Sutra versus Tantra

  • Im Bön-Forum wurde aus "John M. Reynolds: WHAT IS DZOGCHEN?" (http://vajranatha.com/articles/dzogchen-and-meditation.html)
    wie folgt zitiert:


    Zitat

    The (Dzogchen-) practitioner can access the state of contemplation through the practices of Zen, Dzogchen, and Mahamudra. However, Zen exists in the context of the Sutra system in terms of its explanations and source texts, whereas Dzogchen and Mahamudra come out of the context of the Tantric system and its processes for transformation.


    kann mal einer hier nachvollziehbar (nicht dogmatisch) erklären, warum Zen zum "sutra sytem" gehört, und was im Gegensatz dazu "tantric system" ist.

  • das ist ein kleines missverständnis; beziehungsweise eine der üblichen bauchpinseleien der schulen.
    denn zen-buddhisten im osten studieren traditionellerweise die mahayana-sutren, wärend sich dzogchen
    frei davon hält. so weit ich weiß läuft dzogchen nur über rezitation, meditation und die anbindung an den meister
    ( guru yoga ) . ehrlich gesagt: ich kenne nicht einen einzigen dzogchen-praktizierenden vor ort. alle "tibetisch praktizierenden" mischen . sie verstehen zen & dzogchen nicht ansatzweise .

  • Deutsche Übersetzung von http://enricokosmus.wordpress.…/dzogchen-und-meditation/


    Zitat

    Der Praktizierende kann diesen Zustand der Kontemplation durch die Praktiken des Zen, Dzogchen und Mahamudra erreichen. Allerdings besteht Zen im Kontext des Sutra-Sytems hinsichtlich seiner Erklärungen und Quelltexte, wohingegen Dzogchen und Mahamudra aus dem Kontext des Tantra-Systems und seiner Vorgänge der Transformation herkommen. Sowohl Dzogchen, das sich auf das alte Tantra-System der Nyingmapas und Mahamudra, das sich auf das neue Tantra-System, speziell der Kagyupas, bezieht, repräsentiert den Höhepunkt des tantrischen Vorganges der Verwandlung. Jedoch können beide für sich praktiziert werden, ohne dass man zuerst den Vorgang der tantrischen Transformation durchläuft.


    Ich würde sagen, dass damit nicht gesagt ist, dass im Zen Dzogchen praktiziert wird. Genauso wenig wie Dzogchen und Mahamudra identisch sind. Der Punkt ist, dass es im Dzogchen, Zen und Mahamudra Methoden gibt, eine direkte Realisation zu erfahren und auch darauf hinzuarbeiten. Im Dzogchen ist das Mittel Trekchöd, also mehr ein "Durchdringen jedes auftauchenden Phänomens mit Klarheit", im Mahamudra geht es mehr darum, jeden Moment von der auf natürliche Weise aus dem Raum hervorquellende Freude zu druchdringen, so dass auf diese Weise die Reinheit der Wahrnehmungswelt erfahren wird. Diese Techniken werden im Dzogchen und Mahamudra durch tantrische Methoden flankiert, können aber auch ohne diese praktiziert werden.


    Die Aussage von JMR ist nun, dass es im Zen auch so eine Ebene gibt, die mit den bekannten Zentechniken kombiniert wird, aber auch für sich gesehen als direkte Realisation praktiziert werden kann. Die Methode dafür ist sicherlich eine andere, aber die Ebene der Verwirklichung, um die es da geht, wäre identisch. Kann da ein Zenni was mit anfangen, mit dem Gedanken?

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • hierher kopiert:


    VOOM108:
    bel:

    kann mal einer hier nachvollziehbar (nicht dogmatisch) erklären, warum Zen zum "sutra sytem" gehört, und was im Gegensatz dazu "tantric system" ist.


