Selbstverteidigung und Buddhismus

  • Ich wollte das lieber aus einem anderen Thread abtrennen, aber ich finde das wichtig zu diskutieren. In einigen Tantras und Pujas geht es, wortwörtlich übersetzt, darum, dass man Feinde des Dharma zerstören soll oder die Schützer bittet, diese zu zerstören. Natürlich geht es in den Tantras und Pujas um die inneren Feinde, also um eine rein esoterische Bedeutung und Bilder für etwas, das im übertragenen Sinne innerlich passiert. Ich persönlich finde auch da eine weniger martialische Sprache und Umgangsweise besser, wie sie z.B. eben in "Den Dämonen Nahrung geben" von Tsültrim Allione beschrieben wird.


    Aber darum geht es mir hier jetzt gar nicht. Viele haben eine Idealvorstellung von einem Shangrila oder einer buddhistischen Kultur, die völlig friedfertig ist. Auf der Erde gibt und gab es keine mir bekannte Gesellschaft, die diesem Ideal auch nur annähernd nahe kommt. Aber nehmen wir mal so eine fiktionale oder utopische Gesellschaft und setzen sie auf die Erde, so wie es in Aldous Huxleys "Eiland" beschrieben wird. Wenn die Vorstellung von einer friedfertigen Kultur keinerlei Aspekte der (Selbst)verteidigung vorsieht, ist sie dann nicht gefährdet, durch die Umwelt geschluckt zu werden, wie es in "Eiland" letztlich passiert? Buddhistische Klöster waren z.B. in China immer wieder durch Plünderungen und Raubüberfälle bedroht. Daraus ist die Tradition der "Kampfmönche" entstanden, die durch Kung Fu für den Schutz der Klöster zuständig waren.


    In einem größeren Rahmen ist mir keine buddhistischen Kultur bekannt, die sich kriegerisch ausgedehnt hätte, oder "Feinde" unprovoziert angegriffen oder getötet hätte. Umgekehrt ist aber der Buddhismus in der Geschichte immer wieder bedroht und teilweise in einigen Regionen sogar völlig verdrängt worden.


    Obwohl es in Tibet eine martialisch klingende Esoterik-Tradition gab, hatten die Tibeter dem chinesischen Übergriff so gut wie nichts entgegen zu setzen. Tatsächlich waren sie lange Zeit so naiv, dass sie geglaubt haben, den Konflikt friedlich lösen zu können. Die offizielle Haltung der Exilregierung ist trotz des Genozids immer noch, eine gütliche Einigung mit den Chinesen zu finden.


    Spricht das alles für die Lesweise einiger Kritiker, es gäbe in den Tantras Hinweise auf eine exoterische, auf feindliche Menschen bezogene Tötungsabsicht? Gibt es in der Geschichte der Welt irgendwelche Hinweise, dass mit dem Kalachakra-Tantra (das nicht mal zu den originär buddhistischen Tantras gehört) einen exoterische Weltherrschaftsabsicht verbunden sein könnte und keine esoterische Umwandlung der inneren Welt des Praktizierenden? Kennt irgend jemand von Euch einen praktizierenden (tibetischen) Buddhisten, der andersdenkenden wirklich massiv Schaden zufügen will?


    Man kann sich eine Menge Erhirnen, wenn man die Dinge unbedingt so sehen will. Aber letztendlich braucht man sich nur die Früchte der Praxis und das reale Geschehen in der Welt anzusehen, um solche Lesweisen zu entkräften. Selbst da, wo kritikwürdige Dinge geschehen, muss man doch immer feststellen, dass diese nicht wegen der buddhistischen Lehren passiert sind, sondern trotz dieser - sonst hätte das ganz anders ausgesehen...


    Ich würde sogar sagen, dass es mehr Buddhisten geben müsste, die bereit und in der Lage sind, sich selbst und eine friedliebende, Frieden liebende, Kultur und Gesellschaft (ob buddhistisch oder säkular geprägt) gegen unprovozierte Angreifer zu verteidigen. Die Tantras geben Hinweise darauf, wie man es schaffen kann, das zu tun, ohne buddhistische Gelübde zu verletzen und den eigenen Weg zur Erleuchtung zu blockieren oder zu zerstören. Buddhisten, die alle wegrennen, sobald es schwierig wird, kann die Welt nicht gebrauchen und das könnte auch dazu führen, dass der Buddhismus verloren geht. In unserer Lebenszeit brauchen wir dann nicht mehr damit rechnen, dass uns wieder ein Buddha den Dharma bringt. Dann brechen erst einmal sehr dunkle Zeiten an.


    Wie seht ihr das?

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Mein Verständnis von der Lehre Buddhas schließt Selbstverteidigung nicht aus. Ich muss da keine argumentativen Verrenkungen machen. Wenn ich angegriffen werde, dann wehre ich mich. Dadurch entsteht kein negatives Karma/Gewohnheit.
    Beispiel: Wenn mich ein farbiger Mann attackiert und ich wehre mich, dann ist das in Ordnung. Negative Gewohnheiten würden dann daraus resultieren, wenn ich von nun an ständig Angst hätte, vor allen Männern Angst entwickeln würde, rassistisches Denken Platz finden würde, ich meinen Zorn über das Geschehnis an Anderen auslassen würde, von nun an eine Befürworterin der allgemeinen Bewaffnung werden würde usw.


