Anerkennung des Buddhismus als Religionsgemeinschaft

  • Die DBO macht sich stark für die Anerkennung des Buddhismus als Religionsgemeinschaft.
    Folgende Argumente führt sie ins Feld:

    * Erleichterung für die buddhistische ›Seelsorge‹, d.h. Zugang zu den Patienten, die dies wünschen, in Krankenhäusern, Heimen, Hospizen, Drogen-Entzugseinrichtungen, Gefängnissen, usw.;
    * Gleichstellung mit den anerkannten Religionsgemeinschaften;
    * stärkerer Schutz buddhistischer Einrichtungen wie Seminarhäuser, Studien- und Meditationszentren, Klöster, Tempel, Pagoden, Stupas u. a.;
    * Zugang zu öffentlichen Mitteln für die Errichtung sozialer Einrichtungen wie Jugendzentren, Seniorenheime, Hospize u. a.;
    * Durchführung buddhistischen Religionsunterrichts an allgemeinbildenden Schulen;
    * Möglichkeit zur Einrichtung buddhistischer Friedhöfe;
    * mehr Mitsprache bei gesellschaftspolitischen Fragen;
    * die Präsenz in den Medien wird erleichtert.


    http://www.dbo.de/buddhismus_deutschland_anerkennung.htm


    Wie beurteilt ihr solche Bemühungen?
    Onda

  • Hallo Onda,


    die DBO unterstützt dabei die DBU, macht sich also nicht unmittelbar stark für diese Anerkennung. Schade eigentlich, denn der DBO würde ich eher manches zutrauen als der DBU.


    Ich habe zwar bei einzelnen Punkten gemischte Gefühle, beurteile dieses Ansinnen persönlich aber als durchweg positiv und anstrebenswert.


    Im Dharma


    Giraffe

    "Ein Freund ist ein Mensch, der die Melodie deines Herzen kennt und sie dir vorspielt, wenn du sie vergessen hast."
    Albert Einstein

  • Verknappt dargestellt:


    man sucht
    - gesellschaftspolitischen Einfluss
    - Zugang zu öffentlichen Töpfen/Geldern
    - Möglichkeiten der Missionierung (Schulen/Medien).


    Ich denke, viele der oben angeführten Ziele sind auch ohne den Status einer Religionsgemeinschaft erreichbar.
    Und andere Ziele sind nicht unbedingt erstrebenswert (Reliunterricht in der Schule).


    Onda

  • Grundsätzlich finde ich das Ansinnen gut.


    Allerdings bin ich grundsätzlich gegen Religionsunterricht in der Schule, d.h. die Missionierung von Kindern die eh nichts verstehen
    oder sich wehren können.


    Ich halte es schon für gut, den Buddhismus in Deutschland aus der Esoterikecke zu holen und als echte Religion zu etablieren.
    Da sollte man dem Islam oder dem Judentum nicht nachstehen.



    LG,


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."

  • Finde ich auch gut.
    Es gibt ja auch buddhistische Kinder. Alle kriegen einen eigenen Unterricht und die Buddhi-Kinder müssen sich dann irgendwo dazusetzen oder auf dem Schulhof hocken. Warum sollen Buddhisten nicht die gleichen Rechte (auch auf Fördertöpfe) haben wie Christen, Muslime oder Juden?

  • Hmmm...
    Es ist schon so, dass man anerkannt wird oder nicht. Das Trachten nach Anerkennung ist dann meist die Bürde die man nehmen muß. Jetzt stell dir mal vor, du machst was aus ganzem Herzen und bekommst dafür keine Anerkennung.


    Da ist es schon gut wenn man nach Anerkennung strebt. Weil ja nur wenn man anerkannt ist man auch wirklich was tun kann. Kann man sich Anerkennung auch nehmen?


    Ich bin mir sicher da gibt es ein Rechtsmittel. So eine Art Anerkennungsrecht *schmunzel*

  • Es geht hier um die Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts:


    http://de.wikipedia.org/wiki/K…_%C3%B6ffentlichen_Rechts


    Darum bemühen sich derzeit ebenfalls - noch erfolglos - die Muslime in Deutschland.