    Das ist irgendwie untergegangen. Ich versuchs mal so wie ich die Aussage verstehe: das tantrische System ist eine eigenständige Entwicklung, die in Indien und Tibet entstanden ist in der Begegnung des Buddhismus mit dem Hinduismus und den Traditionen, die in Tibet beheimatet waren. Was über China den Weg nach Japan gefunden hat, ist mehr das Sutra-System, und es ist dort auf die heimischen Traditionen gestossen und hat sich damit verbunden. Tantra arbeitet mit dem Mittel der Transformation, z.B. indem man eine Gottheit zum Yidam macht, die genau das Energiesystem in balancierter Form verkörpert, das bei einem selbst unbalanciert ist. Oder man meditiert gezielt auf eine Eigenschaft, die einem fehlt oder die man stärken möchte. Im Zen gibt es diese Mittel nicht oder nur in sehr veränderter Form. Trotzdem ist Zen eine Mahayana-Schule - und wie JMR in dem Text oben darstellt, hat es auch Elemente die mit dem Dzogchen oder Mahamudra vergleichbar sind. Das habe ich zuvor so woanders noch nicht gelesen, ich finde es aber durchaus stimmig und ich denke diese Meinung kann man vertreten. Nur dass eben im Zen die direkte Realisation nicht in Verbindung mit Tantra-Techniken geübt wird. Hier würde ich es spannend finden, diesen Gedanken mit einem Zennie zu diskutieren, weil ich keine eigene Erfahrung mit Zen habe, nur angelesenes Wissen, aber das ist hier vielleicht nicht das richtige Themenforum für solchen Inter-Traditions-Austausch. 8)


    Mir ist klar, daß Zen kein Tantra ist. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren - mir reicht Deine Beschreibung und es ist unnötig weiter zu betonen, daß das Zen nicht macht - und zwar durchaus in Oppostion zu einem ähnlichen, genuin chinesischem System, nämlich dem Taoismus, da gehts auch ewig um Balancen und Transformation.


    Nur finde ich die Begründung Zen als Element von "Sutra" schwach.
    Im Selbstverständnis der Zens basiert der Buddhaweg eben nicht auf auf den Schriften, diese sind keine Stütze, sondern auschließlich in der Praxis in sich selbst. Dazu ist nur ne sehr kurze Erklärung notwendig, ich schätze mal, die ist um längen kürzer als jede tantrische Erklärung.
    Zen ist ja - auf der anderen Seite - eben auch in Opposition zu dem ständigen - und immer nicht zielführendem - Berufen auf iwelche Sutras entstanden.

  • Zitat

    so weit ich weiß läuft dzogchen nur über rezitation, meditation und die anbindung an den meister


    Man sagt, dass ohne die Einweihung in die Natur des Geistes durch einen verwirklichten Geist diese Ebene nicht erkannt werden kann. Ich würde aber sagen, dass wenn man einmal eine solche Anbindung an den Segensstrom erfahren hat, man ohne Rezitation, Meditation und Guru-Yoga das Ziel erreichen kann, wenn man sehr konsequent ist in diesem "Durchschneiden" jedes Augenblicks, um seine Leerheit zu erfahren.


    Ist es im Zen nicht auch so, dass der Segen des Meisters eine wichtige Rolle spielt?

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Zitat

    Zen ist ja - auf der anderen Seite - eben auch in Opposition zu dem ständigen - und immer nicht zielführendem - Berufen auf iwelche Sutras entstanden.


    Das würde jedenfalls eine Verwandtschaft zum radikalen Dzogchen darstellen, in der Hinsicht, dass diese Nicht-Methoden sich von allen dualistischen Methoden abgrenzen und abheben, indem das Einswerden mit dem Hierundjetzt betont wird. Man braucht nichts, ausser dem was hier und jetzt einfach da ist. Denn dieser Moment ist schon erleuchtet. Und der nächste. Und der nächste auch. Und...

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)


  • Klar ist Zen kein Dzogchen - wobei diese Aussage von mir erstmal nur die geographisch-historische Aspekte widerspiegelt, ich weiß ansonsten schlicht einfach nicht was Dzogchen ist.
    Der Punkt ist ja schon der, daß das Denken in "Methoden", "Mitteln", "Techniken" - ganz im Gegensatz zum übrigen Mahayana im Zen abgelehnt wird.

  • VOOM108:

    Man sagt, dass ohne die Einweihung in die Natur des Geistes durch einen verwirklichten Geist diese Ebene nicht erkannt werden kann.


    Was soll man sich darunter vorstellen?


