"Frühbuddhismus" vs Theravada

  • Ich halte mich kurz, da es ja anscheinend eine Zeit vor der Zersplitterung gab, als der Buddha aus Fleisch und Blut noch selber anwesend war, würde ich gerne wissen wo nun die Unterschiede liegen vor der Spaltung und der uns heute bekannten Tradition des Theravada.

  • Stawrogin:

    Ich halte mich kurz, da es ja anscheinend eine Zeit vor der Zersplitterung gab, als der Buddha aus Fleisch und Blut noch selber anwesend war, würde ich gerne wissen wo nun die Unterschiede liegen vor der Spaltung und der uns heute bekannten Tradition des Theravada.


    Ich glaube nicht das da große Unterschiede waren.
    Theravada heißt ja die Lehre die die älteren Theras (Lehrer)
    lehren. Als Thera muß man mindestens 10 Jahre dabei gewesen sein.
    Aber auch zu Buddhas Zeiten waren das schon die Theras welche
    die jüngeren bzw. neuen Mönche unterrichteten. Der Buddha hat
    diese Arbeit an seine verständigen Mönche delegiert. Manchmal
    kann man auch in den Lehrrede lesen wie sich die neuen dann
    das gelernte vom Buddha noch einmal bestätigen ließen.


  • Ja, aber Fakt ist, das mit dem Begriff "Frühbuddhismus" ziemlich oft hantiert wird, siehe z.b Bhikkhu Analayos Bücher, zum Beispiel die neueren Bücher von ihm: Mindfully Facing Disease and Death: Compassionate Advice from Early Buddhist Texts oder auch Compassion and Emptiness in Early Buddhist Meditation. Dann gibt es ganze Rubriken in Foren wie dhammawheel.com namens "Early Buddhism" und so weiter, es muss ein Unterschied existieren, der sich vom Theravada abhebt.


  • Wenn dann keinen signifikanten.

  • DEN Theravada-Buddhismus gibt es ja so nicht mehr. "Theravada" sieht in jedem Land etwas anders aus und es haben sich viele verschiedene Schulen (Nikayas) gebildet. Er ist durchsetzt mit kulturellen Einflüssen und der dort bei Ankunft des Buddhismus vorherrschenden Religionen. Beispiel ist der Thailändische "Theravada", der sehr große Einflüsse des Chinesischen Mahayanas beinhaltet. Einige Schulen grenzen sich daher ab, indem sie sich nicht nur "Theravada" nennen, sondern den Nachsatz geben wie "ursprünglicher Buddhismus", "Lehre des historischen Buddha", "Frühbuddhismus", "Waldtradition" usw. Der (ursprüngliche) Theravada ist ganz nah am Buddha-Wort, denn es wird seit dem 1. Konzil (unter der Leitung des ehrwürdige Mahākassapa), welches kurz nach dem Ableben des Buddhas statt fand das SELBE tradiert. Bestätigt und bekräftigt wurde dies dann noch einmal auf dem 2. Konzil, wo es dann auch zur Spaltung zwischen Theravada und Mahayana kam. Nachzulesen im Cullavagga.

  • Stawrogin:

    Ich halte mich kurz, da es ja anscheinend eine Zeit vor der Zersplitterung gab, als der Buddha aus Fleisch und Blut noch selber anwesend war, würde ich gerne wissen wo nun die Unterschiede liegen vor der Spaltung und der uns heute bekannten Tradition des Theravada.


    Die Antwort des Theravada ist, es gibt keinen Unterschied. Und das ist im Theravada-Bereich natürlich die richtige Antwort.


    Frühbuddhismus ist eine laufende Baustelle, ein Projekt an dem gearbeitet wird. Wenn ich genau schreibe, dann ist Theravada für mich, was Collins Pali Imaginaire nennt. Ungefähr die Weltanschauung der Pali-Literatur. Dies ist eher abstrakt gemeint. Damit gibt es für mich schon DEN Theravada. Der burmesische Buddhismus, thailändische Buddhismus usw. ist jeweils ein gelebter Ausdruck des Theravada. Mehr oder weniger genau und immer vielschichtig.