    Onda


    Aus Wikipedia: "Eine Ausnahme bilden die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die kraft Verfassung nicht-staatliche Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Begründet wurde dieser Sonderstatus im sogenannten Weimarer Kirchenkompromiss von 1919, den das Grundgesetz als Verfassungsrecht übernommen hat. Die Weimarer Verfassung verzichtete auf eine Trennung von Staat und Kirche nach französischem Vorbild (Laizismus). Stattdessen wurde religiösen Gemeinschaften unter gewissen Voraussetzungen der Körperschaftsstatus zugebilligt. Dieser Status war und ist für alle Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften geöffnet. In Artikel 137 Absatz 5 der Weimarer Verfassung heißt es: "Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten.""

  • Na dann wäre es doch angebracht, sich um die Anerkennung der Mulsime zu kümmern und da "eigene" dort hinstellen wo es ist.
    Wie mag man sich um andere kümmern, wenn man an etwas eigenes denkt.


    "Deutsche Buddhisten verzichten auf die Anerkennung des Buddhismus als Religionsgemeinschaft und unterstreichen die Wichtigkeit der Anerkennung von Muslimen als gleichberechtigte Glaubensgemeinschaft."


    denn:


    Zitat

    'Aus Eigensucht erfolgt Festhalten', das ist da wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Eigensucht Festhalten erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, keine Eigensucht gäbe, ganz und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Eigensucht also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung der Eigensucht Festhalten zum Vorschein kommen?


    „Gewiß nicht, o Herr."


    „Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die Entwicklung, dies die Bedingung des Festhaltens, und zwar Eigensucht.


    Mahānidāna Sutta, Abkunft

  • Zitat

    Finde ich auch gut.
    Es gibt ja auch buddhistische Kinder. Alle kriegen einen eigenen Unterricht und die Buddhi-Kinder müssen sich dann irgendwo dazusetzen oder auf dem Schulhof hocken. Warum sollen Buddhisten nicht die gleichen Rechte (auch auf Fördertöpfe) haben wie Christen, Muslime oder Juden?


    Es gibt keine buddhistischen Kinder. Kinder haben ein Recht darauf nicht indoktriniert zu werden und sich selbstständig zu entfalten. Ich denke der Religionsunterricht sollte komplett abgeschafft werden. Der Staat sollte vollständig von der Religion getrennt werden.


    Für mich und mein Seelenheil ist es unerheblich ob der Buddhismus als Religionsgemeinschaft anerkannt wird oder nicht.
    Da wir im Informationszeitalter leben, kann sich jeder beliebig ausführlich über alles informieren was mit Buddhismus zu tun hat.


    Es gibt die Religionsfreiheit und das ist ausreichend. Der Staat hat sich raus zu halten. Just my two cents


    lg
    maus

  • In Österreich ist der Buddhismus als Religion anerkannt. Es gibt dadurch eine Menge mehr Möglichkeiten. Jetzt nur mal ein ganz unwichtiges Beispiel:
    man kann nun in Österreich im Pass unter Religionszugehörigkeit Buddhismus eintragen. Wenn man diese staatliche Anerkennung nicht hat, muss man eintragen lassen "keine" oder es bei der alten zb römisch/katholisch belassen. Ich finde es schön wenn man die Möglichkeit hat dort Buddhist eintragen zu lassen. Inwie weit sich dann buddhistische Organisationen um öffentliche Gelder bemühen, das ist dann wieder eine Sache bei der ich mich raushalten kann, wenn ich das nicht möchte, sprich es betrifft mich nicht so sehr. Wenn ich nun an die große Gemeinschaft der Exilbuddhisten (Vietnamesen etc) denke, und die nun die Möglichkeit bekommen einen buddhistischen Friedhof zu schaffen, dann finde ich das nur recht und billig, denn man sollte in Deutschland seine Religion frei ausüben können, und wenn man dann halt so ein formelles Verfahren braucht, damit man seine Grundrechte wahrnehmen kann, dann ist es sicher der leichtere Weg dieses Verfahren einfach zu durchlaufen.

