Der Sutraweg des Vajrayana

  • Es heißt, in Vajrayana gibt es zwei Möglichkeiten zu praktizieren, um Buddhaschaft oder die Natur des Geistes zu erlangen:


    1) Tantra (und als Unterstützung des tantrischen Weges: Sutra)
    2) Sutra


    Mich würde mal interessieren wer von Euch den "nicht tantrischen Weg" (also den Sutraweg) gewählt hat und wie ihr diesen Weg konkret praktiziert.

  • Komisch, das hab ich nicht als Wahlmöglichkeit verstanden, also nicht das eine oder das andere.
    Man kann zwar sagen: "Tantra ist mir zu schwierig oder zu viel, ich bleib beim Sutra", das aber würde bedeuten, dass man den Weg nicht vollständig geht, sondern sich vor der Zielgeraden ausbremst. Kann ja sein, dass manch einer das braucht.


    Tantra ohne Sutra als Grundlage steht auf tönernen Füßen und wird nicht empfohlen. So kenne ich es wenigstens nicht.
    Tantra baut auf Sutra auf und beides gehört zusammen, langfristig gesehen. Dass ein Anfänger nicht alles auf einmal kann und erstmal irgendwo beginnen muss, ist klar.


    Praktiziert wird der Sutraweg durch Studium verbunden mit Meditationen und Kontemplationen über das Gelernte: "Hören, Nachdenken, Meditieren", Shamata & Vipassana, Rezitationen, Lobpreisungen.... Diese Sachen sind nicht so platt, wie es sich anhören mag, sondern können innig praktiziert auch zu tiefgründigen Erkenntnissen führen.
    Nichts bleibt an der Oberfläche im Buddhismus, wie hier im Forum die eine Richtung der anderen gern vorwerfen mag. ;)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


    Einmal editiert, zuletzt von Lirum Larum ()

  • Losang Lamo:

    Komisch, das hab ich nicht als Wahlmöglichkeit verstanden, also nicht das eine oder das andere.
    Man kann zwar sagen: "Tantra ist mir zu schwierig oder zu viel, ich bleib beim Sutra", das aber würde bedeuten, dass man den Weg nicht vollständig geht, sondern sich vor der Zielgeraden ausbremst


    Das habe ich anders verstanden. Wer den tantrischen Weg wählt, der soll schneller ans Ziel kommen.
    Wer den Sutraweg wählt, geht den Weg auch vollständig, es dauert aber länger, ihn zu gehen und das Ziel zu erreichen.


    Losang Lamo:

    Tantra ohne Sutra als Grundlage steht auf tönernen Füßen und wird nicht empfohlen


    Das ist richtig. Das meinte ich unter 1):


    Matthias65:

    1) Tantra (und als Unterstützung des tantrischen Weges: Sutra)

  • Zitat

    Das habe ich anders verstanden. Wer den tantrischen Weg wählt, der soll schneller ans Ziel kommen.
    Wer den Sutraweg wählt, geht den Weg auch vollständig, es dauert aber länger, ihn zu gehen und das Ziel zu erreichen.


    Da geht es in die Feinheiten der Sprache. Wenn Du Dir vornimmst, in Deinem Urlaub auf das Fliegen zu verzichten, ist es fraglich, ob Du in Myanmar ankommst. Dass bedeutet aber nicht, dass es unmöglich sei, Myanmar zu Fuß und Schiff zu erreichen.


    Deine Aussage ist auch das Selbe wie meine: man kann auf Tantra verzichten, aber wenn, dann geht es nicht ohne Sutra.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:
    Zitat

    Das habe ich anders verstanden. Wer den tantrischen Weg wählt, der soll schneller ans Ziel kommen.
    Wer den Sutraweg wählt, geht den Weg auch vollständig, es dauert aber länger, ihn zu gehen und das Ziel zu erreichen.


    Da geht es in die Feinheiten der Sprache. Wenn Du Dir vornimmst, in Deinem Urlaub auf das Fliegen zu verzichten, ist es fraglich, ob Du in Myanmar ankommst. Dass bedeutet aber nicht, dass es unmöglich sei, Myanmar zu Fuß und Schiff zu erreichen.


