Aus folgendem Thread: http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=1&t=16872
Da es dort zu OffTopic wäre, habe ich mal einen Thread dazu eröffnet.
von Spock » 03.08.2017, 12:39 :Doris Rasevic-Benz:
Du meinst, es würde vorausgesetzt werden, man müsse nun aber dieses oder jenes denken? Und alles, was dem nicht entspräche, wäre irgendwie "daneben" aka "verblendet" und eine Art Krankheit, also bedingt, während hingegen die "Rechte Ansicht" nicht bedingt wäre und automatisch erscheine? Verstehe ich Dich richtig?
Ja. So liest sich das für mich teilweise. Das is der ¨ganz natürliche¨ Zustand des Seins, aber bei mir is das nich so. Ich hab das gelesen, gehört und verglichen, dass das so is und egoistisch bin ich iwie immernoch. Also das is für mich nicht mühelos einfach so.
Hallo ihr Lieben.
Also so wie ich die Buddhalehre verstehe ist dieser "ganz natürliche" Zustand des Seins für alle Nichtarahants Gier, Hass und Verblendung. Auch wenn diese drei unheilsamen Wurzeln oder Geistesgifte noch so subtil da sind, sie sind da. Deswegen ist es wichtig diese bis auf die Wurzel zu beseitigen, wenn einem die nachhaltige und endgültige Befreiung von Dukkha, wie es Buddha der Überlieferungen nach lehrte, wichtig ist.
Das geht aber nicht von heute auf morgen bei den Meisten. Deswegen ist der erste Schritt ersteinmal mit sich und der Welt so wie es jetzt in diesem Moment ist, einigermaßen in Frieden zu kommen. Mit all den Unzulänglichkeiten und Charakterschwächen die man hat. Frieden mit der Welt heißt meiner Meinung nach nicht, alles in der Welt mitmachen zu müssen. Fehlentwicklungen dürfen benannt oder bearbeitet werden. Aber man sollte daran auch nicht kaputtgehen. Der Weg der Befreiung nach Buddha braucht den ganzen Menschen und vor allem auch einen geistig gesunden und ausgeglichenen Menschen.
Das heißt nicht, dass man sich nicht mit der Buddhalehre beschäftigen darf bevor man vollkommen gesund ist. Im Gegenteil, auch schon bei der normalen weltlichen Gesundung kann die Buddhalehre sicher hilfreich sein.
Mir fallen da zum Beispiel das Prinzip von Dana (Geben, Abgeben,Teilen) ein oder die 5 Sila. Aber sicher auch alles andere am edlen achtfachen Pfad kann hilfreich sein.
Aber die endgültige Befreiung eines Arahant ist meiner Meinung nach nocheinmal etwas ganz anderes als nur weltliche Gesundheit des Geistes. Sie baut darauf auf.
Man kann natürlich sagen, dass auch der Arahant in einer Art natürlichem Sein lebt. Aber es ist für den Arahant nur natürlich, weil er alle Fesseln überwunden hat.
Man sagt beim Arahant: "Geburt ist zu Ende gebracht, das heilige Leben ist gelebt, es ist getan, was getan werden mußte, darüber hinaus gibt es nichts mehr.". (Nachzulesen zum Beispiel am Ende von MN7, MN37, MN73 - MN = Mittlere Sammlung im Palikanon)
Trotzdem ist es meiner Meinung nach nicht korrekt bei einem Arahant von "Sein" oder "Natürlichem Sein" zu sprechen, da ein Arahant weder "ist" noch "nicht ist". Es gibt in Bezug auf ihn weder "Sein" noch "Nichtsein". Sein würde subtiles "Haben-Wollen" repräsentieren, Nichtsein subtiles "Nicht-Haben-Wollen".
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Majjhima Nikāya 72
An Vacchagotta über das Feuer - Aggivacchagotta Sutta
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"Die spekulative Ansicht, daß ein Tathāgata nach dem Tode existiere, ist ein Dickicht von Ansichten, eine Wildnis von Ansichten, eine Verzerrung von Ansichten, ein Wankelmut von Ansichten, eine Fessel von Ansichten. Sie ist von Dukkha umzingelt, von Verdruß, von Verzweiflung und Fieber, und sie führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zu Nibbāna."
"Die spekulative Ansicht, daß ein Tathāgata nach dem Tode nicht existiere, ist ein Dickicht von Ansichten, eine Wildnis von Ansichten, eine Verzerrung von Ansichten, ein Wankelmut von Ansichten, eine Fessel von Ansichten. Sie ist von Dukkha umzingelt, von Verdruß, von Verzweiflung und Fieber, und sie führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zu Nibbāna."
"Die spekulative Ansicht, daß ein Tathāgata nach dem Tode sowohl existiere, als auch nicht existiere, ist ein Dickicht von Ansichten, eine Wildnis von Ansichten, eine Verzerrung von Ansichten, ein Wankelmut von Ansichten, eine Fessel von Ansichten. Sie ist von Dukkha umzingelt, von Verdruß, von Verzweiflung und Fieber, und sie führt nicht zur Lossagung, zum Verschwinden, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zu Nibbāna."
"Die spekulative Ansicht, daß ein Tathāgata nach dem Tode weder existiere, noch nicht existiere, ist ein Dickicht von Ansichten, eine Wildnis von Ansichten, eine Verzerrung von Ansichten, ein Wankelmut von Ansichten, eine Fessel von Ansichten. Sie ist von Dukkha umzingelt, von Verdruß, von Verzweiflung und Fieber, und sie führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zu Nibbāna. Weil ich diese Gefahr sehe, nehme ich keine dieser Arten von Ansichten an."