    Einen Menschen zu verteidigen ist auch problemlos. Daher habe ich kein Problem damit, wenn die IS abgewehrt wird.
    Den Buddhismus möchte ich nicht verteidigen. Mag sein, dass er mal verloren geht. Aber der Dharma nicht. Was Besonderes ist er auch nicht. Die Menschen kommen überall von alleine darauf. Das sieht man, wenn man sich mit anderen Religionen beschäftigt oder einfach mal die Menschen in ihren Erfahrungen beobachtet.
    Zu meiner Lebzeit muss kein Buddha kommen, es sind genügend von ihnen unterwegs und viele kennen die Schriften.
    Sehr dunkle Zeiten ...? Vor dem Erscheinen des Herrn Gautama war die Welt sicher auch nicht viel dunkler. Und jetzt halte ich sie nicht für heller. Dunkel wird es erst, wenn wir die Erde kaputt gemacht haben oder ein Meteorit hier einschlägt.


    Zitat

    Spricht das alles für die Lesweise einiger Kritiker, es gäbe in den Tantras Hinweise auf eine exoterische, auf feindliche Menschen bezogene Tötungsabsicht? Gibt es in der Geschichte der Welt irgendwelche Hinweise, dass mit dem Kalachakra-Tantra (das nicht mal zu den originär buddhistischen Tantras gehört) einen exoterische Weltherrschaftsabsicht verbunden sein könnte und keine esoterische Umwandlung der inneren Welt des Praktizierenden? Kennt irgend jemand von Euch einen praktizierenden (tibetischen) Buddhisten, der andersdenkenden wirklich massiv Schaden zufügen will? ]


    Solche Leute gibt es mit Sicherheit.
    Das mit dem Kalachakra, der Weltenherrschaft und all den Vorwürfen halte ich auch für Unsinn.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Danke :)


    Zitat

    Den Buddhismus möchte ich nicht verteidigen. Mag sein, dass er mal verloren geht. Aber der Dharma nicht. Was Besonderes ist er auch nicht. Die Menschen kommen überall von alleine darauf. Das sieht man, wenn man sich mit anderen Religionen beschäftigt oder einfach mal die Menschen in ihren Erfahrungen beobachtet.
    Zu meiner Lebzeit muss kein Buddha kommen, es sind genügend von ihnen unterwegs und viele kennen die Schriften.
    Sehr dunkle Zeiten ...? Vor dem Erscheinen des Herrn Gautama war die Welt sicher auch nicht viel dunkler. Und jetzt halte ich sie nicht für heller. Dunkel wird es erst, wenn wir die Erde kaputt gemacht haben oder ein Meteorit hier einschlägt.


    Was ich meinte, war eine Distopie davon, dass der Dharma wirklich völlig verloren geht, als Gedankenspiel. Wobei ich unter "Dharma" nicht unbedingt den Buddhismus als Religion meine, sondern den Inhalt der essentiellen Lehren. Die Idee der "dunklen Zeiten ohne Dharma" ist aus den tibetischen Belehrungen entlehnt, wo zwischen den historischen Buddhas dunkle Zeiten ohne Dharma liegen. Da ist Siddharta der 4. von 1000 in diesem Kalpa (Zeitalter)...


    Ich bin mir nicht sicher, in welchem Umfang man wirklich alleine auf den Kern stossen kann. Vielleicht vereinzelt, aber wenn der Weg dahin nicht in einem Lehrgebäude gebündelt ist, an dem viele Menschen sich orientieren können, reicht es vielleicht nicht um in der Welt irgendwas zu verändern.

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    • Offizieller Beitrag

    Ich denke, es passiert leicht, das man das "Eigene" ( das mit dem man sich identifiziert) als gut und rein ansieht und alle Probleme im Aussen sieht. Gewalt entsteht ja ganz häufig aus dem Bedürfnis sich verteigen zu müssen. Selbst Hitlers Angriff auf Polen wurde ja damit begründet man müsse "zurückschiessen". Also sich verteidigen.


    Wenn man Buddhismus als sein "Eigenes" ansieht, dann wird man sehr gerne feststellen wollen, dass überall wo der Buddhismus herrschte, Frieden und Gewaltfreiheit dominierten. Stimmt diese Sicht nicht mit der Realität überein, dann wird man das unbuddhitischesn Einflüssen von Aussen zuschreiben. Da man ja gerne denkt, dass ein buddhitische Gesellschaft ja per Definitionem gut, freundlich und positiv sein muss.


    Aber ist das wirklich so? Buddha sagt, dass Leben Dukkha ist. Und das, dass hier Samsara ist. Es gibt keine "buddhitisch befreiten Zonen", keine "reinen Länder", zu deren Verteidigung man sich an der Grenze aufreihen könnte. Samsara hier und auf der anderen Seite der Grenze. (Auch Buddhas "Feind" Devadatta war niemand, der das Mönchstum von aussen angriff sondern jemand, dem Buddhas Auslegung zu milde/lasch war. Jemand der die Reinheit des Dharma notfalls vor Buddha selbst schützen wollte.)


