Zen Asien/Westen

  • Kann ich Dir nicht beantworten, da ich in Asien zum "Zen" kam und auch jetzt hier so praktiziere.
    Doch ich könnte mir vorstellen, das der Buddhismus allgemein in Asien mehr in der Kultur der Länder verortet ist.
    In DE habe ich manchmal den Eindruck (persönlich), das viele es als "wir sind was besonderes" ansehen, was ich weder in Japan noch China erkennen konnte.
    Die Praxis unterscheidet sich imho auch nur in kulturellen Unterschieden, egal ab monastisch oder Laie.
    Welcher Laie im Westen hat schon in seiner Wohnung eine tokonoma mit Kalligrafie und/oder Buddha-Darstellung zur täglichen Verehrung? In Japan z.B. ist dies weiter verbreitet.


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    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass asiatische Buddhisten sehr viel ausgeglichener und lebensfreudiger wirken. In Europa hatte ich oft den Eindruck, Zen würde unter Druck und besondere Disziplin bzw. Achtsamkeit auf die Traditionen und Regeln praktiziert werden. Es kam mir nie ganz harmonisch vor, vielleicht habe ich aber auch lediglich schlechte Erfahrungen gemacht.

  • medicaro:

    Persönlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass asiatische Buddhisten sehr viel ausgeglichener und lebensfreudiger wirken. In Europa hatte ich oft den Eindruck, Zen würde unter Druck und besondere Disziplin bzw. Achtsamkeit auf die Traditionen und Regeln praktiziert werden. Es kam mir nie ganz harmonisch vor, vielleicht habe ich aber auch lediglich schlechte Erfahrungen gemacht.

    Hmmm ... Du beschäftigst Dich nach eigenen Angaben seit etwa einem Jahr intensiv mit Buddhismus - und hast "in Europa" "oft den Eindruck" gehabt "Zen würde unter Druck und besondere Disziplin bzw. Achtsamkeit auf die Traditionen und Regeln praktiziert werden". Während Du "persönlich" "die Erfahrung gemacht" hast, "dass asiatische Buddhisten sehr viel ausgeglichener und lebensfreudiger wirken". Nun ja - so sammelt halt jeder seine Eindrücke. :)


    Darf ich mal fragen, wie viele westliche Zen-Praxisgemeinschaften Du kennengelernt hast, so dass Du "oft" diesen Eindruck gewinnen konntest und wie viele asiatische Zen-Buddhisten Du so nahe kennengelernt hast, dass Du Dir ein allgemeines Urteil über deren Ausgeglichenheit und Lebensfreude zutraust?


    Ich will ja nicht bestreiten, dass "Disziplin bzw. Achtsamkeit auf die Traditionen und Regeln" insbesondere Bestandteil formaler Zenpraxis ist. Aber Deine Erfahrung, in Japan würde man das lockerer sehen als im Westen, nehme ich dir nicht so recht ab. Und westliche Zen-Buddhisten, die reichlich ausgeglichen und lebensfreudig wirken, kenne ich so einige. Irgendwie habe ich da den Eindruck (sic!), du kolportierst da nur Stereotypen.


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    OM MONEY PAYME HUNG

  • Ich erlebe Zenpraxis in einem Kloster mit sehr gemischter Belegschaft, die Hälfte sind Japaner, die andere aus aller Welt, im weitesten Sinne "Westler", aber auch aus Korea, China, Südasien.
    Die Unterschiede in der anfänglichen Herangehensweise liegen wesentlich in den jeweiligen landestypischen Sozialisationen. Das ergibt ne Menge Reibungspunkte, aber noch mehr, was man voneinander lernen kann.
    Ein Mehr an Ausgeglichenheit und Lebensfreude bei den Asiaten (ganz generell) kann ich beim besten Willen nicht ausmachen, im Kloster nicht mal auf den ersten Blick, generell ist es aber in Ostasien meist nur konfuzianische Fassade, die relativ leicht bröckelt wenn es mal ein Problem gibt.
    Was die Zenpraxis selbst anbelangt, so meinte unser Abt, er hätte gern Schüler, die wie Gurken wachsen: Man hängt ne Schnur auf und die ranken sich da einfach hoch; Japaner seien aber wie Tomaten, da muss man nen stabilen Pfahl hinrammen und immer schön anbinden damit die nicht umkippen und n Dach bauen, damit es nicht zu naß von oben tropft. Westler wachsen aber wie Kürbisse, erst ganz niedlich, scheinen auch nicht so viele Ansprüche zu stellen, aber guckste ne Weile nicht hin, ist das Feld in der Breite zugewuchert, da wächst nix anderes mehr.
    Natürlich ist das auch nur ne Vereinfachung (gibt noch andere ^^ ), aber schon ziemlich treffend.


    Was die Normalbevölkerung in Ostasien anbetrifft, ist Religion eher Kultur, und damit auch ein mehr vager Religionsmix, zum guten Teil halt Familiensache und Ahnenverehrung, ohne dass da groß reflektiert wird, macht man halt so. Auch nicht anders als bei uns in traditionell christlichen Kreisen.



