Nagaya Roshi über die Zen-Übung

  • Liebe Sangha,
    dieses Teisho finde ich sehr schön.
    Grüße,
    Marco




    Teisho über die Zen-Übung
    Von Nagaya Roshi


    Wenn man Vortrag hält muss man vor-tragen! Vor-tragen - was man selbst erlebt, erfahren hat - nicht, was man gelesen, gehört, gelernt, gestohlen hat - viele
    Professoren haben gestohlen! Es gibt viele so genannte Meister! Mein Deutsch unvollkommen. Aber Sprache nicht so wichtig. Manchmal sogar gefährlich. Still, wach, lebendig wollen wir sitzen. Wer beim Essen, Sitzen, Gehen spricht, ist zerstreut.


    Sesshin heißt: Zusammenkommen, zusammenbringen, zusammen machen. Seele,
    Geist, Körper - alles zusammen. Sonst immer zerstreut. Beim Sesshin daraus eins machen. Schüler muss mit Lehrer eins werden. Alle Teilnehmer müssen eins werden. Mitmachen, nachmachen ist wichtig! Gehorsam, selbstlos - ganz einfach, bescheiden, demütig. Man muss mit dem Körper verstehen! Shin heißt Tiefe. Viele Bedeutungen, zum Beispiel Herz. Aber mehr: Kosmos. Konfutse nennt das Himmel, Alles. Wir haben alle Seele, Seelengrund. Der Mensch ist eigentlich eins. Aber heute alles zerstreut. Nach allen Seiten geizig und gierig. Viele Bücher. Bäume leben mit Licht, Luft, Himmel, Kosmos zusammen. Menschen leben mit Büchern, Haus, Essen - immer zerstreut.


    Richtiges Sitzen heißt: Nase, Nabel senkrecht, mit der Erde verwachsen aber ganz locker - dann kommen alle Kräfte im Hara zusammen. Kosmos und ich sind eins. Man muss sitzen wie Fujiyama - gelassen, fest auf der Erde gegründet - oben das Licht - unbeweglich. Wer so übt, ist nach einer Woche verändert. Üben sie eifrig, ehrlich, aufmerksam, das ist der Anfang! Körperliche und geistige Haltung immer bei sich haben. Beim Zazen alles wegwerfen. Zählen ist das Schwert, das alle Gedanken abschneidet. Wenn man ganz wach ist kann man hören, wie die Asche vom Räucherstäbchen fällt, dass die Ameisen laufen. Falsche Haltung, im Kopf viele Gedanken – alles Abfall. Wenn man richtig sitzt, dann ist man eins mit Kosmos - Körper, Geist, Seele sind eins.


    Es ist sehr wichtig zu verstehen, dass die Menschen gleich und nichtgleich sind. Das ist auch wichtig bei der Erziehung! Kinder verbeugen sich vor den Großeltern bis zum Boden - und die Großeltern senken lächelnd als Antwort etwas den Kopf. Das zeigt Gleichheit und Ungleichheit. Auch im Gehen, Stehen, Sitzen - nur Sitzen, wenn schlafen, dann nur Schlafen, wenn essen, dann nur Essen! Konzentriert, gesammelt! Große Demut und Einfachheit zu allen Zeiten und mit Jedem! Das Einfache ist schwierig, ist sehr schwer. Wir müssen das Ich töten, nicht mit Messer, nicht mit
    Gift, sondern durch Sitzen, durch jeden Tag Sitzen, dann werden wir ganz selbstlos. Buddha ist große Barmherzigkeit. Gott ist ganze Liebe. Wir sind gleich und nichtgleich. Im Grunde sind wir alle gleich; aber wir sind verschieden, damit wir alle leben können. Beim Sitzen sind wir gleich, im Leben sind wir verschieden. Das wird oft falsch verstanden. Dann gibt es Probleme. Mann, Frau, Kind, alle sind verschieden, aber im Grunde eins.