    Sind das für Dich Feinheiten der Sprache ? ich finde das hast Du gut formuliert :)
    Ob die Relationen der Myanmar Reise übertragbar sind auf die unterschiedlichen "Geschwindigkeiten" der buddhistischen Wege kann ich allerdings nicht beurteilen. Um wieviel ist man "schneller" beim Tantra (plus Sutra) im Vergleich mit "nur Sutra" ? Keine Ahnung, das ist wohl auch individuelle Veranlagung.

  • Ja, individuelles Karma.
    Diese Schnelligkeitsdiskussionen sind hier im Forum in der Vergangenheit auch gern ausgeartet und ich finde sie kontraproduktiv.
    Mit einem Formel-1-Wagen braucht man eine glatte Rennstrecke. Ist die nicht gegeben, braucht man Zeit, muss die Straße erstmal glätten, Hindernisse aus dem Weg räumen - welches immer innere Sachen sind.


    Einen langsameren Weg gehen zu wollen kann individuell also sogar Ausdruck von Weisheit sein. Oder bei einem anderen Individuum ist es aber vielleicht nur Ausdruck von Feigheit und Bequemlichkeit, die aber auch wieder ihre Ursachen hat.
    Würde man alle Ursachen kennen, könnte man höher-besser-schneller-weiter-Diskussionen gar nicht führen.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Mir ging es primär auch darum zu fragen wie praktiziert man den Sutraweg (ohne Tantra) nicht welcher Weg schneller ist.


    Dazu hast Du hier ja schon was schönes geschrieben: :)


    Losang Lamo:

    Praktiziert wird der Sutraweg durch Studium verbunden mit Meditationen und Kontemplationen über das Gelernte: "Hören, Nachdenken, Meditieren", Shamata & Vipassana, Rezitationen, Lobpreisungen.... Diese Sachen sind nicht so platt, wie es sich anhören mag, sondern können innig praktiziert auch zu tiefgründigen Erkenntnissen führen.
    Nichts bleibt an der Oberfläche im Buddhismus, wie hier im Forum die eine Richtung der anderen gern vorwerfen mag

  • Hier stellt sich für mich die Frage, wie man Vajrayana definiert. Sutra ohne Tantra und ohne Mahamudra- oder Dzogchen-Sichtweise ist aus meiner Sicht kein Vajrayana mehr. Tantra wegzulassen und Sutra + Sichtweise zu praktizieren kann ich mir wiederum gut vorstellen und das würde ich auch durchaus unter Vajrayana einsortieren.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • In einer Unterweisung hat ein Lama einmal gesagt es gäbe den Weg über Sutra oder den Weg des Yogis. Der Sutraweg würde ungefähr so ausssehen: Man kommt als Kind ins Kloster, lernt dort Lesen Schreiben, und dann mehrere buddhistische philosophische Schulen, mit Debatten etc.. Der Sutraweg ist eingentlich monastisch und ausserhalb eines Klosters kaum machbar, weil man halt viele Stunden am Tag Philosophie studieren sollte, und dann kommt dann irgendwann einmal auch Meditation etc und anderes hinzu. Der Weg der Yogis wäre mehr oder weniger alles andere.
    Meine Gedanken hierzu sind. Hier im Westen ist der Sutraweg fast vollommen ausgeschlossen. Weil wir eben einen Laienweg gehen, und Westler selten den Khenpotitel anstreben.... Uns bleibt also nichts anderes übrig als den Weg des Yogis zu gehen. Das kann man dann, wenn man will damit schönfärben, dass man sagt "verrückte Weisheit", oder Tantrischer Weg oder der "schnellere" Weg. Wie man es aber umschreibt ist eigentlich egal, weil es unsere einzige Möglichkeit ist. Ich durfte den Dalai Lama in Klagenfurt erleben (2012). In seinen Unterweisungen zum Herzsutra zB ist mir aufgefallen, dass er langsam Schritt für Schritt einzelene Punkte erklärte, dann sagte er in der buddhistischen Schule xy sieht man das aber so..., danach kam dann in der Buddh. yx Schule sieht man das aber so ... und in der 3. Buddh. philosophischen Richtung wird es nocheinmal unter anderen Gesichtspunkten gesehen....... ich als Dalai Lama meine, dass foglender Gedanke dazu interesant ist..... . Wenn ich nicht zufällig 2 Monate zuvor einen 2-tages Kurs zum Herzsutra gehabt hätte, dann hätte ich dem allem überhaupt nicht folgen können. Da habe ich so einen kleinen Geschmack davon bekommen was es denn wäre den Sutraweg zu folgen. Ich will nicht den Sanskrit-Kanon und die tibetischen klassischen Schriften samt mehreren Kommentaren auswendig lernen, ach ja und wenn dann noch Kapazität über ist den Palikanon. Ich will kein Gelehrter werden. Und so wie ich hier Buddhisten erlebe, wollen das die wenigsten.