    Das grossartige und verführerische an Mythen ist ja, dass sie gut klingen und sich so richtig "anfühlen" Auf der einen Seite das friedfertige Tibet auf der anderen Seite die bösen, materialistischen Chinesen, die einen Genozid verübten. Den man naiv und friefertig erduldete.Dort die bösen, kapitalistischen Cowboys hier die freidfertigen Indianer die achtsam und in Harmonie mit der Natur leben. (Aber hat nicht der leibliche Bruder des Dalai Lama zusammen mit dem CIA eine Guerilla-Armee aufgestellt? Aber der CIA sind doch die Cowboys oder? )


    Weil heilige Menschen (in buddhitischen Ländern und in anderen) immer eine rare Spezies ist, macht es Sinn in seinen Betrachtungen von "normalen/verblendeten Menschen" auszugehen. Die sich in buddhitischen Ländern natürlich auf Buddha berufen, in Christlichen auf Gott und in China auf das Gemeinwohl, die bei allen Lippenbekentnissen aber vor allem ihre eigenen Interessen durchziehen wollen.


    Ist jemand martialisch gesinnt, dann kannst du ihm welchen Text auch immer geben, er wird das reininterpretieren, was er rauslesen will. Und wenn er jemand umbringen will und dann macht er eine kleine hausinterne Ausschreibung für einen korrupten Schriftgelehrten, der ihm das hinbiegt, und es wird sich einer finden. Egal ob es sich bei dem Text um ein Tanra, ein Evangelium oder das Telefonbuch handelt.


    Der Buddhismus geht dann verlogen, wenn man ihn dazu benutzt ein "Selbst" zu verteidigen.


    Auch wenn dieses "Selbst" siebenmal buddhitisch gesegnet mit Lametta, Reliquien und Weihrauch ist.

  • Zitat

    Wenn man Buddhismus als sein "Eigenes" ansieht, dann wird man sehr gerne feststellen wollen, dass überall wo der Buddhismus herrschte, Frieden und Gewaltfreiheit dominierten. Stimmr diese Sicht nicht mit der Realität überein, dann wird man das unbuddhitischesn Einflüssen von Aussen zuschreiben. Da ein buddhitische Gesellschaft ja per Definitionem gut, freundlich und positiv sein muss.


    So meine ich das nicht. Ich finde schon, dass wir genug Aussenblickwinkel und halbwegs "objektive" Geschichtsschreibung haben, um das differenziert betrachten zu können. Ich halte weder Tibet für ein Shangrila - deswegen schreibe ich ja auch, dass es keine ideale Gesellschaft auf der Welt gibt oder gab - noch ist Buddhismus "mein Eigenes". Ich habe einen recht weiten Blickwinkel und habe ich mich genauso intensiv mit christlicher Mystik, südamerikanischem Schamanismus und den Runen beschäftigt, um nur ein paar Beispiele zu nennen.


    Betrachten wir die Geschichte doch wirklich mal nüchtern: ja, Tibet hatte seine massiven Konflikte und Missstände im Inneren. Aber hat es jemals im Namen des Buddhismus einen Krieg begonnen? Hat ein anderes Land im Namen des Buddhismus einen Krieg begonnen? War es nicht eher so, dass ein umfassendes Auftauchen des Buddhismus in einer Gesellschaft eher kriegerische Tendenz gemindert hat?


    Zitat

    Auf der einen Seite das friedfertige Tibet auf der anderen Seite die bösen, materialistischen Chinesen, die einen Genozid verübten. Den man naiv und friefertig erduldete.


    Immerhin hat Tibet kein anderes Land angegriffen und ich wüsste nicht, dass Tibet China irgend einen Grund geliefert hätte. Das war komplett unprovoziert und maximal historisch begründet (ähnlich wie derzeit die Vereinnahmung der Krim durch die Russen historisch begründet wurde...). Als der Krieg begonnen hat, hat Tibet schon versucht sich zu wehren und den Angriff nicht einfach erduldet. Aber sie waren im Grunde fast völlig unvorbereitet auf sowas...


    Im Gegensatz dazu haben eigentlich fast alle anderen grossen Religionen im Namen ihrer Religion Krieg geführt oder führen innere blutige Konflikte bis hin zum Terrorismus. Auch heute...


    Mir geht es jetzt nicht um eine spirituell-philosophische Diskussion über das Selbst; sowas gibt es hier ja schon zur Genüge. Es ist eher die Frage, wie sich der Buddhismus auf die weltliche Entwicklung einer Gesellschaft oder eines Menschen auswirkt und ob nicht auch eine friedfertige Lehre dringend Elemente braucht, die zeigen, wie man sich schützen und wehren kann, wenn man angegriffen wird.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
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  • @ Voom:


    Zitat

    Buddhisten, die alle wegrennen, sobald es schwierig wird, kann die Welt nicht gebrauchen und das könnte auch dazu führen, dass der Buddhismus verloren geht.


    Lieber Voom,


    Klug denkst du und zauberst immer wieder tiefsinnige, informative Zeilen hervor. Du liebst den Diamantweg. Diesen Idealismus kenne ich. Doch er verkennt Ursache und Wirkung. Davon ist kein Phänomen frei. Die Lehre geht verloren wenn die Bedingungen entsprechend vorherrschen. Du kannst nichts dagegen tun, außer zum Wohle aller Wesen zu üben. Buddhisten rennen weg, weil sie die Geistesgifte verdinglichen. Es gibt dafür Ursachen.