    Was man in den Texten des Frühbuddhismus und des Theravada findet, wird von unterschiedlichen Leuten unterschiedlich interpretiert. Daher ist Theravada nur eine von mehreren Interpretationstraditionen der frühbuddhistischen Texten, was Einfluss auf die Beantwortung nach den Unterschieden hat.


    Wenn man sich anschaut, welche Palikanon-Werke nicht zum Frühbuddhismus gehören, kann man einen ersten guten Einblick in die Unterschiede bekommen. Dies sind u.a. Buddhavamsa in dem Buddhas der Vergangenheit aufgelistet werden und wie unser Gotama Buddha in seinen Vorleben diesen Buddhas begegnete. Im Cariyapitaka, ähnlich wie in den Jataka-Kommentaren, werden einige Vorleben des Gotama Buddha beleuchtet und wie er dort die Vollkommenheiten übte. Das Apadana beleuchtet die Vorleben bedeutender Schüler. Der Theravada beleuchtet also in mehreren Werken Gotamas Vorleben und daher die Bodhisatta-Perspektive. Die fehlt nahezu vollständig im Frühbuddhismus. Dies ist ein großer Unterschied zwischen Frühbuddhismus und Theravada.


    In der späteren theravadischen Kommentarliteratur hat sich der Begriff dhamma gewandelt, es kam die Anschauung des "momentariness" hinzu und die theravadische Wertung von sati als Geistesfaktor, der nie mit unheilsamen Bewusstsein verbunden ist.


    Aber auch Themen, die nicht eindeutig sind. Der Theravada lehrt die sofortige Wiedergeburt ohne irgendeinen Zwischenzustand. Dies ist in den frühbuddhistischen Texten aber nicht so eindeutig. Der Theravada lehrt inaktive Sinnenaktivität in den jhana, dies wird von manchen als falsch für den Frühbuddhismus verstanden, manche halten es für die richtige Interpretation.


    Das waren jetzt ein paar Dinge, die mir aus dem Stand einfielen.

  • Stawrogin:

    Ich halte mich kurz, da es ja anscheinend eine Zeit vor der Zersplitterung gab, als der Buddha aus Fleisch und Blut noch selber anwesend war, würde ich gerne wissen wo nun die Unterschiede liegen vor der Spaltung und der uns heute bekannten Tradition des Theravada.


    Die Theravada-Schule ging aus dem Sthavira-Zweig hervor:




    Für fast jede Lehrrede aus dem Palikanon gibt es auch eine passende Lehrrede aus den Agamas der Dharmagupta-Schule und der Sarvastivada-Schule, aber die Sortierung der Lehrreden ist eine andere. Beispiel Majjhima Nikāya: https://suttacentral.net/mn


    Es gibt aber auch Lehrreden im Palikanon, für die es keine Entsprechung in den Agamas gibt, und umgekehrt. Das kann daher kommen, dass es eine Lehrrede schon vor der Aufsplitterung gab, sie aber in einem Zweig später verworfen wurde oder verloren gegangen ist, oder aber dass es eine Lehrrede vor der Aufsplitterung noch nicht gab, sondern sie in einem Zweig später hinzuerfunden wurde.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    Für fast jede Lehrrede aus dem Palikanon gibt es auch eine passende Lehrrede aus den Agamas der Dharmagupta-Schule und der Sarvastivada-Schule, aber die Sortierung der Lehrreden ist eine andere. Beispiel Majjhima Nikāya: https://suttacentral.net/mn


    Es gibt aber auch Lehrreden im Palikanon, für die es keine Entsprechung in den Agamas gibt, und umgekehrt. Das kann daher kommen, dass es eine Lehrrede schon vor der Aufsplitterung gab, sie aber in einem Zweig später verworfen wurde oder verloren gegangen ist, oder aber dass es eine Lehrrede vor der Aufsplitterung noch nicht gab, sondern sie in einem Zweig später hinzuerfunden wurde.
    Viele Grüße Elliot


    Und wenn schon. Vielleicht glauben ja die Mahayana sowas.
    Es ist bekannt, das es in anderen Schulen Suttas gibt die
    bei den Theravadas nicht anerkannt sind und als "maniluliert" gelten.

