Meister Eckhart und der Zen Buddhismus

  • Sehr schöner Lesestoff zum Thema, der sich nicht nur um Gleichmacherei bemüht, sondern (wie immer bei ihm) ziemlich exakt ist, findet man in "Byung-Chul Han - Philosophie des Zen-Buddhismus". Kosten so um die 4 Euronen. Und wie so vieles von Herrn Han sehr lohnend.


    Sicher gibt es bei einem Blick auf christlicher Mystik, Zen und Daoismus verbindende Elemente. Aber Gott ist eben nicht Buddhanatur und auch nicht Dao. So ist ein Blick auf beides geboten: Gemeinsamkeiten und Unterschiede.


    Christliche Mystik bleibt letztlich immer noch einer Transzendenz verhaftet, Zen (und im noch stärkeren Maße Daoismus) verweisen aus meiner Sicht dagegen immer auf die Immanenz, eben nicht auf Gott, Bei Meister Eckhardt soll immer noch Gott erstrahlen. Im Daoismus dagegen (und zum Teil auch im Zen?) ist da nur noch der Fluss des Seins, der Welt. Han zietiert da Issa (gut, der ist weder Christ noch Zennie, sondern Amida-Buddhist) und Basho:


    "Ein Mensch
    und eine Fliege
    im Raum."
    Issa


    "Nichts als Flöhe und Läuse -
    und nah an meinem Kopfkissen
    pisst dann auch noch ein Pferd."
    Basho


    Was übrigbleibt ist da IMHO nach tiefste Einfachheit, tiefste Alltäglichkeit, nicht das Strahlen Gottes.
    Aber gute Idee. Werd mir das Buch mal wieder zur Hand nehmen. Hab jetzt meist mehr in seinem "Abwesen" gelesen.
    Meister Eckhardt scheint mir immer noch die Heiligkeit Gottes zu betonen, ich seh in der Nicht-Heiligkeit der offenen Weite aber schon eine ganz andere Betonung. Aber man könnte ihr noch beiden etwas gesitiges abgewinnen. Im Dao geht aber auch das noch flöten. :lol:

    Ich bin nicht im Heiligen Geschäft. Ich sing mein eigenes Lied.
    U.G.

  • Zitat

    Joshu fragt: „Was ist der Weg?“ Der Weg, damit meint er das Tao, also den Weg, den das ganze Universum nimmt und dem alle Dinge folgen. Christlich übersetzt hieße die Frage: Was ist Gott? Wie kann ich Gott entsprechend leben? Wie kann ich Gottes Willen tun?
    Und der Meister antwortet: Der alltägliche Geist ist der Weg. Alles folgt dem Weg, nichts geschieht ohne den Willen Gottes. Und noch einmal fragt Joshu: »Soll ich mich selbst auf den WEG ausrichten oder nicht?« Soll ich versuchen den Willen Gottes zu erfüllen? Und Nansen sagte: »Wenn du versuchst, dich dem WEG zuzuwenden, wendest du dich von ihm ab.«


    Der Pfarrer versucht ja gerade die Begriffe wie das Tao in unsere kulturelle Sprache zu übersetzen. Dass sich viele an dem Begriff Gott stören sehe ich eher als geschichtlich begründet, da wir mit Gott vor allem Kirche und damit auch viel Leid und Unterdrückung assozieren. Ich finde die Worte von Meister Eckhart eine Perle die auch jeder westliche Buddhist studieren sollte.

  • Naja, im "Osten" ist Eckhart als Zennie anerkannt :)

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • Ich (und ja auch Byung-Chul Hanh) weisen ja nur auf die Punkte hin, wo das nicht mehr hinhaut.
    Ich hab nichts gegen ein Studium von Meister Eckhardt. Aber gerade, wenn man ihn intensiv leist, sieht man die Unterschiede klar. (Und hier wurden ja nur ein paar dem zen ähnliche Zitate ausgewählt. Man kann aber auch ganz andere Predigten finden. Auch die Zitate aus dem Daodejing waren ja schon sehr zurechtgebogen).
    Der Unterschiede sind also nicht in der geschichtlichen Vorbeladenheit des Begriffes Gott, sondern eher in dessen Inhalt begründet.


