Hallo zusammen.
Ich habe einige Jahre aussen und innen danach geforscht von welcher Qualität die Vipassana Meditation wohl sein sollte um die Ariya-Zustände zu erreichen. Das ist eigentlich die Frage schlechthin, finde ich. Es ist wohl am besten und am einfachsten wenn man damit anfängt herauszufinden was nicht genügend ist. Das folgende entspricht meiner Meinung hierzu:
Wenn jemand zum Beispiel Satipatthana-Vipassana praktiziert, unermüdlich, auf Grundlage von Sittlichkeit und Sinnenzügelung, ohne weltliche Wünsche, ein Leben der Meditation, dann ist das ja zunächst absolut lobenswert.
Ist dabei aber die Weisheitsschärfe nicht so stark, die Achtsamkeit an sich aber schon, dann ist der Fortschritt im Vipassana trotzdem nicht genügend, aber immerhin überwindet man immer mehr die 5 Hemmungen, was bei vielen Lehren ausserhalb des Theravada die Erleuchtung ist.
Es gibt eine Sutta im Anguttara, wo Buddha nicht 5 Hemmungen sondern die Überwindungen von 4 Hemmungen und die Sinnengier bloss abgeschwächt, lehrt. Dieses Bewusstsein entspricht deshalb noch nicht wie die Überwindung der 5 Hemmungen der Brahmawelt, sondern ist noch in den sinnlichen Himmel.
Aber dort in den höheren Himmeln, da bei den Götter der 33 auch noch Hass, Aufgeregtheit und dergleichen aufsteigen. Meiner Nachforschungen nach entsprichen diese 4.5 überwundene Hemmungen dem Tusita-Bewusstsein, zumindest der höchsten Wesen dort.
Betrachtet man die vier überwundenen Hemmungen, und vor allem, dass sie ja durch die positiven Gegensätze ersetzt wurden, allenvoran Metta, aber auch Wachheit und Ruhe, dann wir schnell klar, dass jemand mit diesem Bewusstsein, ganz klar sieht, dass es nicht sein kann, dass irgendetwas vom eigenen Geist+Körper getrennt von fremder Geist-Körperlichkeit bestehen kann. Metta ist ja Einsein-Leben, sich in allem wiederekennend.
Das ist also eine Art Pseudo-Anatta: alles ist jederzeit im Wandel, alles miteinander verbunden, alles im Fluss, jede Benennung ist schon eine Verfälschung, weil man ist nicht einer aber auch nicht viele/alles, sondern beides zu gleich, usw.
Pseudo-Anatta weil man sich hier noch mit dem Fluss der Dinge allgemein, noch mehr mit dem Fluss des eigenen Geiststromees (alle 4 geistigen Gruppen), und vor allem mit dem Fluss vom eigenen viññana (weil innerlicher, siehe 6 innere und äussere Grundlagen) identifiziert. Wenn auch verfeinert, aber immer noch Atta.
Also, man kann auch alles als vergänglich sehen, und trotzdem noch Atta verfallen sein, weil man sich eben mit einem Prozess identifiziert. Der Punkt ist der, dass man den allzeit in jedem kleinsten Moment stattfindenden Tod des Bewusstseins gefolgt von der Neuentstehung von Bewusstsein nicht erkannt hat.
Man hat hier als bloss erkannt, dass nichts substanziell für sich alleine besteht und dass sich alles stets wandelt und in einen neuen Zustand übergeht. Man hat hier aber noch nicht erkannt, dass der Bewusstsein-Strom an sich bloss eine Aneinanderreihung von unfassbar kurzlebigen Dingen ist.
So wie wenn eine hypothetische Glühbirne mit unfassbarer Geschwindigkeit leuchtet und wieder erlischt, erscheint das Licht als ununterbrochen.
Kurz: Hier wird der Bewusstseins-Strom als Ich aufgegriffen. Natürlich verfeinerter Ichglaube, weil nicht mehr so starke räumliche Abgrenzung, weil man sich hier ja mit allem verbunden und eins sieht. Auch zeitlich betrachtet man aufeinanderfolgende Teile zwar auch als Gebilde, aber ein Gebilde das sich wandelt, aber eben ohne den Tod dazwischen zu sehen, sondern in einander übergehend, also ein Fluss.
