Teisho zum Mitgefühl

  • Teisho: Die Wichtigkeit des Mitgefühls, Yuno Roland Rech


    Zitat

    Das Mitgefühl ist in unserer Praxis absolut grundlegend. Ohne diesen Geist des Mitgefühls und des Wohlwollens kann unsere Meditationspraxis gar gefährlich werden indem sie unsere letztlich ichbezogene Kraft zunehmen lässt und den Sinn der Praxis pervertiert. In den Kampfkünsten zum Beispiel meditiert man, um stärker zu werden, sich besser zu konzentrieren und seine Gegner wirksamer anzugreifen. Dies ein extremes Beispiel, doch gibt es Leute, die dafür Zazen üben. Und ab und zu sieht man sogar in unserer Sangha Zazenpraktizierende, die die Praxis abhärtet. Irgendetwas stimmt da nicht.
    Daneben gibt es auch jene, die durchaus bereit sind, während Zazen ihre Anhaftungen loszulassen, im Alltag aber gar nicht mehr dazu bereit sind. Zazen ist also eine Auszeit : « Einverstanden, aber nachher nicht. »Als erstes möchte ich Meister Nyojô zitieren, Dôgens Meister. Er spricht von Anhängern des Buddhismus, die in Meditation sitzen, Zazen üben und deren Mitgefühl schwach ist : « Sie haben nicht dieses tiefe Verstehen, das in die wahre Eigenschaft aller Dinge eindringt. Sie vervollkommnen nur sich selbst, und so brechen sie sie die Buddhalinie. Ihr Zazen ist also nicht das wahre Zazen von Buddha. »
    Er beharrt auf diesem Punkt : « Was ich meine ist, dass die Buddhas und die Patriarchen, von ihren ersten Inspirationen an in Zazen sitzen und geloben, alle Eigenschaften des Erwachens und gar des Buddhazustandes zusammenzubringen, doch vergessen sie nie in ihrem Zazen die fühlenden Wesen. » Das heisst, sie haben immer liebende Gedanken und Mitgefühl für alle Wesen.
    Es ist nicht etwa so dass man, bloss weil man Zazen praktiziert, von Natur her sehr mitfühlend ist. Es gibt, in unserem Karma, in unserem Dasein, alle möglichen Hindernisse vor dem Ausdruck dieses Mitgefühl. Aber wenn man dieses Mitgefühlsgelübde ablegt und dies als Kriterium der rechten Praxis betrachtet, dann kann man sich wenigstens selbst beobachten und erkennen welche innerlichen Hindernisse uns davon abhalten, dieses Mitgefühl zum Ausdruck zu bringen. Sobald sich ein Hindernis zeigt und wir uns als nicht sehr mitfühlend wahrnehmen, können wir uns fragen warum. Es ist wie ein Koan, der uns zeigt, dass wir da etwas genauer hinschauen sollten.


    http://www.zen-azi.org/de/node/1519

  • Danke sehr für diesen aufschlussreichen Text. Als praktizierender von Kampfkünsten möchte ich aber noch anmerken, dass die wahre Kampfkunst nicht allein zum Angreifen gedacht ist und auch nicht allein zum Verteidigen. Kampfkunst ist eine Bewegungsmeditation, die dafür geeignet ist, zerstörerische Phänomene - also geistige genauso wie emotionale und körperliche - zu transformieren, egal, ob sie aus meinem Ego oder dem eines anderen kommen.

