Linien im tibetischen Buddhismus

  • Wenn ein bedeutender tibetischer Lama z.B. ein Karmapa wiedergeboren wird, wird dann vermutet, dass der "neue" Lama die gleiche Person ist, wie der "alte" Lama oder würde man eher sagen, dass die Person, die seine Nachfolge antritt (in weiser Vorausschau des vorherigen Lamas) am besten für seine Aufgaben geeignet sind?

    Fuß spürt Fuß, wenn er Boden spürt.

  • Es ist nicht die selbe Person, weil ein wahrhaftes Selbst nicht existiert.
    Da aber Ursache und Wirkung besteht, ist der Nächste der Träger des Karma des Vorherigen - hoffentlich drücke ich mich da richtig aus.
    Vergleichbar vielleicht mit Billiardkugeln, wo die eine die andere anstößt. Es ist die selbe Energie, die die Kugeln voranbringt. Natürlich hinkt so ein Vergleich.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Den Vergleich mit den Billardkugeln finde ich gut, den muss ich mir gleich mal merken... :)

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Losang Lamo:

    Es ist nicht die selbe Person, weil ein wahrhaftes Selbst nicht existiert.
    Da aber Ursache und Wirkung besteht, ist der Nächste der Träger des Karma des Vorherigen - hoffentlich drücke ich mich da richtig aus.
    Vergleichbar vielleicht mit Billiardkugeln, wo die eine die andere anstößt. Es ist die selbe Energie, die die Kugeln voranbringt. Natürlich hinkt so ein Vergleich.


    Vielen Dank für deine Beiträge. Auch deinen Beitrag zum Thema Ego in der Bücherabteilung fand ich sehr gut.


    Wenn du schreibst, dass der Nächste Träger des Karma des Vorherigen ist, so frage ich weiter: Ist er der einzige Träger des Karma des Vorherigen?


    Ich denke, dass diese Frage sehr gut ausdrückt, was ich zu erfahren versuche. Vielen Dank dafür.

    Fuß spürt Fuß, wenn er Boden spürt.

  • Hallo Tendzin,


    ja er ist der einzige. Laut der Philosophie des Mahayana setzt sich in dem "neuen" Lama, der grundlegende Geiststrom des "alten" Lamas fort. Man darf hier allerdings nicht denken, dass er dann immer "der Selbe" ist. Dieser Geiststrom ist in sich veränderlich, aber kontinuierlich, d.h. er reißt nicht ab. Es ist nicht der gleiche Lama im nächsten Leben, aber es ist auch kein komplett verschiedener.

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Naja, aber es soll ja schonmal jemand in zwei oder drei Personen inkarniert sein? War das nicht so ein Lama mit viel Humor?

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Zitat

    Es ist nicht der gleiche Lama im nächsten Leben, aber es ist auch kein komplett verschiedener.


    richtig so wie du im jetzigen Moment nicht der gleiche Mensch bist wie vor 5 Minuten aber auch kein komplett verschiedener.
    Das ist ja das tolle am Karma dass es sich nicht nur auf Tod und Wiedergeburt bezieht sondern das wir diesen Mechanismus der von Simo und LosangLamo beschrieben wurde schon jetzt erleben können. Das fasziniert mich immer wieder.


    Liebe Grüße
    Tobias

  • Losang Lamo:

    Naja, aber es soll ja schonmal jemand in zwei oder drei Personen inkarniert sein? War das nicht so ein Lama mit viel Humor?


    Stimmt, das ist auch schon vorgekommen. Das wird aber eher so erklärt, dass diese drei Ausstrahlungen der Aktivitäten von Körper, Rede und Geist dieses Lamas sind.

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Zitat

    Stimmt, das ist auch schon vorgekommen. Das wird aber eher so erklärt, dass diese drei Ausstrahlungen der Aktivitäten von Körper, Rede und Geist dieses Lamas sind.