    Der Stab zum Schlagen ist nicht zur Strafe, er ist Barmherzigkeit. Der Stab ist aus Zedernholz - 1000 Jahre alt - nicht zu hart und nicht zu weich, deshalb bricht er nicht. Haltung, Atem, Geist - still, wach, lebendig! Der Hara soll atmen - alles kommt von selbst - nichts machen. Nur sitzen, jeden Tag sitzen, dann ist die Wahrheit da. Still sitzen heißt nicht schlafen, ganz wach, aufmerksam. Möglichst niedrig sitzen, Lotos- oder halber Lotossitz. Ich sitze den ganzen Tag so zu Hause. Ich habe es genügend
    gezeigt. Alle Freunde können mich besser verstehen als Japaner, die nie Zazen geübt haben. In Japan gibt es viele Bücher über Zen, aber in Hakuins Chorgesang ist alles gesagt, alles enthalten, für den, der richtig versteht - die Essenz von Zen.


    Die Essenz von Zen ist etwas machen - anderen helfen! Aber wirklich verstehen, nicht so einfach. Hauptsache richtig sitzen. Man sagt oft - ich kann nicht - ist meist nicht wahr. Die Leute wollen nicht. Vierundzwanzig Stunden müssen wir sitzen im weiteren Sinne. Mit Kosmos eins, dann geht mein schmutziges kleines Ich auf im Kosmos, wird ganz leer. Das zur Bedingung: Ganz wach - Seelengrund. Das unbedingt üben. Auch bei bequemer Haltung aufrecht - sitzen, stehen, gehen.


    Wenn der Körper gerade sitzt, sitzt auch der Geist gerade. Körper und Geist eins - dann wird das Herz weit, umfasst Kosmos. Körper ist Form, Geist ist Inhalt - beides eins. Deshalb richtig Sitzen! Innere Organe zusammengedrückt - nicht frei! Kerzengerade, aber bequem und locker sitzen, dann ist man glücklich, lebendig, froh, frisch. Mit der Erde zusammen sitze. Aufmerksam, ernst, intensiv, den ganzen Tag durchhalten. Mit dem Körper lernen und lehren. Gelehrte sind am schlimmsten. Zerstreut, denken auseinander. Das wollen wir zusammenbringen. Hände zusammen. Nicht nur Hände, Körper eins, alle Freunde eins – dann Harmonie. Aus welchem Zweck Sesshin mitmachen? Nichts, aus keinem Zweck! Inhalt nicht so leicht zu begreifen. Zwanzig Jahre sitzen, dann vielleicht Eins - das kann man nicht machen! Körper und Kosmos eins. Wissenschaft studiert, geteilt. Dadurch große Fortschritte gemacht aber Rückschritt, weil nur ein Stückchen. Nicht mehr bis zum Grund hinunter sinken. Zusammen sitzen, in Harmonie. Mit der Erde zusammen, ganz sicher. Oberkörper gerade, Nase, Nabel eine Linie, kerzengerade. Dreieck, Knie, Gesäß. Schwerpunkt in der Mitte. Kinn anziehen, Hände leicht und locker ineinander, Daumen berühren sich eben, bei Druck gibt es Schmerzen. Zu starkes Kinn anziehen führt zu Verspannungen. Augen auf, geradeaus sehen, dann Blick senken. Wenn alle zusammen sitzen, gleiche Haltung einnehmen. Auch in Japan sitzen wir jetzt meist auf einem Stuhl. Aber Füße fest auf dem Boden. Gerade aufgerichtet, Kopf will durch das Dach stoßen. Schultern und Arme locker, aber Körperhaltung sehr wichtig, nicht nur beim Sitzen, auch beim Gehen, Stehen, Essen - den ganzen Tag, vierundzwanzig Stunden, auch beim Schlafen. Buddha lag auf der rechten Seite, Arm unter dem Kopf. Beim Schlafen merkt man nicht, ob die Haltung richtig ist, aber beim erwachen.


    Jetzt wieder eine Woche ganz besonders auf die Haltung achten. Nicht nur in der KIause, den ganzen Tag! Mit dem Körper verstehen. Sprechen auch so - alles kommt von hier, alles kommt aus der Mitte, alles kommt aus dem Hara. Nicht reden, nicht sehen, nicht hören. Nicht fragen - warum? Mitmachen! Dann werden Sie selbst verstehen. Wichtigstes ist die Haltung - der Atem. Durch die Nase, langsam, nicht bis zum Ende ausatmen. Es muss etwas Luft übrig bleiben. Ganz ernst. Immer sicher sitzen, wie der Fujiyama, zusammengewachsen mit der Erde, aber ganz locker. Wenn etwas irgendwo verspannt ist, dann nicht frei. Wenn gerade Haltung, dann frei! Gerade aufstehen, locker stehen, weiche Handhaltung. Beim Gehen gesammelt - nur Gehen !


