Hier und jetzt

  • Ich las, dass es im Zen- Buddhismus generell un das "Hier und Jetzt" geht. Man beschäftige sich dort nicht mit Wiedergeburt und Karma. Ist das richtig..?

  • Rasmuss:

    Ich las, dass es im Zen- Buddhismus generell un das "Hier und Jetzt" geht. Man beschäftige sich dort nicht mit Wiedergeburt und Karma. Ist das richtig..?


    Soweit ich da eingedrungen bin ist das genau so richtig für Wiedergeburt.
    Das Gesetz, Karma, der Ursache und ihre Wirkung ist sehr wichtig.
    Da nur ein Sein im Hier und Jetzt möglich ist geht es im Zen auch nicht wirklich darum. Es geht darum was es ist das Hier und Jetzt.
    Wichtig daran ist erkennend zu erleben was es heiß nichts anderes tun zu können als im Hier und Jetzt zu sein.
    Zen ist ein sehr brutaler Haufen. Buddha hätte seine Freude daran.
    liebe Grüße
    Helmut

  • Rasmuss:

    Ich las, dass es im Zen- Buddhismus generell un das "Hier und Jetzt" geht. Man beschäftige sich dort nicht mit Wiedergeburt und Karma. Ist das richtig..?


    ich denke im Zen, wird das "hier und jetzt" mehr betont (als in den anderen buddhistischen richtungen), hingegen karma und wiedergeburt weniger.


    _()_
    .

  • zen ist eine meditationsschule, keine schule des studiums.
    karma bzw. das bedingte entstehen und die wiedergeburt werden aber als selbstverständliche basics
    vorausgesetzt, sogar ziemlich eindeutig und ohne Beschönigungen *
    überlicherweise gehen ja zen-buddhisten mit der festen absicht in die praxis
    den lauf der wiedergeburten zu beenden. alle guten bücher zu zen beeinhalten die ganzen lehr-basics
    des buddhismus. und natürlich befassen sich auch sutra s mit den thema.
    in texten und versen der patriarchen wird natürlich auch auf diese themen eingegangen.
    im mittelpunkt steht aber Zazen, denn per studium, auswendiglernen oder erzeugen von ansichten
    ist es unmöglich zu erwachen. das war bei buddha auch nicht anders.


    * http://de.wikipedia.org/wiki/Buddhistisches_Reuebekenntnis

  • Zen ist das Studium von Allem, die Übung in Allem - daran ändert nix, daß verglichen mit anderen Schulen, hier Zazen einen relativ größeren Anteil an der Übung von Allem hat.


    Onyx9:

    karma bzw. das bedingte entstehen und die wiedergeburt werden aber als selbstverständliche basics
    vorausgesetzt, sogar ziemlich eindeutig und ohne Beschönigungen
    überlicherweise gehen ja zen-buddhisten mit der festen absicht in die praxis
    den lauf der wiedergeburten zu beenden.


    allerdings ohne "Wiedergeburt" zwingend wörtlich (etwa wie in den Jātaka) zu nehmen. Dagegen sprechen schon mal zwei Dinge: die feste Verwurzelung im Madhyamaka und die Zen-typische Sicht von der gegenseitigen Durchdringung von Samsara und Nirvana. (siehe z.B. "Bendowa")


    Obgleich es irgendwie (aber nur irgendwie) die Sache umkreist, könnte man die Übung schon auf das "Hier und Jetzt" konzentriert beschreiben - wie sollte Übung auch sonst aussehen? Diese Wendung "Hier und Jetzt" geht mir aber gelinde gesagt, ziemlich auf die Nüsse, ist im Westen zu einer nichtssagenden Floskel verkommen und ich hab das Gefühl, daß dabei etwas Wesentliches verloren geht - kanns aber im Moment noch nicht artikulieren :) . Was da z.B. bei Dogen im Original steht, werd ich in den nächsten Tage mal recherchieren, die Übersetzungen sind jedenfalls sehr unterschiedlich. Bei Dogen ist darüber hinaus der Begriff "Zeit" sehr spezifisch und komplex: verkürzt gesagt, Zeit entsteht bei ihm erst im Moment des Handelns, und verschwindet im selben Maße.