  • es wird hier lediglich angesprochen wie essentiell mitgefühl für die praxis ist. und zwar in der art von metta - ein harmonischer geistzustand von mitgefühl, mitfreude, gleichmut und güte. da klarheit metta hervorbringt und metta klarheit - über die stillung - versteht es sich von selbst, dass was wir tun oder unterlassen in verbindung mit prajna steht. deshimaru sagt, daß weisheit in freude eingebettet sein muss und er meint eben dieselbe "ebene" wie metta. man kann ja mitgefühl und wohlwollen fördern durch meditation und rezitation und die gelübde ausrichtung. es ist ein natürliches zusammenspiel und dann weiß man intuitiv was zu tun und was zu unterlassen ist. aber das muss man halt erst mal erfahren, dann versteht man es und macht sich nicht mehr so einen diskursiven, kritischen kopp bzgl. für und wider von tun und nicht-tun und wie und wie nicht. das heißt nicht, daß man da auch nicht wieder rausfliegen kann aus dieser verfassung, aber je öfter man rausfliegt desto eher weiß man warum. es ist eben ein hin und her je nach reife,-und erfahrungsgrad. oder: qualität.
    der zitierte chan-meister, der lehrer dógens, meint, daß "hinayana" die peilrichtung bodhisattva fehlt, also die selbsterlösung im vordergrund steht. und das ist eben im mahayana nicht so. die übung gilt hier nicht nur der selbsterlösung und wird auch nicht in diesem sinne angewandt - und das ist sehr wichtig. denn auch zen-buddhisten können der haltung anhaften allein für das eigene wohl zu praktizieren und um jeden preis satorie zu erlangen. um etwas zu sein, etwas zu werden, etwas zu haben. aber wenn sie nicht aufwachen um zu helfen, dann bleibt dies ein erschütterbares aufwachen.jedenfalls ist das so meine derzeitige `meinung` und sie hängt eng mit meiner schule zusammen.


    viele grüße
    jikjisa

  • Zitat

    um etwas zu sein, etwas zu werden, etwas zu haben. aber wenn sie nicht aufwachen um zu helfen, dann bleibt dies ein erschütterbares aufwachen.jedenfalls ist das so meine derzeitige `meinung` und sie hängt eng mit meiner schule zusammen.


    ach, nein, klingt zu dogmatisch. aufwachen um zu helfen ist schon richtig. das andere weiß ich auch nicht. woher auch ? ich denke, so ist die aussage von meiner schule. ob es so ist, obe s ein erschütterbares aufwachen bleibt, weiß ich nicht.


    ich finde seine teisho gut; ich mag klare, schlichte und irgendwie diese...feinfühlige sprache...- zärtlich klingt vielleicht ein bischen komisch, aber das ist das wort das mir dann oft auftaucht. deshimaru schrieb auch so, nur noch spiritueller, samadhi-mäßiger; ich glaube, daß diese art sich zu äußern, also das sanftmütige, natürliche, ein sinnendes gedenken für alle fühlenden Wesen intus hat, mehr weitblick.
    halt herzgeist.

  • Frank:


    Zitat

    Eher das Erklären der Sinnhaftigkeit des Einfühlens in andere über den Verstand kann hier für einen Geistesmenschen ein Weg zu Mitgefühl sein.


    ein gutes teisho zeichnet sich nicht durch das darlegen persönlicher ansichten und meinungen aus, ebenso nicht durch langatmige,
    überzeugen wollende erklärungen. es berührt. es weckt auf. den herzgeist. ein verstandesmensch möchte unbedingt am verstehen klammern, es ist seine "sicherheit". eine trügerische sicherheit. darum ist er rastlos. seine fragen gehen ihm nie aus und die antworten sind stets unbefriedigend. lass alle gedanken fahren und metta steigt auf. und weisheit. du fühlst dich im sótó "zuhause" ? es ist wohl aber nicht das AZI- sótó ? ich nehme an eventuell aus dem wunsch nach freiheit ( toleriert auch nicht gern ein med-objekt ;) ) siehst du, das ist die intuition. die intuition weiß schon. sie weiß, daß der verstand wegträgt und "stresst". intuitiv wünschen wir uns heilung, ruhe, klarheit. die stimme ist nur sehr leise oft. weil all die begriffe sie verschütten. "aber ich bin sicher, daß du das alles noch selbst herausfinden wirst" ( JK Zenji ) *schmunzel*


    es ehrt mich ja, daß du mit mir über dieses teisho und überhaupt über irgendwas diskutieren möchtest, aber ich bin da nicht die richtige kanditatin für. akshobya kommt gerade zu besuch.ich muss noch tee machen. :|

  • Deine Offenheit zeugt überhaupt nicht von Oberflächlichkeit
    und Smileys sehen alle lächerlich aus. :)


    Ich seh das so: Im Zen ist der Wunsch nach Freiheit eine ganz wesentliche Sache.
    Aber wir sind nicht frei von Ego, sonst würden wir diesem Wunsch blind folgen und sofort erwachen.
    Womöglich treibt uns also eher noch ein Wunsch nach Unabhängigkeit an.
    Die Frage wäre dann: wovon möchten wir unabhängig sein ? Auf jeden Fall ist das ein Impuls zum Fortgehen.
    Aber wohin ? Und fort wovon ?