    Beim Essen - nur Essen! Die meisten Menschen essen nicht als Menschen. Handhaltung - alle Kräfte kommen hier zusammen, hier im Hara. Beim Diskutieren, Hände ruhig halten, nicht herumfuchteln. Hände liegen weich auf den Oberschenkeln. Schultern müssen locker sein, sonst unfrei. Wenn Handflächen nach unten auf den Schenkeln liegen Schultern leicht verspannt. Handfläche nach oben - Schultern locker, gelöst, frei. Ganzen Tag so leben ist nicht leicht.


    Wenn Zazen geübt, wird der Tag leicht. Zen ist Grund der Seele - wach, still, hell, ernst, lebendig! Von daher alles machen. Dann kann man sagen, ich gehe als Mensch. Leider jetzt so wenige Menschen. Schlimmer als Tiere. Alle atmen, aber kaum einer richtig. Der Atem soll gehen und kommen, ganz langsam. Erst durch den Mund alles ausatmen - Gedanken, Erinnerungen, Gott, Buddha, Liebe, Zen. Zweimal bis dreimal. Zunge am Oberkiefer. Einatmen etwas kürzer. Bis zehn zählen beim Ausatmen, schneidet die Gedanken ab. Alles Schlechte ausatmen. Ganz leer werden von sich, Buddha, Gott, Liebe, Gedanken. Atmen nicht künstlich - sanft strömen lassen. Oberkörper gut strecken, dann haben wir beim Atmen keine Stauung. Bis zehn zählen, nur Ausatmen zählen. Später, wenn man es richtig kann, nur Atmen. Wenn Sie das gelernt haben, können Sie jederzeit das Wahre Leben leben. Wenn alle selbstlos zusammenleben ist Frieden. Wir üben Zazen für den großen Weltfrieden.


    Essen sehr wichtig, sehr gefährlich, sehr schwer. Alle haben Mund, Zähne, Magen, Darm. Was wir beim Tischspruch gehört haben, sollen keine leeren Worte sein, man wird nicht als Zen-Mensch geboren. Üben, üben, üben! Buddha als Vorbild. Wollen glücklich sterben. Wenn der Mensch nicht als Mensch lebt, dann kann er nicht glücklich sein. Viel Geld, viel Besitz, in Amerika besonders, aber auch bei uns. Das sind keine glücklichen Menschen. Essen, Messer, Tasse - nur Tasse, nur Löffel! Alle fangen zusammen an, alle enden zusammen. Alle sind gleich, aber alle sind verschieden. Jeder ist körperlich anders. Ich bin klein. Derjenige, der groß ist, braucht mehr. Ich esse wenig. Aber ich esse so lange wie er. Am Tisch kann man
    weiterreichen ohne den Kopf zu drehen, das nennt man Üben. Ordnung ist die Grundlage für Harmonie. Gemeinsam essen, gemeinsam anfangen, gemeinsam aufhören, alle zusammen! Dann Gemeinschaft, dann Familie! Nach buddhistischer Auffassung lebt alles - ein Tropfen Wasser, eine Krume Brot, alles mit Leben beseelt, deshalb darf beim Essen auf dem Teller nichts übrig bleiben - keine Reste, keine
    Brotkrume - nichts! Dies aus Achtung vor dem Lebendigen! Sonst töten Sie. Wenn man aufmerksam isst, dann braucht man wenig Nahrung. Alles ist dann Nahrung. Beim Essen sieht man, was man für ein Mensch ist, schon an der Haltung. Wie man isst, darin offenbart sich der ganze Mensch. Es ist nicht so wichtig, was man isst, sondern wie man isst. Man soll essen mit größer Dankbarkeit, die aus den Tiefen des Herzens kommt. Wenn man betet, dann nur Beten! Wenn man die Hände zusammenlegt zum Beten, dann muss man das ganz leicht tun - nicht drücken - sonst ist das kein Beten. Sitzen wir, so entsteht Harmonie und Friede in uns und breitet sich aus in unserer Umgebung. Wenn man sitzt, kommt man zusammen in Verbindung mit Familie, mit Menschheit, mit Buddha - und schließlich Leerheit - aus der alles entsteht und in die alles zurückkehrt. Wenn man ganz gerade sitzt, dann vereinigt man Erde und Himmel. Auf der Erde sitzt man, mit dem Haupt berührt
    man den Himmel! Wenn man nicht aufrecht ist, sondern gebeugt, so ist auch Seele gebeugt und gedrückt. Man sieht an der Haltung, was der Mensch ist. Wenn man immer diese Haltung hat, wird man ganz gesund sein - werden alle Organe frei sein.
    Frei sein heißt Mensch sein.
    In Japan ist der Familienname wichtig - deshalb kommt er zuerst. Die Familie ist alt – kommt von weit zurück - deshalb Vorname, der das einzelne Individuum bezeichnet nicht so wichtig, kommt erst an zweiter Stelle. Früher waren in Deutschland die Frauen Hausfrauen. Jetzt haben die Frauen dort viel gelernt, studiert, wissen viel- aber dadurch ist es viel schwieriger geworden. In Deutschland sagt man: Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Besser - hilfst du Anderen, dann hilft dir Gott! Wir verehren Buddha oder Kreuz oder Berg, wir verneigen uns, knien nieder mit Demut. Dadurch töten wir den kleinen Menschen und lassen den eigentlichen Menschen, den großen Menschen entstehen.