    VOOM108:

    Ich würde aber sagen, dass wenn man einmal eine solche Anbindung an den Segensstrom erfahren hat, man ohne Rezitation, Meditation und Guru-Yoga das Ziel erreichen kann, wenn man sehr konsequent ist in diesem "Durchschneiden" jedes Augenblicks, um seine Leerheit zu erfahren.


    z.B. wie?


    VOOM108:

    Ist es im Zen nicht auch so, dass der Segen des Meisters eine wichtige Rolle spielt?


    Noch nie gehört.

  • Zitat
    VOOM108:

    Man sagt, dass ohne die Einweihung in die Natur des Geistes durch einen verwirklichten Geist diese Ebene nicht erkannt werden kann.


    Was soll man sich darunter vorstellen?


    Nun, da ist ein Lehrer, der das verwirklicht hat, und üblicherweise ist es in den tibetischen Traditionen so, dass er auch einen Lehrer hatte, von dem er die Erfahrung übertragen bekommen hat usw. so dass es eine Übertragungslinie für den Segensstrom gibt, die zumindest mythischerweise bis zum Buddha zurückzuführen ist, oder wenigstens zu einem grossen Meister wie Guru Rinpoche, Marpa usw.


    In Gegenwart des Lehrers bekommst Du einen kurzen Einblick, wie sein Geist funktioniert, wie es sich anfühlt. Ich würde sagen, dass man das mit einer Satori-Erfahrung vergleichen könnte. Auf diesem "Samen der Erleuchtung" kann man als Referenzerfahrung aufbauen. Man hat die Welt für einen Moment mit den Augen eines Buddha gesehen und übt, diese Art zu schauen im eigenen Leben zu etablieren und zu stabilisieren.


    Zitat
    VOOM108:

    Ich würde aber sagen, dass wenn man einmal eine solche Anbindung an den Segensstrom erfahren hat, man ohne Rezitation, Meditation und Guru-Yoga das Ziel erreichen kann, wenn man sehr konsequent ist in diesem "Durchschneiden" jedes Augenblicks, um seine Leerheit zu erfahren.


    z.B. wie?


    Dem oben gesagten hinzugefügt: in jedem Moment schneide ich die Illusion durch, indem ich versuche die Welt wieder so zu sehen, wie ich sie kurz mit den Augen eines Buddhas sehen konnte. Immer wieder neu, bis die aufgesetzte Sichtweise zur gelebten eigenen stabilen Erfahrung wird


    Zitat
    VOOM108:

    Ist es im Zen nicht auch so, dass der Segen des Meisters eine wichtige Rolle spielt?


    Noch nie gehört.


    Ok, da bin ich kein Experte, aber ist es nicht schon so, dass die "Interviews" mit dem Lehrer als Inspiration ein wichtiger Teil der Praxis sind?


    Zitat

    Der Punkt ist ja schon der, daß das Denken in "Methoden", "Mitteln", "Techniken" - ganz im Gegensatz zum übrigen Mahayana im Zen abgelehnt wird.


    Das ist in der Tat auch im Dzogchen so, oder in einem Mahamudra-Upadesha wirst Du auch immer lesen, dass man von all den Methoden und Lehren ablassen soll und einfach nur mit dem Hier und Jetzt eins sein. Ich würde daher vermuten, dass der gesamte Rahmen ein anderer ist, aber im Kern, rein für sich betrachtet, ist diese Ebene bei diesen Techniken sehr sehr ähnlich.


    Dzogchen und Mahamudra sind eben kein Mahayana und sie lösen sich genau in der Weise von all den Methoden, Mitteln und Techniken - die einen aber eben oft immerhin zu diesem Ufer gebracht haben. Nur dann muss man sie wieder loslassen.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • VOOM108:

    In Gegenwart des Lehrers bekommst Du einen kurzen Einblick, wie sein Geist funktioniert, wie es sich anfühlt. Ich würde sagen, dass man das mit einer Satori-Erfahrung vergleichen könnte. Auf diesem "Samen der Erleuchtung" kann man als Referenzerfahrung aufbauen. Man hat die Welt für einen Moment mit den Augen eines Buddha gesehen und übt, diese Art zu schauen im eigenen Leben zu etablieren und zu stabilisieren.


    hm, wie jetzt? Redet der, legt die Hand auf, spricht Segensworte? Ich kann grad mit "Segen" anfangen.
    Im Zen wird übrigens nichts "übertragen", höchstens im "übertragenen Sinne". Können wir ja noch mal ventilieren.