    Liebe Grüße
    al-Nuri

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

    • Offizieller Beitrag

    Wie gesagt: Nur die allerwenigsten Menschen/Buddhisten sind Heilige.
    Der riesige Rest sind verblendete/egoistische Menschen, die sich alles irgendwie hindrehen.


    Und deswegen muss man sich, gar keine Sorgen machen, dass der Dharma möglicherweise nicht korrumpiert genug ist.
    Und man braucht keine Angst haben, dass er uns zu pazifistischen Schlappschwänzen erzieht, die bloss geduldig lächeln anstatt den Feind zu meucheln.
    Wird es ungemütlich findet sich immer irgendwo zuerst ein Argument und dann eine Waffe.


    Auch Tibet hat ja gegen China nicht deswegen den Kürzeren gezogen, weil sie so pazifitisch und geduldig waren, sondern weil das Land einfach schwächer, kleiner und altmodischer war. Den benachbarten Uiguren in Xinjiang ging es trotz ganz anderer Kultur genauso. Zuerst wurde ihnen einen Autonomie zugesprochen, dann wurden sie radikal assimiliert und einverleibt.


    Als Tibet chinesische Länder eroberte, wurde das natürlich vollkommen anders gesehen. Der Gründer des tibetischen Reichs, das natürlich durch eine lange Kette von Eroberung entstand, wird von den Tibetern als grosser Mann und Emmnation von Avalokiteshvara gesehen.Wohl weil es ja gegenüber dem eigenen Volk sehr mitfühlend ist, wenn man möglichst viele Nachbar besiegt. Oder weil man dazu saugutes Karma und viel Segen braucht.
    Oder weil es der Verbreitung des Buddhismus dient und damit ganz grossartig ist.


  • Zu der Zeit war aber Tibet doch noch gar nicht buddhistisch, oder?
    Wenn es tatsächlich jetzt Tibeter gibt, die das so sehen, dann halte ich das für eine grosse Verwirrung.


    Ich bin aber nicht überzeugt, dass da im Namen des Buddhismus ein Eroberungskrieg geführt wurde.
    Das macht ja schon einen gravierenden Unterschied.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
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  • mkha':

    Brian Daizen Victoria hat bereits in zwei Büchern den unseligen ideologischen Beitrag prominenter Vertreter des Zen-Buddhismus zur Legitimation der japanischen Aggressionspolitik im Zweiten Weltkrieg untersucht. Dies setzt er hier fort und wendet sich dagegen, solche Personen überhaupt noch als Buddhisten zu bezeichnen, ein Standpunkt, der verständlich, aber nicht unproblematisch ist.


    Die Veröffentlichung des Buches "Zen at War" war eine wirklich dankenswerte Tat, und auch wenn sich heute nach über 20 Jahren herausgestellt hat und allgemein anerkannt wird, daß auch schon für die erste Ausgabe in weiten Teilen ganz schlampig recherchiert wurde, so daß die dortigen Urteile (insbesondere in der Second Edition, in der man ja die sachlichen Unrichtigkeiten hätte ausbügeln sollen) über Personen nur als völlig absurd bezeichnet werden können, so ist doch eine Debatte angestoßen worden, die für das Verständnis struktureller Bruchstellen religösen Denkens ungemein wichtig ist. Dazu gehört das auch, was ich als wirkliche Befreiung erlebe, daß wir auch zu den prominentesten unter unseren Vorfahren öffentlich erklären: "Da hat er vollkommen geirrt."

    • Offizieller Beitrag
    VOOM108:

    Ich bin aber nicht überzeugt, dass da im Namen des Buddhismus ein Eroberungskrieg geführt wurde.
    Das macht ja schon einen gravierenden Unterschied.


    Wenn man eine Krieg führt, dann benutzt man, um nicht als Unmensch dazustehen (und die Leute zu mobilisieren) irgendeine Ideologie, die die eigene "kollektive Identität" beschreibt. Dann kämpft man, um die grossartige eigenen Zivilisation zu verteidigen und ihren Machtbereich zu vergrössern. Religion spielt da nur insofern eine Rolle, als sie eine gute Grundlage für so eine Identität (alles was uns heilig ist) darstellt.


    Der Buddhismus hat das grosse Glück, das er als Staats/Identitätsideologie nicht so gut taugt. Weswegen man, im Zweifelsfall etwas anderes verwendet, was gerade zur Hand ist. So hatten die Thai- und Khmerkönige vorwiegend eine Hindu-Ideologie während Japan den Shintoismus missbrauchte. Aber eigentlich hatte diese Staatshinto-Ideolgie doch wenig mit dem Shintoismus zu tun. So wenig wie die Ideologie der Nazis mit Goethe und Schiller. Es wurde einfach vorhandenes genommen und in eine Identitäts-Ideologie umgewandelt.