    Offtopic: kam mir grade in den Sinn das man ja auch den aktuellen Karmapa-Konflikt mit Hilfe des Ausstrahlungskörpers lösen könnte. Dann wären alle glücklich weil tatsächlich 2 Buddhas mehr auf dem Planeten wären. Außer diejenigen die nicht glauben dass Karmapas Buddhas sind und diejenigen denen der Buddha an sich wurscht ist. :D

  • das würde aber heißen, dass der mentale Prozess im Fluss meines Dasein unabhängig vom Körper ist und in den anderen Körper übergeht... ich kann mir aber nicht denken, wie das geht.
    All meine Handlungen haben Wirkungen, diese Wirkungen sind aber nicht einzig und allein auf "mich" bezogen sondern auch auf andere. Schlage ich jemand anderes erzeugt das Leid unter anderem in Form von Schmerz und dem Bedürfnis von Gegengewalt. Wenn mein Körper stirbt, das heißt wenn der Prozess meines Körperdaseins abgeschlossen ist und sich auflößt, bin ich berechtigt zu fragen wie WIrkungen von Handlungen dann auf jemand neu geborenen übergehen sollen, außer auf jene Menschen die aufgrund meiner Handlungen auf bestimmte Weise handeln und damit wieder andere Menschen beeinflussen. Dies ist aber nicht nur ein Mensch, sondern viele Menschen.

    Fuß spürt Fuß, wenn er Boden spürt.

  • Hallo

    Zitat

    All meine Handlungen haben Wirkungen, diese Wirkungen sind aber nicht einzig und allein auf "mich" bezogen sondern auch auf andere. Schlage ich jemand anderes erzeugt das Leid unter anderem in Form von Schmerz


    ja

    Zitat

    und dem Bedürfnis von Gegengewalt


    oder Mitgefühl, Du hast auf jeden Fall Optionen. Eine dritte Option wäre das entstehende Gefühl aufzulösen/zu befreien. Aber das nur am Rande.


    Zitat

    wenn der Prozess meines Körperdaseins abgeschlossen ist und sich auflößt, bin ich berechtigt zu fragen wie WIrkungen von Handlungen dann auf jemand neu geborenen übergehen sollen, außer auf jene Menschen die aufgrund meiner Handlungen auf bestimmte Weise handeln und damit wieder andere Menschen beeinflussen.


    Hier greift wiederum buddhistische Logik.
    Dem Buddha war klar, da Gedanken Gefühle und Handlungen im Sinne eines karmischen Potenzials immer eine Wirkung haben, müssen auch die Gedanken Gefühle und Handlungen zum Zeitpunkt des Todes eine Auswirkung haben.(Es sei den der Mensch ist erleuchtet und verhält sich karmisch neutral) Diese Energie muss also irgendwo hin. Ich glaube deshalb gibt es im Buddhismus eben auch die Theorie der wiedergeburt.


    Im tib, Buddhismus geht diese Energie aus den letzten Gedanken und Gefühlen vor dem Tod in das Bardo des Werdens über.
    Das ist ein Zustand in welchem der Bewusstseinsstrom komplett ohne Körper existiert es existieren nur noch die reinen Gedanken und Gefühle. Diese sind in diesem Zustand besonders mächtig/Wirkungsvoll. Du kannst es dir so vorstellen dass jeder der Gedanken und Gefühle wahr wird.


    Diese Projektion von Gedanken und Gefühlen wird beeinflusst von den vorherrschenden Gedanken und Gefühlen zu Lebzeiten und v.a. zum Zeitpunkt des Todes.
    Dieser Bewusstseinsstrom ist auf dieser Ebene also radikal mit den eigenen Gedanken und Gefühlen konfrontiert. Meistens hält er diese Erscheinungen für wahr.
    Tatsächlich ist aber alles was du siehst und fühlst eine Projektion.