  • Hallo,


    Meiner Ansicht nach ist es problematisch, buddhistischen Religionsunterricht in Schulen einzuführen. Viele Menschen würden dann den Buddhismus erst Recht mit dem Typus einer Glaubensreligion gleichstellen. Es ist wirklich unglaublich, was ich von religionskritischen Leuten über den Buddhismus schon gehört habe: Nihilismus, man darf keine Emotionen haben, dort gibt es viele Götter usw. Mit einem Religionsuntericht würde man falsche Vorstellungen zum Buddhismus nur anfeuern. Allerdings habe ich überhaubt nichts dagegen, wenn in Schulen buddhistische Ethik und Geistesschulung auf dem Programm steht. Das Meditation wichtig sein kann, verstehen auch viele Nichtbuddhisten. Es ist völlig in Ordnung, wenn eine ideologiefreie Meditation in Schulen gelehrt wird. Das schadet sicherlich nicht und fördert die Konzentrationsfähigkeit der Schüler. Unterricht in buddhistischer Ethik ist auch völlig ideologiefrei, und halte ich ebenso für sinnvoll. Der metaphysische Überbau vom Bardo Tödol und den skandhas muss weggelassen werden, denn dieses sollte als Privatsache dienen.


    Im Buddhismus wird nicht missioniert. Ich vertrete aber die Ansicht, es sollte schon zum Allgemeinbildungskanon gehören, damit ich ohne Hemmung zugeben kann, ich bin Buddhist, ohne dabei die Angst zu haben, seltsam angeguckt zu werden, als wäre ich von den Toten auferstanden. Buddhistische Friedhöfe finde ich auch gut.


    Liebe Grüße
    mombour

  • Zitat

    'Aus Ergreifen erfolgt Eigensucht', das ist da wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Ergreifen Eigensucht erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, kein Ergreifen gäbe, ganz und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Ergreifen also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Ergreifens Eigensucht zum Vorschein kommen?"


    „Gewiß nicht, o Herr."


    „Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die Entwicklung, dies die Bedingung der Eigensucht, und zwar Ergreifen.


    Mahānidāna Sutta, Abkunft

  • Lieber Hanzze,


    mal ganz OFF TOPIC


    Ich freu mich immer, wenn Du schreibst und genieße Deinen klugen und warmherzigen Humor.
    Schön, dass Du wieder da bist


    Knochensack



  • Ich stimme hier völlig Erdmaus zu.


    Es sollte allgemeinen verpflichtenden Ethikunterreicht geben (leider ist Schulwesen Landessache....). Es sollen dabei u.a. Grundlagen aller Religionen wisschenschaftlich vorgestellt werden, und keinesfalls als Bekenntnisunterricht.


    Sonst bin ich für Laizismus, also völlig Trennung zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Diese müssen sich natürlich im gesetzlichen Rahmen bewegen.


    Ich bin gegen Finanzierung von religiösen Gemeinschaften aus der Staatskasse. Die Mitglieder der Gemeinschaften sollten diese selbst finanzieren, und ihre Ausgaben steuerlich geltend machen.


    Wisst ihr eigentlich, dass der deutsche Staat aus den von uns allen gezahlten Steuern den beiden christistlichen Kirchen jährlich fast ein halbe Milliarde Euro zuwendet? Diese Gelder fliessen nicht für die Caritas, oder kirchliche Kindergärten oder Krankenhäuser, denn diese werden von den Krankenkassen oder Gemeinden oder sonstigen staatlichen Töpfen bezahlt. Von diesem unserem Geld werden z.B. die Gehälter der Bischöfe bezahlt...



    Mit Metta


    Kat

    appamadena sampadetha!

  • Zitat

    'Aus Anklammern erfolgt Ergreifen', das ist da wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Anklammern Ergreifen erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, kein Anklammern gäbe, ganz und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Anklammern also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Anklammerns Ergreifen zum Vorschein kommen?


    „Gewiß nicht, o Herr."


    „Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die Entwicklung, dies die Bedingung des Ergreifens, und zwar Anklammern.


