Mit Ungewissheit und Angst umgehen

  • Hallo! Ich bin ganz neu hier und muss gleich mit einer komplizierten Frage einsteigen.
    Seit einigen Jahre interessiere ich mich stark für den Buddhismus und Achtsamkeit, sowie Kontemplation. Nun hat sich etwas in meinem Leben ergeben auf das ich keine angemessene Reaktion weiß. Ich bin jetzt 30 und seit meinem 20. Lebensjahr kämpfe ich mit Depressionen, teilweise auch Ängsten. Mit Meditation und Achtsamkeit konnte ich meine Ängste schließlich völlig bezwingen. Diese Ängste waren so allgemeiner Natur, also nicht auf etwas bestimmtes bezogen. Mir half auch die buddhistische Philosophie dabei. Nun allerdings hat sich etwas sehr ungutes in meinem Leben zugetragen mit dem ich einfach nicht umgehen kann. Dieser Vorfall war am Montag letzte Woche. Merkwürdigerweise passierte das genau wenige Stunden nachdem ich gerade einen Termin bei einer Therapeutin ausgemacht hatte. Denn ich hatte gerade, nach längerer Zeit voll Liebeskummer und Depressionen beschlossen mein Leben radikal zu ändern, eine Therapie zu machen und glücklich zu werden. Gerade hatte ich auch einen Umzug hinter mir und einen neuen Job, sozusagen ein neues Leben angefangen. Jedenfalls erfuhr ich dann plötzlich am Montag, dass mir vielleicht schwere Probleme bevorstehen (strafrechtlich, wobei ich hier jetzt nicht in Details gehe). Leider habe ich immernoch die Tendenz mich schnell in Ängste reinzusteigern. Diese neue Sache stellt eine Bedrohung dar für meine berufliche Zukunft und meine Lebensträume. Weiter leide ich an der
    Ungewissheit wie alles ausgeht, was in den Akten drinsteht etc.., weil ich das eben erst in Wochen oder gar Monaten erfahre.


    Daher die konkrete Frage: Wie geht man mit solch einem konkreten Fall von Bedrohung und Ungewissheit um? Welche buddhistischen Lehren oder Meditationstechniken gibt es?
    Andere, religiöse Freunde, raten mir "auf Gott zu vertrauen". Auch Floskeln wie "es wird schon alles gut" helfen wenig. Sowie der blinde Glaube, dass alles gut ausgeht (was ja wenig rational ist, denn das kann man nicht wissen). Hat der Buddhismus bessere Antworten?


    Bisher wusste ich nur wie ich abstrakt mit Angst umgehe. Und Angst, die recht diffus ist und keinen konkreten Auslöser hat. Aber jetzt gibt es eine ganz konkrete Bedrohung und totale Ungewissheit was auf mich zukommt. Danke schonmal für die Beiträge!

  • Hallo Drostermann,


    mir hilft Gottvertrauen.
    Dazu eine kräftige Prise Pragmatismus und die Dinge angehen, nicht nur abwarten.
    Also, suche Dir einen Rechtsbeistand. Tue also, was Du tun kannst und dann warte ab. Du kannst ohnehin nicht mehr tun.
    Hast Du was getan, was nicht korrekt ist? Dann musst Du mit den Konsequenzen leben. Auch das kann beruhigen. Hast Du nichts widerrechtliches getan, dann wehre Dich kompetent. Und versuche Dich auf die positiven Dinge zu konzentrieren, auch wenn es schwerfällt.
    Meine Erfahrung ist, dass meistens nicht so heiß gegessen wie gekocht wird.


