• Hallo


    meine Forschung zu Bewußtseins-Modi ließ mich auf die im Zen-Buddhismus (vermutlich nur zum Teil) übliche Übung mit Koans stoßen und dies warf die Frage nach einer generell gültigen Beschreibung von Koans auf, was die Interaktion zwischen Intellekt und dem sprachlichem Ausdruck des Koans angeht.
    Es geht mir also nicht um Beispiele von Koans oder Interpretationen von Koans sondern darum wie ein "verallgemeinertes" also generisches Koan üblicherweise aufgebaut ist und wie, auf welche Art und Weise, typischerweise damit "geübt" wird, wie also der Übende intellektuell damit operiert. Irgend einen intellektuellen Operationsmodus muss es ja geben, denn wenn jemand bloß sagt "Nicht-Denken", dann kann dies nicht die Übung sein, denn dazu bräuchte man ja kein Koan und keine solche Vielfalt von Koans.


    Wie also ist ein Koan üblicherweise aufgebaut?
    Welche mental-intellektuellen Charakteristika haben die Bestandteile von Koans und wie nähert sich der Intellekt dem Gesamtkonstrukt "Koan" an?

  • Hallo Stero,


    ich würde deine Frage so beantworten:


    1. Ein Koan ist in erster Linie eine Frage. Diese wird entweder direkt gestellt oder durch einen im Sachverhalt enthaltenen Widerspruch impliziert. Die Herausgeber der großen Koansammlungen haben solche aus dem Sachverhalt hervorgehende Fragen häufig in ihren Kommentaren aufgeworfen. Arbeitest du unter der Anleitung eines Zen-Meisters mit einem Koan (was sehr zu empfehlen ist) wird er oder sie dir die entsprechende Frage(n) stellen.


    2. Wird deinem Intellekt eine Frage/ein Widerspruch zum Fraße vorgeworfen, macht er sich automatisch daran, sie zu lösen. Die Koanfrage ist aber immer so beschaffen, dass sie intelektuell nicht gelöst werden kann (Meister Wumen Huikai vergleicht im Kommentar zum ersten Fall des Mumonkans das Koan mit einer heißen Eisenkugel, die du verschluckt hast und trotz Erbrechen nicht ausspucken kannst). Intellektuell gewonnene Antworten, die du deinem Zen-Meister vorlegst, würden dann entsprechend zurückgewiesen. Das Koan ist allerdings auch keineswegs ein Paradox, sondern eine klare, unmissverständliche Aussage, die nichts verbirgt und nichts zurückhält.


    3. Der Fragende wird letztlich auf dasjenige zurückgeworfen, das fragt und dabei gleichzeitig eins mit allen Erscheinungen ist. Besonders die als 'Hauptkoan' verwendeten Fälle haben einen solchen ganzheitlichen Fokus, während die sogenannten Nebenkoan i.d.R. sehr präzise einen ganz bestimmten Aspekt der Verblendung eines Schülers oder Meisters zum Ausdruck bringen. Da es letztlich aber unsinnig ist, zwischen einem Koan, das du dir stellst und der Person, die sich die Frage stellt, zu unterscheiden, sind somit auch die sogenannten Hauptkoan und Nebenkoan Ausdruck derselben unmittelbar gegebenen Wirklichkeit.


    _()_
    Tai

  • Hinsichtlich der gestellten Frage ist der von Steven Heine und Dale Wright herausgegebene Sammelband 'The Koan.Texts and Contexts in Zen Buddhism' (Oxford University Press, New York, 2000) derzeit so etwas wie das wissenschaftliche Standardwerk. Von besonderem Interesse für Dich dürften die Beiträge 1, 2 und 7 sein. Das Buch kann von einer ungarischen Webseite als PDF heruntergeladen werden - zumindest in Deutschland wäre das illegal, möglicherweise ist die Rechtslage in Ungarn weniger restriktiv.


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    OM MONEY PAYME HUNG

  • ...Ist auch dieses Hindernis gemeistert, und ist der Praktizierende hellwach, sobald er sich nur auf das Kissen setzt, tritt das Hindernis des Nicht-Wissens auf. Auf dieser Stufe kommt der Praktizierende trotz aller Anstrengung mit seinem Koan nicht weiter. Er wälzt Bücher, sucht bei Dharma-Freunden nach Rat, ist aber völlig festgefahren und dadurch unzufrieden mit allem. Wenn ein Schüler auch dieses Hindernis überwindet und die Koans durchbricht, stößt er auf das Hindernis des Wissens.



