Geist-Sitzen

  • Die Praxis des Geist-Sitzens


    Eines Tages kam ein Schüler zu Zen-Meister Nam-Ak Huai-Yang.
    Er war groß, hatte leuchtende Augen und bat darum, unter der Anleitung des Meisters praktizieren zu dürfen. Huai-Yang gestattete es ihm und der junge Mönch zog sich daraufhin in eine Hütte zurück, wo er Tag und Nacht unaufhörlich praktizierte.


    Zen-Meister Huai-Yang wollte sich vergewissern, von welcher Art die Praxis des Schülers sei. So begab er sich eines Nachmittags zu dessen Hütte, wo er ihn sitzend vorfand.
    Da rief er: "Schüler! Wozu sitzt du Tag und Nacht?"
    Dieser erwiderte: "Um Buddha zu werden!"


    Da holte der Zen-Meister einen Stein und einen Dachziegel, ließ sich damit neben der Hütte nieder und rieb beide aneinander.
    Als der Lärm unerträglich geworden war, rief der Schüler:
    "Zen-Meister! Wozu scheuert Ihr immerzu mit dem Stein an dem Dachziegel?"
    Und Huai-Yang antwortete: "Ich will einen hellen Spiegel machen!".


    Da lachte der Schüler: "Aber das ist doch unmöglich! Wie wollt Ihr denn so einen Spiegel machen?"
    Nam-Ak Huai-Yang fuhr den Schüler an: "Und wie willst du nur durch Sitzen ein Buddha werden?"


    Der Schüler, der eine hohe geistliche Begabung hatte, bemerkte sofort, dass die Schelte des Zen-Meisters nur ein Hilfsmittel war, um ihn zu erleuchten. Er stand auf, warf sich vor Huai-Yang nieder und sagte: "Bitte belehren Sie mich über den Fehler in meiner Praxis!"


    Nam-Ak Huai-Yang sagte: "Wenn ein Pferd den Karren nicht ziehen will, gibst du dem Pferd die Peitsche oder dem Karren?"
    Der Schüler erwiderte: "Wer wäre wohl so närrisch, da den Karren zu peitschen?"


    Daraufhin erklärte der Meister: "Genau so ist es. Der Karren steht für deinen Körper, das Pferd für deinen Geist. Wenn du ein Buddha werden willst, solltest du dich bemühen, deinen Geist zu kultivieren."


    Der Schüler gelobte, dies von nun an zu tun. Später erlangte er große Erleuchtung und wurde als achter Patriarch Ma-Jo Do-Il weithin bekannt.


    Ehrw. Zen-Meisters Y. S. Seong Do sagte:
    Langes Sitzen ist eine gute Sache. Doch du solltest dich nicht bemühen, mit deinem Körper besonders bequem oder ruhig zu sitzen, sondern, einen unbewegten Geist zu erlangen.
    Übe immerzu, durch das Halten des Koans deinen Geist zu sehen und ihn so zu kontrollieren.
    Dies ist wahre Praxis.

    Dies ist die Praxis des Geist-Sitzens.


    http://www.international-zen-t…e/deu/gongan/anecdota.htm

  • Diese Geschichte erinnert mich stark an Dogens Zazanshin:



    http://antaiji.dogen-zen.de/deu/zsh.shtml

  • Hallo zusammen und ein herzliches Gassho,


    dies ist mein erster Beitrag hier in diesem Forum.


    Zum Thema Geist-Sitzen möchte ich nur das Eine sagen:


    Die ersten Jahre habe ich eine Menge Dachziegel kaputt gescheuert.. :D



    Liebe Grüße an alle hier.


    _()_ Taijun

    Wie kann wohl unter diesen Umständen die Übung der Achtsamkeit betätigt werden ?
    Stelle Dir fortwährend diese Frage !

  • Nur wenn eure Gedanken nicht mehr bei irgendetwas verweilen, was immer es auch sein mag, werdet ihr den wahren Weg des Zen begreifen.
    Huang-Po


    Also hör auf, Dachziegel zu scheuern, denn das bedeutet konzentriertes oder fokussiertes Handeln/Denken.
    Sei einfach der Dachziegel, der gescheuert wird. ( Von wem wohl ? )
    Aber zerbrösel ihn nicht, denn dann regnet es durch.


    Sitzen in der Stille.
    Reite den Drachen.
    Und wenn es die Welt selber ist.
    Schwingen rauschen.


    Wo bin ich ? Wo ist das Du ?
    Nichts ist. Kein Ich .. kein Du.



  • Bei Gedanken nicht verweilen heißt nicht an ihnen zu "haften".
    Im "Zen sein" bedeutet, dass dies ganz von alleine geschieht.
    Ist der "Durchbruch" dahin geschafft, hört das Ziegel polieren auf, als sei es nie geschehen.


    _()_ Taijun

    Wie kann wohl unter diesen Umständen die Übung der Achtsamkeit betätigt werden ?
    Stelle Dir fortwährend diese Frage !

  • Stimmt. Ist Samadhi-like.
    Shinkantaza.
    Sogar Viriya erhält sich selbsttätig.
    Zanmai o Zanmai.
    Beeindruckend. Erst von da an beginnt man die Patriarchen Sachen zu verstehen.