Longchenpa -Diskussion

  • Danke für die Inspiration und den Text. Ich habe spontan ein paar Anmerkungen, die bitte als rein persönliche Wahrnehmung zu nehmen sind! :)


    Ich bin durchaus ein Freund davon, Begriffe einzudeutschen, um das Lesen zu erleichtern und habe auch genau wie Du schon Mahamudra Upadeshas oder Dzogchen-Gedichte aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Nun sollte man aber überlegen, ob solche Texte wirklich von Leuten gelesen werden, die keine Bände zum Buddhismus haben. Wenn sie aber Bände habe, ist es vielleicht besser, die Begriffe präzise zu halten. Wenn ich den Text oben so lese, wie er hier steht, dann gelingt es mir aufgrund der englischen Einfügungen nicht, ihn in dieser Haltung zu nehmen, die die direkte Übertragung ermöglicht und die Energie transportiert. Ich schalte dann automatisch in so einen "wissenschaftlichen Modus" um, wo ich vergleiche ob ich die Übersetzung passend finde oder nicht usw. usf. Dabei stelle ich dann fest, dass sie mir oft zu unpräzise ist. Ich müsste, um den Text in der richtigen Haltung lesen zu können entweder den ganzen Originaltext lesen (der hier nicht dabei steht, ich habe ihn aber im Netz gefunden) oder ich müsste den deutschen Text so überarbeiten, dass keine Einfügungen in Klammern mehr nötig sind.


    Vielleicht findest Du eine Form, die wirklich die Übertragung für deutsche Leser erfahrbar macht und auch für Dich so präzise ist, dass Du es nicht mehr notwendig findest, die Originalbegriffe in Klammern einzufügen. Wenn Du es erlaubst, könnten wie hier auch gemeinsam am Text arbeiten und ihn "finalisieren"...

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Danke. Ich bin ein Anhänger von Longchenpa und freue mich etwas von ihm lesen zu können. Ich würde es schön finden, wenn du weitere Texte hier einfügst. Gibt es auch eine Aussage zur Zufriedenheit und zum Weg der Erleuchtung?



    Wikipedia: Longchenpa ist ein Nyingma-Meister und der Begründer der Traditionslinie des undogmatischen tibetischen Vajrayana. Er faßte die vielen Techniken des Gründervaters der Nyingmas Padmasambhava in einer Lehre zusammen. Longchenpa lebte zuerst als freier Yogi, bis er zur Erleuchtung gelangte. Dann wirkte er als spiritueller Meister und stellte die Lehre von den drei großen Zufriedenheiten auf. Es ist gut als Yogi zu leben und schnell zur Erleuchtung zu kommen. Es ist gut ein erleuchteter Meister zu sein, weil man dann vielen Menschen spirituell helfen kann. Und es ist gut erleuchtet zu sterben, weil man dann ewig im Licht (Nirwana) weiterlebt.

  • VOOM108:

    Danke für die Inspiration und den Text. Ich habe spontan ein paar Anmerkungen, die bitte als rein persönliche Wahrnehmung zu nehmen sind! :)


    Ich bin durchaus ein Freund davon, Begriffe einzudeutschen, um das Lesen zu erleichtern und habe auch genau wie Du schon Mahamudra Upadeshas oder Dzogchen-Gedichte aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt. Nun sollte man aber überlegen, ob solche Texte wirklich von Leuten gelesen werden, die keine Bände zum Buddhismus haben. Wenn sie aber Bände habe, ist es vielleicht besser, die Begriffe präzise zu halten. Wenn ich den Text oben so lese, wie er hier steht, dann gelingt es mir aufgrund der englischen Einfügungen nicht, ihn in dieser Haltung zu nehmen, die die direkte Übertragung ermöglicht und die Energie transportiert. Ich schalte dann automatisch in so einen "wissenschaftlichen Modus" um, wo ich vergleiche ob ich die Übersetzung passend finde oder nicht usw. usf. Dabei stelle ich dann fest, dass sie mir oft zu unpräzise ist. Ich müsste, um den Text in der richtigen Haltung lesen zu können entweder den ganzen Originaltext lesen (der hier nicht dabei steht, ich habe ihn aber im Netz gefunden) oder ich müsste den deutschen Text so überarbeiten, dass keine Einfügungen in Klammern mehr nötig sind.