    Weil es nicht um die Religion als Religion geht sondern sie nur als Vorwand benutzt wird, kann das jeder Religion passieren. Und dass das nicht passiert, kann man sich selber nicht als Verdienst anrechnen. Man sieht doch in Myanmar, wie schnell das geht. Fühlt man sich in seiner Identität bedroht, dann finden sich sofort welche, die diese Identität mit schützten wollen und in ihrem Namen hetzten und Milzen organiiseren. Oder nimmt Sri Lanka, wo im Namen des Buddhismus die Tamilen unterdrückt werden. So wenig, wie man es dem Buddhismus vorwerfen kann, wenn irgendwelche Iditoten ihn missbrauchen, so wenig braucht man es sich grossartig anrechen, wenn das nicht passiert. Wären die Singhalaesen Christen würden sie die Tamilen wohl mit Bibelzitaten dissen.

  • Na ja, also jede Religion hat schon ein strukturelles Problem, nämlich, daß sie Ansprüche an "überweltliche" Wahrheit geltend macht, die dann iwie auf ihre "Vertreter" übertragen und die von dort wieder ins Weltliche getragen werden. Erst wenn wir selbst tatsächlich aufhören, an die unbedingte Autorität unserer "Meister", Gurus, Priester und religiöser "Rechtsgelehrter" zu glauben, würde sich da was ändern. Was aber strukturell fast unmöglich ist, wenn wir uns von ihnen Antworten erhoffen, die uns aus unserem Leiden erlösen.

    • Offizieller Beitrag
    bel:

    Na ja, also jede Religion hat schon ein strukturelles Problem, nämlich, daß sie Ansprüche an "überweltliche" Wahrheit geltend macht, die dann iwie auf ihre "Vertreter" übertragen und die von dort wieder ins Weltliche getragen werden. Erst wenn wir selbst tatsächlich aufhören, an die unbedingte Autorität unserer "Meister", Gurus, Priester und religiöser "Rechtsgelehrter" zu glauben, würde sich da was ändern. Was aber strukturell fast unmöglich ist, wenn wir uns von ihnen Antworten erhoffen, die uns aus unserem Leiden erlösen.


    Stimmt. Man kann es sogar umgekehrt sehen: Also dass Religion ursprünglich dazu diente, das "Kollektive" auszudrücken, also das was das Individuum übersteigt z.B Stammesregeln, Sitten und ähnlcihes. Die ganze Gefühlsorndung der Gruppe. Das kollektive Egos, das den einelnen dazu bringt, sich für das Wohl der Gruppe einzusetzten und in Kriegen gegen andere Gruppenegos zu ziehen. Und erst indem nach zunehmender Arbeitsteilung andere Formen (Staaten, Gesetzte, Schulen, Verwaltung, Medien ) diese kollektiven Aufgaben übernahmen, blieben für die Religion die eher philosophischeren Bereiche (Sinnsuche, Spiritualität ) übrig. Wobei selbst die "überweltliche" Wahrheiten immer noch den Geruch von Norm und Autorität mit sich tragen.


    Von daher müsste man an jeder Religion die Frage stellen, inwieweit sie sich vom "Stammes-Ego" Denken gelöst hat. Und je näher man diesem ist, desto leichter kann man das wieder als Stammes-Ideologie benutzten.


    Ich denke ein Stammes-Selbst ist immer eine Form von Atman und es ist vor allem die Anatta-Lehre, die Versuchung entgegenwirkt, dass man ein kolletives Selbst gegen einen aussenstehenden Feind aufrichtet.


    Wobei man dann natürlich auch unglaublich stolz sein kann, dass die eigene Religion im Gegensatz zu den anderen abergläubischen Konstrukten eine Anatta-Lehre hat. Und sich daraus wieder eine Identität bastelt. Meine obige Argumentation gegenüber Voom hatte villeicht von daher etwas unehrliches, als ich da wohl eher gegen die naheliegende Tendenz angeschrieben, den Buddhismus als was in der Hinsicht überlegens zu sehen. Also um nicht in einen Dünkel zu verfallen.

  • Danke für diese konstruktiven und aufklärenden Beiträge :) Durch deren (teilweise überraschende) Differenziertheit ist damit für mich die historische Perspektive jetzt wesentlich klarer geworden...


    Aktuell und für den Einzelnen, eine Ebene die ich ja vor allem auch angesprochen habe, kann man ja fast zwei Fragen stellen: kann ich den Buddhismus als Begründung anführen, nichts gegen Aggressoren zu tun? und: kann ich den Buddhismus als Begründung anführen, etwas gegen Aggressoren zu tun? (Ausser meditieren für den Frieden)


    Aus buddhistischer und moderner säkularer Perspektive, wo es um die Verteidigung einer säkularen friedlichen Gesellschaft geht, in der dankenswerter Weise eine Trennung zwischen Religion und Staat existiert, ist meine Antwort: ich kann beides tun, sollte aber in beiden Fällen nicht den Buddhismus als Entscheidungsgrundlage hernehmen oder vorschieben. Es ist eine persönliche Entscheidung, die der Buddhismus weder legitimiert, noch ausschliesst.


    Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass ich in jeder gefährlichen Situation ohne körperlichen Kampf bestehen konnte, indem ich ganz andere Mittel angewendet habe. Nämlich innere Mittel, z.B. indem ich die Aggression des Angreifers einfach habe ins Leere laufen lassen, wo sie verpufft ist. Ich konnte im Grunde alles konsequent "diplomatisch" lösen.