    Diese Gedanken und Gefühle erzeugen wiederum eine Energie. Diese Energie führt dazu dass nach 49 Tagen(traditionelle Sichtweise) ein neuer Körper gesucht wird. Denn diese Energie kann sich in einem Körper einfach spezifischer Ausleben. Je nachdem welches Gefühl vorherrscht wird man als Mensch Tier etc. wiedergeboren.
    In dem entsprechenden Körper kann man dann wiederum mit diesem Vorherrschenden Energien(Gedanken und Gefühlen) arbeiten


    Liebe Grüße
    Tobias

  • Tendzin:

    das würde aber heißen, dass der mentale Prozess im Fluss meines Dasein unabhängig vom Körper ist und in den anderen Körper übergeht... ich kann mir aber nicht denken, wie das geht.
    All meine Handlungen haben Wirkungen, diese Wirkungen sind aber nicht einzig und allein auf "mich" bezogen sondern auch auf andere. Schlage ich jemand anderes erzeugt das Leid unter anderem in Form von Schmerz und dem Bedürfnis von Gegengewalt. Wenn mein Körper stirbt, das heißt wenn der Prozess meines Körperdaseins abgeschlossen ist und sich auflößt, bin ich berechtigt zu fragen wie WIrkungen von Handlungen dann auf jemand neu geborenen übergehen sollen, außer auf jene Menschen die aufgrund meiner Handlungen auf bestimmte Weise handeln und damit wieder andere Menschen beeinflussen. Dies ist aber nicht nur ein Mensch, sondern viele Menschen.


    Du bist hier ganz genau am Paradoxon dran, woran sich alle, die noch über keine wirkliche Leerheitserkenntnis verfügen, die Zähne ausbeißen. Es gibt in diesem Forum ellenlange Diskussionen ohne dass es zu einem Punkt kommt. (Stichwort für die Suchmaske "Karma", "Wiedergeburt" :roll: )
    Ich kann nur aus der Lamrim-Lehre zitieren:



    Sprich: nichts besteht abgetrennt aus sich selbst heraus, somit wird auch keine wahrhaft existente Einzelperson reinkarniert, obwohl aber die Person (zumindest als Benennung) existent ist. Alles existiert sozusagen illusionsgleich. Das besagt nicht, es würde nicht existieren, nicht reinkarnieren, nicht die Wirkungen von Ursachen erfahren - aber doch wohl anders als wir es uns ausmalen...


    Dalai Lama:

    Sein Kommentar dazu in "Die Lampe auf dem Weg":
    In Beziehung zu diesem letzten Vers können wir fragen, ob Dinge und Ereignisse als einzelne oder mehrfache Wesenheiten existieren und ferner ob diese Charakteristika der Singularität und der Pluralität inhärent real sind. Wenn wir zustimmen, dass sie es sind, geraten wir unverzüglich in unüberwindliche Probleme [Anm.: weil die Logik nicht schlüssig ist.] wenn nämlich Dinge Und Ereignisse eine inhärente, wirkliche Eigennatur besäßen, wäre es schwierig, die Beziehung zu erklären, die wir zwischen Ursache und Wirkung beobachten. Kurz gesagt lautet die Frage: wie lässt sich die kausale Beziehung zwischen zwei unabhängigen wirklichen und eigenständigen Wesenheiten kohärent erklären?


    Sprich: wenn der Same, der Keimling und der erwachsene Baum getrennte eigenständige wahrhafte Wesenheiten wären - was hätten sie dann miteinander zu tun? Wie könnte eins aus dem anderen entstehen? Wo war der Baum vorher? Wo ist der Same hinterher?


    Wenn man eine Person aufschlüsselt in ihre Bestandteile, die Buddha "Skandhas" nannte: Körper, Gefühle, Verstand, Wahrnehmung und Bewusstsein, so kommt man in der Betrachtung dahin, das man das Ich nicht mit diesen Bestandteilen identifizieren kann - und man kann es trotzdem nicht davon trennen...
    Das ist eine Nuss, die sich nicht kurz mal knacken lässt, sondern öfter betrachtet werden muss, um zu einem Verständnis zu kommen. Wo ist das "Ich" eigentlich genau?

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Vielen Dank für die Antworten. Vielen Dank für eure Geduld.


    Ein Punkt, den ich immer vom Buddhismus erwartete ist Falsifizierbarkeit oder: Prüfbarkeit.
    Ich sehe, dass ich hier an die bisherigen Grenzen meines "Weges des Wissens" gerate. Prüfen kann ich diese Aussagen wahrscheinlich nur durch Erfahrungen aufgrund jahrelanger Meditation (die aufgrund meiner ungeduldigen Natur wahrscheinlich eher Jahrzehnte dauert :lol: ).
    Ich habt mir Grund zum Nachdenken gegeben (ihr habt mir Ursache zur Wirkung gegeben) und jene Gedanken werden eine Wirkung haben.