    Y.S.Seong Do




    Hierbei ist nich ( mal ) 'ein Wissen' gemeint wat hier allseits ( außer von Tai ) anempfohlen wird !

  • Danke erstmal für die Anregungen!


    Zunächst zu dem, was du schreibst, Tai. Ich schildere nur meine Eindrücke anlässlich deiner Worte. Du schreibst von "Widerspruch" schließt aber ein Paradoxon aus. Bei den vielen Typen von Paradoxa würde ich dies erstmal unter vorbhalt stellen, zumal der Wiki-Autor just auch Koans als Beispiel aufführt.
    Dann schreibst du, dass ein Koan intellektuell nicht gelöst werden könne, dass aber intellektuell gewonnene Antworten vom Meister zurückgewiesen werden. Also da sehe ich dann schon einen Unterschied zwischen "intellektuell unlösbar" und "vom Meister nicht akzeptiert".



    Sôhei:

    Evtl. bist du mit diesem Buch gut beraten: http://www.amazon.de/Philosoph…sophie+des+zen+buddhismus


    Oder "Abstraktion und Intuition im Yoga und Zen" von Alfonso Verdu.


    Mir geht es nicht so sehr um die Philosophie, als vielmehr um das mentale Prozedere. Also Widerspruch oder Konflikt scheint schon so ein Schlüsselpunkt zu sein. Aber wodurch wird der idR bei einem Koan erzeugt. Gibt es da wirklich kein intellektuelles Entrinnen oder ist so ein mögliches intellektuelles Entrinnen bloß so abwegig, so unüblich, setzt es ein so unkonventionelles Denken voraus, dass der Widerspruch unlösbar erscheint.

  • Koan lässt sich nur Intellektuell lösen, bis nur noch wirklich Wirkliches da ist, bis zum Soistes, zur Soheit. Das Intellektuelle wird so lange genutzt bis es sich selber Matt setzt. Das Intellektuelle ist ja das Problem und das lässt sich nur mit sich selber austreiben, damit es so dastehen kann das es hilfreich ist. Das Intellektuelle ist so lange nicht es selber solange es Vorstellungen und Glaube produziert.

  • Stero:
    JazzOderNie:


    Besten Dank!
    Werd mir insbesondere Kapitel 4 mal zu Gemüte führen.


    Hab das mal ... überflogen. Problematisch finde ich diese Koans mit Bezug zur buddhistischen Lehre, die Lehrinhalte quasi symbolisieren. Problematisch auch die ewiglangen Erklärungen dazu - an einer Stelle dachte ich: anstatt so lange ambivalent herumzulabern könnte er es konsistenter mit ein paar Prasangika-philosophischen Aussagen ausdrücken ;) .
    Weiterhin problematisch, dass das ganze in eine Überlieferungstradition eingebettet ist, was mMn notwendigerweise dazu führt, dass der Schüler was vorspielt. Habe auf Amzon gesehen, dass es sehr viele Bücher über Koans gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Spontaneität bei der "Lösung" fördert. ;)
    Mein Eindruck ist auch, dass es dabei auch um so "Psychospielchen" zwischen Schüler und Lehrer geht und sich die Koanübung als traditionelles Ritual etabliert hat.


    Am besten von allen gefällt mir das Klatschen mit einer Hand. Sowas war es wohl am ehesten, was ich mit Koan assoziiere. Wobei ich glaube, dass der Autor das Koan nicht richtig formuliert, weil der Ausdruck "Klatschen mit beiden Händen", und der Ausdruck "Klatschen mit einer Hand" gegenseitig inklusiv sind. Es sollte wohl richtigerweise einfach lauten "Wie klingt das Klatschen einer Hand?" weil damit die Inklusivität der beiden Ausdrücke nicht suggeriert wird (was die einfachste aller Lösungen nahelegt) und der Laut des Klatschens tatsächlich einer Hand zugewiesen werden muss, was die schwierigste aller "Lösungen" erfordert.

