Bodhisattva-Ideal & Wiedergeburt

  • Hallo, ich wollte mal wissen, wer das ganze wirklich ernst nimmt. Ich z.B. will wiedergeboren werden und zwar hier als Mensch. Ich weiß, dass dieser Wunsch in mir karmisch sehr stark ist, und warscheinlich kommt das nicht nur aus diesem Leben, sondern hängt mit dem Bodhisattva-Gelübde ab, was ich in früheren Leben abgelegt habe. Das ganze geht aber dann stark konträr der tibetischen Ansicht & Praxis, dass man in reine Länder wiedergeboren werden will.
    Ich kenne das ganze theoretische Zeug um diese reinen Länder, aber es widerspricht doch dem Ideal. Was will man denn dort helfen? Da gibts nichts zu helfen..
    Bodhisattvas sollten als Menschen geboren werden wollen, und deshalb eben auch dieses Leben effektiv mit relativen und absoluten Bodhicitta nutzen um diese Welt bestmöglich zu verändern - so sehe ich das.
    Musste ich mal raushauen, diese Gedanken! :D

  • Ich nehme es nicht ernst und glaube nicht an Wiedergeburt in diesem Sinne. Sollte es so geschehen, dann hätte ich nichts dagegen. Ich mag das Leben, und weiß, dass ich dann wieder so ein Glück hätte wie jetzt.


    In den reinen Ländern erhält man doch höchste Belehrungen. Das heißt ja nicht, dass man dann nicht wiedergeboren wird. Man kommt halt nur besser geschult zurück. Ist doch praktisch.
    Aber für mich ist das wie mit der Wiedergeburt, es findet im Leben statt.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Auch Hallo
    Ich hänge da auch irgendwie in einem Zwiespalt: Zum einen würde ich gerne (so ganz unbescheiden) Buddhaschaft erlangen, um allen Wesen wirklich richtig von Nutzen sein zu können. Ok - mach mer eben schnell. Aber was dann? Dann hätte ich noch ein paar Järchen auf diesem Planeten Zeit, um den Wesen zu helfen, bevor ich mich irgendwo im Legenden-Himmel verabschiede. Na ja, nur gut, dass man zuvor noch ein paar Wiederholungen als Bodhisattva durchläuft oder (weniger gut) auch andere karmisch bedingte Wiederholungen.


    Angenommen ich verändere mich und werde ein wirklich braver unauffälliger Bodhisattva. Als solch unauffälliger Bodhisattva ziehe ich dann bei der Tushita (oder so) Himmelslotterie das große Los und gewinne die Eintrittskarte nach Tushita. In dieser Käseglocke studiere ich dann meinen Buddha zuende, verabschiede mich und strahle dann noch irgendwelche Kayas zum Nutzen der Wesen aus.


    Also ich weiss nicht, mein Ding ist das auch nicht. Friede, Freude, Eierkuchen und die ganzen Geschehnisse aus sicherer Entfernung begutachten ?


    Nur studieren - ist das nicht genauso langweilig, wie das Leben eines Gottes ? Wo bleibt da der Adrenalinstoss, der z.B. ein Gott noch bekommen kann, wenn er merkt, dass er bald aus seinem Götterhimmel rausfällt ?


    Und wie ist das mit dem Wunsch, erst Buddhaschaft zu erlangen, wenn man zuvor erst alle Wesen dahin führen will?


    Diesbezüglich gibt es also schon eine Menge Dinge, die irgendwo unlogisch sind oder sich widersprechen.


    Deshalb ist meine Meinung eigentlich, dass man das alles, was es da so als Theorien gibt, nicht unbedingt in ihrem ganzen Umfang kennen muss. Man sollte diesen auch nicht zuviel Gewicht beimessen. Auf ehrlicher Basis, nach bestem Wissen und Gewissen das tun was vor der Nase liegt, ist so ungefähr der Weg, den ich dabei gehe. Dabei probiere ich Dinge, die auftreten können, einfach so zu akzeptieren, wie sie sind. Wer weiss, wofür alles gut ist.


    Am Anfang war ich froh auf diesem Weg schnell voranzukommen: "Scheiss Samsara, das kann doch überhaupt nicht mein Film sein, denn ich da gerade fahre". Nun ist das Ganze etwas ruhiger geworden und ich entwickle mich dennoch immer weiter. Das Wissen steigt von Tag zu Tag an. Es gibt jedoch noch sehr viel, was ich umsetzen sollte und Tushita oder ein sonstiger Himmel ist für diese Dinge wirklich nicht geeignet.


    Alles Gute
    Karl

    Raum trennt nicht -- Raum verbindet

  • raterZ:

    Hallo, ich wollte mal wissen, wer das ganze wirklich ernst nimmt. Ich z.B. will wiedergeboren werden und zwar hier als Mensch.


    Und da kannst Du Dir ganz sicher sein, daß daraus nix wird, sondern nur n Hungergeist - was anderes biste nämlich jetzt schon nicht.

