Verwindung von Begierde und Trübsal

  • Da weilt, o Mönche, der Mönch beim Körper in Betrachtung des Körpers, eifrig, wissensklar und achtsam,
    nach Verwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt...


    Was heißt das eigentlich genau ? Heißt das : Hauslosigkeit ?

  • Onyx9:

    Da weilt, o Mönche, der Mönch beim Körper in Betrachtung des Körpers, eifrig, wissensklar und achtsam,
    nach Verwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt...


    Was heißt das eigentlich genau ? Heißt das : Hauslosigkeit ?


    Genau das und noch mehr heißt das. Im übrigen meine ich die
    Stelle so zu übersetzen: zur Verwindung von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt...

  • Onyx9:

    Was heißt das eigentlich genau ? Heißt das : Hauslosigkeit ?


    Wie wäre es mit: "frei von den (geistigen) Hemmungen (Nīvarana)"?


    Die volle Sammlung ist nur ohne Nivaranas möglich.


    Dafür muss man nicht "Hauslos sein".


    ()

  • 7. "Auf diese Weise verweilt er, indem er den Körper innerlich als einen Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper äußerlich als einen Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er den Körper sowohl innerlich als auch äußerlich als einen Körper betrachtet. Oder er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren im Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er die Auflösungsfaktoren im Körper betrachtet, oder er verweilt, indem er die Ursprungs- und Auflösungsfaktoren im Körper betrachtet. Oder die Achtsamkeit, daß da ein Körper vorhanden ist, ist einfach in dem Ausmaß in ihm verankert, das für bloße Vergegenwärtigung und Achtsamkeit nötig ist. Und er verweilt unabhängig, haftet an nichts in der Welt an. Auch auf jene Weise verweilt ein Bhikkhu, indem er den Körper als einen Körper betrachtet."


    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m010z.html

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Hi Onyx,
    ich bin davon überzeugt, dass dies auch für eine/n Haushälter/in möglich ist.
    Jedenfalls übe ich mich darin. :D
    Die von Sukha zitierten geistigen Hemmungen zu überwinden, empfinde ich gar nicht als so schwer, oder?
    _()_ Monika

  • Hat nix mit Hauslosigkeit zu tun, hier ist vom Aufgeben (vineti) von Begehrlichkeiten, Wünschen (Abhijjhā) und Klage (Domanassa) - gegenüber der Welt - die Rede. Das ist eine Standardwendung, die sich auf die Leidensursachen Bevorzugung/Ablehnung bezieht und das daran Leiden einschließt.


    Grammatisch steht vineti als Gerundivum (vineyya) - das gibts leider nicht so im Deutschen - deshalb ist es schwierig zu übersetzen, direkt ist es nicht möglich.
    Das Gerundivum ist ein Adjektiv, das aus einem Verb abgeleitet wird, es drückt eine Notwendigkeit aus und muß passivisch gebildet werden (im Gegensatz zum Optativ). In der Grundbedeutung also etwas, was "werden muß", attributiv wird dadurch eine Bedingung ausgedrückt.


    Ich würde also so übersetzen:


    Da weilt, o Mönche, der Mönch beim Körper in Betrachtung des Körpers, eifrig, wissensklar und achtsam, (dabei, genau hier - idha -) der Welt Wünschen und Klagen abfallen lassend.


    Zumwinkel verwechselt Grundivum mit Gerund (Absolutivum) und accinca dichtet eine Zweck hinein - eine bestimmte Form des Gerundivums im Lateinischen kann das zwar ausdrücken, attributiv zu dem im Akkusativ stehenden Nomen, im Pali wird aber Zweck durch den Dativ des Nomens oder eine andere Verbform, den Kausativ ausgedrückt, beides hier nicht der Fall.


  • Was man sich alles für Gedanken machen kann....

  • accinca:

    Was man sich alles für Gedanken machen kann....


    Um einen Text zu verstehen, geht das wohl nicht anders :lol:

  • bel:
    accinca:

    Was man sich alles für Gedanken machen kann....


