolz` was verkündet und darstellt kann nicht erleuchtet sein nach Lehre. Stolz ist auch, wie "ihr" sagt, ein "Störgefühl", ergo Trübung, ne Fessel.

  • blue_apricot:

    @ Voom: Bist du sicher, dass "Stolz" hier richtig übersetzt ist ? Weil jemand der `stolz` was verkündet und darstellt kann nicht erleuchtet sein nach Lehre. Stolz ist auch, wie "ihr" sagt, ein "Störgefühl", ergo Trübung, ne Fessel.


    Vajra Stolz im Tantra ist etwas anderes wie das Geistesgift/ Störgefühl "Stolz". Die Übersetzung ist richtig :)

  • Sherab Yönten:
    blue_apricot:

    @ Voom: Bist du sicher, dass "Stolz" hier richtig übersetzt ist ? Weil jemand der `stolz` was verkündet und darstellt kann nicht erleuchtet sein nach Lehre. Stolz ist auch, wie "ihr" sagt, ein "Störgefühl", ergo Trübung, ne Fessel.


    Vajra Stolz im Tantra ist etwas anderes wie das Geistesgift/ Störgefühl "Stolz". Die Übersetzung ist richtig :)


    Ja. Stimmt. Wohl "Freude / Gewissheit"


    Kann aber wohl auch eine ungünstige Identifikations-Mixtura ergeben ?:


    Zitat

    Damit meine ich, dass wir uns selbst als die Gottheit identifizieren müssen. Das ist der Vajra-Stolz und hat nichts mit gewöhnlichem Stolz zu tun, wo jemand besser als der andere ist usw. Die Praxis des Vajra-Stolzes ist, dass man überzeugt ist, in diesem Moment bin ich die Gottheit, die Weisheitsgottheit mit allen Eigenschaften. Wenn wir den Vajra-Stolz praktizieren, werden wir möglicherweise uns als die Gottheit erkennen. Wir werden unsere Identität kennen und das wird ausreichen. Vajra-Stolz ist eine interessante Praxis. Als ich in Tibet war, war ich der geachtete Sohn eines hohen Lamas. Ich empfand mich als etwas Besonderes. Als ich nach Indien kam, lebte ich als Bettler, aber ich war ein besonderer Bettler, weil meine Gewohnheit, mich besonders zu fühlen, noch immer da war. Nun bin ich im Westen und gebe vor, ein besonderer Lama zu sein! Meine Umstände haben sich geändert, aber anscheinend projiziere ich noch immer ein gutes Bild. Mein ganzes Leben hindurch scheint es so, dass mein Glaube an eine gute Vorstellung sehr hilfreich gewesen ist. Ich bin sehr zuversichtlich darin, euch anzuweisen, wenn ihr das Selbstbildnis von Guru Rinpoche annehmen könnt, dann wird es sehr hilfreich sein, was immer euch geschieht.

    https://enricokosmus.wordpress.com/page/13/


    Nun ja, geht mich nix an, wollte nur mal nachfragen.

  • Der Ausdruck "Vajra-Stolz" taucht vor allem in Nyingma-Übertragungen auf, da ein typischer "Nyingma-Charakter" eher mit Stolz und Zorn zu tun hat und daher mit dem Vajra-Stolz eine Form der direkten tantrischen Umwandlung praktizieren kann. Im Kagyü-Kontext wird man den Ausdruck eher nicht so oft hören / lesen. Da wird eher die Begierde von weltlichen Dingen auf Dharmaaktivitäten umgelenkt.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • VOOM108:

    Im Kagyü-Kontext wird man den Ausdruck eher nicht so oft hören / lesen


    Da bin ich mir nicht sicher. Vielleicht nicht wortwörtlich, aber schon sinngemäß.
    Bei den Gelupga heißt es "göttlicher Stolz".

  • Ja, inhaltlich taucht das natürlich schon auf. z.B. so: "einbeziehender Stolz" statt "ausgrenzender Stolz". Also "wir haben alle die Buddhanatur, wir sind alle irgendwie spannend und toll" statt "ich bin besser als Du". Das ist aber nochmal ein bischen was anderes.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • VOOM108:

    Ja, inhaltlich taucht das natürlich schon auf. z.B. so: "einbeziehender Stolz" statt "ausgrenzender Stolz". Also "wir haben alle die Buddhanatur, wir sind alle irgendwie spannend und toll" statt "ich bin besser als Du". Das ist aber nochmal ein bischen was anderes.


    Für mich ist das dasselbe. "Ich bin spannend und toll und du auch iwie, kommt aber auf die Tagesverfassung an, sorry " :) Einbeziehend ist ausgrenzend.

  • blue_apricot:

    Einbeziehend ist ausgrenzend.


    Hä? Wenn ich alle einbeziehe, was hier gemeint ist, dann ist niemand ausgegrenzt.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • VOOM108:
    blue_apricot:

    Einbeziehend ist ausgrenzend.


    Hä? Wenn ich alle einbeziehe, was hier gemeint ist, dann ist niemand ausgegrenzt.


    Wie kannst Du/Ich denn "alle einbeziehen" - und warum überhaupt; vielleicht will ja gar niemand einbezogen werden in "Ich bin toll, ich bin spannend, ich habe Buddhanatur", denn das hat das ne spürbare Schattenseite. Außerdem wird erst jemand oder etwas einbezogen wenn es zuvor ausgegrenzt wurde, so wie bei Inklusion.
    Auf der konventionellen Ebene ist Stolz einfach Stolz, Stolz stützt das veränderliche Selbstbewusstsein und dieses den Stolz, und auch wenn man da ein Etikett draufklebt hält man doch nur ein Selbstbild aufrecht - künstlich. Nur ist das alles vergänglich. Furcht und Schuld und Ohnmacht und all das Gekröse bleibt darunter verborgen, arbeitet aber und kommt wieder hoch, wenn der davon getriebene Kreislauf der Selbsterhöhung bröckelt.
    Von der "anderen Ebene" - Shunyata- von Gewissheit, Freude, Souveränität und Standhaftigkeit, welches sich auf gar nichts stützt, wo ich meine, dies könnte wohl gemeint sein mit Vajra Stolz, brauchen wir gar nicht erst sprechen, solange Bevorzugung ( Einbeziehen ) und Abneigung ( Ausgrenzung ) läuft. Shunyata ist oft genug auch nur Vorstellung, die "absolute Sichtweise" - ohne Geschmack davon allenfalls von philosophischem Wert.