  • Ich hätte mich wohl klarer ausdrücken sollen :) Ich beschäftige mich zwar "erst" seit einem Jahr intensiv mit Buddhismus, habe aber davor schon viele Jahre in Asien verbracht und stand dort nicht nur in engem Kontakt mit Buddhisten sondern auch generell mit der asiatischen Kultur und wenn man eine Zeit lang dort verbringt, bekommt man glaub ich schnell mit dass Buddhismus nicht nur von Mönchen sondern vom generellen Volk gelebt wird und das ist ein riesen Unterschied zur westlichen Kultur.
    Selbstverständlich spielt hier das Wort Kultur eine große Rolle, denn Buddhismus ist im Westen eher etwas "neuzeitiges" und kann daher bestimmt nicht direkt gegenüber gestellt werden.


    Und ich glaube auch da hast du mich missverstanden. Ich meine definitiv nicht, dass Zen in Japan mit weniger Disziplin praktiziert wird, ganz im Gegenteil. Der Eindruck den ich bisher in Europa gemacht habe war lediglich, dass so viel Augenmerk auf die Regeln und Funktionsweisen der Meditation gelegt wurde, dass die Essenz und der Inhalt ein wenig verloren gingen.


    Vielleicht bin in Europa aber auch bisher mit einer falschen Erwartungshaltung an die Lehrenden rangegangen. Ich weiß nicht ob du bisher schon mal einem Buddhisten gegenüber gestanden und die komplett ausgeglichene Ausstrahlung wahrgenommen hast. In Asien war das für mich eine alltägliche Erfahrung. In Europa (ja, in dem kurzen Jahr) habe ich das bisher noch nicht erlebt.

  • medicaro:

    Ich weiß nicht ob du bisher schon mal einem Buddhisten gegenüber gestanden und die komplett ausgeglichene Ausstrahlung wahrgenommen hast. In Asien war das für mich eine alltägliche Erfahrung. In Europa (ja, in dem kurzen Jahr) habe ich das bisher noch nicht erlebt.


    von welchem asiatischen Land redest du?

  • Moosgarten


    :grinsen: typisch der Spruch für Muho


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  • Cravin:

    Moin,
    gibt es da Unterschiede zwischen Zen im Westen und in Asien z.B in der Praxis?


    Meinst du jetzt in der Praxis, oder in der Art und Weise wie die Praktizierenden sich verhalten?


    In der Praxis würde ich sagen nicht so sehr - es wird gesessen, es wird gegangen etc.
    Ich finde die Charaktere sind eher aufgrund ihrer Kultur unterschiedlich.
    D.h. Zen/Chan, aber auch andere Buddhismen sind oft mit einer Art Faszination für das Exotische (Exotismus) belegt.


    In China oder Japan wirst du auch selten finden, dass jemand sagt, er sei NUR Zen/Chan/Mahayana Buddhist. Speziell dort ist der Buddhismus sehr als kultureller Synkretismus vorhanden, sprich es fließt in Japan Shintoismus, aber auch wie in China Daoismus und Konfuzianismus mit ein.
    Hat Moosgarten schon sehr gut und treffend zusammengefasst.


    Vielleicht ein Einzelfall bei mir, obwohl ich Theravadin bin - Budokünste haben in Japan tatsächlich aufgrund ihrer Geschichte eine enge Verbindung mit Zen-buddhistischer Spiritualität. Dies fehlt in Europa oft sehr, wo man schlicht "Kampfsport", manchmal "Kampfkunst" sagt, ohne genau zu verstehen was eigentlich die Kunst dahinter ausmacht.
    Kendo würde hier jeder als Kampfsport, oder bestenfalls als Kampfkunst bezeichnen, während Ken-Do auf einen Do im Sinne eines aus dem Zen stammenden Erleuchtungsweg verweist. Solche Inhalte wird man in Europa nicht so oft finden, außer man hat eine Kunst bzw. Schule, die enge Verbindungen zu entsprechenden Lehrern, Schreinen oder Lehrtraditionen pflegt. Iaido ist da oftmals noch gut dabei, denn es ist nicht kompetitiv und soll eine innere Arbeit leisten. Oder Kyudo, das traditionelle Bogenschießen.


    Da habe ich oft sehr krasse Unterschiede erlebt und wenn tatsächlich ein Europäer lange in Japan die Kampfkunst gelernt hat kamen sie oft sehr verändert wieder zurück.
    Bildlich - sie gingen als Daniel San nach Kyoto, Tokyo, Okinawa und kamen als Mr. Miyagis zurück.
    Wenn man die gefragt hat was die da genau gemacht haben war das oft wenig Techniktraining etc, sondern Meditation - eben den "Budo" lernen. Den tieferen Sinn hinter dem Geisteszustand, den man im Zen/Budo anstrebt - den Augenblick gedankenlos annehmen etc. und halt das ganze Zeug. :grinsen: Ihr wisst was ich meine.

    Wir sind das, was wir denken.
    Alles was wir sind, entsteht mit unseren Gedanken.
    Mit unseren Gedanken erschaffen wir die Welt.
    Sprich und handle mit heilsamer Gesinnung
    Und Glück wird dir folgen
    Gleich deinem unteilbaren Schatten.