    Um einen Text zu verstehen, geht das wohl nicht anders :lol:


    Doch, es genügt einfach zu beobachten und ihn zur Kenntnis zu nehmen.
    Gedanken können auch den Geist vernebeln.

  • accinca:
    bel:


    Um einen Text zu verstehen, geht das wohl nicht anders :lol:


    Doch, es genügt einfach zu beobachten und ihn zur Kenntnis zu nehmen.
    Gedanken können auch den Geist vernebeln.


    Und bei Deiner Übersetzung wird nicht nur der Sinn des Textes vernebelt, sondern geradezu verdreht.
    Man übt satipatthana eben nicht "um zu" man macht da kein "Verwinden", sondern in der Ausübung von satipatthana geschieht es (bedingt) - was man beobachten kann :)

  • MonikaMarie1:

    Hi Onyx,
    ich bin davon überzeugt, dass dies auch für eine/n Haushälter/in möglich ist.
    Jedenfalls übe ich mich darin. :D
    Die von Sukha zitierten geistigen Hemmungen zu überwinden, empfinde ich gar nicht als so schwer, oder?
    _()_ Monika


    Guck mal, Du hast ans Nirvana angedockt. Da bleibt ein "Faden" den man aufnehmen kann. Dann ist es nicht schwer, nein. :)


  • Was man so alles aus Euch rauskitzeln kann an Wissen ist schon unglaublich. :)
    Ich denke mir halt auch, daß es mit Ablehnung und Zuneigung zutun hat.Also dem "ersten Schritt" in der Medi, dem ruhigen Verweilen, gleichmütig.
    Mir ist halt immer wieder dieses - "nach Überwindung" aufgefallen über die Monate und da hab ich mir gedacht,
    dann geht das doch garnicht mit dem Sattipatana so ohne weiteres. Aber wenn das die Eingangs-Standartmedi ist, müsste es doch eigentlich gehen,
    selbst wenn Mönch und Nonne noch ihre Schwächen haben, selbst für Haushälter_innen. Dann stimmt das von Sukkha auch wieder, nur eines
    ist etwas "überzogen", daß der Geist gänzlich von Nivarana gereinigt sein muss für Sattipatana-Praxis.
    Das mit den Übersetzungen ist schon ein Ding. :oops:

  • Natürlich geht das für jeden. Deshalb wird ja Satipatatthana als "direkter Weg" (einziger Modus des Weges) bezeichnet. Oder, im Dogen-Duktus: "Erwachen und Ausübung sind nicht verschieden". Es ist nicht so, daß man übt um zu erwachen, genau das stellt nämlich das Begehren (zu Erwachen) vor das Erwachen, es wird dadurch verstellt.

  • Naja, sicher, Bel. Aber man darf nicht vergessen-und viele wissen nichts davon-daß Dogen hier bereits die "vollkommene Haltung" beschreibt,
    weil er sie selber verwirklicht hatte. Man muss natürlich als Normalo trotzdem eine Menge Spannkraft und Anstrengung aufbringen-ganz abgesehen von dieser
    maladen ;) Sittlichkeit.


    Mir scheint das Sattipatana Sutra also ebenfalls eine "ideale Haltung" auszudrücken, zumal da auch steht: " Wissensklar ".
    Dann stimmt das auch mit der vollen Sammlung, was Sukha sagte.


    Müsste vielleicht nicht eher Anapanasati als "Einsteigermedi für Gertrud und Heinz" ;) gelten ?


    Sicher sind die Übergänge aber sowieso fließend. ( Muss gerade an Kapleau und Deshimaru denken, die beschreiben das sehr gut )


    Auf jeden Fall ist es so sehr verständlich:


    Zitat

    Da weilt, o Mönche, der Mönch beim Körper in Betrachtung des Körpers, eifrig, wissensklar und achtsam, (dabei, genau hier - idha -) der Welt Wünschen und Klagen abfallen lassend.


    Das bezieht sich aber schon wirklich auf Mönche, die bereits die Hauslosigkeit, bzw. das Kloster gewählt haben, weil die rechte Ansicht wirklich Voraussetzung ist, ergo
    zumindest das "Abschütteln" weltlicher Belange.