    Dao ist eben kein höchstes Wesen. Es ist kein Wesen. Es tut nichts. Es ist auch nicht unveränderlich oder allmächtig oder allwissend. Es ist kein Schöpfer. Sondern die fließende, verändernde, unwissende Qualität des Seins.
    Und es gibt keinen Willen des Dao (und eigentlich auch kein ich, das dem entsprechen könnte).
    Dao ist auch nicht auf ein Ziel ausgerichtet, sondern zyklisch. Und eben keine Transzendenz. Auch kein Gegenüber.


    Inwieweit aber Joshu mit Weg Dao meint, oder eher Dharma, sollen die zennies rauskriegen. (Dharma wurde in der Anfangszeit des Buddhismus in China mit Dao übersetzt).
    Aber auch Dharma ist nicht Gott.


    Ich habe den Eindruck, das man mit einer Gleichsetzung weder dem Christentum, noch dem Buddhismus noch dem Daoismus einen Gefallen tut. Sicher kann man für einen Dialog ein paar Anknüpfungspunkte finden.
    Dialog meint aber nicht, den anderen in seiner Andersartigkeit zu nivellieren. Gerade aus christlicher Sicht hat man sich schon darüber beschwert, das Meister Eckhart so für fast jede Ideologie herhalten muss, egal ob Romantik, Esoterik, Buddhismus, Faschismus. Aber sicher gibt es auch die gegenteiligen Tendenzen - man versucht mit einem: Die anderen sagen im prinzip das selbe, den eigenen Glauben aufzupeppen. Die Zweifel erträglicher zu machen.

    Ich bin nicht im Heiligen Geschäft. Ich sing mein eigenes Lied.
    U.G.

  • Man sollte schon ein wenig zwischen der Zen,-der Dao,- und der christlichen ( mystischen) Sprache flüssig queerlesen und hin und her übersetzen können um da die Berührungspunkte, die schon sehr breit gestreut sind, für sich verständlich ausfindig zu machen. Dazu empfehlen sich da eher die Traktate, z.b. hier :http://www.zeno.org/Philosophi…n,+Traktate,+Spr%C3%BCche


    Zitat

    Du hast freilich in einem abgezogenen Bild die Wahrheit wie in einem Gleichnis gesehen, es war aber nicht das beste. Zum zweiten sollst du reines Herzens sein, und das Herz ist allein rein, das alle Erschaffenheit vernichtet hat. Zum dritten sollst du das Nichts los sein.

    7. Vom innersten Grunde


    Jetzt die passenden Patriarchen,- und Daoistensätze rauszusuchen ist mir für ein Forum zu aufwändig. Liegt aber auf der Hand, finde ich . Dasselbe gilt für die Sufi-Mystik.


    Natürlich war Eckhart immer noch ein Christ ( warum auch nicht ? ), aber er hing an gar keinem Bild ( keiner Vorstellung des Selbst, der Seele und keinem eines höheren Wesens mehr ) - und das ist schon erstaunlich, zumal häretisch , und er hat seine Sichtweise, seine Seinsweise ganz offenkundig gemacht und sich nicht um die Folgen gescheert. Das war im Frühmittelalter noch möglich, später nicht mehr. Auch die Sufi-Geschichten ( Belehrungen ) stammen aus dieser Zeit und der vorher.

    Honen Shonin: "Weil es den Übenden in der heutigen Zeit aber gut geht, finden sie Einschränkungen schwer."

  • Guter Text, danke°°°!

    Das Tao ist nicht auf die Vereinigung mit den Menschen bedacht;
    wenn die Menschen auf nichts bedacht sind, vereinigen sie sich mit dem Tao.
    Yuanwu Keqin (1063 - 1135)