    Zen üben wir, um großen Weltfrieden zu erhalten. Man muss darauf hoffen! Man muss nur sitzen - kerzengerade - dann Erdmitte und Himmel durch unsere Mitte verbunden. Wenn jeder ganz aufrecht sitzt, dann trifft sich Verbindungslinie von jedem im Mittelpunkt der Erde, dann sind wir alle zusammen. In Japan sagt man nicht immer, wie im Westen, "ich", "ich", "ich" ! Wir üben Zazen, um dieses kleine Ich zu verlieren. Der Geist Japans - das ist dieser Sack, dieses Bündel - man kann alles hineinpacken, runde Sachen, eckige Sachen, große, kleine, - und man kann es an einem Stock tragen - das ist viel praktischer als ein Koffer! Der japanische Geist ist sehr praktisch.


    Es gibt viele "Wege" - Judo, Aikido, Chado, Schwertweg, Shodo, Tuschweg, mit Pinsel oder Pfeil und Bogen ... , immer hat man eine leichte Hand. Tuschpinsel hält man ganz leicht, ganz gerade, ganz senkrecht - dann senkt man ihn auf das Papier – vom Himmel kommt er! Es gibt viele Sekten im Buddhismus - doch Dogen, der Gründer der Sotosekte hat gesagt, es gibt eigentlich keine Sekten: es gibt nur den Weg der nie aufhört. In Japan wird Shintoismus und Buddhismus zugleich gelebt. So hat man an der einen Seite der Wand ein Buddhabild davor zündet man ein Stäbchen an und sitzt - und auf der anderen Seite hat man einen Shintoshrine - davor sitzt man und klatscht zweimal mit den Händen. Vor dem Bild Buddhas jeden Tag ein Räucherstäbchen anzünden - dann sitzen - dann wird jeder Tag ein guter Tag ! Buddha ist nicht außerhalb von uns! Buddha ist in jedem Baum, jeder Blume,
    jedem Tier, jedem Menschen. Alle Dinge sind Buddha. Wenn man Gott wirklich gesehen hat, kann man ihn überall sehen. Das kann man nicht mit dem Kopf erklären, das muss man selbst erleben. Wenn ganz aufmerksam, dann kann man sagen: Es lebt. Stimme der Wahrheit! Ursache und Wirkung sind eins. Jeder nimmt so viel nach Hause wie er geübt hat. Gibt es Zen ohne Buddhismus? Alle Dinge haben viele Seiten. Buddha ist so groß Mahayana - Hinayana, jede wieder viele Sekten. Jeder sagt, ich habe recht. In das Große kann das Kleine hineinkommen. Buddhismus - Wahrheit selbst! Die Wahrheit lehrt in Allem. Kleines Ich ist begrenzt.
    Buddha lebt hier! Dharma lebt hier! Jeder muss sein Bestes tun – die Menschen sind
    so schmutzig! Buddha kennen lernen heißt, sich selbst kennen lernen, sich selbst vergessen. Wer nur denkt, spricht, liest, hat die Wahrheit nicht erlebt. Gegenteil von lebendig, ist tot. Das Schlimmste in allen Religionen! Auf welchem Weg kommt das Verstehen - durch Zazen. Wer etwas zeigen will, wer helfen will, muss etwas haben. Religion heißt im Japanischen - Haupt, Mitte. Ohne Sitzen kann man das nicht verstehen. Der große Weg, Gott, große Natur - Buddha. Echtes Zazen ist echtes Leben - das ist eine Kunst. Wie Kinderspiel, so leicht muss man seinen Beruf machen, ganz natürlich. Was von der Natur kommt, ist immer das Beste. Man muss ganz demütig werden, aber stolz. Das echte ich muss da sein - wach sein! Wenn Japaner zum Kloster kommt, wird nichts erklärt, nur aufmerksam sehen. Meister kommt nur einmal und zeigt. Spricht nichts. Man muss von selbst lernen.
    Sesshin heißt zusammenkommen, zusammenwachsen. Ganzen Körper konzentrieren. Wenn richtig atmen, mit ganzem Kosmos eins, mit ganzer Erde, mit tiefster Seele. Dann kommt alles, kommt Buddha. Aber zuerst alles zusammenbringen. Von der Zerstreutheit weg. Deshalb ist Zen zu lehren so schwer. Natürlich kann ich nicht vollkommen lehren. Aber zahn, zwanzig, dreißig Jahre geübt. Glücklicherweise leben solche Menschen in Japan. So üben auch wir zusammen. Nicht alleine der Schüler sondern alle zusammen. Wenn alle so leben, dann Harmonie und Friede. Zuerst alle zusammen, dann still, wach, lebendig, aufmerksam. Von da kommt alles. Ganzen Tag so leben. Nicht nur alleine, sondern alle zusammen. Zu solchem Zweck alle noch aufmerksamer üben! Jeden Tag, jeden Augenblick neu leben.


    Durch Lehren lernt man am besten. Heute lehren Lehrer, was sie vorher nicht geübt haben, das ist nicht gut! Lebendiger, heller, frischer, wacher, müssen Sie geworden sein - wenn nicht, dann haben Sie nicht richtig gesessen. Was ist der Zweck des Zen? Warum sitzen wir? Das kleine Ich zu töten! Es gibt keine Kleinigkeiten bei Zen. Wenn man etwas lernen will. Dann genau nach Tradition und Form. Erst Form beherrschen, ehe man sich Freiheit lassen kann. Wenn man ganz selbstlos sitzt, ist man danach froh, lebendig, wach. Werfen Sie alles weg, was Sie in Büchern über Zen gelesen haben. Man kann nicht mit einmal alles lernen. Die Menschen in Deutschland leben zuviel im Kopf! Wenn zuviel Denken, dann keine Harmonie! Zuviel Denken führt zu Schwierigkeiten. In Japan, in den Familien, lebt man von Herz zu Herz - dann ist Harmonie möglich und Friede. Zazen hilft uns, Mensch zu werden. Es ist Buddhismus und Nicht-Buddhismus. Wenn wir Menschen geworden sind, haben wir Frieden in uns, Frieden mit Anderen, Frieden mit der Welt. Wir üben alle gemeinsam, alle sind verschieden, alle sind gleich - das ist Harmonie! Jeden Tag muss man sitzen, dann kann man Sitzen. Wenn selbstlos, dann ist alles Eins – ganzer Kosmos lebt aus Einem. Wenn das klar ist - dann Satori. Versenken in die Wahrheit - mit der Wahrheit eins werden. Alle Dinge sind in ihrem tiefsten Wesen - Buddha. Man sitzt, um Buddha zu werden. Man sollte jeden Tag ein Stäbchen anzünden und sitzen. Man sagt, sitzt man ein viertel Räucherstäbchen, ist man ein kleiner Buddha, sitzt man ein langes Räucherstäbchen, ist man ein größerer Buddha. Zazen macht jung, gesund, ganz lebendig! Wenn man aufrecht und gesammelt sitzt, dann geschieht alles von selbst. Man muss nichts mit dem Ich machen wollen. Sie können
    als Mensch nach Hause kommen. Der Mensch muss leer sein, aber heute immer voll und zerstreut.