    Alles Gute

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Mein Trick war mich ganz auf etwas zu zentrieren von dem ich wirklich wusste das es jetzt hier ist. Das Datum, Der Wind auf meiner Haut, worauf sitz ich, was empfinde ich auf meiner Haut, wo ist Druck. Wo sind meine Füße, was hab ich in der Hand. Was höre ich, was sehe ich, schmecke, rieche ich. Mir ging es darum das was ich dachte gegen das auszutauschen was wirklich hier ist. Meine Ängste, sind die aus einer echten Gefahr oder sind das Gedanken Befürchtungen. Es war sehr mühsam sich immer wieder in das zu holen was jetzt hier ist. Mir machte es auch große Probleme eine Gefahr die real ist und die mir Angst macht hinzunehmen als noch nicht wirklich hier zu erkennen. Nach einiger Zeit des übens, Jahre, war es so das ich viel mit anderen Menschen über das was jetzt da ist erkennen konnte. Als die Schwester meines Mannes nicht zu erreichen war und wir nichts wussten ob sie zu besoffen ist um anzurufen oder ob was geschehen war. Wir gebunden im Handeln waren kam dies Angst auf und mein Mann wurde immer panischer. Dann hab ich ihn in den Arm genommen und hab ihm einen so langen Kuss gegeben bis ich merkte das er keine Gedanken mehr hatte. Dann hab ich ihn gefragt: Wo war deine Schwester gerade eben? und er sagte das da nichts war. Er war wieder in der Zeit jetzt. Dann driftete er logischer weisen wieder ab und dann faste ich ihn etwas fester an ohne was zu sagen nur in die Augen sehen. So wurde er ruhiger und nahm das unveränderbare hin als auch nicht durch Gedanken zu ändernde. Am nächsten Morgen haben wir erfahren das sie kurz bevor sie anrufen wollte an einem Blutsturz gestorben ist, das es keine Chance gegeben hat sie zu retten. Dein Problem lässt sich erst in der Zukunft lösen, doch Du lebst in dieser Zeit, hört sich auch blöd an doch das ist wirklich echt wahr Du lebst immer nur in dieser Zeit die anderen Zeiten machen Angst weil sie nicht als nur Erdachte erkannt werden. Natürlich gibt es Zukunft doch auch das sind nur Vermutungen aus der Zeit in der Du lebst. Wichtig für mich war das ich jemanden finden musste den ich anfassen, berühren konnte um zu erfahren das wir jetzt da sind, das alle Gedanken Machen nicht zählt das sind zwei jetzt lebenden kein Illusion.



    Absichtlich keine Absätze, damit das Denken beim lesen ausgeschaltet wird lesen als ob Du zuhörst was dich da vollabern will.

  • Hallo Drostermann
    Dein Dilemma kenne ich aus der Arbeit mit Patienten.


    Ich würde antworten:
    1) Achtsamkeit, wie auch Ellviral schon schrieb. Du hast das schon erwähnt, aber dein Grübeln und Katastrophisieren scheint davon nicht sehr beeinflusst zu sein


    2) Nicht-Bewerten, als Aspekt der Achtsamkeit
    3) Akzeptanz dessen was ist und was man nicht ändern kann.
    4) Ändern dessen, was man beeinflussen kann


    LG Rolf

  • Und wieder sucht jemand nach ner Patentlösung durch den Buddhismus.
    Die gibt es nicht !!!


    Wenn Du Achtsamkeit übst und das Akzeptieren des Hier und Jetzt werden die Ängste nicht verschwinden, Du wirst aber besser die Auswirkungen auf Dein Leben erkennen und regulieren können.


    Und da ist es egal, ob es Ängste vor Strafverfolgung oder die Ängste eines Krebspatienten sind.
    Was Du spürst ist Gier - das Konservieren Wollen dessen, was Du Dir wünschst. Und es ist Hass, das Ablehnen dessen, was Du befürchtest.
    Ich weiß nicht, welche Art der Versenkung Du praktizierst, aber "Erfolg" stellt sich nicht ad momentum ein.


    Da ist "Gottvertrauen" schon schneller :clown:


