Buddhismus ohne Meditation?

  • Ist Buddha-Dharma ohne Meditation noch Buddha-Dharma?


    Anders gefragt: Kann es einen authentischen Buddhismus ohne meditative Praxis geben?


    (Für die Zen-Fraktion: Ich zähle Zazen, Kinhin und die Achtsamkeitspraxis zu den Meditationsformen. Buddhistische Volksfrömmigkeit sollte in diesem Thread außen vor bleiben. Die kommt nämlich weitgehend ohne Meditation aus).


    LG
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Ja kann es. (Da ich Amida-Buddhismus und Nichiren-Buddhismus nicht zu Volksfrömmigkeit zähle).


    Aus meiner Sicht ist Meditation meist Ich-Praxis. Buddha Dharma ist keine Ich-Praxis.

  • Wenn der Achtfache Pfad für den Buddhismus relevant ist, dann ist müsste für Schulen ohne meditative Praxis folglich ein gestutzter Pfad gelten?


    Und:
    Wenn das Rezitieren von Mantras eine meditative Praxis ist, so wird auch im Nichiren meditiert.


    Onda

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    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()

  • Jinen:


    Aus meiner Sicht ist Meditation meist Ich-Praxis. Buddha Dharma ist keine Ich-Praxis.


    Sollte Meditation zu einer Zementierung (Stärkung) des Ichs führen, so darf sie im buddhistischen Sinne als gescheiterte Meditation gelten.
    "Nicht-Praxis" als Ausweg aus der Falle der "Ich-Praxis" scheint mir kein gangbarer Weg.


    Buddhistische Praxis ist eine Praxis der Geistesschulung. Im Rahmen dieser Geistesschulung soll im Wesentlichen erkannt werden: es gibt kein dauerhaftes, autonomes Ich. Weitere Schwerpunkte der Geistesschulung: Schulung der Fähigkeit zur Distanzierung von Gedanken und Gefühlen. Generelle Eindämmung der Kognition. Kultivierung von Mitgefühl.


    Onda

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  • Grund:

    Nicht-Meditation, kein Buddhismus, alles in Ordnung. 8)


    Natürlich ist das alles in Ordnung. Wir befinden uns hier allerdings in einem buddhistischen Forum.


    Meine Thesen:


    Keine Meditation = Kein Buddha-Dharma.


    Schulen ohne Meditation = keine buddhistischen Schulen


    Onda

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    Einmal editiert, zuletzt von Onda ()



  • Hallo Onda, meine Antwort lautet nein. Meditation ist ein wesentlicher Aspekt von Buddha Dharma (siehe 8 facher Pfad, Bodhicita u.s.w.). Ohne Meditation läßt sich Dharma nicht vertiefen, nicht verinnerlichen.


    LG
    Matthias

  • Onda:
    Grund:

    Nicht-Meditation, kein Buddhismus, alles in Ordnung. 8)


    Natürlich ist das alles in Ordnung. Wir befinden uns hier allerdings in einem buddhistischen Forum.
    Meine These: Keine Meditation = Kein Buddha-Dharma.


    Onda


    Ja genau. Keine Meditation, Kein Buddha-Dharma, vieles nicht in Ordnung. 8)

  • Onda:

    …Anders gefragt: Kann es einen authentischen Buddhismus ohne meditative Praxis geben?…


    Tante Wikipedia sagt:

    Zitat

    Authentizität (von gr. αυθεντικός authentikós „echt“; spätlateinisch authenticus „verbürgt, zuverlässig“) bedeutet Echtheit im Sinne von „als Original befunden“. Das Adjektiv zu Authentizität heißt authentisch.


    In Sinne der Zuspitzung auf authentisch im Sinne von »als Original befunden« sicher nicht.


    In dem etwas aus dem Ruder gelaufenen Thread »Sinn« war schon mal die Rede davon, welche Dinge (Mittel, Werkzeuge…) in einem Prozess zwischen einem Ausgangspunkt A und einem Ziel B sinnvoll sind, um B zu erreichen. Ob nun das Ziel B sinnvoll ist, war da nicht so wichtig.
    Wenn Buddhismus Ausgangspunkt und Ziel definiert (hier bin ich mir unsicher) und Meditation zur Klasse der (sinnvollen) Mittel und Werkzeuge gehört, dann könnte man durchaus empirisch hingehen, und das formulierte Ergebnis als Messlatte an einen Buddhismus ohne und an einen Buddhismus mit Meditation legen und somit bestimmen, ob das Ziel auch ohne erreichbar ist. Oder mit welchen Abstrichen, oder gar Vorteilen. Eine durchaus mutige Frage!