    In diesem Zusammenhang wichtig sind die Shobogenzo-Kapitel: Uji (Seins-Zeit), Zenki (Allumfassendes Wirken), Genjokoan (Verwirklichung offenbarer Tiefe)

  • Zitat

    Diese Wendung "Hier und Jetzt" geht mir aber gelinde gesagt, ziemlich auf die Nüsse, ist im Westen zu einer nichtssagenden Floskel verkommen und ich hab das Gefühl, daß dabei etwas Wesentliches verloren geht


    Ja. Wobei die Tiefe nicht verloren werden kann, wenn sie noch garnicht erlangt wurde ( hishiryo )
    Es meint eben "Loslassen, um zu sehen ", aber die notwendige Konzentration ( shi) zur Beobachtung ( kan )
    entfaltet sich in Samadhi. Das "Hier und Jetzt ", also das Verweilen im Moment, oft dann noch je nach Gusto, genügt eben nicht,
    wird aber für genügend erklärt. Das ist die Verwässerung unter Benutzung des Zen-Begriffs.


    Ich mag Osho, aber durch seine saloppe Art hat er irgendwie dazu beigetragen.

  • dies sagt Wei Wu wei zu :


    Zeit und Raum ( Das offenbare Geheimniss)


    Wir neigen dazu, das Wesen von Zeit und Raum zu missverstehen und ihre Bedeutung zu übertreiben.
    Es gibt keine solchen »Dinge«, das bedeutet, sie existieren nicht für sich selbst. Sie treten nur scheinbar in Erscheinung; das heißt, sie wirken lediglich als eine Art von Mechanismus, durch den Geschehnisse in räumlicher und zeitlicher Ausdehnung erkennbar werden können. Sie begleiten Geschehnisse und machen deren Entwicklung wahrnehmbar. Sie selbst aber besitzen keinerlei Existenz. Sie sind Erscheinungen und ihre scheinhafte Existenz wird aus jenen Geschehnissen gefolgert, die sie begleiten und wahrnehmbar machen. Sie sind Hypothesen wie der Äther, Symbole wie die Zeichen der Algebra, mentale Konstruktionen, um uns bei der Erkenntnis des von uns selbst objektivierten Universums zu helfen.
    Weder existieren sie im Voraus, noch überdauern sie getrennt von den Geschehnissen, die sie begleiten. Sie finden lediglich Anwendung in Abhängigkeit von jedem dieser Geschehnisse, während dies abläuft.
    Wo es kein Geschehen gibt, da ist auch kein Bedarf für Zeit oder für Raum; und wenn sie fehlen, sind wir nicht mehr in Gefangenschaft, weil es keinen gibt, der glauben könnte, er wäre gefangen.


    Zeit ist bloß eine gedankliche Konstruktion, die man sich ausgedacht hat in dem Bemühen, Vorgänge wie Wachstum, Entwicklung, Ausdehnung und Wandel zu erklären. Diese bilden eine weitere Dimension jenseits der uns bekannten drei Dimensionen, im rechten Winkel zum Volumen.


    Auch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind nur gedankliche Konstruktionen, die man aus der zeitlichen Interpretation dieser weiteren Dimension (in welcher Ausdehnung vorzukommen scheint), abgeleitet hat. Alle Formen von Zeitlichkeit entspringen daher Vorstellung und Einbildung.
    So gesehen ist Prophetie oder Präkognition Wahrnehmung von einer weiteren Dimension aus, jenseits derjenigen der Zeit, in einem vierten rechten Winkel dazu. Wie im Fall jeder höheren Dimension nimmt man von dort aus die niedrigeren als ein Ganzes wahr, so dass die »Wirkungen« von »Ursachen« in der sogenannten Zukunft genau so offensichtlich sind wie in der sogenannten Vergangenheit.


    Geschehnisse laufen nur im Geist des Wahrnehmenden ab - unabhängig davon, ob es sich um einen oder mehrere handelt; und kein Geschehen, wenn wir es als solches erkennen, könnte etwas anderes als Erinnerung sein. Kein Geschehen ist etwas anderes als eine psychische Erfahrung. Geschehnisse oder Erinnerungen von Geschehnissen sind Objektivierungen im Bewußtsein.
    .