    VOOM108:

    Ist es im Zen nicht auch so, dass der Segen des Meisters eine wichtige Rolle spielt?

    Zitat

    Noch nie gehört.

    VOOM108:

    Ok, da bin ich kein Experte, aber ist es nicht schon so, dass die "Interviews" mit dem Lehrer als Inspiration ein wichtiger Teil der Praxis sind?


    Schon, aber noch wichtiger ist die umfassende gemeinsame Praxis - das gegenseitige Interviewen ist ein Teil davon. Das ist natürlich ein "Segen" - aber nicht einer der erteilt wird, sondern sich in der Übung beidseitig manifestiert.

  • Unter Yogis würde man das natürlich auch so machen, dass man sich auf einer Ebene begegnet und sich die jeweiligen Erfahrungsebenen überträgt. "Segen" ist ja auch nur ein unglücklicher Begriff. Es ist eine Begegnung von Geist zu Geist und wenn einer davon eine authentische Verbindung zur Buddhanatur hat, dann ist es für den anderen eine erste Begegnung mit der Buddhanatur. Da "Buddhanatur" nicht etwas persönliches ist, könnte man sagen, dass man diese Erfahrung in dem Moment teilt.


    Was anderes: hier habe mal mal meine Version / Übersetzung von Tilopas Mahamudra-Upadesha gepostet: http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?p=198840#p198840


    Da wird deutlich, was gemeint ist, wie geübt wird und wie die Methoden von der Ebene her gesehen werden...


    Daraus:

    Tilopa:

    Alle körperlichen Aktivitäten aufgebend, sollte der Praktizierende entspannt zur Ruhe kommen. Ohne eine verbale Äußerung wird Deine Rede zu einem Echo, Klang untrennbar von Leerheit. Denke mit dem Geist an rein gar nichts und betrachte das Entstehen der Phänomene. Der Körper ist nicht von Bedeutung, leer wie ein Bambusrohr. Der Geist ist wie die Mitte des Raums. Er ist unbegreiflich. Ruhe entspannt in dieser Erfahrung, ohne sie gehen zu lassen oder einzuordnen. Ruhe entspannt in diesem Zustand ohne ihn auszustrahlen, ihn zu kategorisieren, loszulassen oder zu versuchen ihn festzuhalten.


    Wenn der Geist keine Ausrichtung hat, ist es Mahamudra. Auf diese Weise wirst Du unübertreffliches Erwachen erlangen.


    Jene, die den Tantras und dem Fahrzeug der rechtschaffenden Handlungen, dem Vinanya, den Sutras und den verschiedenen Belehrungen des Buddha mit einer Anhaftung für deren individuellen schriftlichen Traditionen und ihrer individuellen Philosophie folgen, werden nicht dahin gelangen, das leuchtende Mahamudra zu erfahren, weil die Sicht auf diese Leuchtkraft oder das Klare Licht durch ihre Absichten und Einstellungen verdunkelt werden.


    Zitat

    Interessant.
    Was is mit Bodhisattva?


    ebenda:

    Tilopa:

    Die konzepthafte Aufrechterhaltung von Versprechen verursacht tatsächlich, dass man die Bedeutung der Samayas (Gelübde) verletzt. Wenn Du die Bedeutung nicht verletzt, die ohne Beständigkeit, nicht konzepthaft oder festgelegt ist, dann, indem Du diese nicht verletzt, verletzt oder brichst Du auch die Samayas nicht. Sei frei von jeder Absichtshaftigkeit, ohne mentale Ausrichtung oder mentale Aktivität.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Zitat

    Interessant.
    Was is mit Bodhisattva?


    Oder in meinen Worten: ein Buddha ist nicht von Mitgefühl motiviert, weil Mitgefühl eine Trennung in Subjekt und Objekt voraussetzt. Diese Trennung existiert für einen Buddha nicht. Er handelt absichtslos aus dem Fluss des Augenblicks heraus, und diese Handlung ist aus sich selbst heraus auf natürliche Weise immer perfekt.