    Frohe Weihnachten !

  • Frank:

    Zitat

    Und für bestimmte Charaktere ist die Angst


    Genau. Was ist Angst ?


    Selbthingabe scheint für dich mit einer Art Masochismus verbunden zu sein.
    Wie kommst du darauf ?


    Sprich das Sangemon. Es ist nicht nötig darüber nachzudenken.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Buddhistisches_Reuebekenntnis


    Wir sind unwissend. Übende.

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Jikjisa:

    Frank:

    Zitat

    Und für bestimmte Charaktere ist die Angst


    Genau. Was ist Angst ?


    Angst ist der Gegenpart zur Liebe. Hass (Ablehnung) und Gier (Aneignung) ergeben sich aus der Angst vor dem was ist oder dem was sein könnte. Sie kann bewusst oder unbewusst daran hindern ein guter Mensch oder gar ein Buddha zu werden.


    Liebe erduldet hingegen alles.

  • Ja, man könnte sagen, daß dort vermehrt Angst entsteht, wo zu wenig Liebe ist. Das ist richtig.
    Im buddhistischen Kontext würde man von - liebender Güte - sprechen.

  • Deshalb wurde auch Jesus nie müde zu betonen "Fürchtet euch nicht". Er wollte damit, sagen wir sollten die Wurzel Angst, des Baumes der Früchte der Gier und des Hasses, zwei Seiten einer Frucht trägt ausreißen, der Buddha würde sagen ihn nicht weiter wässern.


    Angst und damit einhergehend Gier und Hass sind wie Schuppen einer Krankheit, die Abfallen sollen.

  • Jikjisa:

    Ja, man könnte sagen, daß dort vermehrt Angst entsteht, wo zu wenig Liebe ist. Das ist richtig.


    Ganz genau, liebe Jikjisa.


    Der Buddha empfahl um die Angst zu überwinden des Nachts auf den Friedhof zu gehen. Dann würde das Rascheln der Blätter zu einem Rascheln von Blättern...

  • Natürlich, Heimatlosigkeit ist die Ursache der samsarischen Wanderung.

  • gbg.

    Zitat

    Deshalb wurde auch Jesus nie müde zu betonen "Fürchtet euch nicht". Er wollte damit, sagen wir sollten die Wurzel Angst, des Baumes der Früchte der Gier und des Hasses, zwei Seiten einer Frucht trägt ausreißen, der Buddha würde sagen ihn nicht weiter wässern.


    Angst und damit einhergehend Gier und Hass sind wie Schuppen einer Krankheit, die Abfallen sollen.


    Das ist nicht richtig. Das `Gegenmittel` bezüglich Angst ist Vertrauen.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Jikjisa:

    Natürlich, Heimatlosigkeit ist die Ursache der samsarischen Wanderung.


    Und die Heimat deutet der Autor vom mittleren Stufenweg an sei die Leere (nicht konventionell als Leere sondern als Fülle verstanden) an der wir alle Anteil haben.


    Jesus sprach von dem Zuhause wo Gott viele Zimmer eingerichtet habe.


    Zumindest eine Analogie, die sich hier zeigt...


  • Stimmt.


    Vertrauen trägt. Es ist das nicht schielen auf Gott als einen verdinglichten, der so nur ein Gott unter Göttern wäre.


    Vertrauen ist auch das Band, das Liebende verbindet. Angst zerstört dieses Band, trennt damit die Liebenden. Als letztes fällt die Hoffnung, die jedoch aufrechterhalten das Band neu schmieden kann.

  • gbg:

    Zitat

    Und die Heimat deutet der Autor vom mittleren Stufenweg an sei die Leere


    Die Heimat ist Nibbana. Nicht Leehrheit, nicht Fülle.