    Fuß spürt Fuß, wenn er Boden spürt.

  • Ja, besser ist, Du lernst meditieren. In der Meditation lassen sich diese Dinge ergründen und auch logisch nachprüfen. Das ist nichts Mystisches in weiter Ferne. Wahrscheinlich hast Du diese Dinge in Deinem "letzten Leben" schon ergründet, weil Du auf so exakt den Punkt treffende Fragen kommst. An sowas denkt jemand anderes nicht einmal. ;)


    Intellektuell ohne Meditation dürfte man mit diesen Themen aber wohl alsbald nicht mehr weiterkommen. :) Das führt nur zu übler Grübelei und falschen Schlüssen.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Tendzin:

    Ich habt mir Grund zum Nachdenken gegeben...


    Ich kann mich nur anschliessen. ich habe den Thread mit großem Interesse gelesen. Lob für die ausführlichen Darlegungen :D

    Lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt.

    • Offizieller Beitrag

    Es ist doch festzstellen, dass die Enstehung des Tulku-Systems vor allem politische Gründe hatte. Anfang des 13 Jahrhunderts festigten die Mongolen ihre Herrschaft und dabei war ihnen die Zusammenarbeit mit den grossen tibetischen Klöstern sehr wichtig. Tibetische Äbte wurden die spirituellen Lehrer der mongolischen Elite und diese reagierten über die Klöster indirekt Tibet. In dieser Situation - in der spirituelles und politische Macht inenriander verschwamm - wurde es sehr wichtig, ein geeignetes Nachfolgesystem zu finden, da Machtkämpfe innerhalb der Orden das Vertrauensverhältnis zu den Mongolen gefährdet hätte. Das Tulku System, in dem der neue Abt mit dem alten Abt identifiziert wird, erlaubt so eine Kontinuität, bei der der Mongole im neuen Abt seinen alten Lehrer sehen konnte und so eindrucksvoll präsentiert bekam, dass die Essenz der Lehre die gleiche ist. Auch der Titel "Dalai Lama" ist ja ein mongolischer Ehrentitel, den sein erster Träger dafür bekam, weil er sich einem Khan unterstellte und sein Orden von diesem dafür Unterstützung gegen rivalisierende Orden bekam.


    Ich denke, es war diese politische Konstellation, die zur Verfestigung des Tulku-System geführt hat. Natürlich gab es auch schon vorher bei bestimmten Lehrer Spekuationen drüber, wer mal wer gewsen sein könnte. Aber in gewisser Weise war das eine nicht so wichtige Frage und keiner hätte wohl angefangen Reinkarnationen bewusst zu suchen. Auch in anderen Ländern und z.B im japanischen Vajrayana gibt es keine Tulkus und man vermisst sie auch nicht.

  • Ich glaube eine Irritation über die Fortsetzung eines Bewusstseinsstroms entsteht dann, wenn man ein westliches Wissenschaftsverständnis des Bewusstseins hat. Da wird in den meisten Denkrichtungen davon ausgegangen, dass Bewusstsein eine emergierende Eigenschaft des Gehirns ist, also etwas, das vom Gehirn hergestellt wird bzw. aus der Summe der Gehirntätigkeiten hervorgeht, auch wenn es (scheinbar) mehr ist als die Summe der Teile. Dann ist die Vorstellung naheliegend, dass die Fortsetzung des eigenen Handelns über die Eindrücke in der Aussenwelt verläuft, die ich gesetzt habe. Also z.B. bei anderen Menschen.


    Karma ist aber komplexer als das. Jemand anders, dem ich ein Leid zufüge, ist Zielscheibe meiner Handlung, weil er das Karma hat, dieses Leid zu erfahren. Dessen Karma dazu ist in dem Moment verbraucht. Aber in meinem Bewusstsein speichert sich diese Handlung als karmischer Eindruck ab, der später, wenn die Bedingungen dafür bestehen, wieder eine entsprechende Handlung gegen mich aus der Umwelt anzieht. Das ist immer noch sehr vereinfacht, aber diese Dynamik Innen-Aussen wird hier vielleicht schon mal verständlich.


    Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass aus buddhistischer Sicht das Bewusstsein nicht vom Gehirn hergestellt wird, sondern lediglich an den Körper gebunden ist und durch das Gehirn verarbeitet wird in Signale, die der Körper verstehen kann. Das macht auch verschiedene Spielarten von Phowa verständlich, denn diese Kopplung eines bestimmten Bewusstseinsstroms an einen bestimmten Körper oder überhaupt an einen Körper kann in der Meditation aufgelöst werden, ganz oder zeitweise.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Eine schöne Erläuterung:D

    Zitat

    Karma ist aber komplexer als das. Jemand anders, dem ich ein Leid zufüge, ist Zielscheibe meiner Handlung, weil er das Karma hat, dieses Leid zu erfahren. Dessen Karma dazu ist in dem Moment verbraucht. Aber in meinem Bewusstsein speichert sich diese Handlung als karmischer Eindruck ab, der später, wenn die Bedingungen dafür bestehen, wieder eine entsprechende Handlung gegen mich aus der Umwelt anzieht. Das ist immer noch sehr vereinfacht, aber diese Dynamik Innen-Aussen wird hier vielleicht schon mal verständlich.


    Tenzin Wangyal Rinpoche nennt das im Rahmen von Traumyoga eine karmische Spur. Dieses Phänomen ist sehr wichtig für das Verständnis von Karma an sich.
    Denn nur so lässt sich erklären wie sich Karma tatsächlich auswirkt und warum gewisse Reaktionen verzögert sind.


    Die Arbeit mit solchen karmischen Spuren(also eines karmischen Potenzials) ist im Traumyoga aber auch im Dzogchen an sich sehr wichtig. Erst wenn die gröbsten karmischen Spuren befreit sind kann man das ausmaß und die Ursache und Wirkung des eigenen Karmas erkennen.


    Liebe Grüße
    Tobias

  • Sehr interessant. Ich bitte aber noch um weitergehende Erläuterungen. Folgendes verstehe ich noch nicht:


    tobias:

    ...

    Zitat

    Karma ist aber komplexer als das. Jemand anders, dem ich ein Leid zufüge, ist Zielscheibe meiner Handlung, weil er das Karma hat, dieses Leid zu erfahren. Dessen Karma dazu ist in dem Moment verbraucht. Aber in meinem Bewusstsein speichert sich diese Handlung als karmischer Eindruck ab, der später, wenn die Bedingungen dafür bestehen, wieder eine entsprechende Handlung gegen mich aus der Umwelt anzieht. Das ist immer noch sehr vereinfacht, aber diese Dynamik Innen-Aussen wird hier vielleicht schon mal verständlich.


    Ist es nicht so, dass das Karma erst nach dem Eintreten des Todes reift? Dann würde meine eigene negative Handlung ja nicht mehr mein "Ich" in diesem Leben betreffen, sondern erst meine Reinkarnation?


    Zitat

    Erst wenn die gröbsten karmischen Spuren befreit sind kann man das ausmaß und die Ursache und Wirkung des eigenen Karmas erkennen.


    Kannst Du da sbitte noch näher erläutern?

    Lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt.

  • Das Lama-Konzept bleibt entweder dem Identitären verhaftet (hier in den Bildern von Billardkugel u. Körper im Fluss) oder es bringt ein Vorbild in Umlauf, d. h. es fordert Unterwerfung unter ein Gesetz, das stärker ist als es selber.

  • Hallo
    Nochmal grundsätzlich zum Karma und karmischen Spuren Postives denken Handeln und Fühlen und Denken führt zu positiven Ergebnissen negatives Handeln Fühlen und Denken führt zur negativen Ergebnissen soweit ist das bestimmt logisch.


