"Wenn du Buddha triffst, töte ihn."

  • Onda:

    "Wenn du Buddha triffst, töte ihn."


    Wie deutet ihr das?


    Das ist ein Ausschnitt aus einem Mondo. Ein Mondo ist ein Zwiegespräch zwischen Zen-Meister und -Schüler. Diese "Pointen" der Mondos lösten damals beim Schüler sowas aus wie die Pointe in einem guten Witz, aber es ging viel tiefer.


    Sowas zu deuten ist sowas, wie jemanden einen Witz zu erklären, wo der Lacher ausgeblieben ist, weil er es nicht "geschnallt" hat. Der Lacher wird nie so sein, wie er beim spontanen Wirken der Pointe gewesen wäre. Es ist dann mehr ein "ach soooooo *lach*". Kein echtes Lachen, eher ein gekünsteltes.


    In der heutigen Informationsgesellschaft wird dermaßen inflationär mit den alten Zen-Sprüchen umgegangen, dass unser Geist eher gelangweilt reagiert. "Der Witz ist doch alt".


    Nein, ich erkläre dir den Witz jetzt nicht. :)


    _()_

  • Namaste!


    Soweit ich weiß, ist der Ausspruch von Meister Rinzai (Linji).


    Ich deute den Ausspruch als Aufforderung, jedes Bild oder Konzept, jede Vorstellung oder Wertung, die wir von Buddha haben - sei es in Gestalt von Person(en), Ideal oder Zustand, über Bord zu werfen - abzutöten - und ES stattdessen selbst zu ergründen und zu erfahren.


    Natürlich ist hier "ES" genau so ein Bildnis ;)


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Benkei:

    Ich deute den Ausspruch als Aufforderung, jedes Bild oder Konzept, jede Vorstellung oder Wertung, die wir von Buddha haben - sei es in Gestalt von Person(en), Ideal oder Zustand, über Bord zu werfen - abzutöten - und ES stattdessen selbst zu ergründen und zu erfahren.


    Diese Deutung gefällt mir.


    Ich kenne noch einen ähnlichen Spruch: "Es gibt nur einen Buddha, der erwachen kann und das bist du".


    Das bezieht sich auch auf das "selbst" in deiner Deutung.


    _()_

  • Insbesondere soll man sich ( geistig ) nicht in einen heiligen Dünkel oder ein heiliges Bild verstricken.
    Trotzdem kann man Buddha erst "treffen" ( und heilige, religiöse Vorstellungen abschneiden ), wenn man praktiziert.


    " Du sollst dir kein Bildnis machen. " ( 10 Gebote )


    Es ist typisch Zen jegliche Vorstellungen zu lassen in der meditativen Grundhaltung.


    Wenn du ein Konzept triffst - töte es - und kehre zur meditativen Grundhaltung zurück.
    Vielleicht verstehst du es so eher :grinsen:

  • Onda:

    "Wenn du Buddha triffst, töte ihn."


    Wie deutet ihr das?


    LG
    Onda


    Wenn Du Buddha nicht (niemals) triffst, wie willst, selbst wenn du könntest ihn den selbigen titulierten töten ?



    añjalī अञ्जलि
    Dorje Sema


  • Moin Benkei,
    und es heißt auch, sich letztendlich keine Vorstellungen mehr bzgl. Buddha zu machen. Vorstellungen, Wertungen und Konzepte bzgl. Buddha zu erkennen und los zulassen ist ein wichtiger Schritt, aber irgendwann sollten wir damit aufhören uns welche zu machen. Vorstellungen, Wertungen und Konzepte die du nicht hast, brauchst du auch nicht los zulassen.
    Letztlich geht es dann also um Lassen, Nicht-Tun (was nicht heißt, nichts zu tun).


    Liebe Grüße
    Ji'un Ken

  • "Buddha" - das ist im Zen ein recht komplexer Begriff. Huang Po beispielsweise benutzt ihn synonym für die letztendliche Realität ("Der eine Geist", Nirvana etc.).


    Wenn man "Buddha" in diesem Sinne versteht (also nicht als Bezeichnung für einen historischen Lehrer), so wäre das "Treffen" von Buddha die Konzeptionalisierung des Letztendlichen, also ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn man meint, man hätte Nirvana konzeptionell im Griff, dann... ist was schief gelaufen.