    Bei einer Massenschlägerei vor vielen Jahren, wo nachher sogar Messer gezogen wurden, wurde ich, um Freunden zu helfen, die meinten, schlichten zu müssen, mitten in das Getümmel gezogen - und habe z.B. Leute auseinander gezogen und getrennt gehalten, viele die aus Zorn Eingreifen wollten mit geschickten Argumenten weggeschickt usw. Ein Messer fuhr wenige Millimeter an mir vorbei, hat mich nicht berührt, aber weil ich da stand, auch niemand anders getroffen. Am Ende war ich mit den Freunden, die schlichten wollten, unter den einzigen, die neben einem schwer verletzten auf die Polizei gewartet haben, die wir selbst zuvor informiert hatten.


    Ich habe in der Situation rein instinktiv gehandelt und kannte keine Kampfkünste. Es geht also auch ohne, wenn man die richtige Einstellung hat. Trotzdem mache ich inzwischen Aikido, um meine Fähigkeiten auszubauen und vor allem den Körper mit Reaktionsmustern zu schulen, die dieser ja umsetzen können muss. Ganz im Sinne der Aikido-Philosophie würde ich keinen Kampf aufnehmen, der nicht vermeidbar ist und wenn er völlig unvermeidbar ist, versuchen dem Angreifer keinen Schaden zuzufügen und ihn nur zu blockieren.


    Die Frage kann vielleicht wirklich nur jeder Einzelne für sich selbst beantworten, Buddhismus hin oder her, einfach als Mensch.

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  • Zitat

    kann ich den Buddhismus als Begründung anführen, etwas gegen Aggressoren tun? (Ausser meditieren für den Frieden)


    Abgesehen davon, dass ich mein Herz sprechen lasse und dieses Vorrang hat, kann ich für mich diese Frage mit Ja beantworten.
    Da ist z.B. das Gelübde andere zu schützen. Da ist die Erkenntnis, dass Schlimmeres verhindert werden muss, damit andere Menschen heute und auf lange Sicht die nachkommenden Generationen keinen oder so wenig Schaden nehmen.


    Letzteres ist auch die Bedingung für die "Wahl der Waffen". Das bedeutet für mich erst mal deskalierend zu wirken und die Mittel steigern sich dann angemessen. Das ist aber eine Sache der gründlichen Erwägung und kann nicht per Liste entschieden werden, auch weil viele Faktoren eine Rolle spielen.
    Sicher geht vieles ganz ohne Gewalt, gerade in Situationen, die Du geschildert hast. Im rechten Moment wegzulaufen gehört für mich dazu (womit ich jetzt nicht Dich meine).
    Töten ist wohl manchmal das letzte Mittel. Wobei ich es wichtig finde, dass es dann nicht um das Töten gehen sollte, sondern um das Blockieren, wie Du es nennst: IS-Terroristen werden wohl schwer zu blockieren sein ohne sie zu töten. Das erschreckt mich besonders.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Das wäre ein Pladoyer für einen "engagierten Buddhismus" - da gibt es ja solche Zusammenschlüsse unter dem Namen :) Und da geht es ja auch nicht darum, den Buddhismus an sich zu schützen, sondern sich in der Welt engagiert einzusetzen. Das muss dann aber letztlich im Detail auch wieder jeder nach der eigenen Vorstellung von dem, was gut und richtig ist, tun... Die mag durch die buddhistische Praxis beeinfusst sein, aber mir scheint der Buddhismus gibt jenseits von gewissen Grundregeln sehr wenig davon vor. Und selbst die Grundregeln müssen offenbar manchmal übertreten werden. So muss dann ultimativ jeder sein Handeln vor allem vor sich selbst verantworten können.

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  • Voom:


    Zitat

    Und da geht es ja auch nicht darum, den Buddhismus an sich zu schützen, sondern sich in der Welt engagiert einzusetzen.


    Ach was. Der " sozial engagierte Buddhist" , begreift er sich selber so, und das tut er/sie, sonst gäbe es diesen Begriff gar nicht, ist natürlich missionierend und kompensierend unterwegs. Denn tue ich einfach im Einklang mit dem Wesen, dann brauch ich mir das doch nicht vergolden lassen.
    Wie heißt es so schön: Selbst wenn die Sonne im Westen aufgeht, ist der Pfad des Bodhisattvas immer derselbe. Oder so ähnlich. :)

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • Eigentlich ist ja Missionierung im Buddhismus eigentlich nicht vorgesehen... Was die "engagierten Buddhisten" in der Hinsicht machen, weiss ich nicht, so genau habe ich mich mit denen nicht beschäftigt. Ich hatte den Eindruck bekommen, dass es ihnen vor allem darum geht, nicht in "buddhistische Passivität" zu verfallen, wo man sich "nur noch" mit der eigenen Erleuchtung beschäftigt, und an den pragmatisch nützlichen Dingen in der Welt gar nicht mehr teilnimmt.


    Ich selbst gehe ohnehin meinen eigenen Weg und ich würde mich phasenweise nicht mal als "Buddhist" titulieren. Das ist nur ein Aspekt von mir, wenn auch einer, der mir besonders wichtig ist für mich selbst. Von daher tue ich, was vor meiner Nase liegt, dafür muss ich mich keiner Gruppierung anschliessen. "Engagierter Mensch" zu sein reicht mir völlig - und Retreats schaffe ich mir phasenweise auch, wenn ich die Zeit und Aufmerksamkeit primär für die Praxis brauche.