    Stelle Dich der Gegenwart und tu das, was Du tun kannst.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Hallo Drostermann,
    ich finde in Deiner Situation ist Angst eine ganz normale menschliche Reaktion. Da Du schon einige Übung mit Angst hast, hast Du auch schon gelernt, wie man am besten damit umgehen kann.
    Dir klar machen, dass Du voller Angst bist, die den Körper auf Panik bürstet und mit Adrenalin überschüttet, während Du äusserlich ruhig sein musst und fast gar nicht mehr atmest. Um Adrenalin loszuwerden hilft m. A. nach nur Bewegung, sei es Sport, Arbeit oder Atemübung.
    Die Angst entsteht in der eigenen Phantasie, der Vorstellung von einer Zukunft, die man sich aus der momentanen unübersichtlichen Situation selber schafft. Sie führt zu einer Art Tunnelblick, das Starren auf das kommende Schlechte lässt alles aussen vor, was gleichzeitig auch Gutes passiert. Du wirst zum Opfer Deines eigenen Denkens. Der Schlaf der Vernunft erschafft Ungeheuer, schrieb Goya auf seine bekannte Radierung. In Paniksituationen zu meditieren ist schon hohe Schule. Wenn ich das Denken wegen der Angst nicht abschalten kann hilft mir eher noch, mein Katastrophendenken auf die Spitze zu treiben und mir konkret vorzustellen, was das Schlimmste ist, was mir in der Situation passieren kann. Dann frag ich mich ob es wirklich so schlimm ist was da mit mir passieren könnte. Und stelle mir vor, wie ich damit leben kann. Meist geht das ganz gut.
    Viele Menschen werden von Angst dazu getrieben, die blödesten Dinge zu tun. Angst ist unglaublich weit verbreitet und es sollte viel mehr dagegen unternommen werden. Stattdessen wird Angst machtpolitisch oft geschürt und missbraucht.
    Meine Gedanken dazu. Alles Gute!

  • Hallo drosterman,


    dann möchte ich mal schauen, was ich hilfreiches sagen kann. Ein Vorgehen besteht darin sich rational zu überlegen was als schlimmstes passieren kann. Ich würde dies stichpunktartig auffschreiben. Dann hat man etwas woran man den Geist festnageln kann, denn er fliegt gerne los und fängt zu tackern und zu rasen an - v.a. wenn einem was Angst macht. Dann auf das Blatt mit den Stickpunktes schauen um sich wieder zu erden. Die Stichpunkte nochmal durchgehen und alles genau untersuchen, ob es übertrieben ist. Die Übertreibungen wegstreichen. Dann geht es dir schon mal ein Stück besser.


    Wenn du jetzt deine konsolidierte Liste hast was im schlimmsten Fall passieren kann, überlegst du dir was das für dein Leben bedeutet. Wie es dann weitergehen würde und wie du versuchen würdest dann weiterzumachen. In vielen Fällen siehst du dann, dass es machbar ist und nicht das Ende aller Tage bedeutet. Vielleicht gibt es Dinge, bei denen sich Leute von dir abwenden werden. Mache dir gewahr, dass dies passieren kann. Du wirst dann immer noch ein lieber Mensch sein mit Mitgefühl und Mitfreude für andere Menschen, der anderen Menschen helfen oder was Gutes tun kannn. Ist das nicht das Wichtigste im Leben? Das kann dir am Ende niemand nehmen!


    Wenn du willst kannst du auf Anwaltsbörsen im Internet fragen was auf dich in etwa zukommen könnte. Vielleicht beruhigt es dich, wenn du darüber besser Bescheid weißt.


    Hast du das TV-Duell gestern im Fernsehen gesehen zwischen Merkel und Schulz? Merkel wird dafür sorgen, dass von ihren Freunden bei den schwerreichen Autofirmen ja niemand eine Strafzahlung aufgebrummt bekommt für den schlimmen Betrug den sie begangen haben: Die Umweltschutzgesetzte einfach ignorieren um mehr Geld einzustecken. Dass die Menschen in den Städten dann schlechter Luft kriegen, ist ihnen egal. Macht auch nichts: Der Bund (Merkel und ihre CDU) geben den Gemeinden etwas Geld, damit die besser mit der Feinstaubbelastung zurecht kommen. Auf diese Weise fragt dann niemand nach der verdienten Strafzahlung für die Autofirmen und die Nachrüstung der Hardware. Schulz hat nichts dazu gesagt und gute Miene zum Bösen Spiel gemacht. Vielleicht wird er dann Vizekanzler, wenn er weiterhin schön brav ist. Jetzt mal ganz ehrlich: Ist das nicht zum sich Kaputtlachen? Diese Leute von Audi mit ihrer Diesel-Manipulation sind wirklich schwerstkriminell und es wird ihnen ziemlich wahrscheinlich nichts passieren, weil die Mehrheit wieder Merkel wählt! Mal ganz ehrlich: Bist du jemand wie diese Leute? Wohl kaum :-). Kannst du zurecht über solche Leute lachen? Und ob! Zwischen dir und solchen Leuten besteht ein himmelweiter unterschied und diese Leute haben kein Gewissen. Die ganze Geldgier über so viele Jahre hat ihre Achtsamkeit getötet und das ist das wichtigste was ein Mensch im Leben hat. Ohne Achtsamkeit kann man das Leben gar nicht wahrnehmen und schwebt nur im Trance der Geldgier durch die Jahre und stirbt irgendwann.