    Vielleicht findest Du eine Form, die wirklich die Übertragung für deutsche Leser erfahrbar macht und auch für Dich so präzise ist, dass Du es nicht mehr notwendig findest, die Originalbegriffe in Klammern einzufügen. Wenn Du es erlaubst, könnten wie hier auch gemeinsam am Text arbeiten und ihn "finalisieren"...


    Ja, ich weiß, was du meinst. Das Übersetzen solcher Texte ist immer eine Gratwanderung, bei der man zuweilen um nicht zufriedenstellende Kompromisse nicht herumkommt. Bezüglich der Kraft der direkten Übertragung ist natürlich ein Einfügen von Übersetzungshinweisen im eigentlichen Text hinderlich. Vielleicht gehe ich zukünftig dazu über, diese als Fussnoten am Ende des Textes anzumerken. Es steht dir natürlich frei, die Übersetzung in deinem Sinne umzuarbeiten.
    Das Problem beginnt natürlich schon damit, dass man als Ausgangstext nicht das tibetische Original nimmt, sondern eine englische Übersetzung. Auch wenn ich die Übersetzungen Richard Barrons gefühlsmäßig am Gelungendsten finde und allen anderen mir bekannten Autoren (Keith Dowman, Herbert Guenther etc) wenig abgewinnen kann, stoße ich auch bei ihm auf immer wieder auf Unklarheiten in der Terminologie.
    Am besten finde ich nach wie vor die sprachliche Umsetzung ins Englische in der Neo-Dzogchen Bewegung, in der ich jahrelang als Hauptübersetzer ins Deutsche tätig war. Die dort verwendeten Teachings basieren allesamt auf Longchenpa, vermeiden aber fast durchgängig traditionelle buddhistische Terminologie. Es ist aber oft sehr schwierig, diese den betreffenden Textstellen in Longchenpas übersetzten Werken zuzuordnen und bei einer Übersetzung von beispielsweise The Basic Space of Phenomena, hinzuzuziehen.Dies ist nur teilweise möglich.
    Wie dem auch sei, ich bin weder Gelehrter noch fühle ich mich einer bestimmten Tradition verpflichtet, sondern bin einzig und allein an einer authentischen, kraftvollen Umsetzung von Longchenpas Lehren in die Sprache des 21- Jahrhunderts interessiert. Wenn der Funke nicht rüberkommt, ist die formal präziseste Übersetzung nutzlos.

  • [quote='Nils']Danke. Ich bin ein Anhänger von Longchenpa und freue mich etwas von ihm lesen zu können. Ich würde es schön finden, wenn du weitere Texte hier einfügst. Gibt es auch eine Aussage zur Zufriedenheit und zum Weg der Erleuchtung?


    Freut mich zu hören.
    Viel mehr als du hier zu seiner Frage angibst habe ich leider auch nicht gefunden. Weißt du zufällig, wie 'Die drei Zufriedenheiten' im Englischen genannt werden? Longchenpa hat unzählige Werke geschrieben, von denen nur ein verschwindend kleiner Bruchteil ins Englische übersetzt wurde.
    Der 'Weg zur Erleuchtung' ist die Erkenntnis, dass es weder Weg noch Ziel gibt und niemanden, der ihn beschreitet.

  • Mir ist "Die drei Zufriedenheiten" als Begriff nicht bekannt, aber spontan fällt mir dazu ein, dass
    "to be satisfied" zufrieden sein mit dem, was man erlangt hat, nachdem man es zuvor nicht hatte, oder was man geschafft / geschaffen hat
    "to be content" heisst zufrieden zu sein mit dem, was man hat (auch wenn es wenig ist)
    und dann könnt man sich noch eine zufriedenheit vorstellen, die keine Ursache braucht, bedingungslos ist

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Gambhiro:


    ......................
    Am besten finde ich nach wie vor die sprachliche Umsetzung ins Englische in der Neo-Dzogchen Bewegung, in der ich jahrelang als Hauptübersetzer ins Deutsche tätig war
    ...................................


    Was ist denn eine "Neo-Dzogchen Bewegung"???