  • raterZ:

    welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?


    gar keine, das ist das was ich sehe. Du hast doch gefragt, wer das "wirklich ernst nimmt".

  • bel:
    raterZ:

    welche Laus ist dir denn über die Leber gelaufen?


    gar keine, das ist das was ich sehe. Du hast doch gefragt, wer das "wirklich ernst nimmt".


    Wie kannst Du behaupten, dass er als Hungergeist wiedergeboren werden würde, wenn Du die ganze Idee der individuellen Wiedergeburt komplett ablehnst?
    (So hatte ich Dich jedenfalls bisher verstanden.)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Ich will ich will ich will ich will …
    Mantra des Hungergeistes. :D


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • hallo raterZ
    Ich glaube, die Wunschgebete, in einem reinen Land wiedergeboren zu werden, kann man auch so verstehen, dass man sich dort befindet, anstatt im Bardo.
    Es heisst in Gebeten auch: Augenblicklich dort wiedergeboren.... und dann Verkörperungen aussenden.
    Dies bedeutet, die Zeit zwischen Tod und neuer Geburt zu nutzen für die Erleuchtung. Das heisst es geht um die Frage, in was für einem Bewusstseinszustand man wieder auf die Erde kommt.
    Ich habe momentan etwas vor, was ich in diesem Leben eventuell nicht beenden kann. Ich denke mir dann auch: Das kannst du die nächsten 300 Jahre machen.Also macht nichts, dass du schon mittelalt bist. :grinsen:
    Aber wenn man sich das so vornimmt, auf dem Weg zur Erleuchtung meist auf der Erde zu leben, dann ist ja das Thema, dass man die Erleuchtung nicht aus dem Blickfeld verlieren sollte, vor lauter guten Taten. Aufenthalte in reinen Ländern, ob nun zwischen den Leben oder während der Körper in einer Höhle sitzt, sind bestimmt wichtig.
    Es sollte sich ja nicht mit dem Bild, auf der Erde zu sein, die Vorstellung verbinden:" Ich, also Ego lebe ewig." Kann also im anhaftenden Sinne das irdische Leben, welches nie aufhört, geniessen.

  • Losang Lamo:
    bel:


    gar keine, das ist das was ich sehe. Du hast doch gefragt, wer das "wirklich ernst nimmt".


    Wie kannst Du behaupten, dass er als Hungergeist wiedergeboren werden würde, wenn Du die ganze Idee der individuellen Wiedergeburt komplett ablehnst?
    (So hatte ich Dich jedenfalls bisher verstanden.)


    Ja, aber nicht der Wiedergeburt :lol: .
    Aber das spielt auch keine Rolle, ich kann ja aus der Theorie der "individuellen Wiedergeburt" ableiten, was daraus für die folgt, die daran glauben.

  • Turmalin:

    hallo raterZ
    Ich glaube, die Wunschgebete, in einem reinen Land wiedergeboren zu werden, kann man auch so verstehen, dass man sich dort befindet, anstatt im Bardo.
    Es heisst in Gebeten auch: Augenblicklich dort wiedergeboren.... und dann Verkörperungen aussenden.
    Dies bedeutet, die Zeit zwischen Tod und neuer Geburt zu nutzen für die Erleuchtung.


    Ja, genau... Ich nehme das auch absolut ernst, weil es für mich kein anderes Modell der Welt gibt, das Sinn macht. Die Reinen Länder sind für Bodhisattvas als Zwischenstation gedacht, man kann lernen, einfach mal auftanken und sich einen Überblick verschaffen, wo ggfls. eine Wiedergeburt am meisten Sinn macht. Oder eben auch mehrere Verkörperungen. wenn man das Halten kann. Ein Zwischending wären Ausstrahlungen, ganz oder zeitweise in bestehende Körper anderer (angehender) Bodhisattvas wenn diese das wünschen oder als Lichtformen, die keine vollständige Verkörperung darstellen, aber von den meisten Menschen als solche wahrgenommen werden und wo man jemandem in einer bestimmten Situation mal eben zur Seite stehen kann oder etwas in Gang bringen kann. Die Palette der Möglichkeiten ist sehr breit gefächert, ein paar davon möchte ich hier nicht offen aussprechen, weil sie missverstanden werden können.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Doris Rasevic-Benz:

    Ich will ich will ich will ich will …
    Mantra des Hungergeistes. :D


    Ich will, ich will, ich will - höchste Erleuchtung zum Nutzen aller Wesen erlangen... ;)


    Und wenn noch menschliche Wünsche mit reinspielen, warum nicht. Diese dienen dem Tantriker als Rohstoff; ausserdem ist Buddhismus im Gegensatz zum Altruismus des Christentums die Lehre von der rechten Balance von Hedonismus und Aufopferung.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • VOOM108:
    Doris Rasevic-Benz:

    Ich will ich will ich will ich will …
    Mantra des Hungergeistes. :D


    Ich will, ich will, ich will - höchste Erleuchtung zum Nutzen aller Wesen erlangen... ;)


    Und wenn noch menschliche Wünsche mit reinspielen, warum nicht. Diese dienen dem Tantriker als Rohstoff; ausserdem ist Buddhismus im Gegensatz zum Altruismus des Christentums die Lehre von der rechten Balance von Hedonismus und Aufopferung.