  • Zunächst einmal - Tai weist völlig zu recht (vielleicht nicht explizit genug) darauf hin, dass Du von einer zwar verständlichen, nichtsdestotrotz falschen Grundannahme hinsichtlich der Koan-Praxis ausgehst, nämlich, dass

    Stero:

    der Übende intellektuell damit operiert


    Genau dies tut er eben nicht bzw. soll er nicht (weil das nicht Sinn der Koan-Arbeit ist) und aus diesem Grund wird in der Koan-Praxis (die ganz wesentlich eine gemeinsame Praxis von Schüler und Lehrer ist) ein auf "intellektuellen Operationen" basierender Diskurs über das Koan schon im Ansatz vom Lehrer zurückgewiesen. Die

    Stero:

    Interaktion zwischen Intellekt und dem sprachlichem Ausdruck des Koans


    besteht allenfalls darin, den Intellekt in dieser Interaktion (notfalls mit Hilfe der angesprochenen Zurückweisung durch den Lehrer) an seinen Grenzen bzw. seiner inneren Widersprüchlichkeit nachhaltig scheitern zu lassen, um einem nichtintellektuellen, intuitiven Erfassen des Koan Raum zu geben. Das Koan ist selbst "sprachlicher Ausdruck" (wenn auch ein diskursiv unverständlicher) einer nichtintellektuellen, intuitiven Einsicht, die als "Präzedenzfall" (was ziemlich genau die Wiedergabe des Begriffs Gongan / Koan ist) dient und in der Koan-Praxis aktualisiert werden soll. Koan sind der zenspezifische Umgang mit dem Problem, Einsichten, die rational und intellektuell nicht fassbar (ineffabel) sind, trotzdem mit dem Mittel der Sprache Ausdruck zu geben um diese im Rahmen einer Schulung weiterzugeben. Selbstverständlich kann dies durch das Koan selbst nur zu einem geringen Anteil geleistet werden - es kann ja keine Einsichten, die sich sprachlichen Mitteln entziehen, transportieren, sondern sie nur illustrieren und bestenfalls provozieren. D.h. es kann lediglich - mit Hilfe eines Lehrers, der das Koan 'verstanden' hat als notwendiges Korrektiv - Anlass und/oder Auslöser der Einsicht sein, von der das Koan selbst nur indirekt - durch Wiedergabe der überlieferten Begleitumstände und Anzeichen eines von der Tradition als Präzedenzfall dieser Einsicht überlieferten Ereignisses - erzählen kann.


    Übrigens muss dies nicht zwangsläufig im Rahmen der klassischen Koan-Praxis sein. Koan werden auch als Mittel des zenbuddhistischen Diskurses eingesetzt - geradezu virtuos vor allem von Dogen (auch dazu ein Standardwerk von der schon genannten ungarischen Webseite, leider in etwas mühsam zu lesender Form digitalisiert). Dabei dient das Koan (mit dem auch durchaus frei umgegangen werden kann) dazu, die Grenzen des rationalen Diskurses zu sprengen und so dem Unausdrückbaren zumindest ein Stück weit über diese Grenzen hinaus Ausdruck zu geben. Das setzt natürlich beim Rezipienten eine entsprechend entwickelte Fähigkeit des Verständnisses solch nicht rational-argumentativer Ausdrucksformen im Rahmen des zenbuddhistischen Diskurses voraus - und es ist der Grund, warum sich für einen Zen-Übenden das Verständnis solcher Texte im Einklang mit seiner Übung entwickelt und sie daher immer wieder neu gelesen und erfasst werden.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

    Einmal editiert, zuletzt von Sudhana ()

  • Sudhana:

    Zunächst einmal - Tai weist völlig zu recht (vielleicht nicht explizit genug) darauf hin, dass Du von einer zwar verständlichen, nichtsdestotrotz falschen Grundannahme hinsichtlich der Koan-Praxis ausgehst, nämlich, dass

    Stero:

    der Übende intellektuell damit operiert


    Genau dies tut er eben nicht bzw. soll er nicht
    ()


    Sorry aber du widersprichst dir selbst.

    2 Mal editiert, zuletzt von Stero ()

  • Stero:
    Sudhana:

    Zunächst einmal - Tai weist völlig zu recht (vielleicht nicht explizit genug) darauf hin, dass Du von einer zwar verständlichen, nichtsdestotrotz falschen Grundannahme hinsichtlich der Koan-Praxis ausgehst, nämlich, dass


    Genau dies tut er eben nicht bzw. soll er nicht
    ()


    Sorry aber du widersprichst dir selbst.