    Mahānidāna Sutta, Abkunft

  • Namaste!


    Ich denke mal, da hat die DBU ein ähnliches Problem wie die islamischen Verbände in Deutschland:
    es gibt viele kleine bis mittelgroße voneinander unabhängige Organisationen, die teilweise ganz verschiedene Traditionen verkörpern. Um aber von einer "Buddhistischen Kirche" sprechen zu können, gehört wohl von allen Seite größere Annährung an die anderen Fraktionen dazu. Ein gemeinsamer Grundkonsenz muss gefunden werden, eine gemeinsame Verwaltung muss geschaffen werden.


    Dann sehe ich da auch ein Problem für die Buddhisten und buddhistischen Vereine, die sich dann nicht dieser Buddhistischen Kirche anschließen.
    Bei den Christen spricht man ja sofort von "Sekten" (in dem negativem Sinn, wie er hierzulande üblicherweise gebraucht wird), wenn man keiner Kirche angehört, sondern einer "Freikirche" oder einem christlichen Verein außerhalb der Amtskirchen (einzige Ausnahme sind wohl die verschiedenen Orthodoxen Kirchengemeinden).
    Das würde wohl beim Buddhismus ähnlich laufen:
    "Wie, Du bist Buddhist und gehörst nicht der Buddhistischen Kirche an? Dann ist Deine Gruppe ja eine Sekte!!!"


    Ich halte nicht allzuviel von diesen Bestrebungen.


    Ich denke ein besserer Weg wäre es, gemeinnützigen eingetragenen Vereinen ab einer bestimmten Mitgliederzahl mehr Rechte einzuräumen, damit sie beispielsweise auch Friedhöfe unterhalten oder sich seelsorgerisch Engagieren können.

    nyalaana:

    In Österreich ist der Buddhismus als Religion anerkannt. Es gibt dadurch eine Menge mehr Möglichkeiten. Jetzt nur mal ein ganz unwichtiges Beispiel:
    man kann nun in Österreich im Pass unter Religionszugehörigkeit Buddhismus eintragen. Wenn man diese staatliche Anerkennung nicht hat, muss man eintragen lassen "keine" oder es bei der alten zb römisch/katholisch belassen. Ich finde es schön wenn man die Möglichkeit hat dort Buddhist eintragen zu lassen.


    In Deutschland kann man die Religionszugehörigkeit nicht in den Reisepass eintragen lassen - und das ist wohl auch besser so.
    Man kann allerdings einen Künstler- oder Ordensnamen eintragen lassen, und das ist, soviel ich weiß, unabhängig von der jeweiligen Religionsgemeinschaft möglich.


    < gasshô >


    Benkei

    "Allmorgendlich beginne ich meinen Tag damit, den Spiegel zu polieren;
    Täglich türme ich neue Staubschichten auf;
    Allabendlich beende ich meinen Tag damit, weiter zu polieren;
    Und scheinbar wirbelt auch ein Schlafender noch Staub auf."
    HôShin

  • Zitat

    'Aus Willensreiz erfolgt Anklammern', das ist da wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Willensreiz Anklammern erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, keinen Willensreiz gäbe, ganz und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Willensreiz also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung des Willensreizes Anklammern zum Vorschein kommen?"


    „Gewiß, nicht o Herr."


    „Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die Entwicklung, dies die Bedingung des Anklammerns, und zwar Willensreiz.


    Mahānidāna Sutta, Abkunft

  • Das Bemühen um die Anerkennung als Körperschaft öffentlichen Rechts ist zum einen der Griff nach öffentlichen Geldern und zum anderen das Streben nach politischer und gesellschaftlicher Einflussnahme. Ich frage mich, ob das für die Praxis eines jeden einzelnen und für die buddhistische Kultur der Geistesschulung im Westen wirklich förderlich ist.


