" Die Einführungsstufe
>Ein Wunsch entsteht und hört wieder auf zu existieren.
Ein Anhaften entsteht und wieder auf zu existieren.<
Diese Beobachtung kann so erklärt werden:
Der Gedanke, sich selbst von einer Krankheit zu befreien,
ist ein Wunsch. Wenn der Gedanke auftaucht, entsteht der
Wunsch. Die Krankheit besteht hier in einem einzigen obsessiven
Wunsch. Doch der Gedanke, sich von ihr zu befreien, ist selbst
ein Wunsch. Also versucht jemand, sich durch einen Wunsch
von einem Wunsch zu trennen. Wenn man den Wunsch los ist, hört
er auf zu existieren. Darum heißt es: >Ein Wunsch taucht auf und
hört wieder auf zu existieren.<
Wenn die Krankheit, die in einem Wunsch zurückbleibt, mittels
eines Wunsches beseitigt wird, dann hören sowohl der Wunsch, die
Krankheit loszuwerden, als auch der Wunsch, sie los zu sein, auf
zu existieren. Das wird durch das Sprichwort ausgedrückt:
>Beseitige einen Keil mit Hilfe eines Keils.< Wenn ein Keil nicht
herausgezogen werden kann, kannst du ihn herausbekommen, indem
du mit einem anderen Keil seitlich daraufschlägst und ihn so
lockerst. Ist der erste Keil heraus, wird auch der zweite, der
hineingeschlagen wurde, nicht zurückbleiben.
Gleichermaßen wird der Wunsch, eine Krankheit loszuwerden,
nicht zurückbleiben, ist man diese erst einmal los.
Der Wunsch, eine Krankheit loszuwerden, entsteht durch ein Anhaften
an der Krankheit; doch ist diese verschwunden, wird auch kein
Anhaften zurückbleiben. Daher die Beobachtung: >Ein Anhaften entsteht
und hört wieder auf zu existieren.<
Die letzte Stufe
Auf der letzten Stufe hilft es, keinerlei Gedanken daran zu hegen
eine Krankheit loswerden zu wollen, um diese zu beseitigen. Der
Gedanke, eine Krankheit loswerden zu wollen ist selbst eine Krankheit.
Wenn es dir gelingt, dich selbst einer Krankheit zu überlassen und
völlig in ihr zu verweilen, bist du sie bereits los. Du denkst daran,
eine Krankheit loszuwerden, weil sie noch da ist, nämlich in deinem
Geist verbleibt. Auf dieser Stufe bist du die Krankheit nicht los;
was immer du tust oder denkst, es bleibt auf etwas fixiert und zeitigt
keine brauchbaren Ergebnisse.
Wie soll ich diese Angelegenheit verstehen? Ich fragte, und er
antwortete: >Ich habe diese beiden Stufen, die einführende und die letzte,
aus einem Grund erstellt. Wenn du durch Übung danach trachtest, den
Geisteszustand der Einführungsstufe zu erlangen, wird jedes Anhaften
dich von selbst verlassen, ohne das du versuchst es loszuwerden. Eine
Krankheit bedeutet ein Anhaften. Im Buddhismus verachtet man Anhaften.
Ein Mönch, der alles Anhaften losgeworden ist, kann sich ins Weltliche
stürzen, ohne davon berührt zu werden. Er macht was er will, in völliger
Freiheit. Und er verhält sich stets richtig. Experten der unterschiedlichsten
Künste und Fertigkeiten können nicht als Meister bezeichnet werden,
solange sie auf das fixiert bleiben was sie tun. Ein ungeschliffenes
Juwel zieht Staub und Schmutz an. Ein geschliffenes Juwel wird nicht
beschmutzt, selbst wenn man es in den Schlamm legt. Übe hart und
schleife deinen Geist, damit er unbeschmutzt bleibt. Überlasse dich
einer Krankheit und gib deinen Geist auf, damit du tun kannst, wonach
immer dir der Sinn steht.<"
Aus "Der Weg des Samurai" von Yagyu Munenori.