  • ”Was ist denn eine "Neo-Dzogchen Bewegung"???”


    Diese Aussage bezieht sich auf einen Ansatz, der, obwohl in Dzogchen verwurzelt, jegliche buddhistische Terminologie vermeidet und eine Herangehensweise und Sprache wählt, der für das 21. Jahrhundert passender erscheint.
    Wie der Dalai Lama einst sinngemäß sagte: 'Es kommt nicht darauf an, den Buddhismus als solchen zu verbreiten, solange seine Essenz praktiziert und weitergegeben wird, in welcher Form auch immer.'
    Informationen zu der Bewegung, auf die ich mich spezifisch beziehe, können unter http://www.balancedview.org gefunden werden.

  • Es ist interessant. Auf der einen Seite stehe ich voll hinter dem Ansatz, den Du hier beschreibst. Und sehe diese Art "Übersetzung" von buddhistischen Konzepten und Wegen in westliche Sprache usw. als ein zentrales Element meiner Aktivität an. Trotzdem tue ich mich mit der Sprache auf der verlinkten Seite sehr schwer. Also der Funke springt einfach nicht über, das hat jetzt nichts mit Englisch oder Deutsch zu tun. Wenn ich einen englischen Dzogchen-Text lese, springt dieser Funke über. Vielleicht bin ich zu viele Inkarnationen in der tibetischen Kultur verwurzelt gewesen vor diesem Leben, um da das gleiche zu fühlen. Vielleicht fehlt aber wirklich etwas an der Essenz der Übertragung? Es ist genauso wie mit Deiner Übersetzung des Longchenpa-Textes, speziell die Begriffe, die noch englische Begriffe in Klammern dahinter haben, so geht es mir auch mit den Texten (habe mich jetzt bei den freien eBooks umgeschaut usw.) auf der Webseite. Es funkt nicht. Wie empfindet ihr das? Liegt es an mir, oder ist das eine überpersönliche Beobachtung?

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • VOOM108:

    Es ist interessant. Auf der einen Seite stehe ich voll hinter dem Ansatz, den Du hier beschreibst. Und sehe diese Art "Übersetzung" von buddhistischen Konzepten und Wegen in westliche Sprache usw. als ein zentrales Element meiner Aktivität an. Trotzdem tue ich mich mit der Sprache auf der verlinkten Seite sehr schwer. Also der Funke springt einfach nicht über, das hat jetzt nichts mit Englisch oder Deutsch zu tun. Wenn ich einen englischen Dzogchen-Text lese, springt dieser Funke über. Vielleicht bin ich zu viele Inkarnationen in der tibetischen Kultur verwurzelt gewesen vor diesem Leben, um da das gleiche zu fühlen. Vielleicht fehlt aber wirklich etwas an der Essenz der Übertragung? Es ist genauso wie mit Deiner Übersetzung des Longchenpa-Textes, speziell die Begriffe, die noch englische Begriffe in Klammern dahinter haben, so geht es mir auch mit den Texten (habe mich jetzt bei den freien eBooks umgeschaut usw.) auf der Webseite. Es funkt nicht. Wie empfindet ihr das? Liegt es an mir, oder ist das eine überpersönliche Beobachtung?



    Geht mir sehr ähnlich....
    allerdings scheint nicht alles am Übersetzungsstil zu liegen - Longchenpa liest sich oft sehr trocken & schwer.
    Er war halt nicht nur Yogi sondern auch ein großer Gelehrter. Herbert V. Guenther z. B. kann ich kaum in deutsch lesen - auf englisch verstehe ich garnix mehr :roll:
    Ansonsten "klingen" Text und Website für mich ein wenig theoretisch - wenig nach Löwengebrüll (Erfahrung)
    Der Ausdruck "Funke springt nicht über" trifft's bei mir genau!

  • Zitat "VOOM108": 'Es ist genauso wie mit Deiner Übersetzung des Longchenpa-Textes, speziell die Begriffe, die noch englische Begriffe in Klammern dahinter haben, so geht es mir auch mit den Texten (habe mich jetzt bei den freien eBooks umgeschaut usw.) auf der Webseite. Es funkt nicht. Wie empfindet ihr das? Liegt es an mir, oder ist das eine überpersönliche Beobachtung?'