  • Onyx9:

    Naja, sicher, Bel. Aber man darf nicht vergessen-und viele wissen nichts davon-daß Dogen hier bereits die "vollkommene Haltung" beschreibt,


    und zwar deckungsgleich mit dem Satipatthana Sutta:

    Zitat

    Hört jetzt genau zu (atthi)! Klarheit (sati) tritt in einem derartigem (yavadeva) Maße in Erscheinung (paccupatthita hoti), und mit äußerster Klarheit vergegenwärtigt er da: "Nur-Körper!" (kayo'ti) - hierin (nur da) ist er nirgendwo angebunden (na ca kiñci loke upādiyati).


    Onyx9:

    weil er sie selber verwirklicht hatte.


    Selbstredend.


    Zitat

    Müsste vielleicht nicht eher Anapanasati als Einsteigermedi "für Hinz und Kunz" ;) gelten ?


    Das sehe ich auch so. Aber weil das die Leute auch dazu verführen kann, in diesem Einsteigermodus hängen zu bleiben, wird er im Zazen auf das anfängliche bewußte Ein- und Ausatmen beschränkt.


    Onyx9:

    Das bezieht sich aber schon wirklich auf Mönche, die bereits die Hauslosigkeit, bzw. das Kloster gewählt haben, weil die rechte Ansicht wirklich Voraussetzung ist, ergo
    zumindest das "Abschütteln" weltlicher Belange.


    Sehe ich nicht an den Status gebunden, sondern nur an die Übung, genau in der Übung passiert es, nirgendwo anders. Natürlich ist die Übung - zumindest anfänglich - leichter, wenn man sie in einem bestimmten Umfeld anfängt.


    _()_

  • Zitat

    wird er im Zazen auf das anfängliche bewußte Ein- und Ausatmen beschränkt.


    Hmm. Das ist im Rinzai durchaus ( auch ) anders.
    Und es gibt Mischformen, je nach Veranlagung.
    Insbesondere wer Schwierigkeiten hat ins Samadhi zu finden, ist mit der Atemachtsamkeit
    gut beraten. Sonst kann man auch an der Oberfläche hängen bleiben, wirklich an der Oberfläche.
    Das ist dann wirklich kein Zen. Wird aber so genannt. :cry:


    Aber das gehört hier nicht her. :)


    Dankeschön. :!:

  • Zitat

    Sehe ich nicht an den Status gebunden, sondern nur an die Übung, genau in der Übung passiert es, nirgendwo anders. Natürlich ist die Übung - zumindest anfänglich - leichter, wenn man sie in einem bestimmten Umfeld anfängt.


    Das stimmt schon, obwohl es nicht selten sein dürfte, daß man/frau wie so ein Aufziehauto immer nur ein Stück weit kommt
    und dann wieder auf Start gestellt wird.


    Ich meinte auch nur, daß es eine idealisierte Beschreibung an sich für Hauslose ist. :)

  • Onyx9:
    Zitat

    Sehe ich nicht an den Status gebunden, sondern nur an die Übung, genau in der Übung passiert es, nirgendwo anders. Natürlich ist die Übung - zumindest anfänglich - leichter, wenn man sie in einem bestimmten Umfeld anfängt.


    Das stimmt schon, obwohl es nicht selten sein dürfte, daß man/frau wie so ein Aufziehauto immer nur ein Stück weit kommt
    und dann wieder auf Start gestellt wird.


    Ich meinte auch nur, daß es eine idealisierte Beschreibung an sich für Hauslose ist. :)


    Also ich weiß nicht, warum sollten (formal) Hauslose bessere Voraussetzungen haben - auch Dogen spornt seine Mönche immer an, sich nicht hängen zu lassen, nicht schlaff und faul zu sein, gibt ihm sogar Hausleute als Beispiel.

  • Sie können eher von "Begehrlichkeiten, Wünschen (Abhijjhā) und Klage (Domanassa) - gegenüber der Welt"
    absehen ?!