    Im Grunde geht also nicht um das Töten des (armen) Buddha, sondern ums Töten der Konzepte. Es bleibt martialisch und es gibt schönere Sprüche.
    Zum Bsp: Sei dir selbst eine Insel!


    LG
    Onda

  • Onda:


    ... Es bleibt martialisch und es gibt schönere Sprüche.
    Zum Bsp: Sei dir selbst eine Insel!


    LG
    Onda


    :) Oder: “Ich wusste nichts von deinen Ufern !!!“ :lol:

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


    Einmal editiert, zuletzt von Lirum Larum ()

  • Onda:


    ... und es gibt schönere Sprüche.....


    Ein schönes Beispiel für etwas, das es zu vermeiden gilt, Wertungen. ;)
    Genau diese Wertungen sind es, die als Vor-stellung vor dem stehen was gemeint ist und uns hindern, uns auf diesen Satz einzulassen.
    Der Spruch zwingt uns auch, uns mit unseren Wertungen auseinander zu setzen, ja sie erst einmal zu erkennen. Wo und wie werte ich denn so im Alltag? Warum werte ich? Wie entstehen Wertungen bei mir, in einer Gemeinschaft, Gesellschaft, Kultur...?
    Ein Spruch der sehr vielschichtig ist.
    Liebe Grüße
    Ji'un Ken


  • Das Problem an diesem Spruch ist einfach, das er sehr viel interpretationsspielraum lässt.
    Nimmt man den Spruch wörtlich, ist er das komplette Gegenteil des Dharma. Und deshalb sehr kontrovers.

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Zitat

    "Ein Buddha ist ein Mensch, der Nirodha Samāpatti (Erlöschungszustand) verwirklicht hat."


    (Dogen, 1200-1253, jap. Zen-Buddhist und Lehrer)


    "Wenn du Buddha triffst, töte ihn."
    Was erloschen ist, kann nicht getötet werden.


    Bezüglich des Unterschiedes zwischen dem in den Erlöschungszustand Eingetretenen und einem Toten heißt es in M. 44:


    Zitat

    Wer tot ist, o Bruder, seine Lebenszeit beendet hat, in dem sind die körperlichen (Ein- und Ausatmung) sprachlichen (Gedankenfassung und Diskursives Denken) und geistigen Funktionen (siehe sankhāra, 2) erloschen und gestillt, das Leben versiegt, die Lebenswärme erloschen, die Fähigkeiten zerstört. Auch bei dem Mönche, der in die Erlöschung von Wahrnehmung und Gefühl eingetreten ist, sind die körperlichen, sprachlichen und geistigen Funktionen erloschen und gestillt; aber sein Leben ist nicht geschwunden, die Lebenswärme (usmā) nicht erloschen, die Fähigkeiten (Sinnenorgane etc.) nicht zerstört.


    http://www.palikanon.com/wtb/nirodha_sam.html


    Mit meinen bescheidenen Worten:


    Ein Buddha ist "ein Toter, der nicht tot ist".
    Leben ohne Lebenden.
    Das Leben selbst, was in seinem Selbstgewahrsein ruht.
    Leben pur.


    _()_

  • Maybe Buddha:


    Das Problem an diesem Spruch ist einfach, das er sehr viel interpretationsspielraum lässt.
    Nimmt man den Spruch wörtlich, ist er das komplette Gegenteil des Dharma. Und deshalb sehr kontrovers.


    wenn man die dinge nicht versteht sollte man die finger (greifen) davon lassen.
    ich glaube eher das problem liegt darin das die überlieferungen "wortwörtlich" abgebetet werden.
    dieser satz alleine beinhaltet alles was man für das "erwachen" braucht.....


    *schmunzel*


  • Ja, Sumedha, das stimmt sehr wohl. So gibt es viele Sätze, die ausreichen würden, aber nur wenn die Frucht so reif ist, dass sie beim ersten Stoß zu Boden fällt.
    Alles Gute auch Dir :D
    Einen Gruß an den Ober-Schmunzler*
    Monika

  • Ji'un Ken:
    Onda:


    ... und es gibt schönere Sprüche.....