    Es würde mich interessieren zu erfahren, ob du ein, zwei Beispiele einer englischsprachigen Longchenpa-Passage samt in deinen Augen gelungener deutscher Übersetzung anführen könntest, bei der es bei dir 'funkt'.

  • Das sind zwei verschiedene Themen. Ob es funkt oder nicht, hängt mit der Energie zusammen. Die Sprache ist eher nebensächlich, wirkt für mich aber eben dann besonders schief, wenn ich die Energie dahinter nicht spüren kann.


    Vielleicht ist das ein entscheidender Punkt: entweder ich ziehe mich raus und übersetze so präzise wie möglich und lasse den Segen des Autors durchfliessen, oder ich verändere den Text und muss dann aber in der Lage sein, die Energie ebenfalls zu übersetzen und in die neuen Worte einfliessen zu lassen. Man könnte auch sagen, ich muss in der Lage sein, "die Übertragung zu halten", auch wenn ich nicht stabil in dem Zustand bin, den ich beschreibe, muss ich dann doch wenigstens einen Geschmack davon haben.


    Bsp.: ich habe nie einen Apfel gegessen. Ein Autor beschreibt den Geschmack in seinen Worten, und in seiner speziellen - vielleicht poetischen - Ausdrucksform transportiert er seine individuelle Erfahrung und da kann ich anknüpfen. Der "Funke" springt über. Wenn jetzt jemand anders, der noch nie einen Apfel gegessen hat, versucht den Text in seinen Worten - oder "modernen Worten" zu übersetzen, oder einfach aus dem Gedicht einen Sachtext zu machen, geht der "Zauber" verloren.


    Genau deswegen sind in Tibet Übersetzer wie Marpa als Held gefeiert worden - man war sich bewusst, was alles hinter einer spirituell gelungenen Übersetzung steckt. (Mal abgesehen von zu Fuss über die Berge stiefeln und die Schriftrollen einem Löwen aus dem Maul zerren...)

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Zitat

    Es erfordert weder Mühe noch Anstrengung oder irgendetwas, was getan werden müsste.
    Der Daseinsgrund hat weder Umfang noch Mitte.
    Da er ohne Bezugspunkte und ununterbrochen ist, ist er eine unendliche Weite der Gleichheit.


    Bei diesen Worten "funkt" es bei mir ganz heftig.


    Ist doch interessant zu beobachten, wie bei den einen etwas ankommt und beim anderen nicht.

  • Auf jeden Fall... Übrigens geht es bei mir mit den Longchenpa-Übersetzungen hier besser, als mit den Sachen von der Webseite. Das könnte daran liegen, dass ich den direkten Bezug zu Longchenpa herstellen kann (den ich offenbar habe, immerhin zitiere ich ihn seit Wochen in meiner Signatur hier); da stolpere ich mehr über einzelne Begriffe, und zwar speziell die, die sich in diese Neo-Dzogchen-Idee einpassen.


    Was Du da grad zitiert hast, hat keine solchen neuen Begriffe, über die ich stolpern könnte...

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
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  • Für eine wirklich gute Übersetzung ins Deutsche sollte, wenn man von einer englischen Übersetzung weiter überträgt, immer auch das tibetische Original hinzugezogen werden. Viele der tibetischen Wörter haben spezielle Konnotationen, die im Englischen und Deutschen oftmals durch andere Übersetzungen wiedergeben werden sollten/könnten/müssten/dürfen.



    Liebe Grüße.

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Eine wie ich finde im Sinne von vooms Erklärung gelungene Schriftsprache findet man bei Dzogchen pönlop Rinpoche. Seine studienunterlagen sind in moderner Sprache gehalten und doch sehr tiefgründig.


    Mit dem Hinweis auf die Energie der Linie kann ich jedenfalls was anfangen.


    Danke Voom für den sprachlichen Ausdruck deiner eindrücke...

  • Zitat

    Für eine wirklich gute Übersetzung ins Deutsche sollte, wenn man von einer englischen Übersetzung weiter überträgt, immer auch das tibetische Original hinzugezogen werden. Viele der tibetischen Wörter haben spezielle Konnotationen, die im Englischen und Deutschen oftmals durch andere Übersetzungen wiedergeben werden sollten/könnten/müssten/dürfen.