    Die Trennung von Staat und Kirche ist eine große Errungenschaft der Moderne. Vielfach ist sie nur eine Errungenschaft auf dem Papier. Tatsächlich verwirklicht ist sie bei uns nicht (wenn man sich die Präsenz der christlichen Kirche im öffentlichen Raum und ihre Förderung durch den Staat vor Augen hält). Statt für den Buddhismus Privilegien zu erkämpfen, wie sie augenblicklich (noch) das Christentum genießt, sollte man die Trennung von Staat und Religion weiter konsequent voranbringen. Das bedeutet auch in jedem Fall die Abschaffung eines konfessionell gebundenen Religionsunterrichts an den Schulen und die bundesweite Einführung eines überkonfessionellen Faches wie Ethik/Werte/Religionen (--> siehe Berlin). Aus dem gleichen Grund bin ich auch ein entschiedener Gegner der Einführung eines muslimischen Religionsunterrichts an den Schulen. Es kann nicht angehen, dass jede Religion, wenn sie dies nur lautstark einfordert, in der Schule einen Ort für ihre jeweilige Indoktrination zur Verfügung gestellt bekommt.


    Onda


    (Danke auch an Erdmaus für den Hinweis: "Es gibt keine buddhistischen Kinder")

  • Hallo zusammen! Als einer, der noch lange nicht genug weiß, und als einer, der jedoch begriffen hat, dass wir alle die Buddhanatur in uns tragen und somit eigentlich alle Buddhisten sind, mit dem feinen Unterschied, dass nicht alle bereits begriffen haben, dass sie zur Erleuchtung fähig sind, möchte ich zu diesem äußerst interessanten Thema kurz Stellung nehmen:


    Milou sagt, dass er Religionunterricht an Schulen generell ablehnt. Hier möchte ich widersprechen. Wir leben in einer Gesellschaft, innerhalb vieler ähnlich ausgerichteten Gesellschaften, die auf dem Christentum aufgebaut ist. Ich will unbedingt, dass mein Sohn und meine Tochter mitbekommen, warum unsere Gesellschaft so funktioniert, wie sie es tut, oder eben oft genug auch nicht. Ich möchte absolut, dass meine Kinder selbständig lernen und letztenendes entscheiden, was sie glauben wollen. Ich habe mich hier an das Prinzip gehalten, welches meine Eltern ebenfalls an mir und meinen Geschwistern haben gelten lassen: Entscheidet selbst! Weder ich, noch meine Geschwister, noch meine Kinder sind getauft, also irgendeiner Glaubensrichtung zugeordnet. Zuhause bin ich dafür zuständig, ihnen durch mein Vorbild eine buddhistische Lebenshaltung vorzuleben. Ich bin dankbar, dass die Schulen die Aufgabe übernehmen, meinen Kindern durch praktisches 'Vorleben' und Unterrichten, die christlichen Glaubensrichtungen näherzubringen. Meine Kinder sind nun 9 und 6 Jahre alt und durchaus in der Lage, ganz wertfrei Zusammenhänge zu erkennen und ich kann erfreut behaupten, dass sie sehr kritisch mit der ganzen Materie umgehen.
    Insofern muss ich auch Erdmaus in dem Punkt Kontra bieten, wo es um die Trennung von Staat und Religion geht. Ja, glücklicherweise haben wir hier die Religionsfreiheit, und das ist gut so. Letztenendes verdanken wir ebendiese jedoch der christlichen Ethik, auf der unsere Gesellschaft aufgebaut ist. Toleranz wird im Christentum groß geschrieben, wenn auch die Kirche an sich hier sicherlich ganz andere Wege geht ... - der Gedanke, dass ich Buddhist sein kann, ohne dafür verfolgt zu werden, ist einer der schönsten, die ich mir vorstellen kann. Zumindest, wenn es um meinen Glauben geht ;) Ich glaube, dass sich das Gefüge Religion-Staat-Gesellschaft nicht so leicht auseinanderdividieren lässt.
    Sehr interessant finde ich den Gedanken, den Mombour äußert, nämlich, dass es doch schön sei, wenn an den Schulen Meditation an sich angeboten würde. Hier bin ich völlig mit einverstanden.Ich arbeite im niederländischen Schulwesen und kann Euch berichten, dass Meditation hier als freiwillige, ich nenne es mal AG, an einigen Schulen angeboten wird, was mehr und mehr Anklang findet. Frei von religiösen Hintergründen, lediglich als Entspannungshilfe und Hilfe für Kinder, die schwach sind im Bezug auf ihre Konzwntrationsfähigkeit. Sehr lobenswert, wie ich finde.