  • bel:

    Diese Wendung "Hier und Jetzt" geht mir aber gelinde gesagt, ziemlich auf die Nüsse, ist im Westen zu einer nichtssagenden Floskel verkommen und ich hab das Gefühl, daß dabei etwas Wesentliches verloren geht - kanns aber im Moment noch nicht artikulieren :)


    Gassho _( )_

  • Onyx9:

    die wiedergeburt werden aber als selbstverständliche basics
    vorausgesetzt, [/url]


    naja, Wiedergeburt ist nun kein buddhistisches Konzept.

  • Shinryu:
    Onyx9:

    die wiedergeburt werden aber als selbstverständliche basics
    vorausgesetzt, [/url]


    naja, Wiedergeburt ist nun kein buddhistisches Konzept.


    So gefällt mir ein erstes Posting :D

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Tatsächlich ist das kein "buddhistisches Konzept".
    Sondern ein Basic, das sich auf den Glauben an Buddhas
    Aussagen über frühere Aufenthalte stützt.

  • Onyx9:

    Tatsächlich ist das kein "buddhistisches Konzept".
    Sondern ein Basic, das sich auf den Glauben an Buddhas Aussagen über frühere Aufenthalte stützt.


    Besser gesagt, das sich auf einen bestimmten Glauben stützt, wie dem Buddha zugeschriebene Aussagen zu verstehen sind - was etwas völlig anderes ist, und ganz bestimmt kein allgemeines "Basic", sondern ein persönlicher Glaube - meinetwegen darin sogar ein persönliches "Basic".

  • Und wie unterscheiden wir nun den "persönlichen Glauben" bzw. das "persönliche Basic" nun von diesem semantisch eh mehr als furchtbaren "Konzept"?


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • malsehen:

    Und wie unterscheiden wir nun den "persönlichen Glauben" bzw. das "persönliche Basic" nun von diesem semantisch eh mehr als furchtbaren "Konzept"?


    Als Konzept existiert es schlicht nicht im buddhistischen Kontext, als und als persönlicher Glaube schon - ein Konzept kann man widerlegen, einen Glauben nicht.

  • Abgesehen davon, daß viele Leute das ungenügende deutsche Wort "Wiedergeburt" leider affektartig
    mit Reinkarnation übersetzen, ist mir bewusst, daß Adepten in Korea und Japan traditionell
    die Klöster oder die Abgeschiedenheit aufsuchten, um dem Leidenskreislauf und damit dem Daseinskreislauf
    ein Ende zu bereiten. Sie nahmen dabei Härten in Kauf, die kaum noch vorstellbar sind; sie ruinierten
    zum Teil ihre Gesundheit und die Energie und Willenskraft, die sie aufbrachten, die Geduld und Demut,
    spottet allen Behauptungen, sie hätten diesen Weg aus anderen Gründen auf sich genommen als den der Befreiung
    aus dem Daseinskreislauf. Wie es heute ist, kann ich schlecht beurteilen, aber Fakt ist, daß die Lehre
    vom Daseinskreislauf, die Lehre Buddhas, im Chan wie auch in den Kulturen nach wie vor fest verankert ist
    und glücklicherweise behält sie ihre Gewichtigkeit auch in diversen außerasiatischen Gemeinschaften.

  • Onyx9:

    Abgesehen davon, daß viele Leute das ungenügende deutsche Wort "Wiedergeburt" leider affektartig
    mit Reinkarnation übersetzen, ...


    ...und Benutzer dieser Wortes gern den Unterschied vernuscheln, und dies genau der Stein des Anstoßes ist.


    Onyx9:

    Wie es heute ist, kann ich schlecht beurteilen, aber Fakt ist, daß die Lehre
    vom Daseinskreislauf, die Lehre Buddhas, im Chan wie auch in den Kulturen nach wie vor fest verankert ist
    und glücklicherweise behält sie ihre Gewichtigkeit auch in diversen außerasiatischen Gemeinschaften.


    Es nützt auch nix, statt "Wiedergeburt" nun "Daseinskreislauf" zu sagen - im Zweifelsfall verbergen sich dahinter genau die selben persönlichen Glaubensinhalte. Das meine ich nicht etwa abwertend - denn sie sind Ausdruck, aber eben auch Quelle von dukkha.