    Der Bodhisattva ist eine Methode, ein Mittel, ein Weg, der zum Ziel führt. Und an diesem Ziel muss das Konzept "Bodhisattva" auch wieder losgelassen werden. Nur dann kann man der Buddha sein, der man eigentlich schon immer gewesen ist.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • eine sache versteh ich nicht, wenn gautama oder ein "vervollkommneter buddha" bis zum schluss durch die gegend zog, um andere zu belehren damit sie befreiung erlangen, dann ist er doch sogesehn bodhisattva oder wird nur das konzept fallen gelassen ?

  • voom :

    Zitat

    Ok, da bin ich kein Experte, aber ist es nicht schon so, dass die "Interviews" mit dem Lehrer als Inspiration ein wichtiger Teil der Praxis sind?


    ja, ist so. und diese insprationen sind segnend .
    ein segen ist es auch, sich mit den schulen leidlich auszukennen - und berührungsängste zu verlieren, ja die berührungspunkte ausfindig machen zu können; desweiteren: auf einer breiten basic der intuitiv gewählten schule einige komponenten anderer schulen und richtungen beifügen zu können, wenn die spirituelle konstitution das erfordert .

  • JazzOderNie:

    eine sache versteh ich nicht, wenn gautama oder ein "vervollkommneter buddha" bis zum schluss durch die gegend zog, um andere zu belehren damit sie befreiung erlangen, dann ist er doch sogesehn bodhisattva oder wird nur das konzept fallen gelassen ?


    Da gibt es auch zwei Seiten: einmal den Bodhisattva als Weg bzw. ein Mensch auf dem Weg zum Entfalten seiner Buddhanatur, der durch das Üben des Mitgefühl lernt, seine dualistischen Konzepte aufzuweichen und loszulassen. Auf der anderen Seite der Buddha, der in seiner Raumnatur verweilt (Dharmakaya) und aus dessen Feld auf natürliche Weise Bodhisattva-Formen als Lichter ausstrahlen (Sambhogakaya) bzw. dessen Geist sich in körperlicher Form inkarniert um den Menschen behilflich zu sein, die diese Lichter nicht sehen können und daher einen Menschen zum "Anfassen" brauchen um sich zu öffnen (Nirmanakaya).


    Im reinen Dzogchen bzw. Mahamudra, wenn es ohne Tantra praktiziert wird, wird aber jede Trennung zwischen einer erleuchteten und einer unerleuchteten Welt als Denk- und Erfahrungsgrundlage aufgehoben. Man erlebt die Welt - erstmal konzepthaft, dann immer natürlicher - so wie sie ein Buddha erleben würde, oder wenigstens wie man denkt, dass sie ein Buddha erleben würde, bis das tatsächlich der Fall ist. Die Methoden sind auf der einen Seite extrem kraftvoll, aber auf der anderen Seite gibt es eben auch einen Haufen potentieller Fallstricke, weswegen man sagt, dass die Anleitung eines verwirklichten Meisters notwendig ist und weswegen es meistens eben nicht in seiner reinen Form sondern eingebettet oder aufgesetzt auf Mahayana und Tantra-Übungen gegeben wird.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Dies ist ein sehr interessanter Thread. Ich habe zwar eigentlich nichts substantielles dazu beizutragen. Ich gehöre keiner Schule an und repräsentiere deshalb auch keine bestimmte Linie. Ich verfolge die Diskussion lediglich aus persönlichen Motiven da mir erhoffe etwas lernen zu können.


    Bisher hab ich Zen als eher pragmatisch erlebt: Dzogchen, Mahamudra (inkl Trikaya) geht da etwas tiefer wie mir scheint.

  • Zunächst möchte ich feststellen, daß meine Eingangsfrage noch unbeantwortet ist, nicht daß das in Vergessenheit gerät ;) Aber laß uns ruhig weiter plaudern


    VOOM108:
    Zitat

    Interessant.
    Was is mit Bodhisattva?