    Nein. Du verstehst lediglich nicht den Unterschied zwischen dem Sprechen über Koan als einem Instrument der Schulung und dem Erfassen eines Koan als Nachvollzug / Aktualisierung einer nicht intellektuell fassbaren und / oder formulierbaren Einsicht.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Für mich ist es ok, wenn du nicht auf meine Fragen eingehen und dich stattdessen lieber mit den üblichen esoterischen Floskeln ausdrücken willst. Nur musst du dann eigentlich gar nichts in diesem Thread schreiben.

  • Sudhana:

    ...eines Koan als Nachvollzug / Aktualisierung einer nicht intellektuell fassbaren und / oder formulierbaren Einsicht.


    Also ganz ehrlich? Was intellektuell fassbar ist hängt in erster Linie vom jeweiligen Intellekt ab und was formulierbar ist von der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit


    Sudhana:

    Dummschwätzer


    Na das ist mal ein spontaner Ausdruck :lol:;)

  • stero:

    Zitat

    Habe auf Amzon gesehen, dass es sehr viele Bücher über Koans gibt.


    :lol: Nix"über",
    da sind traditionelle Koan und Kommentare drin, aber natürlich nicht die ""Lösung""


    Dass sich User aus dem Fenster hängen, tsss..., wo du doch die Weltformel gefunden hast, nicht der erste, auch nicht im Forum, und dein Ego unübersehbar ist... ;):lol:


    Zitat

    Nur musst du dann eigentlich gar nichts in diesem Thread schreiben.

    Falsches Kino.

  • Stero:
    Stero:


    Besten Dank!
    Werd mir insbesondere Kapitel 4 mal zu Gemüte führen.


    Hab das mal ... überflogen. Problematisch finde ich diese Koans mit Bezug zur buddhistischen Lehre, die Lehrinhalte quasi symbolisieren.



    Das ist im Prinzip ein heuristisches Mittel... Was ist da problematisch? Man kann sich dadurch sehr viel leeres Geschwätz einsparen und trotzdem zum Ziel kommen. Das setzt natürlich voraus, dass es nicht zu einer reinen Tradition bzw. zu einem rein oberflächlichen Ritual verkommt, wie tatsächlich auch vielfach geschehen.... Ist aber nicht grundsätzlich so.

  • Sudhana:

    Zunächst einmal - Tai weist völlig zu recht (vielleicht nicht explizit genug) darauf hin, dass Du von einer zwar verständlichen, nichtsdestotrotz falschen Grundannahme hinsichtlich der Koan-Praxis ausgehst, nämlich, dass

    Stero:

    der Übende intellektuell damit operiert


    Genau dies tut er eben nicht bzw. soll er nicht (weil das nicht Sinn der Koan-Arbeit ist) und aus diesem Grund wird in der Koan-Praxis (die ganz wesentlich eine gemeinsame Praxis von Schüler und Lehrer ist) ein auf "intellektuellen Operationen" basierender Diskurs über das Koan schon im Ansatz vom Lehrer zurückgewiesen.


    Daß man etwas gänzlich ohne intellektuelle Operation tun könnte, halte ich für ein Ammenmärchen. Diese Vermutung basiert nämlich auf der irrigen Annahme, daß die intellektuelle Funktion vom Rest der Körper-Geist-Funktionen isolierbar wäre.


    Stero:

    Interaktion zwischen Intellekt und dem sprachlichem Ausdruck des Koans

    Sudhana:

    besteht allenfalls darin, den Intellekt in dieser Interaktion (notfalls mit Hilfe der angesprochenen Zurückweisung durch den Lehrer) an seinen Grenzen bzw. seiner inneren Widersprüchlichkeit nachhaltig scheitern zu lassen, um einem nichtintellektuellen, intuitiven Erfassen des Koan Raum zu geben.