  • Glauben wird als Problem verstanden.
    Jemanden wird untergeschoben, wenn er/sie an das glaubt müsse er/ sie in Unkenntnis verharren
    oder zumnindest an einem Hemmnis scheitern, weil es dumm ist zu glauben oder weil man sich an eine Vorstellung klammert.
    Blinder Glauben ist ein Problem, aber nicht mein Problem und auch kein Problem des Zen-Buddhismus.
    Erinnern und Glauben ist ein fester Bestandteil der Zenbuddhistischen Form, der Gelübde, der Zuflucht usw.
    Nun könnte man sagen- ja so jemand, läuft in Gefahr, sich an trockene Rituale zu klammern;
    für mich ist es umgekehrt, ich mache Erfahrungen, die einen Glauben bestärken, der ohne Spekulation
    und Dualismen auskommt und ich folge Ritualen, die die Aktivität und das Potential des Dhamma lebendig machen.

  • Onyx9:

    Glauben wird als Problem verstanden.
    Jemanden wird untergeschoben, wenn er/sie an das glaubt müsse er/ sie in Unkenntnis verharren
    oder zumnindest an einem Hemmnis scheitern, weil es dumm ist zu glauben oder weil man sich an eine Vorstellung klammert.


    Glauben wird erst zu Problem, wenn man ihn irgendjemanden überhelfen will - meist mit dem Verweis auf vorgebliche Allgemeingültigkeit.


    Onyx9:

    Erinnern und Glauben ist ein fester Bestandteil der Zenbuddhistischen Form, der Gelübde, der Zuflucht usw.


    Natürlich - aber die Form entfaltet sich als Praxis und zusätzlich, aber nicht zwingend zusätzlich als Glaube, nämlich mit dem, was mit der Praxis als Absicht verbunden wird - immer nur auf persönlicher Ebene. Bei genauer Betrachtung stellt man womöglich fest, daß die Praxis auch ganz ohne diese Absicht, also ohne Glaube ausführbar ist.

  • Möglich.Ich hätte keinen Anreiz zur Vertiefung ohne Erfahrungen gemäß Dhamma.
    Die rechte Absicht, soweit sie schon irgendwie "recht" genannt werden kann bei "mir"
    halte ich für Praxis-Konform. Mein Glauben beruht auf ein paar Einsichten und Erfahrungen.
    Er ist nicht mein Antrieb, die Erfahrungen gemäß Dhamma sind mein Antrieb.

  • Rasmuss:

    Ich las, dass es im Zen- Buddhismus generell un das "Hier und Jetzt" geht. Man beschäftige sich dort nicht mit Wiedergeburt und Karma. Ist das richtig..?


    Ich würde sagen, dass man die Reinkarnationslehre nicht zu wörtlich nehmen sollte. Sie ist zunächst eine Vorstellung ( die auch einen gewissen pädagogischen Wert hat, insofern zwar alle Menschen ein potentieller Buddha sind, aber nicht alle diesen Zustand im Laufe eines Lebens erreichen werden, weshalb die Idee der Vervollkommnung auf mehrere Leben hin, entspannend und disziplinierend wirkt ). Im Buddhismus geht es aber nicht um theologische Dogmen, sondern um die konkrete Meditationspraxis, die sich im Hier und Jetzt entfaltet. Es gibt da kein abstraktes Glaubensbekenntnis, jeder kann, wo auch immer er sich geistig verortet, sofort mit dem Zen beginnen. Deshalb kann man ohne weiteres, als Christ, ein christlicher Buddhist werden. Insbesondere Zen hat längst seine Wurzeln in der christlichen Spiritualität aufgeschlagen, wie der Jesuit und Zen-Meister Enomiya-Lassalle oder die christlichen Mystiker Johannes Kopp oder Willigis Jäger beweisen.