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    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • voom:

    Zitat

    "Engagierter Mensch" zu sein reicht mir völlig - und Retreats schaffe ich mir phasenweise auch, wenn ich die Zeit und Aufmerksamkeit primär für die Praxis brauche.


    So ?! Alles ist doch Praxis. Ist doch recht viel Idealismus und gleichzeitig "Sondierung aufs Wichtige" und "auf das Unwesentliche" in deiner Praxis. Aber das ist Dünkel.
    Nun ist das ja normal. Der Dünkel ist die letzte Fessel. Aber eben auch die erste. Und die Mittigste. Und überhaupt... :)

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • In einem Satz: "Soviel Friedfertigkeit wie möglich, so viel Gewalt wie nötig."


    Näher komme ich im Abstrahieren nicht ran. Wie ich es auch in einem anderen Thread gesagt habe: ich behaupte, dass kein Mensch in einer der abendländischen bzw. modernen Gesellschaften (von Asien über Europa bis Amerika) immer und überall "Buddhist", "Humanist", "Christ" oder was auch immer ist. Wir alle sind komplex sozialisiert und leben notgedrungen unter wechselnden Wissens- und Glaubenssystemen. Darum macht es m.M.n. auch keinen Sinn, das Thema "Gewalt" unter einem dieser Labels anzugehen. Ich denke es ist zwar nicht immer angenehm in diesem Bewusstsein zu leben, aber es gibt keinen "Masterkey" um die Welt oder die Menschen friedlicher zu machen. Darum kann ich aber auch ein sehr breites Spektrum von Ansätzen tolerien, von völligen Desinteresse an der Thematik über Beschränkung auf die eigene Sicht- und Handlungsweise bis hin zu engagierten öffentlichen Projekten. Es gibt m.M.n. keinen richtigen oder einzigen Weg.

  • Die Grundlage für das Töten Ungläubiger im Buddhismus ist vor allem eine Fassung des Mahaparinirwana-Sutras, wo diese icchantika heißen. Man kann davon ausgehen, dass bestimmte Muster in den großen Religionen übereinstimmend auftauchen, so hat ja Jesus auch Züge von Buddha und umgekehrt, und der Islam ist also mit einzelnen Passagen dieser o.g. Art nicht alleine (das Alte Testament ist ja ebenfalls voller Grausamkeiten, und in der Apokalypse des Neuen Testamentes geht es dann auch wieder recht zur Sache). In den Religionen und ihren Schriften drücken sich keine überweltlichen Wahrheiten aus, sondern die Ängste, Sorgen, Wünsche und Bedürfnisse der Menschen. Und die überschneiden sich weltweit, viele wünschen sich einen Heilsbringer, Wundertaten, ewiges Leben, Frieden, den Tod verhasster anderer usw. Das bilden die Schriften ab. Wer mit "seiner" Religion glücklich ist, kann sie auch mit Zähnen und Klauen verteidigen und verschließt sich der Assimilation. Das tun die Tibeter im Grunde momentan eher vergleichbar vielen Muslimen oder orthodoxen Juden. Je stärker die Bindung an die Religion, desto schwächer die Anpassungsbereitschaft (ans Umfeld, die wissenschaftliche Erkenntnis, den Lauf der Geschichte und der Zeiten usf.).


    Beim Einsatz von Zenbuddhisten im 2. Weltkrieg spielte das Argument der icchantika keine bedeutende Rolle. Die meisten Japaner waren schlicht überzeugt, dass sie, wenn sie nicht selbst die Herrschaft in Asien übernehmen, vom Kommunismus überrannt würden. Ich glaube nicht, dass der Chan oder das Zen eine besondere Affinität zum Kommunismus haben, da Zen besonders freiheitsliebend ist und historisch oft nur erblühte, wenn es staatlicherseits gestützt war. Einem Zenbuddhisten hätte die Verweigerung auch nicht gut angestanden, weil seine Übung traditionell todesverachtend ist und nicht in erster Linie moralisierend. Insofern war, zumal man die japanische Mentalität des Gruppendenkens und den Respekt vor dem Kaiser bedenken muss, der Einsatz vieler Zenbuddhisten in den Weltkriegen in gewisser Weise erwartungsgemäß.

  • Hallo :)


    Anders geartet als es im Thread eigentlich geht, habe ich mir auch schon Gedanken darüber gemacht wie man sich selbst verteidigen kann. Aber weniger auf Kriege usw. gemünzt. Denn gegen einen Soldaten mit einer Waffe kann ich eigentlich nichts weiter machen ausser, a) mich töten zu lassen oder b) ihn mit Schuswaffen oder einer sonstigen Waffe schwer zu verletzen oder gar zu töten (je nach seinem Kampfeswillen).


    Sondern tatsächlich im Alltag. Ich habe nicht ganz 9 Jahre Karate und Tae-Kwon-Do gemacht.