    Stimme Dir zu - aber das grenzt die Zahl der Übersetzer natürlich sehr stark ein. Es hilft aber schon, viele typische Texte eines Autors in beiden Sprachen studiert und verstanden zu haben, so dass man die Feinheiten kennt und sie in beiden Sprachen schon mal gesehen hat. Und wie gesagt, wenn man wirklich eine Erfahrung von dem hat, was man übersetzt, dann kann man diese Feinheiten auch erspüren und die richtigen Worte für dieses Gefühl finden...

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
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    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Liebe Freunde, ich möchte noch einmal nachdrücklich darauf hinweisen, dass ein Lesen der eingestellten Texte in einem geistigen Umfeld der inneren Ruhe und Offenheit geschehen muss, damit die Kraft der direkten Übertragung wirksam werden kann.

  • Ein Beispiel zur Sprache: im Englischen heisst es im 3. Teil "awakened mind" - bei der Neo-Dzogchen-Seite wird dafür in erster Linie "open intelligence" verwendet. Du verwendest hier: "erleuchtete Intelligenz".


    Zum Einen finde ich "Intelligenz" als Übersetzung nicht moderner, westlicher oder besser verständlich als "Geist" oder "Bewusstsein". Dann erweckt es eben gerade beim westlichen Leser, der das Konzept der Erleuchtung nicht oder nicht im buddhistischen Sinne kennt und auch eine starke Gewohnheit im Verständnis von "Intelligenz" hat ohne weitere Erklärung ein falsches Bild oder Verständnis von dem, um das es geht, das sich möglicherweise verfestigt.


    Warum nicht einfach die klare und verständliche Übersetzung "Erwachter Geist" - das ist präzise am Original, verwendet keine spezifisch buddhistischen Begriffe wie "Rigpa" und drückt auch im spontanen deutschen Verständnis das aus, was gesagt werden soll. Ich sehe hier die Notwendigkeit nicht, sich vom Text zu lösen und so im Grunde Longchenpa etwas in den Mund zu legen, was er nicht sagt. Intelligenz steht für einen Teilbereich des Geistes, "Geist" drückt noch besser als "Bewusstsein" aus, dass die Gesamtheit gemeint ist und nicht nur ein Teil. Im "awakened mind" ist alles klar und erwacht, alle Phänomene. Das steht auch ausdrücklich dann im Detail noch weiter beschrieben. Da ist eine Einheit von Text und Begriff, um den es im Text geht. Diese Einheit sehe und fühle ich nicht, wenn ich "erleuchtete Intelligenz" lese.


    Bei der Neo-Dzogchen-Seite wiederum werden Texte in der ihnen eigenen Sprache geschrieben, das kann mir liegen oder nicht, es ist immerhin keine Verfälschung einer traditionellen Aussage. Diese Begriffe dann aber bei der Übersetzung eines alten Textes zu verwenden finde ich kritisch. Da stellen sich mir die Dharmaschützer-Nackenhaare auf. Also bei "Open View" nicht, das liegt mir einfach nicht und ist was Eigenes. Hier bei Longchenpa wird aber bei einem eigentlich urbuddhistischen Text eine neue vom Original abweichende Begrifflichkeit eingeführt, die die Lesbarkeit im Vergleich zu einer textnäheren Übersetzung nicht verbessert.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
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    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Begriffe und Konzepte: Wie Voom108 richtig bemerkt hat, verwende ich für 'awakened mind' 'erleuchtete Intelligenz'. Wörtlich übersetzt heißt es natürlich 'erwachter Geist'. Man könnte für 'mind' anstatt 'Geist' auch 'Bewusstsein' oder etwas Ähnliches verwenden. Jeder Begriff erweckt bei Menschen unterschiedliche Asssoziationen. Ich persönlich empfinde 'Geist' im Deutschen als sehr problematisch, da dieser Begriff eine Bandbreite unerschiedlicher Konnotationen hat: Verstand, Bewusstsein, Geist, eine Geistererscheinung (ghost), Heiliger Geist (spirit) etc. Im Englischen ist es ganz ähnlich mit 'mind', was eine Vielzahl unterschiedlicher Bedeutungen haben kann.
    Wenn man versucht, dem Unaussprechlichen einen Namen zu geben, kommt es zwangsläufig zu Missverständnissen. Deshalb ist es gut, einmal diese Diskussion zu haben. Was mich betrifft, so steht es jedem frei, einen Begriff zu verwenden, der seinem oder ihrem Verständnis entspricht und das Unaussprechliche für diese Person am Geeignesten wiedergibt. Wer 'erleuchtete Intelligenz' nicht mag, kann 'Geist', 'Bewusstsein' oder was auch immer verwenden. Wenn ich 'Intelligenz' verwende, assoziere ich damit eine 'singuläre universelle Intelligenz'. Früher habe ich auch 'Geist' oder 'Bewusstsein' verwendet. Manchmal tue ich das immer noch, je nachdem wie sich die dynamische Energie gerade entfaltet.
    Ich finde nicht, dass ich damit Longchenpa in irgendeiner Weise verfälsche. Sollte dies doch der Fall sein, so übernehme ich dafür die etwaigen karmische Folgen.
    Das Einstellen der Texte ist ein Angebot, das von Herzen kommt. Wer mag, kann sich darin vertiefen. Wer nicht mag - auch gut. Es wird kein Anspruch auf Unfehlbarkeit erhoben. Es ist nicht als definitive, ultimative Übersetzung gemeint (wenn es denn so etwas überhaupt gibt). Ich bin wie gesagt jederzeit offen für Lob und Tadel jeder Art.