    Oder in meinen Worten: ein Buddha ist nicht von Mitgefühl motiviert, weil Mitgefühl eine Trennung in Subjekt und Objekt voraussetzt. Diese Trennung existiert für einen Buddha nicht. Er handelt absichtslos aus dem Fluss des Augenblicks heraus, und diese Handlung ist aus sich selbst heraus auf natürliche Weise immer perfekt.
    Der Bodhisattva ist eine Methode, ein Mittel, ein Weg, der zum Ziel führt. Und an diesem Ziel muss das Konzept "Bodhisattva" auch wieder losgelassen werden. Nur dann kann man der Buddha sein, der man eigentlich schon immer gewesen ist.


    Ist im Zen* nicht so, keine Methode. Ich halte auch das Argument - Trennung in Subjekt und Objekt" - nicht für stichhaltig. Das Bodhisattva-Prinzip speist sich ja aus untrennbaren Verbindung, eben gerade aus der Nichttrennung und Nichtunterscheidung.


    Was machst Du denn nun eigentlich selbst: Dzogchen oder Mahamudra? Was ist btw der Unterschied?


    *sorry für dieses Rosie-Ideom, hier meine ich "Zen" soweit ich verstehe, in Bezug auf Soto und Jogye

  • Warum Zen zum "Sutra-System" gehören soll, kann ich zumindest nicht beantworten, ich bin nicht mal sicher, ob ich diese Meinung teile. Dafür kenne ich Zen zu wenig... Aber zumindest scheint es mir so, dass Zen und Tantra nicht in einen Topf passen.


    Zitat

    Was machst Du denn nun eigentlich selbst: Dzogchen oder Mahamudra? Was ist btw der Unterschied?


    Nehmen wir an, Dzogchen wäre Weisheit, Mahamudra Mitgefühl. (als Analogie) Auch wenn aus aus dem Blickwinkel des Weges verschieden aussieht, ist doch vollkommen verwirklichtes Mitgefühl untrennbar eins mit vollkommener Weisheit - und umgekehrt. In gewisser Weise könnte man auch sagen, dass der Weg verschieden aussieht, man am Ende aber automatisch beides hat - und noch viel mehr. In dem Sinne unterscheide ich da nicht so sehr. Mal passt die eine Sichtweise besser, mal die andere... Im Kern ist es aber immer die Wahrnehmung der Welt als rein und vollkommen, so wie sie ist. (siehe Sig)

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • VOOM108:

    Warum Zen zum "Sutra-System" gehören soll, kann ich zumindest nicht beantworten, ich bin nicht mal sicher, ob ich diese Meinung teile. Dafür kenne ich Zen zu wenig...


    Vllt findet sich ja noch jemand.
    Mir scheint das eine dieser fehlerhaften Logiken zu sein, die immer nur 2 Alternativen kennt.


    VOOM108:

    Aber zumindest scheint es mir so, dass Zen und Tantra nicht in einen Topf passen.


    Davon geh ich auch aus.


    Zitat

    Was machst Du denn nun eigentlich selbst: Dzogchen oder Mahamudra? Was ist btw der Unterschied?

    VOOM108:

    Nehmen wir an, Dzogchen wäre Weisheit, Mahamudra Mitgefühl. (als Analogie) Auch wenn aus aus dem Blickwinkel des Weges verschieden aussieht, ist doch vollkommen verwirklichtes Mitgefühl untrennbar eins mit vollkommener Weisheit - und umgekehrt.
    In gewisser Weise könnte man auch sagen, dass der Weg verschieden aussieht, man am Ende aber automatisch beides hat - und noch viel mehr. In dem Sinne unterscheide ich da nicht so sehr. Mal passt die eine Sichtweise besser, mal die andere... Im Kern ist es aber immer die Wahrnehmung der Welt als rein und vollkommen, so wie sie ist. (siehe Sig)


    Hm, also du machst beides - in unterschiedlichen Praxislinien - oder wie?


    VOOM108:

    ist doch vollkommen verwirklichtes Mitgefühl untrennbar eins mit vollkommener Weisheit - und umgekehrt.


    Und deshalb sind das ja auch im Zen weder zwei Wege noch zwei Blickwinkel.

  • Hi interessante Diskussion.