    Ziel (wenn man einen vernünftigen Meister/Schule hat) ist es ja nicht, kämpfen zu lernen um zu kämpfen. Sondern kämpfen zu lernen um eben nicht zu kämpfen. Sein Selbstvertrauen aufzubauen. Weil ich dann weiss, ich bin trainiert, ich bin so "stark" das ich keine Angst haben muss. Habe ich keine Angst, werde ich (im Idealfall..ist aber wie im Buddhismus reine Übungssache) auch nicht wütend. Sondern bin bestimmt (selbstbewusst) aber zurückhaltend. Lasse meine Emotionen nicht die Kontrolle übernehmen.


    Ähnlich ist es bzw. sollte es für einen Buddhisten sein. Egal was man dir tut. Du darfst dich wehren. Aber nicht aufhören, deinem Gegenüber Metta, liebende Güte entgegen zu bringen. Kraftvoll, aber gütig. Man muss also kein "Weichei" sein. Sondern man darf seinem Gegenüber keinen Hass oder Wut empfinden.


    Soweit so gut. Viel Training und irgendwann ist man an dem Punkt. Wie im Buddhismus.


    Gleichzeitig sollte man sein Gegenüber aber auch nicht schwer verletzen oder gar töten. Ganz klar. Verstößt gegen die erste Sila.


    Ich habe ein wenig darüber nachgedacht und finde, Aikido hier eigentlich eine sehr passende Selbstverteidigungsform. Sie ist nahezu 100% Defensiv ausgelegt. Anders als z.B. Wing Chun, welches mit Angriff zur Verteidigung arbeitet und dabei gezielt auf Weichteile geht. Obwohl es eine Selbstverteidigung ist.
    Du weisst auch nie wen du vor dir hast. Vielleicht triffst du ihn mit nur einem Schlag am Kopf und von diesem einen Schlag bekommt er eine Hirnblutung und verstirbt daran. Oder Du triffst ihn zu hart an der Kehle und er erstickt. Usw. usw.


    Bei Aikido ist das anders. Du nutzt die Kraft und Energie und wendest sie gegen ihn. Du schleuderst ihn herum. Setzt einen Hebel an und zwingst ihn zur Aufgabe.
    Natürlich..ist dein gegenüber gut trainiert..ist er selber ein Kampfsportler. Dann sieht es vielleicht nicht so rosig aus. Aber so ist das nun mal immer, in Extremsituationen. Es kann immer noch was schief gehen...egal wie sehr man übt und trainiert.


    Aikido ist aber auch sehr sanft in seiner Art, seinen Mitmenschen zu begegnen. Seinem Gegner, der einen angreifen will. Man braucht keine hohe Schlagkraft, viele schnelle Schläge oder auch Tritte. Also nichts was zur Wut führen kann. Es ist keine kraftvolle Art zu kämpfen. Sondern man nutzt lediglich die Gesetze der Phsyik (Hebel- und Fliehkräfte) gegen ihn ein. Ohne ihn dabei zu schlagen. Und somit, bei entsprechendem Training, die geringste Gefahr ihn überhaupt zu verletzen - im Vergleich zu anderen "martial arts".


    Wer nicht weiss was Aikido ist, hier eine Demonstration (@Kritiker&Skeptiker: Es ist eine Demonstration...solche Demonstrationen dienen bei allen Kampfsportarten nur der verdeutlichung für das Verständnis für die Bewegungsabläufe und Techniken. Schon klar das die Angriffe meist einstudiert und unrealistisch wirken)


    https://www.youtube.com/watch?v=357TC2l7O9w


    Und hier noch eine "Doku" mit Einblicken in den phsyikalischen Bereich der Verdeutlichung, warum es (für gut trainierte) so scheinbar Mühelos ist, die Gegner herumfliegen zu lassen. Es ist kein Hokuspokus/fake. Diese Techniken funktionieren tatsächlich. Ein Freund von mir ist erfahrener Judoka der seinerzeit auch (Jugend-)Meisterschaften gewonnen hatte. Und dort gibt es ähnliche Würfe und Techniken. Zumindest die Grundlagen dafür sind ähnlich aufgebaut. Die Techniken und Würfe im gesamten Spektrum unterscheiden sich natürlich trotzdem. Das Prinzip von Hebel und Fliehkraft aber bleibt wie jedes Naturgesetz, gleich :D


    https://www.youtube.com/watch?v=L822AHdYzcg


    Tut mir leid, aber mehr kann ich zu dem Thema nicht beisteuern :) Vor allem wollte ich eigentlich im Buddhismus Anfängerbereich ein paar Fragen stellen und meine Erfahrung mit meinem ersten Besuch einer buddhistischen Schule mitteilen (und eben dazu auch Fragen stellen). Bin dann aber an dem Titel hängengeblieben, da mich die Frage im Zusammenhang mit einigen Aussagen von Rodrigo Zimmerling ebenfalls beschäftigten.


    Aber immerhin empfinde ich es für körperliche Auseinandersetzungen die wohl friedlichste Form der Selbstverteidigung. Sowohl vom "Geiste" des Sports her, als auch in der Ausführung. Und zu körperlichen Auseinandersetzungen kommt es vor allem im Westen, bei uns, immer häufiger, auch wenn man keine Lust darauf hat. Und sei es nur das man einschreiten muss um jemandem zu helfen. (Von letzterem kann ich ein Lied singen^^)


    Aber für heute sage ich erst mal Gute Nacht :D Ist doch wieder früh geworden.