    Auch in Japan heute so. Ich lehre noch an drei Hochschulen. Die Studenten haben schlechte Haltung. Bei Vorlesung in Japan, alle Studenten müssen vorher richtig
    sitzen. Aufmerksam! Wissenschaft so geteilt. Gibt es eigentlich nur Natur, nur Geist?
    Alles Eins! Besonders bei uns selbst. Gibt es nur Auge? Natürlich kann man es herausnehmen, dann ist es aber kein Auge mehr. Alle Sinne eins. Mikrokosmos und Makrokosmos. Unser Kosmos ist eins! Der Mensch denkt, er wäre sehr klug, ist aber sehr dumm. Ist unser Unglück! Machen immer solche Trennungen. Das zu vermeiden ist Zweck von Zazen. Deshalb müssen wir unbedingt wissen, dass das kleine Ich nicht weiß. Man soll sich selbst erkennen. Kant, Hartmann und andere haben als Wissenschaftler gedacht und erklärt. Was ich spreche, kommt aus dem Hara, mit dem Kosmos eins. Können mich besser verstehen, weil einige Tage gesessen. Ohne Sitzen können Sie das nicht verstehen. Deshalb auch mit Studenten erst zusammen Sitzen. Deshalb vor-getragen, vor-gezeigt. Wollte das eigentlich nicht
    sagen, ist so gekommen. Schweigen heißt nicht immer, den Mund zumachen. Das ist Sitzen im weiteren Sinne. Ganz ordentlich, wach, ernst, aufmerksam. Aus dieser Haltung Reue, Chorgesang, Gelöbnis abschreiben. Vorher ganzen Körper reinigen, Mund, Hände besonders. Schreibmeister gibt es, aber die meisten schreiben nur mit der Hand, als Künstler. Leider nicht als Schreib-Weg. Wenn Sie abschreiben, ernst, wach, aufmerksam, in gerader Haltung. So gut Sie können. Brauchen nicht Buddhist zu werden. Buddhas Wahrheit wird überall gelehrt. Wenn Sie das Wort Buddha nicht hören wollen - Buddha ist ja etwas ganz anderes - schreiben Sie Logos, Wahrheit, Gott oder lassen es weg, wie Sie mögen. Neulich kam zu mir ein Schreibmeister um Zen zu lernen. Erst zusammen gesessen, dann zusammen geschrieben. Oft so besser Zazen üben vom Sinne her, als beim Sitzen. Wenn wir immer "Sitzen", bei allen Tätigkeiten, dann sind wir glücklich, können etwas schaffen. Wir müssen alles behandeln, wie es das Leben fordert. Man soll alle Wesen erretten, helfen, alles möglich machen. Alles, was man hat, muss man anderen geben - dann verliert man sein kleines Ich. Wenn das Ich verschwindet, kommt die Wahrheit in mich hinein. Kleines Ich muss man töten – ganz leer. Wer im Sesshin nichts gelernt hat, der war entweder schon sehr vollkommen, ein sehr fortgeschrittener Schüler oder er war gar nicht da. Wo nichts ist, darin ist alles unerschöpflich vorhanden.


    Nichts ist Alles!
    Alles ist Nichts!
    Leer sein wie der Himmel!
    Alles kommt aus der Leerheit.


    Jeden Tag ein Stäbchen lang ernst, aufmerksam, wach - Sitzen – im engeren und im weiteren Sinne. Tun Sie alles aus tiefstem Seelengrunde. Ich Nagaya - bin ein kleiner, unvollkommener Mensch, doch wenn ich sitze und eins bin mit dem Kosmos, dann bin ich größer als die Sonne.


    Ganz wach!
    Ganz ernst!
    Ganz lebendig !
    Ganz aufmerksam!
    Ganz hoch!
    Ganz klar!
    Ganz tief!
    Ganz still !
    Ganz leer!
    Ganz voll!