    Guck mal da kannst Du Tassen machen lassen. :D

  • Mal abgesehen davon, daß es mir bei solchen Übersetzungen noch tagelang hinterkopfig rumgeht, hab ich noch n bissel recherchiert und festgestellt, daß das Thema hier und anderswo nicht erstmalig auftaucht - ist ja auch ganz natürlich, weil es sich um eine prominente Stelle in einem prominentes Sutta handelt.


    Deshalb hab ich mal meine Denke der Analayos gegenübergestellt, der seine gut dokumentiert hat.
    Wer die einzelnen Ausführungen nicht lesen will, kann auch die Zusammenfassungen (in Blau) lesen.

    Analayo meint in seiner Schrift sogar, es handele sich hierbei um die Definition von Satipatthana, dem würde ich zwar nicht ohne Ergänzung folgen, aber das tut hier nix zur Sache.


    Aber ausgehend davon widmet er dem kleinen Teilsatz vineyya loke abhijjhādomanassaṃ, den Neumann, Zumwinkel aber auch viele andere als "nach Verwindung (Überwindung) von Begierde und Trübsal hinsichtlich der Welt" übersetzen, im Kapitel 4.1 seines Buches ganze 6 Seiten - ca 1 Seite Grammatik, die anderen sind inhaltlich-orthodoxer Natur.


    Das Ergebnis lautet:


    Zitat

    Hier, ihr Mönche, verweilt ein Mönch hinsichtlich des Körpers den Körper betrachtend, unermüdlich, wissensklar und achtsam, frei von Verlangen und Betrübtheit hinsichtlich der Welt.


    Zum Vergleich, ich hatte übersetzt:


    Zitat

    .......eifrig, wissensklar und achtsam, (dabei, genau hier - idha -) der Welt Wünschen und Klagen abfallen lassend.


    In beiden Fällen wird Gleichzeitigkeit ausgedrückt, ich hab allerdings eine Verlaufsform gewählt (das aber zuvor, wie ich jetzt finde, nicht hinreichend begründet, hol ich hier nach).


    Ok, also die Begründung sollte natürlich immer bei Lexik und Grammatik anfangen, man kann ja schlecht gegen diese übersetzen, aber das Ergebnis dieser Analyse muß gegen den Kontext (im Sutta, bzw Kanon) geprüft werden. Als letzter Schritt kommt die möglichst flüssige Fassung in der Zielsprache, ohne das man sich über das Vorherige hinwegsetzt, dann hätte man es ja gleich lassen können.
    Zugegebenermaßen spielt bei diesem ganzen Prozess keine geringe Rolle, was man in der Praxis des Beschriebenen selbst für Erfahrungen hat.


    Analayo schreibt

    Zitat

    Allgemein gesagt, kann die Form vineyya entweder ein Absolutiv sein: „entfernt habend“ (so der Kommentar, vgl. Ps I 244: vinayitvâ) oder 3. Pers. Sg. Optativ: „er/sie/es soll entfernen“


    Allgemein gesagt, unterschlägt er, daß es auch ein Gerundivum sei kann.
    Also noch mal ganz deutlich, die Interpretation als Absolutiv (Gerund) ist eine aus den Kommentaren, sie ergibt sich nicht aus dem Suttapitaka selbst.

    Das PTS-Wörterbuch vermerkt wohl genau deshalb (weil es zu jedem Kommentar einen Gegenkommentar gibt): Optativ, Gerund - aber als Optativ verwendet, Gerundiv.
    Danach bleibt aber nichts mehr von der klassischen Bedeutung des Gerund (Absolutiv) übrig:


    Zitat

    Das Absolutivum steht für eine soeben abgeschlossene Handlung ... auf die sofort eine weitere in der Vergangenheit liegende des gleichen Subjekts folgt. Für letztere wird der Aorist (einfache Vergangenheit) gebraucht. (Reißmüller)


    Tja da haben wir schon das nächste Problem: denn, mal abgesehen von der vertauschten Reihenfolge, steht viharati nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart. Also wenn die grammatische Konstruktion vorschreibt, daß es sich um zwei in der Vergangenheit aufeinanderfolgende Handlungen handelt, dann kann man daraus einfach nicht zwei gleichzeitige Handlungen in der Gegenwart machen.