    Dazu müsste man sich auf der erkenntnistheoretischen Ebene natürlich außerhalb des Buddismus verorten. Ist das erlaubt? 8)


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Wenn Meditation und Buddhistsein dazu führt, hundertmillionen Buddhisten ihr Buddhistsein abzuerkennen, dann sagt das ja viel über Meditation aus. Wenn Meditation zur Intoleranz führt, dann....


    Ich kann mich nicht daran erinnern, daß im achtfachen Pfad von Dhyana die Rede ist.
    Es ist von sati die Rede, und von samadhi. Das Nembutsu und Daimoku und Zazen Samadhi ist, würd ich ja auch nicht bestreiten. Aber eben kein Geistestraining.
    Außerdem ist der Ausgang des achtfachen Pfades ja nicht Meditation, sondern rechtes Sehen, also die Verwirklichung, wirkliches Sehen, daß da kein ich, Selbst oder what ever ist.
    So gesehen "beginnt" für mich Shin am wesentlichen Punkt. Nur, daß da eben keine Trennung zwischen den Pfadgliedern ist. Nembutsu ist Verwirklichung des Sehens, da ist kein Ich, das etwas tun könnte, und gleichzeitig Samadhi. Nicht-Getrenntheit.

  • Auf mich hört ja keiner, deshalb sag ichs nochmal :lol: :


    Wenn Ihr nicht definiert, was Ihr unter "Meditation" versteht, könnt Ihr Euch tot diskutieren.
    Ich bin mir sicher, Jinens und Grunds Definition von "Meditation" ist nicht das, was unter hilfreicher Meditation zu verstehen ist.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Jinen:

    Wenn Meditation und Buddhistsein dazu führt, hundertmillionen Buddhisten ihr Buddhistsein abzuerkennen, dann sagt das ja viel über Meditation aus. Wenn Meditation zur Intoleranz führt, dann....


    Ich kann mich nicht daran erinnern, daß im achtfachen Pfad von Dhyana die Rede ist.
    Es ist von sati die Rede, und von samadhi. Das Nembutsu und Daimoku und Zazen Samadhi ist, würd ich ja auch nicht bestreiten. Aber eben kein Geistestraining.
    Außerdem ist der Ausgang des achtfachen Pfades ja nicht Meditation, sondern rechtes Sehen, also die Verwirklichung, wirkliches Sehen, daß da kein ich, Selbst oder what ever ist.
    So gesehen "beginnt" für mich Shin am wesentlichen Punkt. Nur, daß da eben keine Trennung zwischen den Pfadgliedern ist. Nembutsu ist Verwirklichung des Sehens, da ist kein Ich, das etwas tun könnte, und gleichzeitig Samadhi. Nicht-Getrenntheit.


    Aus Wikipedia:


    Vertiefungs-Gruppe: Ein gesammelter Geist (samādhi) ist Ziel dieser Glieder des Edlen Achtfachen Pfades. Sie beschreiben den Übungsweg zur Geistesschulung, insbesondere die Meditation.


    Rechtes Streben, Rechte Achtsamkeit und Rechte Sammlung gehören zur Vertiefungs-Gruppe.

  • Losang Lamo:

    Die Topics überschneiden sich jetzt. Hab grade zum Thema hier gepostet:


    Genau diese Diskussion wollte auch ich anregen, dies nur so nebenbei bemerkt:
    http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=2&t=9672


    Buddhismus ohne sammā samādhi ? Undenkbar ! Aber ist samma samadhi = Meditation ?


    Der Palikanon meint dazu:
    http://www.palikanon.com/buddh…buddhas/10wortbuddhas.htm
    Für die, die dies nicht alles lesen wollen hier nur der relevante Ausschnitt:


    Zitat

    ..... Die Erreichung der Vertiefungen ist keineswegs nötig zur Verwirklichung der vier überweltlichen Pfade des Sotāpanna, Sakadāgāmí, Anāgāmí und Arahat. Diese können nur gewonnen werden durch tiefen Hellblick (vipassanā) in die Vergänglichkeit, Unzulänglichkeit und Unpersönlichkeit alles Daseins.
    Wer, ohne eine der Vertiefungen gewonnen zu haben einen der vier überweltlichen Pfade verwirklicht, gilt als ein "auf bloßen Hellblick Gestützter" (suhkha-vipassaka) oder als einer "der den bloßen Hellblick als Vehikel hat" (sukkha-vipassanā-yānika); s. Vis. XVIII. Wer aber nach Erreichung einer oder mehrerer Vertiefungen den über weltlichen Pfad gewinnt, gilt als "einer, der die Gemütsruhe als Vehikel hat" (samatha-yānika).


    Meditation ist also nicht unbedingt nötig. Möglicherweise lenkt Meditaion viele Menschen sogar ab vom Wesentlichen.


    Promi

  • Guck, so einfach ist es? Man bekommt nur einen anderen Titel?
    Ahnt’ ich’s doch, dass da eine etwas größere Weisheit dahintersteckt…


    Und zur Begriffsdeinitionsnotwendigkeit – ist undere unmittelbare Erfahrung, unser eigenes Erleben nicht das, worum es geht? Auch beshreibend, erzählend? Und wenn überhaupt noch nötig, die kommunikative Verknüpfung mit Begriffen und vorgegebenen Strukturen erst danach?


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Meditation ist für mich Geistesschulung. Buddhismus ist für mich Geistesschulung.
    Die Beschäftigung mit Vergänglichkeit, Unzulänglichkeit und Unpersönlichkeit alles Daseins ist für mich
    ebenfalls Meditation und/oder Geistessschulung.


    Ergo: samadhi und vipassana sollten sich idealerweise ergänzen.


    LG
    Matthias


  • Meine Frage: Wie soll der Geist ohne Meditation zur Ruhe kommen und wie willst Du Klarsicht erreichen?

  • Anicca:

    Meine Frage: Wie soll der Geist ohne Meditation zur Ruhe kommen und wie willst Du Klarsicht erreichen?


    Und wenn es nun ein anderes Wirkprinzip gäbe, das den Geist zur Ruhe kommen ließe und zur Klarsicht führte, täte das dem Buddhismus einen Abbruch?


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • malsehen:
    Anicca:

    Meine Frage: Wie soll der Geist ohne Meditation zur Ruhe kommen und wie willst Du Klarsicht erreichen?


    Und wenn es nun ein anderes Wirkprinzip gäbe, das den Geist zur Ruhe kommen ließe und zur Klarsicht führte, täte das dem Buddhismus einen Abbruch?


    Gibt es denn ein anderes Wirkprinzip ( ohne Drogen! ) , dann lass es uns wissen.

  • Nicht, dass ich das so aus dem Ärmel schüttelte. Falls es mir wider Erwarten angelegentlich doch begegnen sollte, sicher gerne.
    Solcherart hypothetische Fragen dienen mir immer nur dazu, nötigenfalls einen gewissen Abstand zu einem Prinzip gewinnen zu können.


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Es gibt sicherlich Methoden zur Entspannung. Wenn man die alle auch Meditation nennt (man kann Begrifflichkeiten ja anwenden wie man will), dann stimmt das Schema "Meditation - > Ruhe", wobei ich jetzt Entspannung und Ruhe gleichgesetzt habe ... warum auch nicht? 8)
    Aber diese Methoden haben nicht nowendigerweise was mit dem ganzen Vorstellungsgebäude "Buddhismus" zu tun. Gott sei dank. 8)

  • M2 - Alle Triebe


    "1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Sāvatthī im Jeta Hain, dem Park des Anāthapiṇḍika auf. Dort richtete er sich folgendermaßen an die Bhikkhus: "Ihr Bhikkhus." - "Ehrwürdiger Herr", erwiderten sie. Der Erhabene sagte dieses:


    2. "Ihr Bhikkhus, ich werde euch einen Vortrag über die Zügelung der Triebe halten [1]. Hört zu und verfolgt aufmerksam, was ich sagen werde." - "Ja, ehrwürdiger Herr", erwiderten die Bhikkhus. Der Erhabene sagte dieses:


    (Zusammenfassung)


    3. "Ihr Bhikkhus, ich sage, die Vernichtung der Triebe gibt es für einen, der weiß und sieht, nicht für einen, der nicht weiß und sieht. Was weiß und sieht er zur Vernichtung der Triebe? Weises Erwägen und unweises Erwägen. Wenn jemand unweise erwägt, entstehen Triebe, die noch nicht entstanden sind, und Triebe, die bereits entstanden sind, nehmen zu. Wenn jemand weise erwägt, entstehen Triebe nicht, die noch nicht entstanden sind, und Triebe, die bereits entstanden sind, werden überwunden."


    4. "Ihr Bhikkhus,


    es gibt Triebe, die durch Sehen überwunden werden sollten.
    Es gibt Triebe, die durch Kontrolle überwunden werden sollten.
    Es gibt Triebe, die durch Gebrauch überwunden werden sollten.
    Es gibt Triebe, die durch Erdulden überwunden werden sollten.
    Es gibt Triebe, die durch Vermeiden überwunden werden sollten.
    Es gibt Triebe, die durch Entfernen überwunden werden sollten.
    Es gibt Triebe, die durch Entfalten überwunden werden sollten."


    (Triebe, die durch Sehen zu überwinden sind - Dassanā pahātabbāsavā)


    5. "Welche Triebe, ihr Bhikkhus, sollten durch Sehen [2] überwunden werden? Ihr Bhikkhus, ein nicht unterrichteter Weltling,


    der die Edlen nicht beachtet und in ihrem Dhamma nicht bewandert und geschult ist,
    der aufrechte Menschen nicht beachtet und in ihrem Dhamma nicht bewandert und geschult ist,
    versteht nicht, welche Dinge für das Erwägen geeignet sind, und welche Dinge für das Erwägen ungeeignet sind. Weil das so ist, erwägt er jene Dinge, die für das Erwägen ungeeignet sind, und erwägt jene Dinge nicht, die für das Erwägen geeignet sind."


    6. "Was sind die Dinge, die für das Erwägen ungeeignet sind, die er erwägt?


    Es sind Dinge, bei denen, wenn er sie erwägt, der noch nicht entstandene Sinnestrieb (kāmāsavo) in ihm entsteht und der bereits entstandene Sinnestrieb zunimmt,
    bei denen der noch nicht entstandene Werdenstrieb (bhavāsavo) in ihm entsteht und der bereits entstandene Werdenstrieb zunimmt,
    bei denen der noch nicht entstandene Unwissenheitstrieb (avijjāsavo) in ihm entsteht und der bereits entstandene Unwissenheitstrieb zunimmt.
    Dies sind die Dinge, die für das Erwägen ungeeignet sind, die er erwägt. Und was sind die Dinge, die für das Erwägen geeignet sind, die er nicht erwägt?


    Es sind Dinge, bei denen, wenn er sie erwägt, der noch nicht entstandene Sinnestrieb in ihm nicht entsteht und der bereits entstandene Sinnestrieb überwunden wird,
    bei denen der noch nicht entstandene Werdenstrieb in ihm nicht entsteht und der bereits entstandene Werdenstrieb überwunden wird,
    bei denen der noch nicht entstandene Unwissenheitstrieb in ihm nicht entsteht und der bereits entstandene Unwissenheitstrieb überwunden wird.
    Dies sind die Dinge, die für das Erwägen geeignet sind, die er nicht erwägt. Indem er Dinge erwägt, die für das Erwägen ungeeignet sind, und indem er Dinge nicht erwägt, die für das Erwägen geeignet sind, entstehen noch nicht entstandene Triebe in ihm, und bereits entstandene Triebe nehmen zu."


    7. "Auf solche Weise erwägt er unweise:


    'Gab es mich in der Vergangenheit?
    Gab es mich nicht in der Vergangenheit?
    Was war ich in der Vergangenheit?
    Wie war ich in der Vergangenheit?
    Was war ich, und was bin ich daraufhin in der Vergangenheit geworden?
    Wird es mich in der Zukunft geben?
    Wird es mich in der Zukunft nicht geben?
    Was werde ich in der Zukunft sein?
    Wie werde ich in der Zukunft sein?
    Was werde ich sein, und
    was werde ich daraufhin in der Zukunft werden?
    Oder ansonsten ist er über die Gegenwart verwirrt:


    'Bin ich?
    Bin ich nicht?
    Was bin ich?
    Wie bin ich?
    Wo kam dieses Wesen her?
    Wo wird es hingehen?'"
    8. "Wenn er auf solche Weise unweise erwägt, entsteht eine von sechs Ansichten in ihm.


    Die Ansicht 'für mich gibt es ein Selbst' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    die Ansicht 'für mich gibt es kein Selbst' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    die Ansicht 'ich nehme Selbst mit Selbst wahr' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    die Ansicht 'ich nehme Nicht-Selbst mit Selbst wahr' entsteht in ihm als wahr und erwiesen;
    oder die Ansicht 'ich nehme Selbst mit Nicht-Selbst wahr' entsteht in ihm als wahr und erwiesen; oder
    ansonsten hat er eine Ansicht wie diese: 'Es ist dieses mein Selbst, das da spricht und fühlt und hier und da die Ergebnisse guter und schlechter Taten erfährt; aber dieses mein Selbst ist unvergänglich, dauerhaft, ewig, nicht der Vergänglichkeit unterworfen, und es wird so lange wie die Ewigkeit überdauern' [4].
    Diese spekulative Ansicht, ihr Bhikkhus, wird das Dickicht der Ansichten genannt, die Wildnis der Ansichten, die Verdrehtheit der Ansichten, der Wankelmut der Ansichten, die Fessel der Ansichten. Durch die Fessel der Ansichten gebunden, ist der nicht unterrichtete Weltling nicht befreit von Geburt, Alter und Tod, von Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung; er ist nicht befreit von Dukkha, sage ich."


    9. "Ihr Bhikkhus, ein wohlunterrichteter edler Schüler, der die Edlen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, der aufrechte Menschen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, versteht, welche Dinge für das Erwägen geeignet sind, und welche Dinge für das Erwägen ungeeignet sind. Weil das so ist, erwägt er jene Dinge nicht, die für das Erwägen ungeeignet sind, und erwägt jene Dinge, die für das Erwägen geeignet sind."


    10. "Was sind die Dinge, die für das Erwägen ungeeignet sind, die er nicht erwägt? Es sind Dinge,


    bei denen, wenn er sie erwägt, der noch nicht entstandene Sinnestrieb in ihm entsteht und der bereits entstandene Sinnestrieb zunimmt,
    bei denen der noch nicht entstandene Werdenstrieb in ihm entsteht und der bereits entstandene Werdenstrieb zunimmt,
    bei denen der noch nicht entstandene Unwissenheitstrieb in ihm entsteht und der bereits entstandene Unwissenheitstrieb zunimmt.
    Dies sind die Dinge, die für das Erwägen ungeeignet sind, die er nicht erwägt. Und was sind die Dinge, die für das Erwägen geeignet sind, die er erwägt? Es sind Dinge,


    bei denen, wenn er se erwägt, der noch nicht entstandene Sinnestrieb in ihm nicht entsteht und der bereits entstandene Sinnestrieb überwunden wird,
    bei denen der noch nicht entstandene Werdenstrieb in ihm nicht entsteht und der bereits entstandene Werdenstrieb überwunden wird,
    bei denen der noch nicht entstandene Unwissenheitstrieb in ihm nicht entsteht und der bereits entstandene Unwissenheitstrieb überwunden wird.
    Dies sind die Dinge, die für das Erwägen geeignet sind, die er erwägt. Indem er Dinge nicht erwägt, die für das Erwägen ungeeignet sind, und indem er Dinge erwägt, die für das Erwägen geeignet sind, entstehen noch nicht entstandene Triebe nicht in ihm, und bereits entstandene Triebe werden überwunden."


    11. "Er erwägt weise: 'Dies ist Dukkha'; er erwägt weise: 'Dies ist der Ursprung von Dukkha'; er erwägt weise: 'Dies ist das Aufhören von Dukkha'; er erwägt weise: 'Dies ist der Weg, der zum Aufhören von Dukkha führt' [5]. Wenn er auf solche Art weise erwägt, werden drei Fesseln in ihm überwunden:


    Persönlichkeitsansicht,
    Zweifel, und
    Anhaften an Regeln und Ritualen.
    Diese nennt man die Triebe, die durch Sehen überwunden werden sollten [6]."



    (Triebe, die durch Kontrolle zu überwinden sind)


    12. "Welche Triebe, ihr Bhikkhus, sollten durch Kontrolle überwunden werden?


    Da verweilt ein Bhikkhu weise betrachtend mit kontrolliertem Sehsinn. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der mit nicht kontrolliertem Sehsinn verweilt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der mit kontrolliertem Sehsinn verweilt [7].
    Weise betrachtend verweilt er mit kontrolliertem Hörsinn. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der mit nicht kontrolliertem Hörsinn verweilt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der mit kontrolliertem Hörsinn verweilt.
    Weise betrachtend verweilt er mit kontrolliertem Geruchssinn. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der mit nicht kontrolliertem Geruchssinn verweilt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der mit kontrolliertem Geruchssinn verweilt.
    Weise betrachtend verweilt er mit kontrolliertem Geschmackssinn. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der mit nicht kontrolliertem Geschmackssinn verweilt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der mit kontrolliertem Geschmackssinn verweilt.
    Weise betrachtend verweilt er mit kontrolliertem Berührungssinn. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der mit nicht kontrolliertem Berührungssinn verweilt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der mit kontrolliertem Berührungssinn verweilt.
    Weise betrachtend verweilt er mit kontrolliertem Geistsinn. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der mit nicht kontrolliertem Geistsinn verweilt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der mit kontrolliertem Geistsinn verweilt.
    Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der mit nicht kontrollierten Sinnen verweilt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der mit kontrollierten Sinnen verweilt. Diese nennt man die Triebe, die durch Kontrolle überwunden werden sollten."



    (Triebe, die durch Gebrauch zu überwinden sind)


    13. "Welche Triebe, ihr Bhikkhus, sollten durch Gebrauch überwunden werden? Da benutzt ein Bhikkhu weise betrachtend die Robe nur zum Schutz vor Kälte, zum Schutz vor Hitze, zum Schutz vor dem Kontakt mit Stechfliegen, Moskitos, Wind, Sonne und Kriechtieren, und nur, um die Schamteile zu bedecken."


    14. "Weise betrachtend benutzt er Almosenspeise, weder zum Spaß, noch zur Berauschung, noch zum Schmücken, noch zur Verschönerung, sondern nur, um diesen Körper am Leben zu erhalten, ihn zu ernähren, um Unbehagen zu beenden und das heilige Leben zu unterstützen, indem er erwägt: 'So werde ich alte Gefühle beenden, ohne neue Gefühle hervorzurufen [8], und ich werde gesund und ohne Tadel sein und ich werde ein leichtes Leben haben.'"


    15. "Weise betrachtend benutzt er die Lagerstätte nur zum Schutz vor Kälte, zum Schutz vor Hitze, zum Schutz vor dem Kontakt mit Stechfliegen, Moskitos, Wind, Sonne und Kriechtieren, und nur um die Unbillen des Wetters abzuwehren und um sich der Zurückgezogenheit zu erfreuen."


    16. "Weise betrachtend benutzt er krankheitsbedingte Medikamente und Requisiten, nur zum Schutz vor entstandenen leidhaften Gefühlen und zum Wohle guter Gesundheit. [9]"


    17. "Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der die Requisiten nicht so benutzt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der sie so benutzt. Diese nennt man die Triebe, die durch Gebrauch überwunden werden sollten."



    (Triebe, die durch Erdulden zu überwinden sind)


    18. "Welche Triebe, ihr Bhikkhus, sollten durch Erdulden überwunden werden? Weise betrachtend erträgt da ein Bhikkhu Kälte und Hitze, Hunger und Durst, und Kontakt mit Stechfliegen, Moskitos, Wind, Sonne und Kriechtieren; er erträgt böswillige, unwillkommene Worte und entstandene körperliche Gefühle, die schmerzhaft, quälend, scharf, bohrend, unangenehm, schmerzlich und lebensbedrohlich sind. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der solche Dinge nicht erduldet, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der sie erduldet. Diese nennt man die Triebe, die durch Erdulden überwunden werden sollten."



    (Triebe, die durch Vermeiden zu überwinden sind)


    19. "Welche Triebe, ihr Bhikkhus, sollten durch Vermeiden überwunden werden? Weise betrachtend vermeidet da ein Bhikkhu einen wilden Elefanten, ein wildes Pferd, einen wilden Bullen, einen wilden Hund, eine Schlange, einen Stumpf, ein Dornengestrüpp, einen Abgrund, eine Klippe, eine Müllgrube, eine Kloake. Mit weiser Erwägung vermeidet er, auf ungeeigneten Sitzen Platz zu nehmen, zu ungeeigneten Lagerstätten zu wandern [10], und sich mit schlechten Freunden abzugeben, da ihn weise Gefährten im heiligen Leben eines üblen Verhaltens verdächtigen könnten, wenn er dies täte. Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der diese Dinge nicht vermeidet, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der sie vermeidet. Diese nennt man die Triebe, die durch Vermeiden überwunden werden sollten."



    ((Triebe, die durch Entfernen zu überwinden sind)


    20. "Welche Triebe, ihr Bhikkhus, sollten durch Entfernen überwunden werden?


    Weise betrachtend duldet da ein Bhikkhu einen entstandenen Gedanken der Sinnesbegierde nicht; er überwindet ihn, entfernt ihn, beseitigt ihn und vernichtet ihn.
    Er duldet einen entstandenen Gedanken des Übelwollens nicht; er überwindet ihn, entfernt ihn, beseitigt ihn und vernichtet ihn.
    Er duldet einen entstandenen Gedanken der Grausamkeit nicht; er überwindet ihn, entfernt ihn, beseitigt ihn und vernichtet ihn.
    Er duldet entstandene üble unheilsame Zustände nicht; er überwindet sie, entfernt sie, beseitigt sie und vernichtet sie.
    Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der diese Dinge nicht entfernt, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der sie entfernt. Diese nennt man die Triebe, die durch Entfernen überwunden werden sollten."



    (Triebe, die durch Entfalten zu überwinden sind)


    21. "Welche Triebe, ihr Bhikkhus, sollten durch Entfalten überwunden werden?


    Weise betrachtend entfaltet da ein Bhikkhu das Erleuchtungsglied der Achtsamkeit, das von Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert wird und zum Loslassen [11] führt.
    Er entfaltet das Erleuchtungsglied der Wirklichkeitsergründung, das von Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert wird und zum Loslassen führt.
    Er entfaltet das Erleuchtungsglied der Energie, das von Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert wird und zum Loslassen führt.
    Er entfaltet das Erleuchtungsglied der Verzückung, das von Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert wird und zum Loslassen führt.
    Er entfaltet das Erleuchtungsglied der Stille, das von Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert wird und zum Loslassen führt.
    Er entfaltet das Erleuchtungsglied der Konzentration, das von Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert wird und zum Loslassen führt.
    Er entfaltet das Erleuchtungsglied des Gleichmuts, das von Abgeschiedenheit, Lossagung und Aufhören gefördert wird und zum Loslassen führt.
    Während Triebe, Ärger und Fieber in einem entstehen könnten, der diese Erleuchtungsglieder nicht entfaltet, gibt es keine Triebe, keinen Ärger oder Fieber in einem, der sie entfaltet. Diese nennt man die Triebe, die durch Entfalten überwunden werden sollten [12]."



    (Schluß)


    22. "Ihr Bhikkhus, wenn bei einem Bhikkhu die Triebe,


    die durch Sehen überwunden werden sollten, durch Sehen überwunden worden sind,
    wenn die Triebe, die durch Kontrolle überwunden werden sollten, durch Kontrolle überwunden worden sind,
    wenn die Triebe, die durch Gebrauch überwunden werden sollten, durch Gebrauch überwunden worden sind,
    wenn die Triebe, die durch Erdulden überwunden werden sollten, durch Erdulden überwunden worden sind,
    wenn die Triebe, die durch Vermeiden überwunden werden sollten, durch Vermeiden überwunden worden sind,
    wenn die Triebe, die durch Entfernen überwunden werden sollten, durch Entfernen überwunden worden sind,
    wenn die Triebe, die durch Entfalten überwunden werden sollten, durch Entfalten überwunden worden sind -
    dann wird er ein Bhikkhu genannt, der gezügelt mit der Zügelung aller Triebe weilt. Er hat das Begehren abgeschnitten, die Fesseln [13] abgeworfen und mit der völligen Durchdringung des (Ich-)Dünkels hat er Dukkha ein Ende gemacht." "


    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m002z.html

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Anicca:

    Meine Frage: Wie soll der Geist ohne Meditation zur Ruhe kommen und wie willst Du Klarsicht erreichen?