    Ein schönes Beispiel für etwas, das es zu vermeiden gilt, Wertungen. ;)


    Auch ein schönes Beispiel für Kontexte.
    Auf der oberen Ebene der Bedeutung, ist der Zen-Spruch schockierend, irritierend, "hässlich".
    Erst eine metaphorische Auflösung kann diese Irritation beseitigen.
    Was heißt "den Buddha treffen"? Was heisst "töten"?
    Diese Begriffe müssen in einen völlig neuen Kontext gestellt werden, mit neuer Bedeutung gefüllt werden.


    Auch bei den "Bewertungen" hilft der Blick auf den Kontext. Es gibt Kontexte, in denen sind Bewertungen angemessen und erforderlich. Und es gibt Kontexte, da wird das Bewerten zum Hindernis.


    LG
    Onda

  • Namaste!

    Onda:

    "Buddha" - das ist im Zen ein recht komplexer Begriff. Huang Po beispielsweise benutzt ihn synonym für die letztendliche Realität ("Der eine Geist", Nirvana etc.).


    Wenn man "Buddha" in diesem Sinne versteht (also nicht als Bezeichnung für einen historischen Lehrer), so wäre das "Treffen" von Buddha die Konzeptionalisierung des Letztendlichen, also ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn man meint, man hätte Nirvana konzeptionell im Griff, dann... ist was schief gelaufen.


    Mein Reden!


    Deshalb schrieb ich ja "jedes Bild oder Konzept, jede Vorstellung oder Wertung, die wir von Buddha haben - sei es in Gestalt von Person(en), Ideal oder Zustand, über Bord zu werfen - abzutöten".
    Ich bezog mich damit direkt auf Obaku's (Huang Po's) Ausführungen zur Cittamâtra-Lehre.
    Obaku Kiun war ja der Dharmavater von Rinzai Gigen.


    Und natürlich hat der ehrenwerte Ji'un Ken absolut Recht, wenn er anführt, dass man sich letztlich erst gar keine Vorstellungen, Wertungen und Konzepte DAVON machen sollte.


    Andererseits kann ohne solche Konzepte keine Kommunikation unter Beteiligung eines Nichterwachten stattfinden.
    Nichterwachte benötigen Konzepte für ihre Kommunikation;
    Erwachte verwenden Konzepte um Nichterwachte zu belehren.


    Ein Nicht-Problem :grinsen:


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Liebe Losang Lamo,

    Losang Lamo:

    : “Ich wusste nichts von deinen Ufern !!!“ :lol:


    da hör ich lieb NINA raus, geniale Stelle! Besten Dank für den Abendlacher!


  • Buddha ist im Zen kein komplexer Begriff. Man versteht Buddha weder mehrdeutig und schon gar nicht als blutleeren Begriff.
    Er wird auch nicht als Synonym verstanden, von niemandem im Zen.
    Buddha bezeichnet im Zen, so wie in allen Schulen, die Person, den Lehrer, der das Rad der Lehre in Gang gesetzt hat, den Verwirklichten.
    Buddha ist ein Ehrentitel und heißt: Erwachter.
    Dieser Spruch wie auch an andere sind von Menschen gemacht worden die Erleuchtung erfahren haben, das heißt dass sie dem ansichtig wurden,
    dem auch Buddha ansichtig geworden ist, nämlich der Buddhanatur. Zen betont, dass jedes Wesen Buddhanatur hat, also die Veranlagung das universelle Gesetz
    zu verwirklichen. Das nämlich ist die Buddhanatur: die Fähigkeit im ursprünglichen Zustand zu verweilen, jenseits aller Bedingungen.
    Zen spricht also nur von Buddha als den historischen Buddha und von Buddha als Bodhi ( darauf bezieht sich dieser Name ).
    Und beides ist im Zen miteinander verbunden und nicht voneinander zu trennen.
    Ohne Buddha würde Zen nicht existieren. Ohne die Lehre gäbe es kein Zendo.
    Nur: wenn man Satorie erfährt, erfährt man das was Buddha erfahren und gelehrt hat,
    damit tritt der "Angebetete", die Leitfigur, die Rituale, die Religion, in den Hintergrund und Bodhi , das Erwacht-Sein, in den Vordergrund.
    Das ist alles.