    Es heißt:

    Zitat

    Gate, Gate Paragate Parasamgate Bodhi Svaha.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • gbg:

    Zitat

    Als letztes fällt die Hoffnung,


    Als letztes fällt nicht die Hoffnung, sondern die Würde.


    Ansonsten ist es der Dünkel, die letzte Fessel.


    Hat beides miteinander zu tun ? Nein.



    Gute nacht, gbg !

  • Jikjisa:

    Die Heimat ist Nibbana. Nicht Leehrheit, nicht Fülle.


    Es heißt:

    Zitat

    Gate, Gate Paragate Parasamgate Bodhi Svaha.


    Leerheit, die "leer" ist weil sie als antidualistisch als etwas das dem Verstand nur noch in seinem "das es ist" aber nicht mehr in seinem "wie es ist" zugänglich ist. Kant würde von der letzten Grenze, die die Vernunft zu überschreiten suchend in einer Nebelbank landet sprechen. Ich bin da zuversichtlicher -vertrauend- dass es Fülle ist, eben die Fülle von der die Mhayanins sagen es sei "Leerheit" an der wir alle Anteil haben, eine Leerheit, die in allen Gefäßen die gleiche ist und die die Theravadins nur als "leer" kennen.


  • Gute Nacht, Jikjisa. :)


  • Um nicht würdelos zu sterben ist es nicht wichtig nicht gestorben zu sein, sondern man muss bis zuletzt gekämpft haben, die Hoffnug nicht aufgebend, gekämpft für Verständigung...


    Träum was Schönes, Jikjisa. Im traumlosen Schlaf hat jedes Kämpfen ein Ende. Und man erwacht am nächsten Morgen gestärkt.

  • Das seh ich auch so.


    Nur, ich glaube, du hast weiter oben nicht von der "Höhle des Dämons im schwarzen Berg" ( glaube den Ausdruck benutzte Gensho )
    gesprochen, sondern von einer Art Selbstaufgabe, die dich runterzieht.


    Deswegen interessiert mich: was ist Angst ?


    Und glaubst du, daß " positive Erfahrung " rein von außen her kommen müssen um Angst zu reduzieren ?

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Frank1:

    Jeder hat immer Angst. Es ist einem nur nicht bewusst.


    Jeder hat nicht immer Angst. Es wird nur allgemein nicht bewusst wahrgenommen & ist selten nicht vorhanden.


    Frank1:

    Es entspricht dem Spannungszustand=Tonus des Körpers.


    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Nicht alle können mit emotionaler & geistiger Offenheit gut umgehen, sie riechen den Weicheifaktor und kriegen Angst,
    vielleicht weil man ihnen was bestimmtes eingetrichtert hat.

  • Hallo Frank.
    Lieb, daß du so ausführlich schreibst. Ich schreibe auch gern.


    Frank1:

    des eigenen Buddha-Kerns immer wieder mit Dreck beworfen


    Das geht ja garnicht. Der ist unberührbar. Ungeboren.


    Frank1:

    D.h. aber nicht das das Reinigen nicht selbst schon ein Gewinn ist, aber es zieht in den Dreck runter und demotiviert.


    Demotivieren versteh ich nicht. Und auch nicht, daß das Polieren vom Staub der Welt im Dreck endet.
    Es sei denn wir halten es wie Baso, aber der hat sich ja auch besonnen.


    Frank1:

    Angst ist immer Angst ein Bedürfnis nicht zu bekommen:


    Das stimmt. Ringu Tulku sagt: " Unsicherheit und Furcht und all unsere Ängste entstehen aus dem Gefühl, etwas schützen zu müssen,
    etwas, das geschädigt oder verloren werden kann, das unerfüllt ist "


    Ich glaube, ich habe meine Frage aber nicht genau genug formuliert für dich: Was ist Angst ? Ein Gedanke ?


    Frank1:

    wenn man den Weg des Philosophen, des Denkers, des Verstandes- oder Geistmenschen, egal wie man es nennt, geht, muss man erst durch eine Hölle gehen.


    Ich glaube, alle Menschen müssen in dieser Hölle im schwarzen Berg sitzen.


    Frank1:

    in dem Buch "die 3 Pfeiler des Zen".


    Eines meiner Lieblingsbücher :)


    Liebe Grüße
    Jikjisa