  • Ich hoffe Du verstehst meine Kritik so wie sie gemeint ist: als persönlichen Beitrag im Austausch. :)


    Gerade weil "Geist" wie "mind" etwas unscharf ist, finde ich den Begriff passender als jede spezifischere Übersetzung. Bewusstsein ist schon etwas eingegrenzter, gibt es nicht auch Bereiche des Geistes, die unbewusst sind? Intelligenz finde ich noch spezifischer. Man assoziiert damit nicht nur Bewusstheit, sondern den aktiven und logischen bewussten Gebrauch bestimmter Bereiche des Bewusstseins. Somit ist "erleuchtete Intelligenz" an sich etwas, das es gibt. Aber es drückt nicht das aus, was Longchenpa meint. Ich habe den Begriff ja nicht beliebig gewählt, sondern deswegen weil dieser 3. Teil fast komplett darum geht, dieses Konzept zu beschreiben und es dort in fast jeder Zeile auftaucht. Da soll also etwas eingeprägt werden, der Begriff ist nicht nur ein Begriff, sondern Methode. Und die Bedeutung dieser Methode ist in der Übersetzung verändert, das finde ich dann durchaus verfälschend, weil sich wie gesagt Begriff und Inhalt, der sich komplett auf diesen Begriff konzentriert nicht decken.


    Ich habe an der Stelle den Eindruck, dass der Neo-Dzogchen-Einfluss hier stärker ist als die Energie des vorliegenden Textes. Und das fühlt sich - für mich - schief an. :)

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Interessanterweise habe ich bei dieser Gelegenheit einen Text von Longchenpa ausgegraben, den ich vor ca. 9 Jahren mal übersetzt habe aus den Englischen ins Deutsche. Dabei muss ich heute feststellen, dass ich meine Übersetzung schief finde, ich kann auch erkennen, woran das liegt, welcher Einfluss mich dazu gebracht hat, einzelne Begriffe und Aspekte anders auszudrücken, als sie bei Longchenpa stehen. Da ist etwas persönliches mit reingerutscht. Im Kontext ist es gerade noch zu gebrauchen, aber allgemein würde ich das nicht mehr rausgeben. Andere Texte die ich sehr viel früher und sehr viel später übersetzt habe sind klarer und hinter denen stehe ich heute noch voll, so wie sie sind.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Gambhiro,


    bisher bin ich mit dem Text ganz gut klar gekommen, aber hier verlässt es mich:


    Zitat

    Erleuchtete Intelligenz ist vergleichbar mit der Sonne.
    Sie ist von Natur aus absolut klar und für immer frei von Komponenten.


    Komponenten ? Könnte ich die Zeile eventuell mal auf Englisch haben ?