    Ein jeder von uns sollte aber prüfen, woher der Wunsch kommt, dass wir als Religion anerkannt werden. -Ist es, weil der Buddhismus dann schneller und anerkannter verbreitet werden kann? Für mich kein Argument. Als stille Religion/Philosophie, ist es gerade diese Friedfertigkeit, die den Buddhismus ausmacht. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Buddhanatur in jedem steckt und über kurz oder lang von jedem erkannt wird. -Oder ist es, weil wir uns im stillen Kämmerlein eigentlich doch nach einer gewissen Akzeptanz sehnen? Ich brauche diese Akzeptanz nicht, und ich denke auch nicht, dass dieser Wunsch nach Akzeptanz sehr buddhistisch ist. Menschlich ja, aber buddhistisch wohl nicht.


    Ich empfinde meine Erfahrungen im Buddhismus als stille Revolution. In mir verändert sich ganz leise sehr viel und diese Chance hat jeder Mensch. In meinen Augen ist der Buddhismus nicht auf einen solchen Knall angewiesen, den eine Anerkennung als offizielle Religion in der Gesellschaft sicherlich auslösen würde.


    Jedoch muss ich zugeben, dass ich die bereits genannten Vorteile absolut erkenne.


    Der Schluss, den ich hieraus ziehe, ist also eher ein gedankliches Abwarten. Ich bin nicht völlig dagegen, sehe die letztendliche Notwendigkeit aber nicht.


    Ich hoffe, der ein oder andere hat bis hierher durchgehalten. Es fällt mir schwer, mich kürzer auszudrücken ;)

    Liebe Grüße vom Niederrhein,


    Der Vogel

  • Zitat

    'Aus Untersuchung erfolgt Willensreiz', das ist da wohl gesagt worden; das muß nun, Anando, in folgender Weise auch verstanden werden, wie aus Untersuchung Willensreiz erfolgt. Wenn es nämlich, Anando, keine Untersuchung gäbe, ganz und gar nicht, nicht irgend irgendwo, bei keinem zu keinem, Untersuchung also überhaupt nicht wäre: könnte nun wohl bei Auflösung der Untersuchung Willensreiz zum Vorschein kommen?


    „Gewiß nicht, o Herr."


    „Darum aber, Anando, ist dies eben der Anlaß, dies die Abkunft, dies die Entwicklung, dies die Bedingung des Willensreizes, und zwar Untersuchung.


    Mahānidāna Sutta, Abkunft

  • @all


    Anerkennung des Buddhismus als Religion.


    Das stecken doch nur materialistische Gedankengänge dahinter.
    Ich bin der Meinung, dass der Buddhismus von Hause aus keine Religion ist und sich deshalb gegenüber den allgemeinen Religionen abgrenzen sollte.
    Er sollte sich nicht als etwas anbiedern, was er m.E. nicht ist, nur um in den Genuss von staatlichen Zuwendungen oder sonstigen Privilegien zu kommen.
    Tut er dieses aber trotzdem, dann läuft er Gefahr einen gnadenlosen Konkurrenzkampf um Mitglieder und Ideologien ausgesetzt zu sein. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die staatliche Anerkennung als Religion auch Pflichten mit sich bringt.
    Der Buddhismus im Westen zeichnet sich m.E. dadurch aus, dass seine Mitglieder nicht hineingeboren worden sind, sondern aus Überzeugung und eigener Erfahrung die buddhistische Philosophie vertreten. Diese Qualitäten kann man nicht hoch genug einschätzen.
    Die grundsätzliche Frage, ob der Buddhismus eine Religion oder eine Lebensphilosophie ist sollte jeder für sich selbst entscheiden.


    hedin

  • EIn paar Zitate:


    Erdmaus:
    "Für mich und mein Seelenheil ist es unerheblich ob der Buddhismus als Religionsgemeinschaft anerkannt wird oder nicht.
    Da wir im Informationszeitalter leben, kann sich jeder beliebig ausführlich über alles informieren was mit Buddhismus zu tun hat.
    Es gibt die Religionsfreiheit und das ist ausreichend. Der Staat hat sich raus zu halten. "


    Kat:
    "Sonst bin ich für Laizismus, also völlig Trennung zwischen Staat und Religionsgemeinschaften. Diese müssen sich natürlich im gesetzlichen Rahmen bewegen.
    Ich bin gegen Finanzierung von religiösen Gemeinschaften aus der Staatskasse. Die Mitglieder der Gemeinschaften sollten diese selbst finanzieren, und ihre Ausgaben steuerlich geltend machen."


    Benkei:
    "Ich halte nicht allzuviel von diesen Bestrebungen.
    Ich denke ein besserer Weg wäre es, gemeinnützigen eingetragenen Vereinen ab einer bestimmten Mitgliederzahl mehr Rechte einzuräumen, damit sie beispielsweise auch Friedhöfe unterhalten oder sich seelsorgerisch Engagieren können."


    Hedin:
    "Er sollte sich nicht als etwas anbiedern, was er m.E. nicht ist, nur um in den Genuss von staatlichen Zuwendungen oder sonstigen Privilegien zu kommen.
    Tut er dieses aber trotzdem, dann läuft er Gefahr einen gnadenlosen Konkurrenzkampf um Mitglieder und Ideologien ausgesetzt zu sein. Dabei sollte man nicht vergessen, dass die staatliche Anerkennung als Religion auch Pflichten mit sich bringt."


    Onda: "Ich denke, viele der oben angeführten Ziele sind auch ohne den Status einer Religionsgemeinschaft erreichbar.
    Und andere Ziele sind nicht unbedingt erstrebenswert (Reliunterricht in der Schule)."

  • Hallo Leute,


    Zitat

    Vogel schreibt:
    ... Zuhause bin ich dafür zuständig, ihnen durch mein Vorbild eine buddhistische Lebenshaltung vorzuleben. Ich bin dankbar, dass die Schulen die Aufgabe übernehmen, meinen Kindern durch praktisches 'Vorleben' und Unterrichten, die christlichen Glaubensrichtungen näherzubringen. Meine Kinder sind nun 9 und 6 Jahre alt und durchaus in der Lage, ganz wertfrei Zusammenhänge zu erkennen und ich kann erfreut behaupten, dass sie sehr kritisch mit der ganzen Materie umgehen. ...


    Ich möcht wirklich keinen Streit vom Zaun brechen, aber dass 9 und 6 Jahre alte Kinder wertfrei Zusammenhänge erkennen, bezweifle ich erheblich.
    Wenn ich mit einem ETWAS angenehme (oder unangenehme) Gefühle in Verbindung bringe, bin ich schon an der Wertfreiheit gescheitert. Ich kann
    zwar mental versuchen mich auf absolute Objektivität zu konditionieren, aber um das auch wirklich zu schaffen, muss ich schon kurz vor der
    Erleuchtung stehen. Mit jedem irgendwann erlebten ETWAS sind auch mehr oder weniger starke Gefühle verbunden. Unser Gehirn speichert das
    dauerhaft (es sei denn ich leide an Alzheimer). Auch wenn mir eine Konditionierung nicht bewusst ist, entscheidet die unbewusste Erfahrung
    als Bauchgefühl im Hintergrund immer mit.


    Lerne ich in der Schule spannende Geschichten über wunderbare Menschen die mal von 2000 Jahren gelebt haben, und das auch noch in kindgerechter
    Form, so ist das für mich nichts anderes als subtile Indoktrination. Ich bin in der DDR aufgewachsen (juhu, wir spielen Panzerfahren und singen dazu:
    "Wenn ich groß bin gehe ich zur Volksarmee") ich weiß wovon ich Rede.


    Also: Kein Religionsuntericht für Kinder!


    LG,


    Milou

    "... Wer jedoch nur Ochsenscheiße hat im Geist, der sieht nur Ochsenscheiße überall."