Diese Art von verwässertem Anatta, was daher immer noch Atta ist, ist ja bei den Buddhistischen Schulen ausserhalb des Theravada zu finden. Daher dort Meditation mit einem Übergewicht an Synthese bis hin Nirvana=Samsara. Oder die 5 Stände im Zen entsprechen den Himmeln ab Yama (weil dort schon sehr viel Ruhe und Metta und Wissen) bis Brahma. Buddhanatur das eigentlich im Höchstfall Brahmanatur ist. Oder Dhammakaya mit Buddhas, anstatt im Höchstfall Brahmakaya mit Brahmas. Vielleicht etwas ungenau formuliert aber alles was man von dort hört ist dieses verwässerte Anatta, also noch verstecktes Atta.
Leider gibt es eben auch immer wieder unermüdlich meditierende Theravadins, auch Mönche und Nonnen, die zwar wissen dass höhere Himmelwelten und Brahmas nicht automatisch Ariyastufen sind, aber eben durch mehr Achtsamkeitskraft als Weisheitsschärfe nicht den Stromeintritt erreichen, aber die Hemmungen mehr oder weniger lang und stark durch ihre positiven Gegensätze ersetzen, und genau diese Art von verfeinertem Atta-Glauben als die echte Qualität von Anatta ansehen, und denken sie haben den Stromeintritt erreicht.
Dann gibt es noch jene zweite Art übender Theravadins die merken, dass so ja noch keine echte Abwendung bezüglich der ganzen Welt da ist, und die daher nicht nur wie der Erste das eher samadhische Beobachten-Loslassen sondern auch das aktive analytische Überwinden unermüdlich praktizieren, zur Überwindung der Welt.
Aber da gibt es auch ein Problem wenn man zwar die Überwindung und Abwendung übt, aber auch noch nicht diesen in jedem Moment stattfindenden Tod wirklich gesehen hat. Weil so ist es wieder bloss verfeinertes Atta wie oben, aber nun mit feinem sich selbst vernichten wollen.
Beide wissen verstandesmässig natürlich, dass es kein Ich gibt, dass einerseits Daseinstrieb und andrerseits Vernichtungstrieb beide Fehler sind, aber trotzdem ist da noch versteckte Ansicht da.
Und weil beide eben die Hemmungen teilweise überwunden haben, strahlen sie viel Ruhe, Wachheit, Metta aus, und haben natürlich auch einiges an Weisheit. Daher ist es für andere schwierig zu erkennen, dass sie noch keine Ariya sind.
Auch durch den Kanon ist nicht so einfach zu erkennen. Zum Beispiel haben diese ja auch unglaubliches Vertrauen zu Buddha, Dhamma und Sangha, oder als Meditierende wissen sie dass man nicht durch Regeln und Riten die Erleuchtung erlangt, usw.
Man muss also schon genauer hinhören. Der erste betont auch gerne dass alles Sein ist, auch das Nichtstun (im übetragenen Sinne), und neigt den Leuten zu lehren, dass man die Texte etwas beiseite lassen sollte, um eben einfach zu beobachten, beobachten, beobachten, und so lernen, weil er die Analyse in den Texten als zu aggressiv und zu verstandesschwer missversteht - er sollte sich ein Beispiel am Zweiten nehmen, zumindest was die analystische überwindende Übung angeht.
Der wiederum neigt dazu versteckte Abneigung zur Welt zu haben. Dem wird im Patisambhidamagga (eigentlich vorbeugend) geraten Gefühl (unangehmes, weil ja Abneigung), Wahrnehmung (weil Wahrnehmung von Nichtsein aufgreifend) und Gedankenfassung (weil Vernichtenwollen) zu überprüfen, bzw. diese drei Dinge selber zu untersuchen, wie sie entstehen, wie sie untergehen, aber ohne Abwendung (weil solange noch nicht den Momententod gesehen immer mit Vernichtenwollen verbunden) sondern zudem wenn sie bestehen, als veränderlich, leer, elend zu betrachten.
Für ihn, der sich ja von der Welt mit vesteckter Abneigung abgewandt hat, mag sich das als ein Rückschritt anfühlen, weil er sich mit Welt befasst, und nicht mehr nur mit Abwendung von der Welt. Aber eben er befasst sich mit den drei Merkmalen, und auch mit der Bedingtheit, so lernt er die Welt noch besser kennen, noch mehr durchschauen, noch schnelleres Bewusstsein, bis er wenn auch nur für einen Moment so schnell ist, dass er den Tod in jedem Moment sieht.