    kommen wir zu den Alternativen: Optativ und Gerundiv.
    Der Optativ ist ein Modus des Verbs, mit dem eine Notwendigkeit oder Möglichkeit ausgedrückt werden soll, das Gerundiv leitet aus einem Verb ein Adjektiv ab, dessen Grundbedeutung ebenfalls eine Notwendigkeit ausdrückt. Im vorliegenden Fall lauten beide Formen gleich, was bei ähnlicher Bedeutung die Gefahr der Verwechselung mit sich bringt.
    Analayo führt nun gegen den Optativ aus, daß damit in einem Satz zwei Verben in unterschiedlichen Modi vorliegen würden. Hm, das kann ich zwar nicht als zwingenden Ausschluß nachvollziehen, a) weil die Satztrennung im Pali nicht so scharf ist wie in den jüngeren indogermischen Sprachen und b) liegen ja auch zwei unterschiedliche Objekte vor, so daß man im Deutschen gut zwei Sätze machen könnte.
    OK, lassen wir das mal dahingestellt und lassen den Optativ ein Gerundiv sein, dann lösen sich ja möglicherweise alle zuvor aufgetürmten Probleme. Leider kommt das Analayo überhaupt nicht in den Sinn.


    Also noch mal zusammengefaßt: Analayo entscheidet sich grammatisch für einen Absolutiv, obwohl die Bedingungen dafür nicht gegeben sind, schließt alle anderen Möglichkeiten aus, oder beachtet sie nicht.
    Und dann übersetzt er den eigentlich gewählten Absolutiv nicht, sondern versucht auf weiteren 5 Seiten eine völlig andere Form mit doktrinären (das ist nicht abwertend gemeint) Argumenten abzuleiten.


    Ich möchte das hier nicht wiederholen, wer sich für Satipatthana wirklich interessiert, der sollte auch seine Abhandlung kennen, ist ja auch frei im Netz verfügbar (s.o), der betreffende Abschnitt ist ja auch nicht so lang. Selbst wenn man seinen Argumenten im Einzelnen oder seiner Herangehensweise im Allgemeinen nicht unbedingt folgen möchte, so sind doch eine Vielzahl von Querverweisen und Quellen angegeben, deren Sichtung in jedem Fall nutzbringend ist.


    Ok, also ich hatte mich für das Gerundiv entschieden, die vorherige Begründung scheint mir jetzt aber mangelhaft, weil es die von allen drei Möglichkeiten am schwierigsten in eine flüssige deutsche Form zu bringen ist - auch deshalb, weil der Fall selbst ziemlich komplex ist - bessere ich hiermit nach.
    Zur Erinnerung: das Gerundiv leitet aus einem Verb ein Adjektiv ab - das läßt sich so (als Adjektiv) aber nicht direkt ins Deutsche übersetzen.
    Die nächste Frage ist, ob das Adjektiv Bestandteil eines Prädikats ist, z.B. "Der Apfel ist rot" (prädikativ), oder ob es die Sache untrennbar beschreibt (attributiv) "Der rote Apfel" (dieser) - letzteres liegt hier vor: vineyya bezieht sich auf das Akkusativ-Objekt abhijjhādomanassaṃ.
    Dieses attributive Gerundiv bezeichnet nun einen sich vollziehenden Vorgang. Diese Verwendung ist nur bei transitiven Verben möglich. Transitive Verben sind solche, die sich auf ein Akkusativ-Objekt beziehen müssen/können. Intransitive Verben stehen nie zusammen mit Akkusativ-Objekten.


    OK, also wir haben ein Akkusativ-Objekt, deshalb ein transitives Verb, deshalb ist auch die Bedingung für ein attributives Gerundiv erfüllt - also wird ein sich vollziehender Vorgang beschrieben, der sich nur auf die Zeitform des Prädikats beziehen kann.
    Es gibt in dieser Variante keine Widersprüche, die man durch sachfremde (hier nichtgrammatikalische) Argumente nachbessernd umgehen müßte.
    Na, und so schwer wars ja nicht.