    bestenfalls gilt das für sehr oberflächlichliches Denken, das scheitert natürlich an den im Koan angelegten Widersprüchen. Und zu erkennen "Genügt nicht" ist ebenfalls eine intellektuelle Leistung des Praktizierenden, will er sich nicht jede Woche erneut abwatschen lassen. Nix gegen "Intuition", halte auch viel davon. In meinem früheren Leben hieß es allerdings "1% Intuition, 99% Transpiration" - es gibt auch da keinen Gegensatz zu "Intellekt", Intuition ist selbst eine geistige Funktion, mit dem wir zu einem Ergebnis kommen, ohne in diesem Moment bewußt geschlußfolgert zu haben - oder besser ausgedrückt, es ist uns in diesem Moment einfach nur unmöglich zu sagen, welche geistigen Prozesse zu diesem Ergebnis geführt haben, das ist auch schon alles. Und ohne Prüfung in umfassender sinnlichen Praxis (wozu dann auch wieder der Intellekt gehört) ist dieses Ergebnis schlicht wertlos - auch deshalb, weil ja für die Aktualisierung, sprachliche Weitergabe Voraussetzung ist, und diese wieder zwingend Mitprodukt von Intellekt, sonst ist das nur völlig sinnentlehrtes Gelalle zwischen Stummen und Tauben.


    Zitat

    Übrigens muss dies nicht zwangsläufig im Rahmen der klassischen Koan-Praxis sein. Koan werden auch als Mittel des zenbuddhistischen Diskurses eingesetzt - geradezu virtuos vor allem von Dogen.


    Eben.
    Und was meint denn "klassischen Koan-Praxis"? Die der Rinzais? Kann ja wohl nicht sein. Schon die Koanpraxis im Seon ist vielfältiger, und auch die im Soto ist anders. Und da weiß ich einfach, wovon ich spreche. Koanpraxis ist kein isolierter Lehrplan den es abzuarbeiten gilt, sie ist Bestandteil des normalen Tagewerks. "Lösungen" werden nicht direkt abgefragt - ob jemand verstanden hat, ergibt sich nicht aus isolierten Worten oder Gesten, welcher Art auch immer, sondern ganz aus dem Praktischen - und zu diesem gehört wieder zwingend Denken und Kommunikation.

  • bel:

    Zitat

    Und da weiß ich einfach, wovon ich spreche.


    Zitat

    ... sie ist Bestandteil des normalen Tagewerks.


    Wie meinen ? Konkret. Beispiel. Bitte !




    ...wenn schon Kritik:

    Zitat

    Koanpraxis ist kein... / "Lösungen" werden nicht ... / ergibt sich nicht


    - weißt du dann aus Erfahrung, ja ? Hoffentlich.


    Zitat

    Und ohne Prüfung in umfassender sinnlichen Praxis (wozu dann auch wieder der Intellekt gehört) ist dieses Ergebnis schlicht wertlos - auch deshalb, weil ja für die Aktualisierung, sprachliche Weitergabe Voraussetzung ist, und diese wieder zwingend Mitprodukt von Intellekt, sonst ist das nur völlig sinnentlehrtes Gelalle zwischen Stummen und Tauben.


    hier du spekulierst nur. Das ist schade.



    ()

  • Stero:


    Hab das mal ... überflogen. Problematisch finde ich diese Koans mit Bezug zur buddhistischen Lehre, die Lehrinhalte quasi symbolisieren. Problematisch auch die ewiglangen Erklärungen dazu - an einer Stelle dachte ich: anstatt so lange ambivalent herumzulabern könnte er es konsistenter mit ein paar Prasangika-philosophischen Aussagen ausdrücken ;) .


    literarischer Anspruch: Das is bei Doktorarbeiten immer so n Ding... Ich find's als Anstoss ganz gut und um sich ne Uebersicht zu verschaffen oder n Anfang fuer ne Kategorisierung zu finden. Ich hab da andere Ansprueche.


    ..........................................................................................................


    Buddhistische Lehre: Ich hab auch mal versucht zu rekonstruieren wie dieses System sprachlich konkret aufgebaut ist und landete irgendwann ebenfalls thematisch bei den Rinzais und dem Lehrerbezug.


    Also dort:

    Zitat

    Weiterhin problematisch, dass das ganze in eine Überlieferungstradition eingebettet ist, was mMn notwendigerweise dazu führt, dass der Schüler was vorspielt. Habe auf Amzon gesehen, dass es sehr viele Bücher über Koans gibt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das die Spontaneität bei der "Lösung" fördert. ;)
    Mein Eindruck ist auch, dass es dabei auch um so "Psychospielchen" zwischen Schüler und Lehrer geht und sich die Koanübung als traditionelles Ritual etabliert hat.