  • Onyx9:

    Buddha ist im Zen kein komplexer Begriff. Man versteht Buddha weder mehrdeutig und schon gar nicht als blutleeren Begriff.
    Er wird auch nicht als Synonym verstanden, von niemandem im Zen.
    Buddha bezeichnet im Zen, so wie in allen Schulen, die Person, den Lehrer, der das Rad der Lehre in Gang gesetzt hat, den Verwirklichten.


    Lies mal das, liebe Onyx, dann siehst du das vielleicht anders:
    http://www.buddhaland.de/viewt…f=3&t=4134&hilit=Huang+Po


    LG
    Onda

  • Zitat

    Nur: wenn man Satorie erfährt, erfährt man das was Buddha erfahren und gelehrt hat,
    damit tritt der "Angebetete", die Leitfigur, die Rituale, die Religion, in den Hintergrund und Bodhi , das Erwacht-Sein, in den Vordergrund.


    Mag sein, dass man so denkt, wenn man glaubt man sei erwacht. Aber wenn sich das Koan auf diese Erfahrung beziehen würde müsste es passiv formuliert sein: Wenn du Buddha triffst, wird er getötet.


    Es handelt sich aber um eine aktive Formulierung, die sagt was zu tun ist, wenn das Ereignis des 'Buddhatreffens' eintrifft.


    Ich beobachte eine wahre Epidemie des Erwachens in meinem Umfeld. Es scheint nur so von Erwachten zu wimmeln ( Vgl Link zu Buddha ad the gas pump, Satsang etc), so dass ich bald annehmen muss es gehöre in gewissen Kreisen zum guten Ton sich als Solcher/ Solche zu bezeichnen.


    Oft verfallen diese sogenannt Erwachten in eine Art 'Devarealm' und fühlen sich genötigt ihre Weisheiten via Bücher, Vorträge und Internet unter alle möglichen Leute zu bringen.
    Ich würde das Koan deshalb eher so interpretieren den eigenen scheinbaren inneren Buddha zu töten, wenn er dann plötzlich auftaucht. Nur so ist es möglich bescheiden den Dhamma weitergehen zu können um irgendeinmal später vielleicht wirklich Buddha zu verwirklichen. Eben im Sinne von: Im Sitzen(bleiben) tötest Du den Buddha.


    Gruss Bakram

  • Für mich bedeutet dieser Text: "nicht den Finger anzubeten, der zum Mond zeigt".


    Im übrigen sind Sartoris mehr oder weniger kleine Einblicke, aber noch keine Erleuchtung. Da der Vorhang hinterher wieder zugeht, übernimmt sofort der Verstand wieder die Regie und bastelt daraus ein System, wie es am besten in sein derzeitiges Denkvermögen passt. Desto mehr Hindernisse ausgeräumt sind, desto klarer werden auch bestimmte Aussagen - bis hin zur Gleich-Gültigkeit - "nicht dies, nicht das".
    _()_ Monika

  • LOL, du bist witzig. Und wer entscheidet was "richtig" verstanden ist und was "falsch" verstanden ist?


    Würden die Leute von Dingen die sie nicht verstehen die Finger lassen, würden sie nie etwas verstehen. Sehr merkwürdiger Ansatz, Sumedha. Bevor du nicht meditierst, verstehst du (das "Du" soll nicht dich persönlich meinen, nur um missverständnissen vorzubeugen) auch nichts von meditieren. Erst wenn du meditierst und die Erfahrung machst, kannst du ein wirkliches Verständnis davon bekommen.


    Ich sage nur das man den Spruch auch wörtlich verstehen kann (und nicht als Gleichnis). Bei einem Gleichnis sollte man halt vorallem auch den Bezug angeben auf das sich das Gleichnis bezieht.


    Sicher "kann" dieser Satz reichen um zum erwachen zu führen. Genauso kann das beobachten eines Baums zum erwachen reichen.


    Das was mir bei diesem Satz auffällt, ist, das er oft ohne Bezug in den Raum geworfen wird und von seiner wortwörtlichen deutung einen negativen Beigeschmack hat.

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha