Reflektionen zur "reinen Lehre"

  • Die Idee der "reine Lehre" widerspricht dem buddhistischen Gedanken des Bedingten Entstehens und damit auch dem Konzept der "Leerheit" (sunyatta, was man auch mit "Allverbundenheit" übersetzen kann). Alle irdischen Phänomene sind bedingt, das heißt sie stehen in einem komplexen Netz gegenseitiger Abhängigkeiten/Beziehungen. Und die Lehre (der Dharma) ist solch ein ein irdisches Phänomen.


    Eine "Reine Lehre", das wäre so etwas wie eine "Lehre an sich", die außerhalb jeder Bedingtheit stehen würde. So etwas kann es nicht geben. Eine Lehre besteht nie nur für sich, unabhängig von den sie Praktizierenden, sondern sie manifestiert sich erst (und ausschließlich?) im Akt der Praxis, der immer auch ein Akt der Interpretation/Deutung ist. Darum kann/konnte der Dharma nie zu einem ewig gültigen Text gerinnen. Er manifestiert sich primär in der Praxis derjenigen, die dem Dharma folgen und entsteht in jedem Praktizierenden stets von neuem.


    Ein Text steht überdies auch nie für sich, im Akt der Lektüre zeigt sich die gegenseitige Abhängigkeit von Text und Leser. Ein Text ist nie etwas Eindeutiges, Unmissverständliches. Ein Text ist aus uneindeutigen Begriffen und Konzepten komponiert. Streng genommen bedeutet das: 10 Leser, zehn Lektüren, zehn Lesarten. Mit dieser Feststellung soll der Willkür nicht Tür und Tor geöffnet werden. Man bedenke aber, dass auch präzis formulierte Gesetzestexte immer der Auslegung durch Richter bedürfen. Wären diese Texte eindeutig, könnte man sich die Richter sparen und durch lesegeschulte Erfüllungsgehilfen ersetzen. Was für Gesetzestexte, die ein Maximum an Präzision aufweisen gilt, muss erst recht für Texte aus religiösen Traditionen gelten, die mit Bildern, Symbolen und Metaphern arbeiten. Ebensowenig wie sich ein "Reines Gesetz" unmittelbar und eindeutig im Gesetzestext manfestiert, gerinnt im Kanon die "reine Lehre". Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass wir es hier lediglich mit (mehrdeutigen) Konzepten und Begriffen zu tun haben, die nur einen oberflächlichen Einblick in die Tiefe unseres Seins gewähren.


    LG
    ONda

  • Nähmen wir an, solche fixen Ideen :arrow:



    Aiko:


    Das ganze Universum ist "vom Himmel gefallen" - . Weder ist ein Anfang, noch ein Ende auszumachen - weder kann ein Mensch sich zum Buddha machen, noch zum Dharma, noch zur Sangha.


    hätten nicht ihren Ausgangsapunkt im Dharma, sondern einfach in der kruden Denkweise verschiedener Buddhisten. Du wirst das eine vom anderen bei den spezifischen Leuten nicht voneinander trennen können. Sie glauben nämlich, den Dharma verwirklicht zu haben, somit sind sie Träger des Dharmas und des Dramas, was wir allgemein Hybris nennen. Denn es gibt nun wirklich niemanden mehr, der sie oder ihre Inhalte relativieren könnte. Außer man bestünde darauf, daß sie Wunder täten. Aber ehrlich, darf man Gott versuchen? 8)

    Einst wurde der Buddha gefragt, ob er Fehler mache. Er antwortete:" Ja, ich mache Fehler, jeden Tag!"

  • Onda:

    Eine "Reine Lehre", das wäre so etwas wie eine "Lehre an sich", die außerhalb jeder Bedingtheit stehen würde. So etwas kann es nicht geben.


    Jetzt weiß ich endlich mal was einer unter einer "reinen Lehre" versteht.
    Nein, so eine kann es nicht geben. Hatte jemand behauptet der Buddha
    habe sowas gelehrt? Man kann unter der "reinen Lehre" aber auch was anderes verstehen.

  • Der Buddhismus scheint gerade uns Westler immer wieder zu exessiven Debatten zu verführen (aber es scheint, in Indien war das damals auch nicht anders...) und zu einem letztlich fruchtlosen und eitlen Spiel mit Konzepten. l'art pour l'art - mot pour mot.


    LG
    Onda

  • accinca:

    Man kann unter der "reinen Lehre" aber auch was anderes verstehen.


    Etwa?

  • Onda willst Du nun etwa behaupten, die "Reine Lehre" gäbe es nicht, willst du etwa behaupten dass man zB als Theravadin nicht mehr behaupten solle, dass der Palikanon die "Reine Lehre" wiedergibt? Willst Du behaupten dass es fast unerheblich ist ob bei der Niederschrift des Palikanon 500 Jahre nach dem Tod von Gautama Siddharta wirklich Wort Wörtlich war? Soll ich nun wirklich glauben, dass im Palikanon nicht wörtlich Buddhas Reden wiedergegeben werden, bzw dass es sogar unerheblich ist ob sie Wörtlich stimmen oder nicht?


    Für mich persönlich ist das ja nicht so wichtig, ich habe das ja schon


    nyalaana:

    "
    Öfters lese ich den Begriff der "reinen Lehre". Ich halte das für ein sehr komisches Konzept. Buddhas Reden wurden Jarhunderte nach seinem Tod aufgeschrieben. Viele Meister haben eigene Schriften und Kommentare verfasst. Wenn nun einer meint seine Lehre wäre reiner als das was ein anderer macht, nun gut, soll er das meinen. Ich finde es schön wenn man das System, die Linie und die Lehrer findet welche für einen passen. Mein Meister sagte "be happy" (sei glücklich) und "pure Dharma is when you learn something, when there is developement" ( reiner Dharma ist wenn man etwas lernt wenn eine Entwicklung stattfindet). Da die Menschen aber unterschiedlich sind finde ich es nur logisch wenn das eine System bei dem einen Menschen nicht so zur Entwicklung geeignet ist wie ein anderes System. Jetzt aber davon zu sprechen dass die Leute die nicht in gleicher Weise von meinem eigenen System profitieren wie ich , die mit einem anderen System besser zurecht kommen, denen zu sagen ihre Lehre wäre nicht rein. Also das finde ich unpassend wenn nichtg sogar fast schon überheblich.


    in einem anderen Thread dargestellt.

  • und wenn es dann nicht nur zu einem oberflächlicher Blick auf die innere Tiefe unseres Selbst sondern aus den Tiefen unseres Selbst kommt ist sie wieder da die reine Lehre.
    Keine "Richtigstellung", kein Rechtfertigen mehr Notwendig, nur noch freude am Fabulieren und Streiten. So macht nicht verstanden werden auch noch einen Teil der reinen Lehre aus.

  • Nerd:

    Einst wurde der Buddha gefragt, ob er Fehler mache. Er antwortete:" Ja, ich mache Fehler, jeden Tag!"
    So etwas ähnliches gibts im Buddhismus. Nennt sich Tantrismus........


    Bei einem Buddha mit so vielen Fehlern jeden Tag, bleibt Tantrismus nicht aus. Das verstehe ich gut.

  • accinca:
    Nerd:

    Einst wurde der Buddha gefragt, ob er Fehler mache. Er antwortete:" Ja, ich mache Fehler, jeden Tag!"
    So etwas ähnliches gibts im Buddhismus. Nennt sich Tantrismus........


    Bei einem Buddha mit so vielen Fehlern jeden Tag, bleibt Tantrismus nicht aus. Das verstehe ich gut.


    Hey, hey :D jetzt wollen wir mal nicht unfair werden, gell? Ich sag dir was: es funktioniert trotzdem :grinsen:

    Kein "Ich" - keine Probleme.

  • Onda:

    dass wir es hier lediglich mit (mehrdeutigen) Konzepten und Begriffen zu tun haben, die nur einen oberflächlichen Einblick in die Tiefe unseres Seins gewähren.


    Ich teile diese Ansicht völlig aber:


    Die "reine Lehre" ist, wie du sagst eine Idee (http://de.wikipedia.org/wiki/Ideenlehre). Es ist weder möglich diese mit den Sinnen noch in der Vernunft zu erfassen.


    Ich bin überzeugt davon, dass die "reine Lehre" in jedem von uns, z.B. als kollektives Unbewusstes (http://de.wikipedia.org/wiki/Kollektives_Unbewusstes) steckt, sie muss nur "ausgegraben" werden (unter den Anhaftungen, den 10 niederzehrenden Fesseln etc.).
    Buddha erteilt lediglich Ratschläge wie man diese Idee im eigenen Selbst erfahren kann, z.B. mit Meditation. Allein aus dem Studium der Schriften kommt man nicht mal in die Nähe der "reinen Leere [sig!]"
    Als Lohn der Anstrengung gelangt man auf dem Weg (dhamma) dorthin zu einer Läuterung der eigenen Persönlichkeit indem man sich Schritt für Schritt von den "niederzehrenden Fesseln" befreit.


    Gruss Bakram

  • Hi Onda,
    unter der "Reinen Lehre" verstehe ich, die Lehre ohne Schnörkel und Tamtam. Einfach die 4 Edlen Wahrheiten, und gut. Einfach Sitzen, und gut. Ohne den ganzen Auf- und Umbau drumherum, damit sie schmackhaft gemacht wird.
    Soviel ich weiß, kommt dieser Begriff aus dem Zen-Buddhismus und steht für Klarheit und Durchdrungensein. So jedenfalls habe ich es verstanden. Natürlich kommst Du in diesen "Genuss" erst, wenn Du Dich von allen möglichen Illusionen frei gemacht hast.
    Dann beginnt die "Reine Lehre". :D
    _()_ Monika

  • accinca:
    Nerd:

    Einst wurde der Buddha gefragt, ob er Fehler mache. Er antwortete:" Ja, ich mache Fehler, jeden Tag!"
    So etwas ähnliches gibts im Buddhismus. Nennt sich Tantrismus........


    Bei einem Buddha mit so vielen Fehlern jeden Tag, bleibt Tantrismus nicht aus. Das verstehe ich gut.


    Nur weil ich kein Deutscher bin, mußt Du dir nicht lustig machen über mich.

    Einst wurde der Buddha gefragt, ob er Fehler mache. Er antwortete:" Ja, ich mache Fehler, jeden Tag!"

  • Onda:
    accinca:

    Man kann unter der "reinen Lehre" aber auch was anderes verstehen.


    Etwa?


    Z.B. rein von verfälschenden anderen Lehren.

  • Nerd:

    Nur weil ich kein Deutscher bin, mußt Du dir nicht lustig machen über mich.


    Ich mache mich nicht lustig über dich. Deutscher zu sein muß weder vor noch Nachteil sein.

  • "reine Lehre",
    Reine Lehre ist faktisch nicht möglich - in keinem Kontext und keiner Religion. Reine Lehre würde bedeuten "pure spirit" reine göttlichkeit. Reine Göttlichkeit kann ein Mensch empfangen, wenn er empfänglich dafür ist. Sobald jemand dieses kommuniziert, muß dieses Göttlichkeit auf irdisches Niveau gebracht werden. Bereits durch die sprachliche Formulierung (mündlich oder schriftlich) geht die Reinheit der Göttlichkeit verloren. Auch muß derjenige der die formulierte Lehre empfängt diese auch verstehen und schon geht ein weiterer Teil der Reinheit flöten. Formuliert derjenige die empfangene Lehre für einen Dritten geht ein weiterer Teil der Reinheit flöten und ... , und ... und... .
    Reinheit ist generell auf Erden nicht möglich und eine Utopie. Bitte bedenkt doch auch, dass unsere Göttlichkeit durchaus vertraut ist mit den Gesetzen auf der Erde und gar keine Lehre mit unbegrenzter Haltbarkeit abgeben will oder wollte.
    The Times, they are a changing ;)
    Gruß
    Bishafu

  • Bishafu_2:

    Bereits durch die sprachliche Formulierung (mündlich oder schriftlich) geht die Reinheit der Göttlichkeit verloren. Auch muß derjenige der die formulierte Lehre empfängt diese auch verstehen und schon geht ein weiterer Teil der Reinheit flöten. Formuliert derjenige die empfangene Lehre für einen Dritten geht ein weiterer Teil der Reinheit flöten und ... , und ... und... .


    Ja, Bishafu, wo die Formulierung beginnt, ist's vorbei mit der "Reinheit".
    LG
    Onda

  • Onda:
    Bishafu_2:

    Bereits durch die sprachliche Formulierung (mündlich oder schriftlich) geht die Reinheit der Göttlichkeit verloren. Auch muß derjenige der die formulierte Lehre empfängt diese auch verstehen und schon geht ein weiterer Teil der Reinheit flöten. Formuliert derjenige die empfangene Lehre für einen Dritten geht ein weiterer Teil der Reinheit flöten und ... , und ... und... .


    Ja, Bishafu, wo die Formulierung beginnt, ist's vorbei mit der "Reinheit".
    LG
    Onda


    der rest wird dann durch die institutionalisierung vollendet :)

  • Nunja, fangen wir doch heute endlich mal an die Sprüche von Johann Sebastian Bach niederzuschreiben (17.Jhd.)