    Mir fehlt da die Praxiserfahrung (zb. Rinzai), aber ich kann mir vorstellen, dass es aehnlich wie bei allen anderen Sachen ist, die man lernen kann, also zb Radfahren. Wenn ichs kann, dann gehts auch freihaendig, usw. Ich glaube, dass Zen im Ausland und "Zen" hier sehr verschieden sind, grade in Bezug auf Ritualisierung, was fuer mich das abgrenzen der rein sprachlichen und "paedagogischen" Technik schwierig machte.


    Was ich interessant fand war (ich glaube es war am Ende von Kapitel 4), dass er meint, dass es mal als eine Vereinfachung fuer manche Praktizierende gedacht war, anstatt Sutren zu lesen, was fuer mich ein bestimmtes Auswendiglernen der Bezugspunkte zum Koan impliziert. Manche sagen ja, dass das Denken selber paradox sei und das Koan eben auch und das passt halt iwie. Als wenn das alles waere. Ich halte das fuer romantisch und denke nicht, dass das stimmt.


    ...............................................................................................................


    Zitat

    Am besten von allen gefällt mir das Klatschen mit einer Hand. Sowas war es wohl am ehesten, was ich mit Koan assoziiere. Wobei ich glaube, dass der Autor das Koan nicht richtig formuliert, weil der Ausdruck "Klatschen mit beiden Händen", und der Ausdruck "Klatschen mit einer Hand" gegenseitig inklusiv sind. Es sollte wohl richtigerweise einfach lauten "Wie klingt das Klatschen einer Hand?" weil damit die Inklusivität der beiden Ausdrücke nicht suggeriert wird (was die einfachste aller Lösungen nahelegt) und der Laut des Klatschens tatsächlich einer Hand zugewiesen werden muss, was die schwierigste aller "Lösungen" erfordert.


    Ich bin ma auf deinen "sprachlichen Ausdruck" deines Fazits gespannt, wenn du mit dem Thema Koans durch bist. (Ironiefrei)

  • @ bel:


    PS: Es interessiert mich zu verstehen wovon du sprichst, wenn du sagst, dass Koanarbeit-Auflösung Bestandteil deines Tagwerks ist zu dem Denken und Kommunikation zwingend dazu gehört.

  • bel:

    Daß man etwas gänzlich ohne intellektuelle Operation tun könnte, halte ich für ein Ammenmärchen.


    Hmm ... ist mir jetzt nicht erinnerlich, wann und wo ich so etwas behauptet haben sollte. Mal davon abgesehen, dass ich z.B. Teetrinken oder auch Sitzen in Zazen mittlerweile "gänzlich ohne intellektuelle Operation" hinkriege. Okay, da hilft ein bißchen die Übung ... Jedenfalls - zusammen mit einem Lehrer an einem Koan zu arbeiten, geht sicherlich nicht ganz ohne intellektuelle Operation, da hast Du recht. Und wenn es nur darum geht,

    bel:

    zu erkennen "Genügt nicht"

    - klar, das

    bel:

    ist ebenfalls eine intellektuelle Leistung des Praktizierenden


    Was aber, wenn Du direkt mit dem Koan übst? Wenn Du an 'Mu' (mehr als unvermeidlich - wobei das Unvermeidliche durch Übung schrumpfen sollte) mit intellektuellen Operationen herumdoktorst oder gar hoffst, Du könntest mit einer intellektuellen Operation durch 'Mu' hindurchgehen, dann machst Du etwas grundsätzlich falsch. Was für Hakuins sekishu natürlich gleichermaßen gilt, was Steros Einlassungen dazu mit einer kräftigen Prise unfreiwilliger Komik würzt. Wobei es naturgemäß gar nicht so einfach ist, das Ungenügen des Intellekts zu akzeptieren - die "Vermutung", der Intellekt könne ein Koan öffnen (ich schreibe bewusst nicht: einen Zugang zu einem Koan eröffnen) ist ebenso grundlos wie die hier von Dir angeführte:

    bel:

    Diese Vermutung basiert nämlich auf der irrigen Annahme, daß die intellektuelle Funktion vom Rest der Körper-Geist-Funktionen isolierbar wäre.