    Für mich ist diese Konstruktion natürlich auch "doktrinär" vollkommen i.O - natürlicherweise sind meine "doktrinäre" Begründungen u.U. anders :lol: letztendlich schwingt da die unterschiedliche Praxisausformung mit.


    Warum hab ich diesen langen Psalm geschrieben?
    Um mal an einem Beispiel zu zeigen, wie schwierig es ist, schon den Text im Original auch nur diskursiv zu verstehen, wie schwierig erst, das halbwegs richtig zu übersetzen - und daß die Mehrzahl der Übersetzungen, wie auch Analayo zeigt, schlicht unbefriedigend, ja gar sinnentstellend sind, selbst an so zentralen Punkten. Man kann sich darauf einfach nicht verlassen - das vorallem an die Fraktion der Endlos-Zitierer, die daran ihre Praxis binden.
    Ok, die werden sich davon nicht überzeugen lassen, ihr Vorgehen zu ändern, ihre Praxis einer traditionellen Vorgehensweise anzuvertrauen, es ist ja gerade ihr Mißtrauen gegenüber Menschen, die sie an die Buchstaben fesselt - aber es gilt: ohne Sangha läuft nix.

  • bel:

    Ok, die werden sich davon nicht überzeugen lassen, ihr Vorgehen zu ändern, ihre Praxis einer traditionellen Vorgehensweise anzuvertrauen, es ist ja gerade ihr Mißtrauen gegenüber Menschen, die sie an die Buchstaben fesselt - aber es gilt: ohne Sangha läuft nix.


    Ja, danke für den Anstubser. Ich war schon eingenickt von dem ganzen Sermon. Ist das Zen-Praxis? Erstaunlich, wie viele Gedanken man verschwenden kann, um zu dem Schluss zu kommen, dass man nach Loslassen von Verlangen und Abneigung in einem Zustand verweilt, in dem Verlangen und Abneigung losgelassen sind.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    dass man nach Loslassen von Verlangen und Abneigung in einem Zustand verweilt, in dem Verlangen und Abneigung losgelassen sind.


    Ja - nach dem Sterben bist du tot.

  • Elliot:

    Ja, danke für den Anstubser. Ich war schon eingenickt von dem ganzen Sermon. Ist das Zen-Praxis? Erstaunlich, wie viele Gedanken man verschwenden kann, um zu dem Schluss zu kommen, dass man nach Loslassen von Verlangen und Abneigung in einem Zustand verweilt, in dem Verlangen und Abneigung losgelassen sind.


    Kannst mal sehen, wie Du liest - davon hab ich nix geschrieben. :lol:


    Ist das Zen-Praxis? Es ist Satipatthana-Praxis: Beim Denken nur denken (und nicht schon wieder seinem Privat-Glauben hinterher zu hecheln)

  • bel:

    Kannst mal sehen, wie Du liest - davon hab ich nix geschrieben. :lol:


    Dann ist es ja noch schlimmer.


    bel:

    ohne Sangha läuft nix.


    Du möchtest uns wohl mitteilen, ohne Meister bel läuft nix. Klar. Du bist doch Zitat-Fan:


    Zitat

    "In der Tat, Ānanda, es ist nicht möglich, daß ein Bhikkhu, der Geselligkeit liebt, der sich mit Geselligkeit vergnügt, der sich der Vorliebe für Geselligkeit hingibt, der Gesellschaft liebt, der sich mit Gesellschaft vergnügt, der sich über Gesellschaft freut, jemals in die Herzensbefreiung, die zeitweilig und erfreulich ist, oder in die Herzensbefreiung, die anhaltend und unerschütterlich ist, eintreten und darin verweilen wird. Es kann aber erwartet werden, daß ein Bhikkhu, wenn er allein, von der Gesellschaft zurückgezogen lebt, in die Herzensbefreiung, die zeitweilig und erfreulich ist, oder in diejenige, die anhaltend und unerschütterlich ist, eintreten und darin verweilen wird." (MN 122)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

    Einmal editiert, zuletzt von Elliot ()