  • pamokkha:


    Wenn man sich anschaut, welche Palikanon-Werke nicht zum Frühbuddhismus gehören, kann man einen ersten guten Einblick in die Unterschiede bekommen.


    Hättest du einen Link wo deutlich gezeigt wird welche Palikanon-Werke insgesamt als nicht zum Frühbuddhismus gehörend dargestellt sind?

    Einmal editiert, zuletzt von Stawrogin ()

  • pamokkha:

    Und gefällt dir das Bild, welches sich abzeichnet, Stawrogin?


    Ich denke, gefallen wäre nicht das richtige Wort, es sind vielmehr aufkeimende Erkenntnisse von einem begehbaren Weg. Wie hat es sich denn bei dir gestaltet, also bist du dir mittlerweile sicher über deinen Weg?

  • Hoffe ja wirklich deine Informationsquelle ist nicht allein dieses Forum.

  • Halt dich von den Hartlinern fern (in Sutta, Vinaya, Vipassana)
    Die zeichnen kein reales Bild des lebendig-praktizierten Buddha-Dharma.
    Die Gesinnung ist das entscheidende(siehe Kernholz) auch für das (innere) Verständnis:
    Entsagende Gesinnung, haßlose Gesinnung und friedfertige Gesinnung -
    Unabhängig (!) davon mit Wem oder Was man es zu tun hat( das ist Karma).

  • Der Thread ist zwar schon älter, aber interessant. Deswegen ergänzend:


    Ich habe jetzt ein paar Sachen von Bhikkhu Cintita gelesen. Anscheinend gibt es unterschiedliche Interpretationen bezüglich verschiedener Begriffe aus dem Frühbuddhismus. (Und damit auch unterschiedliche Pfade vermutlich. )

    Auffällig fand ich es bei dem Begriff Sati im Frühbuddhismus. Cintita erklärt es anders als Analayo Sati really does mean ‘memory’ | Buddha-Sāsana .

    Zitat

    Bodhi (2011, 2-3) states that sati no longer means memory, but something like “lucid awareness of the phenomental field.” Anālayo (2014, 30-31) dismisses treating sati as memory on the grounds that virtually all perception is a matter of remembering patterns learned long ago,


    Cintita erklärt auch woher die Missverständnisse stammen. Das liegt teils an der Übersetzung von Kernbegriffen aus dem Pali. (Hier im Glossar wird Sati mit Analayo's Verständnis erklärt Sati )


    Auf jeden Fall gibt es einen frühen Theravada und einen späteren Theravada, der sich durchgesetzt hat, laut Cintita.

  • Im jüngsten Kurs im Tibethaus "Entwicklungslinien im Buddhismus " wurde gesagt, dass es (chronologisch) auch diverse buddhistische Schulen vor der "Gründung" der Theravada Schule gab. Insgesamt gab es nach Buddhas Lebzeiten wohl 3 "Konzile" aus denen sich jeweils mehrere Lehrmeinungen zu Buddhas Lehre durchsetzten und aus denen sich dann die "Schulen" vor dem Theravada entwickelten.

  • Bestätigt und bekräftigt wurde dies dann noch einmal auf dem 2. Konzil, wo es dann auch zur Spaltung zwischen Theravada und Mahayana kam. Nachzulesen im Cullavagga.