    Richtig. Es hat seinen Grund, dass ich so gerne auf Dogens Rat verweise, den Spuren, die die Buddhas hinterlassen haben, mit ganzem Geist und Körper zu folgen. Zweifellos umfasst "ganzer Geist und Körper" auch intellektuelle Funktionen - sonst gäbe es Dogens Essays nicht und schon gar keine Yulu- bzw. Koan-Literatur.


    Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass ein Koan auf eine bestimmte Erfahrung verweist, die sich zwar nicht sprachlichem Ausdruck entzieht, aber doch intellektueller Erfassung. Ich führe da gerne das Orangenbeispiel an. Du kannst den Anbau von Orangen studieren, kannst das Wachstum von Orangen von der Blüte bis zur Frucht intensiv beobachten und dokumentieren, kannst chemische Analysen der Bestandteile von Orangen anfertigen (oder anfertigen lassen) und Verkostungsberichte von Leuten lesen, die die gustatorischen Unterschiede von Orangen aus Spanien zu denen aus Israel, Südafrika und Brasilien erkunden und beschreiben. Jede Menge intellektuelle Operationen. Aber wenn Du wissen willst, wie eine Orange schmeckt, wirst Du schon selbst eine essen müssen - und 'Orangen essen' würde ich jetzt nicht gerade unter 'intellektuelle Operation' subsumieren. Den Geschmack einer Orange zu erfahren ist eben etwas Anderes, als eine quadratische Gleichung zu lösen.

    bel:
    Stero:

    Interaktion zwischen Intellekt und dem sprachlichem Ausdruck des Koans

    Sudhana:

    besteht allenfalls darin, den Intellekt in dieser Interaktion (notfalls mit Hilfe der angesprochenen Zurückweisung durch den Lehrer) an seinen Grenzen bzw. seiner inneren Widersprüchlichkeit nachhaltig scheitern zu lassen, um einem nichtintellektuellen, intuitiven Erfassen des Koan Raum zu geben.


    bestenfalls gilt das für sehr oberflächlichliches Denken, das scheitert natürlich an den im Koan angelegten Widersprüchen.


    Sind diese Widersprüche tatsächlich im Koan angelegt oder nicht doch eher im Denken - sei es nun oberflächlich oder nicht? Btw - es ist eher das tiefe als das oberflächliche Denken, das früher oder später auf die Aporien der Vernunft stößt ...


    Der Punkt, um den es eigentlich geht, ist die Ineffabilität der Erfahrung, deren sprachlicher Ausdruck (für dessen Formulierung es gewiss des Intellekts bedarf) das Koan ist. Und da ist es wichtig, zu verstehen, dass ein Koan kein 'Rätsel' ist, kein 'Frage-und-Antwortspiel'. Ich zitiere mal einen Hinweis von Wittgenstein (Wittgenstein als jemand, dessen sprachphilosophischer Ansatz einen großen Deckungsbereich mit Nagarjunas Dekonstruktivismus aufweist, liegt halt bei einem Fragesteller, der sich gerne als Prasangika geriert, nahe), warum dem so ist:

    Ludwig Wittgenstein:


    6.5 Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die Frage nicht aussprechen. Das Rätsel gibt es nicht. Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so kann sie auch beantwortet werden.


    Nun kann man zwar 'Mu' zweifellos aussprechen - aber ist dieses Aussprechen denn auch eine Antwort? Falls nicht - ist "hat ein Hund Buddhanatur?" eine Frage? Natürlich kann man das als Frage auffassen - aber tut das Joshu? Falls nicht - warum nicht? Und welche Funktion hat dann 'Mu' - falls es überhaupt eine Funktion hat? Ist 'Mu' eine "intellektuelle Operation"?


    Auf die Frage "warum nicht?" hat Wittgenstein ebenfalls eine mögliche Antwort - aber wenn schon ich die letzten Sätze des 'Tractatus' zitiere, dann beginne ich mit einem Satz speziell für unseren Hobby-Skeptizisten und Selfmade-Prasangika (der zukünftig zweifellos auch Wittgenstein als 'Esoteriker' denunzieren wird):


    Nun - Schweigen ist bekanntlich eine gute Alternative zur Koan-Arbeit ...

    bel:

    Und was meint denn "klassischen Koan-Praxis"?