    Ich denke dass was voom meint ist dass sich die Frage nicht wirklich stellt ob man Dzogchen oder Mahamudra macht da die Ziele identisch sind. Im Detail geht es im unterschied zu Dzogchen oder Mahamudra darum mit welchen Emotionen man arbeitet(zumindest auf der ebene des nicht verwirklichten Dzogchen/Mahamudra) Wege die Mahamudra als Ziel haben arbeiten eher mit Begierde Wege die Dzogchen als Ziel haben arbeiten eher mit Stolz(aber das ist irgendwie blanke Theorie)


    auf der verwirklichten ebene ist es vollkommen egal welcher Weg der Ausgangspunkt war die Erfahrung des Dzogchen/Mahamudra also Rigpa/die Natur des Geistes ist vollkommen rein und frei von Konzepten. Ich finde das entspricht Satori, zumindest konnte ich bisher keine unterschiede erkennen. Rigpa kann nicht in Worten beschrieben werden und kann auch nicht zwingend durch eine Methode erreicht werden.


    @ Bel wenn du mal Zeit und Lust hast lies doch mal im Auge des Sturms die 5 Dzogchen-Übertragungen des Vairotsana.


    Vairotsana gilt als Begründer des Dzogchen in Tibet. Er lehnt sämtliche Konzepte Stufenwege, Methoden etc ab und beschreibt eine reine Dzogchen-Sichtweise.


    Für mich ist es der klarste Dzogchen-Text,


    http://www.amazon.de/Im-Auge-S…r=8-2&keywords=vairotsana

  • Zitat

    Hm, also du machst beides - in unterschiedlichen Praxislinien - oder wie?


    Ich hab es nicht so mit Praxislinien ;) Ich hab zwar lange in einer gelernt (und auch ein bischen gelehrt), aber ich betrachte mich keiner Schule zugehörig. Wenn mich jemand fragt, der zu einer bestimmten Linie gehört und ich habe eine Verbindung zu dieser Linie, dann kann ich "liniengetreu" antworten, aber grundsätzlich habe ich mich davon frei gemacht.


    Da die Praxis im Alltag - wenn man sie auf das Wesentliche reduziert - eine Frage der Sichtweise im Augenblick ist, kann ich in jedem Augenblick wählen. z.B. im Umgang mit Emotionen: tauche ich hinein, erlebe ich sie intensiv, ohne mich davon forttragen zu lassen oder daran kleben zu bleiben, dann ist es eher wie "Mahamudra". Erlebe ich sie mehr wie ein Zuschauer im Kino, mit einer gewissen Distanz, aber ohne sie wegzuschieben, dann ist es eher wie "Dzogchen". In beiden Fällen bleibe ich mir der Leerheit der Erfahrung bewusst und genau das macht diesen freieren Umgang überhaupt erst möglich.


    Zitat

    Im Detail geht es im unterschied zu Dzogchen oder Mahamudra darum mit welchen Emotionen man arbeitet(zumindest auf der ebene des nicht verwirklichten Dzogchen/Mahamudra) Wege die Mahamudra als Ziel haben arbeiten eher mit Begierde Wege die Dzogchen als Ziel haben arbeiten eher mit Stolz(aber das ist irgendwie blanke Theorie)


    Ich denke da geht es darum, dass es Menschen mit einer Neigung zu Zorn und Stolz ("ich weiss was ich nicht will") leichter fällt, sich Emotionen mit Distanz und Klarheit zu nähern, während es Menschen mit Begierde und Anhaftung ("ich weiss, was mir gefällt") leichter fällt, ihre Neigung, in Gefühle einzutauchen, als Grundlage zu nehmen. Da aber niemand so rein einem Emotionstypus zuzuordnen ist, vermischt es sich eigentlich immer. Es geht nur darum, dass man die vorwiegende Neigung nutzt, um diese auf Erleuchtung auszurichten.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Vielen Dank für die Beantwortung meiner persönlichen Stochereien - ich hab wirklich null Ahnung, was da üblich oder möglich ist. Muß mich einfach mal intensiver umhören.
    Hab übrigens grad n interessanten Artikel über die historische Verschränkung von Chan und Dzogchen gefunden:
    "Meinert, Carmen. Chinese Chan and Tibetan Rdzogs Chen: Preliminary Remarks on Two Tibetan Dunhuang Manuscripts" in


    http://books.google.com.au/boo…201970%20kongtrul&f=false