    Das ist so meines Wissens nicht korrekt. Es gab im 2. oder 3. Konzil (das ist noch umstritten) die Spaltung zwischen Sthavira und Mahasanghika. Insgesamt entwickelten sich daraus 18 Schulen. Davon ist eine das Theravada (die der Sthavira-Linie (Sthavira-Vibhajavada-Theravada) entstammt). Das Mahasanghika soll eine gewisse Bedeutung bei der Herausbildung des Mahayana gespielt haben. Aber genau genommen ist es eine Verbindung von Gedanken aus der Mahāsānghika und Sarvāstivāda, die sich irgendwann (auch noch vorm Theravada) vom Sthavira abspaltete.
    Die meisten buddhistischen Richtungen gibt es somit gar nicht mehr. Man kann aber sagen, daß das Theravada die älteste noch existierende Richtung ist. (Naja, Georg Grimm hat ja versucht, die einstmals gewichtige Schule der Pudgalas wiederzuerschaffen, scheint aber auf Dauer keinen Erfolg gehabt zu haben).
    Insgesamt seltsam, das man anscheinend über die frühe Geschichte des Buddhismus kaum etwas im Netz findet.
    Es gibt unter buddhismusrichtungen.htm ne Grafik, die allerdings den Namen Hinayana verwendet.

  • Auch wenn es einem schwerfällt: Der Buddhadharma ist keine abgeschlossene, statische Lehre, sondern vielmehr etwas Dynamisches, das der Veränderung unterliegt, weil er ursächlich und bedingt entstanden ist. Jede Übersetzung des Palikanons oder des Sanskritkanons ist immer auch eine Interpretation des Dharma und bewirkt Veränderungen, selbst wenn die Grundlagen wie die vier edlen Wahrheiten, der achtfache Pfad usw. nicht umgedeutet werden.


    Auch das Theravada unterliegt wie alle anderen Traditionen des Buddhadharma einem Entwicklungsprozess und es macht meines Erachtens wenig Sinn, einen frühen und einen späteren Theravada in Gegensatz zueinander zustellen. Warum kann man hier nicht einen Entwicklungsprozess sehen?


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Der Referent vom Tibethaus hat auch diese dynamischen Entwicklungen beschrieben, die Helmut angesprochen hat. Als Beispiel hat er das Thema "Frauen und Erleuchtung" genannt. So gab es in der frühen Zeit wohl die Annahme, dass jeder, egal ob Mann oder Frau, Erleuchtung erlangen könnte. Später machte die Männer dominierte Gesellschaft daraus:"Frauen müssen erst als Mann wiedergeboren werden um Erleuchtung zu erlangen".


    Genau so ist es mit der Beschreibung der Person des Buddha . Er wurde zu einer Legende hoch gepuscht und bekam immer mehr körperliche Merkmale dazu (gedichtet),die angeblich darauf hindeuten, dass er Erleuchtung erlangt hat: Ein körperliches Merkmal waren zum Beispiel "Schwimmhäute", aber es gab noch viele andere.

  • Hallo @SGM,


    der Buddhadharma unterliegt dem Wandel wie jedes andere Produkt auch, weil er bedingt entstanden ist. Deshalb gibt es ja auch verschiedene Schulen und Lehrmeinungen, die sich oftmals auch noch in Unterschulen aufteilen, weil Lehrreden des Buddha unterschiedlich interpretiert wurden und werden. Das erleben wir doch hier auch auf dem Forum.


    Dies bedeutet für mich aber nicht, dass wir ständig unsere Auffassung des Dharmas ändern müssen. Der Buddha hat in Abhängigkeit von den Motivationen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler unterschiedliche Erklärungen gegeben, damit sie sich ihren Fähigkeiten entsprechend auf dem Pfad weiter entwickeln können. Wir haben jetzt auch die Möglichkeit, uns auf diejenigen Lehrreden des Buddha zu stützen, die am besten unseren Fähigkeiten und Zielsetzungen entsprechen. Deshalb sollten wir auch bei diesen bleiben und entsprechend praktizieren.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.


  • Insgesamt seltsam, das man anscheinend über die frühe Geschichte des Buddhismus kaum etwas im Netz findet.

    Nun gibt schon ne Menge Stoff zum studieren.....:rose:

    ...wenn Du in die Geschichte des Theravada usw. weiter einsteigen möchtest hab ich hier ein paar Quellen für Dich:rose:

    Uni Hamburg

    A.Payer Quellen

    Einmal editiert, zuletzt von Xyz ()

  • Sehr schön_()_

    ...seid euch selbst die Zuflucht ... die Lehre sei euch Zuflucht, habt keine andere Zuflucht (DN16)