    Um in dieser Logik zu bleiben …
    Glaubst Du, dass Du so lange Du noch ganz viel Wünsche hast, egal wie altruistisch sie daherkommen, dass es Erleuchtung geben kann?
    Ich weiß, dass Wünsche ein wichtiger Motor sein können und man diese Wünsche kanalisieren und ausrichten kann, aber sie drücken ja auch immer Unzufriedenheit mit dem Ist-Zustand aus, was allgemein als Dukkha bezeichnet wird. Wie löst der Tantriker letztendlich diesen Widerspruch Deiner Meinung nach auf?


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • VOOM108:

    Ich nehme das auch absolut ernst, weil es für mich kein anderes Modell der Welt gibt, das Sinn macht.


    Das sehe ich genauso :)


    VOOM108:

    Die Reinen Länder sind für Bodhisattvas als Zwischenstation gedacht, man kann lernen, einfach mal auftanken und sich einen Überblick verschaffen, wo ggfls. eine Wiedergeburt am meisten Sinn macht


    Man wünscht sich, in ein reines Land "wieder geboren" zu werden, um dort perfekte Bedingungen für die Praxis wiederzufinden.
    Dann kann man es als Zwischenstation sehen. Eine andere Sichtweise ist die, dass wir uns JETZT bereits als Teil eines "reinen Landes" begreifen.

  • bel:
    raterZ:

    Hallo, ich wollte mal wissen, wer das ganze wirklich ernst nimmt. Ich z.B. will wiedergeboren werden und zwar hier als Mensch.


    Und da kannst Du Dir ganz sicher sein, daß daraus nix wird, sondern nur n Hungergeist - was anderes biste nämlich jetzt schon nicht.


    Zitat

    Auf dem Bhavacakra (sanskrit: „Lebensrad“), welches in Sechs Daseinsbereiche unterteilt ist, wird das Reich der hungrigen Geister im Buddhismus bildlich dargestellt. Im „Dritten Kreis“ sieht man die hungrigen Geister der Verstorbenen in der bildlichen Darstellung mit übergroßen Bäuchen, dick und aufgebläht. Die engen Münder und dünnen Hälse machen es ihnen unmöglich, den riesigen Bauch zu füllen, sie können niemals satt werden und schon der Versuch zu essen bereitet ihnen unglaubliche Schmerzen. Dies ist eine Metapher für jene, die vergeblich versuchen, ihre illusorischen körperlichen Wünsche zu erfüllen. Dazu verwandelt sich in manchen Darstellungen jegliches Wasser, dem sie sich nähern, in flüssiges Feuer und Nahrung in Exkremente. Auch das Schlafen wird den Hungergeistern schwer gemacht. Dämonische Wesen oder das Heißwerden des Bodens halten sie davon ab, sich hinzulegen und zu schlafen.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Hungergeist#Buddhismus


    Nööö, danke..

  • Zitat

    Glaubst Du, dass Du so lange Du noch ganz viel Wünsche hast, egal wie altruistisch sie daherkommen, dass es Erleuchtung geben kann?
    Ich weiß, dass Wünsche ein wichtiger Motor sein können und man diese Wünsche kanalisieren und ausrichten kann, aber sie drücken ja auch immer Unzufriedenheit mit dem Ist-Zustand aus, was allgemein als Dukkha bezeichnet wird. Wie löst der Tantriker letztendlich diesen Widerspruch Deiner Meinung nach auf?


    So wie jeder Buddhist diesen Widerspruch irgendwann auflösen muss, wenn er vom Buddhist zum Buddha werden will ;) Oder besser: erkennt, dass er schon einer ist, immer schon war.


    Zitat

    Man wünscht sich, in ein reines Land "wieder geboren" zu werden, um dort perfekte Bedingungen für die Praxis wiederzufinden.
    Dann kann man es als Zwischenstation sehen. Eine andere Sichtweise ist die, dass wir uns JETZT bereits als Teil eines "reinen Landes" begreifen.


    Es gibt halt Reine Länder aller Art. Eines erkannt, alle verwirklicht. In Wirklichkeit ist alles rein und erleuchtet, wenn wir das so sehen können. Aber in einem Reinen Land fällt das halt leichter, als wenn man in irgendwelchen dicken Illusionen lebt. Wenn man sich dann dort daran gewöhnt hat, kann man auch andere Bereiche als rein erleben. Es kann aber auch zur Bodhisattva-Tätigkeit gehören, die bereits erlangte Bewusstseinsebene bei einer Nirmanakaya-Inkarnation zu verschleiern, um authentische Erfahrungen machen zu können.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)