    Der Name Jesus Christus sei leise gesagt, in der Scheu, die immer noch offen lässt, was und wer mit diesem Namen sich offenbart, offen zum immer noch Größeren als stete Forderung und Transzendierung aller Begriffe. Was einzig und allein interessiert, das ist die Wirklichkeit. Jeder suche für sich den Namen, in dem nichts ausgelassen, sondern alles umfasst ist. Ich habe für mich in immer neuer Entdeckerfreude ... diesen Namen gefunden und noch viel mehr lasse ich mich von ihm finden. Ich rede von ihm zugleich auch namenlos und höre ihn von Ergriffenen und Erfahrenen ausgesprochen als Wesensnatur, als Buddhanatur, als Leere und Fülle: im Nachgehen und Einholen der Liebe, mit der jeder Mensch geliebt ist. (18)


    Irgendwann in meinem Leben wurde mir Christus zu einem Ereignis, über das nichts mehr hinaus, sondern in das alles hineinging. (36)


    Christus ist eigentlich kein Name, sondern ... bezeichnet das Wesen, in dem alles ist und das in allem ist.“ (305)


    Johannes Kopp: Schneeflocken fallen in die Sonne, Christus-Erfahrungen auf dem Zen-Weg, Annweiler 1994
    http://www.zen-kontemplation.de

    "Diese Paradoxa sind charakteristisch für alle mystischen Aussagen von Heraklit bis Castanedas Don Juan und seit Beginn dieses Jahrhunderts auch für die Physik." F.Capra

  • Oben steht "Hier und jetzt" - nur was bedeutet eigentlich "Hier" und was bedeutet "jetzt"?
    Ist "Hier" das was wir sehen/wahrnehmen? oder ist es auch das was wir nicht wahrnehmen können, also "Vorstellung"?
    Was ist "jetzt"? diese Sekunde? Vielleicht zwei?
    Was ist mit all dem was zu diese Sekunde geführt hat? Was ist mit all dem was daraus entstehen wird?


    Also: was ist eigentlich "Hier und jetzt"?


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • Joram:

    Oben steht "Hier und jetzt" - nur was bedeutet eigentlich "Hier" und was bedeutet "jetzt"?
    Ist "Hier" das was wir sehen/wahrnehmen? oder ist es auch das was wir nicht wahrnehmen können, also "Vorstellung"?
    Was ist "jetzt"? diese Sekunde? Vielleicht zwei?
    Was ist mit all dem was zu diese Sekunde geführt hat? Was ist mit all dem was daraus entstehen wird?


    Also: was ist eigentlich "Hier und jetzt"?


    Ich hatte ja oben schon geschrieben daß ich bei diesem ganzen "hier und Jetzt" immer ein ungutes Grummeln im Bauch habe. Letztens wurde das mal wieder lauter, als ich auf den Blog eines bekannten Berliner Shobogenzo-Laberers lesen mußte, daß das Kapitel "Soku-shin-ze-butsu" (即心是佛) mit „Der Geist hier und jetzt ist Buddha“ zu übersetzen sei. Bei Nishiyama & Stevens heißt es aber einfach "Our Mind is Buddha" und bei Nearman "Your Very Mind is Buddha". Tja wat nu?
    Tatsächlich verweist in der Alltagssprache 即 (soku) als Adjektiv auf "Gegenwärtiges", allerdings sagt das überhaupt nix über die vielfältig möglichen Konnotationen aus und außerdem, ist das überhaupt die Frage, um die es in dem entsprechenden Kapitel geht? Denn das Verb ist 是 (ze), also "ist, identisch, perfekt", im Pali "evam eva" usw. - und das scheint mit doch das Wesentliche zu sein. Nun kann aber auch 即 "identisch" bedeuten, und bei C.Muller liest man dann auch "As it is; just, exactly. Not two, not separate" und vor allem "zwei Dinge als verschiedene Aspekte eines Dings, folglich nicht trennbar".
    Mir fällt dabei auch gleich ein, daß man "dukkha" als Getrenntsein übersetzten kann.
    Es ist vielleicht auch hilfreich zu wissen, daß DOGEN ursprünglich als Tendai-Mönch ordiniert wurde, und diese über ne ziemlich ausgefeilte 即-Theorie verfügen, u.a steht es da in den Bedeutungen "in der Essenz identisch" oder "zwei Dinge sind identisch" und "zwei Seiten einer Medallie", das hat er ganz bestimmt alles durchgeackert und ich bin mir sicher, darum gehts ihm hier und nicht um ein plattes "Hier und Jetzt", wo denn sonst.
    Was er wohl meint, ist das "Unmittelbare", das "Nichtgetrennte".


    Erstmal viel Spaß beim Lesen, hab leider nix Deutsches zur Hand: http://www.shastaabbey.org/pdf/shobo/006sokus.pdf


    _()_