Suzuki scheint seinen Begriff "Willen", mit dem Sanskrit-Begriff "chitta" in Verbindung zu bringen.
im Mahayana ist auf keinen Fall ein intellektueller Aspekt gemeint, sondern der Willens-Aspekt. Chitta ist eine Neigung, eine Vorliebe, eine charakteristische Bewußtseinshaltung. (Karuna: 172)
Chitta ist der Grund unseres Seins, der Ur-Wille … (Karuna: 182)
Die Wichtigkeit des Willens bei Suzuki wird u.a. in folgenden Zitaten deutlich:
Die Pranidhana des Bodhisattva ist seine Entschlossenheit, seinen Plan der Erlösung aller Wesen auszuführen. Natürlich bedarf es dazu tiefer Einsicht und auch des intellektuellen Erfassens dieser Aufgabe, doch Pranidhana ist weit mehr als das, nämlich der Wille, es zu tun. Bloße Intellektualität hat keine Willenskraft hinter sich; bloßer Idealismus kann niemals die ausführende Kraft sein. (Karuna: 170)
Dieser Wille ist grundlegender als der Intellekt; er stellt das höchste Prinzip des Lebens dar. Ohne den sich selbst bestimmenden, «Mittel hervorbringenden» Willen ist das Leben nur das Spiel blinder Kräfte. Mit dem Willen zur Seite wird der freie Geist nicht mehr zur Zügellosigkeit neigen, sondern dem großen Werk der universalen Erlösung zur Verfügung stehen. Seine schöpferische Kraft wird aus liebevollem Erbarmen die richtigen Mittel zur Erlösung aller belebten und unbelebten Wesen finden. Dhyana ist eines dieser Mittel, die unseren Geist im Gleichgewicht und unter der Kontrolle dieses Willens halten. Zen ist die gezielte Anwendung der Dhyana-Disziplin für das Erlangen der Erleuchtung. (Satori: 79)
Der Intellekt mag für den Weg zur Erleuchtung eine wichtige Rolle spielen, entscheidend aber ist der Wille. Erleuchtung ist ein aus dem Willen geborener Akt der Intuition. Der Wille möchte sich selbst erkennen, so wie er in sich selber ist (yathabhutam dassana), frei von allen gedanklichen Bedingungen… Doch er [der Buddha] besaß einen unbeugsamen Willen, und mit seiner gesamten Willenskraft warf er sich darauf, die Wahrheit zu ergründen. Er pochte und pochte, bis die Pforten der Verblendung aufsprangen und sich ihm ein nie zuvor geschauter Ausblick eröffnete. (Satori: 123-124)
Die Verblendung kann nicht niedergerungen werden, sondern nur transzendiert werden – und dies ist ein Willensakt. (Satori: 126)
Mit kühler Vernunft und metaphysischer oder erkenntnistheoretischer Analyse ist hier also offenbar kein Weiterkommen; es bedarf vielmehr eines verzweifelten Willens, die unüberwindliche Schranke zu durchbrechen... (Koan: 24)
Die Quellen sind jeweils: D.T. Suzuki, O.W. Barth Verlag.
Koan (1988), Second Series
Satori (1989), First Series
Karuna (1989), Third Series