    Die Frage ist aber wann die Konsequenzen des Karmas sich auswirken. Also wann das Ergebnis auftritt. Im Idealfall wirkt es sich sofort aus. Idealfall deshalb weil es ja das Ziel des Buddhisten ist gar kein Karma mehr zu haben. D.h. alle karmischen Ergebnisse haben sich ausgewirkt. Kein Karma=Kein Leiden=Erleuchtung.


    Wenn du in deinen Alltag schaust wirst bestimmt auch manchmal bemerken dass die Ergebnisse von Handlungen, Denken und fühlen nicht immer sofort auftreten. Sie treten zeitversetzt auf. Wenn du heute falsche Steuererklärung abgibst bekommst du das Ergebnis nämlich eine Anzeige o.ä. auch erst nach abgeschlossener Prüfung deiner Steuererklärung ggf. Jahre später. Genauso kannst du spenden die du heute machst auch erst später von der Steuer absetzen. Das Potenzial die Ursache der Handlung also die karmische Spur hast du aber schon vorher durch deine Handlung(falsche Steuererklärung/Spende) gelegt.
    Genauso funktioniert das Karma. genau das ist die Auswirkung von karmischen Spuren.
    Es wird sehr oft erstmal eine Art karmischer Samen gepflanzt wie mit der Steuererklärung oder den diebstahl. Durch äußere Faktoren, die sehr vielfältig sein können werden diese Samen aktiviert. Man sagt die karmische Spur reift. Erst dann merkst du das Ergebnis deiner Handlung.


    Wenn du durch bestimmte Praxis einigermaßen frei bist von karmischen Spuren bzw. das entstehen dieser Spuren bemerkst und diese Spuren reinigen kannst, hast du natürlich etwas "gutes" getan. Denn Buddha sagte(grob) Kein Karma=Erleuchtung=Nirvana(sehr verkürzt)


    Wie bemerkst du dass du frei bist von Karmischen Spuren? Naja ganz frei von karmischen Spuren sind nur die Buddhas. Die Beurteilung ob jemand wenige oder viele karmische Spuren hat ist subjektiv.
    Aber man kann schon sagen, dass wenn du das Ergebnis deiner Gedanken Gefühle und Handlungen sofort siehst, dann kannst du davon ausgehen, dass das Karma sich ausgelebt hat.
    Das klingt vielleicht einfach. Aber ich finde es SEHR schwierig. Es erfordert großes Feingefühl zu erspüren warum mir etwas positives/negatives passiert ist. Denn es besteht die Gefahr oberflächliche Kausalitäten für Karma zu halten. Dabei kann es sein, dass die Handlung/der Gedanke/die Tat gar nicht ausreicht um diese tiefe karmische Spur zu aktivieren, sodass sie sich ausleben kann.


    Ich glaube ich fühle das schon ganz gut. Sobald eine karmische Spur reift fühle ich dass sich eine gewisse Leichtigkeit entwickelt als wäre etwas von mir abgefallen. Das ist bei normalen Handlungen nicht so.


    In einem Zustand tiefer Meditation sollten sich gar keine karmischen Spuren ergeben. Das heißt das die Handlungen Gedanken und Gefühle gar nicht irgendwo kleben bleiben Alles ist ein einziger Fluss in dem nichts festgehalten werden muss. Von diesem Karma bleibt keine Spur zurück da es in einem bestimmten Meditationzustand befreit/aufgelöst wird.


    Ich hoffe diese Erklärung war nicht zu kompliziert. Wenn du möchtest kannst du einzelne Punkte noch genauer nachfragen.
    Liebe Grüße
    Tobias

  • Danke Danke _/\_ Es ist mir jetzt viel klarer. Ich war bisher der Ansicht gewesen, dass das Karma nur im "nächsten Leben" reift. Das war mein Irrtum. Nun macht das auch mit den karmischen Spuren Sinn...

    Lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt.

  • Es sollte unterschieden werden, zwischen


    1. der unwillkürlichen "Wiedergeburt" im Kreislauf der Existenzen, auf Grund der Geistesgifte, die Karma erzeugen
    2. der Austrahlung eines Buddhisattvas oder Buddhas.


    Letztere sind freiwillig hier, oder Kraft ihrer Wünsche. Nicht aber, weil sie Karma hätten. Dazu gehört zB Karmapa.