    Eka bat Bodhidharma: "Mein Geist ist nicht in Frieden. Bitte Meister, befriedet ihn für mich." Bodhidharma sagte daraufhin: "Bring mir deinen Geist her, dann werde ich ihm für dich Frieden geben." Eka schwieg eine Zeit lang und sagte dann: "Ich habe nach ihm gesucht, kann ihn aber nicht finden." Bodhidharma sagte: "Ich habe ihn für dich befriedet."

  • Halli un d Hallo,


    hm, als ich mir die einzelnen Zeilen zu diesem Thema gelesen hatte und danach alle Meinungen für relavant und nüztlich fand, konnte ich sie auch schnell wieder verwefen.
    Ich denke auch, dass eine Difinition was den nun Meditation ausmacht bzw. auch den Namen verdient, wenn ich dies oder jenes umsetzen kann für genauso schwierig, wie "Buddhismus ohne Dharma. Egal warum man sich mit dem Buddhismus als solches beschäftigt-aus welcher Richtung bzw. Hauptmotivation sich ihm nährt, ohne gewisse Entspanungübungen fallen auch selbst provane Dinge des menschlichen Lebens "schwerer", oder könnten es. Dies hängt natürlich von der mentalen Grundkonstitution jeden einzelnen ab und seines Kohärenzverständnisses.
    Die eine schauen sich ein Aquarium über längere Zeit mit Begeisterung an und kommen runter, wenn es das Bewusstsein zu lässt erkennen sie Zusammenhänge in diesem Biotop und übertragen diese auf Zusammenhänge, die als Metapher dienen können und im Kontext zum Dharma stehen. Bei anderen geschieht es umgekehrt, sie haben eine gesunde und somit positive Erkenntnis aus den Zusammenhängen eines Aquariums für sich im Bewusstsein und deren Schlüsselaspekte auf das provane und/oder spirituelle Leben und nutzen dieses Biotop um zur Ruhe zu kommen.

    Beste Grüße Michel

  • Anicca:


    Meine Frage: Wie soll der Geist ohne Meditation zur Ruhe kommen und wie willst Du Klarsicht erreichen?


    Zum ersten Teil der Frage: "Wie soll der Geist ohne Meditation zur Ruhe kommen"


    Der Geist gibt erst dann wirklich Ruhe, wenn Upekkhā (Gleichmut, nicht zu verwechseln mit shamatha (Geistesruhe)) erreicht ist. Hierzu braucht es mehr als 'samma samadhi'.


    Zum zweiten Teil: "wie willst Du Klarsicht erreichen" Ich nehme an Du meinst 'Vipassana'
    http://www.palikanon.com/wtb/vipassana.html:


    Da gibt es eben die drei Möglichkeiten, die ich zitiert habe:
    1. "auf bloßen Hellblick Gestützter" (suhkha-vipassaka) = rein intellektueller Zugang.
    2. "der den bloßen Hellblick als Vehikel hat" (sukkha-vipassanā-yānika) = kontemplativer Zugang.
    3. "einer, der die Gemütsruhe als Vehikel hat" (samatha-yānika) = meditativ [psychoanalytischer] Zugang. Buddhistisch ausschliesslich Anapanasati und vipassana Meditation.


    Bei der 3. Variante lauern allerdings zwei grosse Gefahren, welche 'Hellblick' verunmöglichen:


    1. 'Piti' (Verzückung) und
    2. 'samvega' (schwierig zu übersetzen: Das erdrückende Gefühl von Schreck, Entsetzen und Entfremdung, das mit der Einsicht in die Nutz- und Bedeutungslosigkeit des Lebens, wie es normalerweise gelebt wird, einhergeht verbunden mit dem ernüchternden Gefühl unserer Selbstzufriedenheit und Torheit, die uns so blind durchs Leben hat stolpern lassen was schließlich ein Gefühl von Angst und Dringlichkeit, den Weg aus diesem sinnlosen Kreislauf zu finden bewirkt. Wird übrigens von vielen allzu oft mit Erwachen/Erleuchtung verwechselt :!: )


    Promi

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