    Einmal editiert, zuletzt von nyalaana ()

  • VOOM108:

    Tantra wegzulassen und Sutra + Sichtweise zu praktizieren kann ich mir wiederum gut vorstellen und das würde ich auch durchaus unter Vajrayana einsortieren.


    Und wie würdest Du es praktizieren ?


    nyalaana:

    In einer Unterweisung hat ein Lama einmal gesagt es gäbe den Weg über Sutra oder den Weg des Yogis.


    Hast Du auch beobachtet wie der Dalai Lama beim Medizinbuddha Tantra praktiziert hat ?
    Auch diese Praxis im Westen "authentisch" zu praktitzieren ist recht schwierig.

  • Zitat

    Und wie würdest Du es praktizieren ?


    Gar nicht, ich liebe Tantra :)


    Aber wenn, dann würde ich mir das so vorstellen: Man geht den Sutraweg, so wie er gelehrt wird, aber übt gleichzeitig das Halten der Sicht. Im Grunde ist es ja egal, was man ansonsten macht, wenn man das Halten der Sicht übt. Dann könnte man theoretisch auch parallel Gnostiker oder Sufi sein.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)


  • Das mal so rausgegriffen, würde ich durchaus als meine Praxis bezeichnen.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • hä? sutra-weg hat doch was mit den sutras bzw. sutten zu tun, entspricht also eher dem hinayana und mahayana. tantra kommt dann noch oben drauf sozusagen - und ist eben tatsächlich anders, da die meditationen und sichtweisen wieder anders sind. wer beides gemacht hat, kann ja selber vergleichen, ob tantra wirklich schneller zu mehr weisheit führt.

  • sorry für kurze anmerkung:
    nyalaana s beitrag zur frage find ich gut, weil so ist es mir auch zu ohren gekommen.
    ansonsten ist tenzin peljor ( der rezidenzlama vom BC in berlin )
    Gelugpa und das ist wohl ein sutren-zweig . er ist bikkhu und
    durchläuft all diese schulungen u.a.in Italien - oder ist schon fertig mit der formellen ausbildung,
    er lehrt und begleitet lamrim-( meditation ) und lojong (-meditation ) zur zeit.
    mir scheint, daß im gelugpa auch die debatte zentral ist zur festigung bzw. klärung,
    neben der analytischen stufenmeditation.
    und dafür braucht man mehrere "leute" mit derselben basis, ausbildung und erfahrenere begleiter.

  • raterZ:

    hä? sutra-weg hat doch was mit den sutras bzw. sutten zu tun, entspricht also eher dem hinayana und mahayana. tantra kommt dann noch oben drauf sozusagen - und ist eben tatsächlich anders, da die meditationen und sichtweisen wieder anders sind. wer beides gemacht hat, kann ja selber vergleichen, ob tantra wirklich schneller zu mehr weisheit führt.


    Worauf bezieht sich jetzt Deine Irritation? Das ist mir nicht ganz klar...

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)