    Ok jetzt kennen vielleicht kaum noch Leute seine Sprüche , ABER sie wissen warum er berühmt wurde, der Kern seiner Bekannheit ist seine Musik.
    So sehe ich es auch beim Buddha, er wurde berühmt für das lehren des Erwachens, Nicht-Ich und die 4 edlen Wahrheiten.
    Das ist der kern, nehmt Buddha dies und es bleibt keine buddhistische Lehre.


    Allerdings stellt sich noch eine andere Frage, nämlich warum Buddha ?


    Warum folgt man nicht der Lehre früherer meditativer Lehrer, Yogis und Weiser ? Es gab lange vor Gautama Menschen, das Leben, Weise, Gurus, Schamanen, Druiden usw...
    Und nach ihm auch.
    Sie alle Waren Menschen, die einen mehr vergöttlicht, die anderen weniger, Heraklit lehrte wie Buddha die Vergänglichkeit und den Wandel aller Dinge wurde aber nicht so "Erhaben".
    Daoisten Buddhisten und Yogis meditieren, sie alle interpretieren ihre Wahrheiten /Weisheiten anders, wem folgen?


    Die beste Antwort darauf (für mich) liegt im ZEN , selbst meditieren, selbst nachforschen und wenn Buddha recht hatte dann kommt als Ergebnis die 4 edlen Wahrheiten heraus, ganz natürlich.

    Nibbana:..Befreit von der Zuordnung durch Form, Vaccha, ist der Tathagata tief, grenzenlos, hart auszuloten, wie die See. 'Wiedererscheinen', ist nicht anwendbar. 'Nicht wiedererscheinen',ist nicht anwendbar... MN72 (http://zugangzureinsicht.org/)

  • Onda:

    Es kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass wir es hier lediglich mit (mehrdeutigen) Konzepten und Begriffen zu tun haben, die nur einen oberflächlichen Einblick in die Tiefe unseres Seins gewähren.


    Was is denn das ... "die Tiefe unseres Seins"? Gewähre doch wenigstens "einen oberflächlichen Einblick", was das sein soll.



    Grüße
    TM


  • Richtig ! Sehr gut ! :idea:

  • monikamarie:

    Hi Onda,
    unter der "Reinen Lehre" verstehe ich, die Lehre ohne Schnörkel und Tamtam. Einfach die 4 Edlen Wahrheiten, und gut. Einfach Sitzen, und gut. Ohne den ganzen Auf- und Umbau drumherum, damit sie schmackhaft gemacht wird.
    Soviel ich weiß, kommt dieser Begriff aus dem Zen-Buddhismus und steht für Klarheit und Durchdrungensein. So jedenfalls habe ich es verstanden. Natürlich kommst Du in diesen "Genuss" erst, wenn Du Dich von allen möglichen Illusionen frei gemacht hast.
    Dann beginnt die "Reine Lehre". :D
    _()_ Monika


    Freu ! Sehr gut ! :idea:

  • Die reine Lehre ist unser "ursprüngliches Gesicht ".
    Sie kann nicht vollständig mitgeteilt werden im Irdischen, ebensowenig auf anderen Existenzfeldern.
    Und doch existiert sie.
    In ihrer vollkommenen Ganzheit wird sie erst unmittelbar aus einer völlig ganzheitlichen Sicht erkannt.
    Die Lehre ist sehr klar, differenziert dargelegt in den großen Schriften und man kann sie als reine Lehre definieren.
    In ihrer letzten, diamantenen Wahrheit erkennen wir sie aber erst durch VERWIRKLICHUNG.
    VERWIRKLCHUNG und reine Lehre sind eins - unser "ursprüngliches Gesicht": weisheit... ( mitgefühl... gleichmut )


    zen kann von reiner lehre sprechen und sie gleichzeitig verwerfen, um spekulationen zu vermeiden.

  • TMingyur:


    Was is denn das ... "die Tiefe unseres Seins"? Gewähre doch wenigstens "einen oberflächlichen Einblick", was das sein soll.


    Grüße
    TM


    Dass du keinen Sinn für Humor hast, musste ich leider schon feststellen. Offensichtlich auch keinerlei Sinn für Poesie!
    "Die Tiefe des Seins" - das ist u.a. just jene Dimension des Seins, zu der der Buddha erwacht ist!
    Onda

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