    Zu 1. lässt es sich gut mit den "12 Gliedern des abhängigen Entstehens" beschäftigen.


    Eine Erläuterung dazu von Manfred Seegers:


    12 Glieder des Abhängigen Entstehens
    Eine genauere Darstellung dieser einzelnen Ursachen und Wirkungen gibt der Buddha in den Belehrungen zu den Zwölf Gliedern der Abhängigen Entstehens. Die grundlegende Unwissenheit bringt frühere Handlungen, karmische Tendenzen und damit eine Ausrichtung des Geistes auf Objekte, das heißt Bewußtsein, hervor, was die Vorstellung einer Dualität, einer Getrenntheit von Subjekt und Objekt, beinhaltet. Das durch verschiedene Geistesfaktoren oder Zustände gefärbte Bewußtsein identifiziert sich mit einer Form. Dies wird ‚Name und Form' genannt und entspricht den fünf Ansammlungen, den Fünf Skandhas, aus denen eine Person besteht. Die vier nicht-materiellen Skandhas Gefühl, Unterscheidung, Geistesfaktoren und Bewußtsein kommen mit dem materiellen Skandha der Form zusammen. Hier findet man unter den Geistesfaktoren als eine der Hauptstörungen auch die falschen Anschauungen, die eine gröbere Form der Unwissenheit sind. Sie werden oft auch als konzeptuelle Schleier bezeichnet. Auf der Grundlage der Identifikation mit einer Form (speziell bei der Empfängnis) tritt das Bewußtsein durch die Sinne in Kontakt mit der Außenwelt (speziell im Verlaufe der Entwicklung eines Embryos). Alle Erfahrungen werden durch Konzepte beurteilt. Daraufhin entsteht Anhaften an den angenehmen Erfahrungen und Ablehnen der unangenehmen Erfahrungen. Man will angenehme Erfahrungen festhalten und dies führt zu Ergreifen. Das Fernhalten von unangenehmen Erfahrungen ist hier inbegriffen. Diese beiden, Anhaften und Ergreifen, sind Störgefühle, die zu entsprechenden Handlungen führen.
    ‚Werden' bedeutet als nächstes, daß Handlungen getan werden, Karma angesammelt wird, um immer wieder angenehme Erfahrungen zu machen oder die schon gemachten Erfahrungen dauerhaft festzuhalten. Dies wiederum führt zu ‚Geburt', dem zur Existenz Kommen einer Person auf der Grundlage der Fünf Skandhas oder Ansammlungen. Die Vergänglichkeit der Fünf Skandhas bringt dann unausweichlich Alter und Tod mit sich, was eigentlich in jedem einzelnen Moment stattfindet. Damit sind die zwölf Glieder des Abhängigen Entstehens vollständig, die Ursachen für die Wiedergeburt im Existenzkreislauf.

  • zur korrektur noch: erleuchtung heißt nicht kein karma zu haben, sondern kein neues anzuhäufen. interessant ist aber, dass man zu dem weg dorthin heilvolles karma benötigt. kurz gefasst: nur ein glücklicher geist hat die fähigkeit sich selbst zu erkennen.

  • Zitat

    erleuchtung heißt nicht kein karma zu haben, sondern kein neues anzuhäufen.


    Das stimmt in dem obigen Zusammenhang nicht.
    Du beschreibst die Entwicklung, daß man sich im Leben erleuchtet. Altes Karma hat sich bereits in den 5 Skandhas angesammelt und bleibt bis zu ihrem Zerfall erhalten. Das war der Fall beim historischen Shakyamuni. Wobei man sagen muss, daß Karma dann schon lange kein "negatives" ist.


    Erleuchtete Wesen, die sich inkarnieren, haben kein Karma. Die letzten feinen Schleier des Bewusstseins eines Bodhisattvas, beziehen sich auf die Verbindung zu den Wesen, in Form von Wünschen. Diese können sie augenblicklich auflösen. Dann wäre der Zustand des Parinirvana erreicht.


    Genau deswegen habe ich daraus hingewiesen, daß es hier sinnvoll wäre, zu unterscheiden.