    Es ist jetzt in das Wasser deines Lebens etwas Schmutz reingekommen. Das ist jetzt passiert. Aber du kannst immer klares Wasser nachschütten und dann wird der Schmutz immer stärker verdünnt. Wenn du viel gutes Karma schaffst, wirst du auch wieder auf die Straße in eine gute Zukunft kommen. Auch im Guten läuft das Fass irgendwann mal über und dann kommt die verdiente Belohnung :-).


    Hoffe das hilft dir etwas und
    liebe Grüße, Anandasa

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • drosterman:

    ... Jedenfalls erfuhr ich dann plötzlich am Montag, dass mir vielleicht schwere Probleme bevorstehen (strafrechtlich, wobei ich hier jetzt nicht in Details gehe). Leider habe ich immernoch die Tendenz mich schnell in Ängste reinzusteigern. Diese neue Sache stellt eine Bedrohung dar für meine berufliche Zukunft und meine Lebensträume. Weiter leide ich an der Ungewissheit wie alles ausgeht, was in den Akten drinsteht etc.., weil ich das eben erst in Wochen oder gar Monaten erfahre.


    Hallo Drosterman und herzlich Willkommen,
    so schwer es fällt, aber da hilft nur eins: Annehmen. Es kommt ja nicht von ungefähr!


    Als ich mich vor 27 Jahren in einer schweren Situation befand, befragte ich Ramesh (Advaita) per Brief, warum mir das passiert, obwohl ich doch schon "so fortgeschritten" bin und ich doch "weiß", dass dies einem "Erwachten" nicht passiert.
    Die Antwort: Auch sogenannten Erwachten passiert das, aber sie akzeptieren es!


    Zitat

    Daher die konkrete Frage: Wie geht man mit solch einem konkreten Fall von Bedrohung und Ungewissheit um? Welche buddhistischen Lehren oder Meditationstechniken gibt es?


    Wir sind so sehr bedroht, wir leben auf einem fliegenden riesigen Erdklumpen durch die Welt, überall wird eingebrochen, überall wird gemordet. Es gibt so viele Verkehrsunfälle, dass Autos eigentlich verboten werden müssten. Aber an all das sind wir gewöhnt.


    Ungewissheit existiert immer. Was weißt Du schon, was morgen ist?


    Im übrigen möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Lehre Buddhas zu studieren und zu verstehen, bedeutet, sich einer gründlichen Geistesschulung hinzugeben. Ein geschulter Geist ist in der Lage, alle möglichen unheilsamen Gedanken und damit möglicher folgender Taten abzuweisen bis hin zum Nicht-mehr-Auftauchen.


    Wenn mich dennoch derartige Gefühle "heimsuchen", dann denke ich immer an meinen Tod. Ich habe vor 100 Jahren nicht gelebt, ich werde in 100 Jahren nicht leben. Und es hat mich nicht "gestört". Alles, was ich tun kann ist, jetzt, in diesem Moment, das Heilsame zu tun, damit ich frei werde von all diesen Ängsten und Leiden allgemein. von Leiden frei zu sein, bedeutet nicht, dass es kein Leiden mehr gibt, es bedeutet, dass ich mein Leben so annehme, wie es mir von Moment zu Moment entgegenkommt.


    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)


  • Danke, Monika! :rose:


  • Hallo drosterman,


    Wenn du dich schon mit Achtsamkeit und Meditation auskennst, dann könnte Introvision etwas für dich sein. Vlt. sprichst du mal mit deinem Therapeuten darüber. Im Prinzip geht es dabei darum, zu erst einmal zu identifizieren, welche Situation dich am meisten beunruhigt...was darf nicht sein/ passieren ? Dann genau zu beobachten, was die Gedanken an "das was nicht sein darf", bei dir auslösen..Also gefühlstechnisch und auch körperlich... das Ganze dann weiter Achtsam beobachten...
    ......um schließlich dieses: " das darf nicht sein/ passieren" bewusst in ein :" das kann sein" umzuwandeln. So kommst du in die Lage, dass was dir entgegenkommt, von Moment zu Moment annehmen zu können" So wie Monika es so schön beschrieben hat...