    Das meint schlicht die Übung mit den klassischen Sammlungen - Mumonkan, Hekiganroku, Shoyoroku - die zwar stilisierter, aber doch sehr unmittelbarer Ausdruck dessen sind, was Zen tradiert. kenshō jōbutsu.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Sudhana:
    bel:

    Daß man etwas gänzlich ohne intellektuelle Operation tun könnte, halte ich für ein Ammenmärchen.


    Hmm ... ist mir jetzt nicht erinnerlich, wann und wo ich so etwas behauptet haben sollte.


    Habe ich nicht unterstellt.


    Zitat

    Was aber, wenn Du direkt mit dem Koan übst? Wenn Du an 'Mu' (mehr als unvermeidlich - wobei das Unvermeidliche durch Übung schrumpfen sollte) mit intellektuellen Operationen herumdoktorst oder gar hoffst, Du könntest mit einer intellektuellen Operation durch 'Mu' hindurchgehen, dann machst Du etwas grundsätzlich falsch.


    Was sind denn "intellektuelle Operationen"? Und was ist "Hindurchgehen" - Für mich, jetzt mal ins Unreine, ist letzteres ein Erkennen, daß sich dann in jedem weiteren Handeln - und damit auch Denken - manifestiert. Für "Intellektuelle Operationen" setze ich jetzt mal provisorisch "Denken", behelfsweise Wiki:


    Zitat

    Unter Denken werden alle Vorgänge zusammengefasst, die aus einer inneren Beschäftigung mit Vorstellungen, Erinnerungen und Begriffen eine Erkenntnis zu formen versuchen. Bewusst werden dabei meist nur die Endprodukte des Denkens, nicht die Denkprozesse, die sie hervorbringen.


    Nun ja, also ich kenn das schon so, daß beim richtigen Denken auch die Denkprozesse und nicht zuletzt auch die Grenzen des Denkens deutlich werden sollten, technisch nicht nur was die Regeln des Denkens betrifft, sondern auch die der Regeln betreffend, wie man gegen die Regeln besser denkt - und natürlich prinzipiell - nämlich daß das Tun das Denken übersteigt.
    Daß aber die Intuition das Denken übersteigt oder umgedreht ist für mich Ausdruck von Denk-Schwäche - und Praxis-Schwäche.


    Zitat

    Den Geschmack einer Orange zu erfahren ist eben etwas Anderes, als eine quadratische Gleichung zu lösen.


    Wüßte nicht - das liegt nur an deinem unpassenden Beispiel. Ich erlebe es immer wieder, daß mich große runde Augen anstaunen, wenn es dem zugehörigen Gehirn gelungen war, nicht nur blöd die pq-Formel, womöglich noch falsch, abzuschreiben, sondern selbständig die quadratische Ergänzung bilden konnte - und nun tatsächlich zu wissen, wozu das taugt.
    Das Studium des Orangenbaus ist auch nicht dazu gut, den Geschmack einer Orange zu ersetzen, sondern sollte darin münden, vom Geschmack des Bodens einer Brachfläche, über das Wissen und Anwendung geeigneter Anbaumethoden, richtig auf den Geschmack der zukünftigen Orangen zu schließen. Was sich dann in der Praxis als zutreffend erweist.


    Zitat

    Sind diese Widersprüche tatsächlich im Koan angelegt oder nicht doch eher im Denken - sei es nun oberflächlich oder nicht?


    Es gibt Koans wo der Widerspruch ganz offensichtlich komponiert wurde, und eben auch solche, wo das weniger offensichtlich ist.


    Zitat

    Btw - es ist eher das tiefe als das oberflächliche Denken, das früher oder später auf die Aporien der Vernunft stößt ...


    Ja, natürlich. Und das ist eine intellektuelle Leistung.


    Zitat

    Der Punkt, um den es eigentlich geht, ist die Ineffabilität der Erfahrung, deren sprachlicher Ausdruck (für dessen Formulierung es gewiss des Intellekts bedarf) das Koan ist.


    Mir dieses Argument einfach zu scholastisch. Erfahrung ist auch durch nichtsprachlichen Ausdruck nicht mitteilbar. Man kann Erfahrungen in einem gewissen Umfang (tätig) teilen, aber auch nicht vollständig. Wie man sich dann über tatsächlich geteilte Erfahrungen austauscht ob sprachlich oder nichtsprachlich, ist schlicht unwichtig. Beides geht.


    Zitat

    kenshō jōbutsu.


    Deine Mutter!