15. "Hat dann Meister Gotama überhaupt irgendeine spekulative Ansicht?"
"Vaccha, 'spekulative Ansicht' ist etwas, was vom Tathāgata beseitigt worden ist. Denn der Tathāgata, Vaccha, hat dies gesehen: 'So ist Form, so ihr Ursprung, so ihr Verschwinden; so ist Gefühl, so sein Ursprung, so sein Verschwinden; so ist Wahrnehmung, so ihr Ursprung, so ihr Verschwinden; so sind Gestaltungen, so ihr Ursprung, so ihr Verschwinden; so ist Bewußtsein, so sein Ursprung, so sein Verschwinden.' Daher, sage ich, mit der Vernichtung, dem Lossagen, dem Aufhören, dem Aufgeben und Loslassen aller Vorstellungen, aller Gedankengebäude, allen Ich-Machens, allen Mein-Machens und der zugrundeliegenden Neigung zum Ich-Dünkel, ist der Tathāgata durch Nicht-Anhaftung befreit."
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Quelle: http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m072z.html - Majjhima Nikāya 72 - An Vacchagotta über das Feuer - Aggivacchagotta Sutta
Es sind Vorstellungen die alle überwunden werden müssen. Jegliche Vorstellung, am Ende auch die Vorstellung jede Vorstellung zu überwinden.
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Majjhima Nikāya 74
An Dīghanakha - Dīghanakha Sutta
1. So habe ich gehört. Einmal hielt sich der Erhabene bei Rājagaha auf dem Geiersberg in der Wildschwein-Höhle auf.
2. Da ging der Wanderasket Dīghanakha zum Erhabenen und tauschte Grußformeln mit ihm aus [1]. Nach diesen höflichen und freundlichen Worten stand er zur Seite und sagte zum Erhabenen: "Meister Gotama, meine Lehrmeinung und Ansicht ist dies: 'Für mich ist nichts annehmbar [2].'"
"Diese deine Ansicht, Aggivessana, 'Für mich ist nichts annehmbar' - ist nicht zumindest jene Ansicht für dich annehmbar?"
"Wenn diese meine Ansicht für mich annehmbar wäre, Meister Gotama, würde es sich damit genauso verhalten, würde es sich damit genauso verhalten [3]."
3. "Nun, Aggivessana, es gibt viele in der Welt, die sagen: 'Es würde sich damit genauso verhalten, es würde sich damit genauso verhalten', und doch überwinden sie jene Ansicht nicht und sie nehmen noch manche andere Ansicht an. Von jenen gibt es wenige in der Welt, die sagen: 'Es würde sich damit genauso verhalten, es würde sich damit genauso verhalten', und die jene Ansicht überwinden und keine andere Ansicht annehmen."
4. "Aggivessana, es gibt einige Mönche und Brahmanen, deren Lehrmeinung und Ansicht dies ist: 'Für mich ist alles annehmbar.' Es gibt einige Mönche und Brahmanen, deren Lehrmeinung und Ansicht dies ist: 'Für mich ist nichts annehmbar.' Und es gibt einige Mönche und Brahmanen, deren Lehrmeinung und Ansicht dies ist: 'Einiges ist für mich annehmbar, einiges ist für mich nicht annehmbar.' Unter diesen ist die Ansicht jener Mönche und Brahmanen, die die Lehrmeinung und Ansicht vertreten 'für mich ist alles annehmbar', nahe der Begierde, nahe dem Gefesseltsein, nahe dem Ergötzen, nahe dem Festhalten, nahe dem Anhaften. Die Ansicht jener Mönche und Brahmanen, die die Lehrmeinung und Ansicht vertreten 'für mich ist nichts annehmbar', ist nahe der Nicht-Begierde, nahe dem Nicht-Gefesseltsein, nahe dem Nicht-Ergötzen, nahe dem Nicht-Festhalten, nahe dem Nicht-Anhaften [4]."
5. Nach diesen Worten bemerkte der Wanderasket Dīghanakha: "Meister Gotama heißt meine Art von Ansicht gut, Meister Gotama empfiehlt meine Art von Ansicht."
"Aggivessana, was jene Mönche und Brahmanen betrifft, die die Lehrmeinung und Ansicht vertreten 'einiges ist für mich annehmbar, einiges ist für mich nicht annehmbar' - ihre Ansicht ist bezüglich dessen, was für sie annehmbar ist, nahe der Begierde, nahe dem Gefesseltsein, nahe dem Ergötzen, nahe dem Festhalten, nahe dem Anhaften, während ihre Ansicht bezüglich dessen, was für sie nicht annehmbar ist, nahe der Nicht-Begierde, nahe dem Nicht-Gefesseltsein, nahe dem Nicht-Ergötzen, nahe dem Nicht-Festhalten, nahe dem Nicht-Anhaften ist."
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Quelle: http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m074z.html - Majjhima Nikāya 74 - An Dīghanakha - Dīghanakha Sutta
So wie man einen Dorn benutzen kann um einen anderen Dorn aus dem Fuß zu entfernen. Ist der Dorn aus dem Fuß entfernt, kann man auch den Dorn in der Hand wegwerfen. Er wird nichtmehr gebraucht. Genauso braucht auch ein Arahant keine Lehre und keine Vorstellung mehr. Er hat die Lehre und Vorstellungen als Floß ans andere Ufer benutzt. Jetzt ist er am anderen Ufer und braucht auch die Lehre und Vorstellungen nicht mehr.
http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m022z.html - Majjhima Nikāya 22 - Das Gleichnis von der Schlange - Alagaddūpama Sutta - (Das Gleichnis vom Floß)
Das Problem scheint zu sein, dass die Meisten oder sogar fast Alle das Floß zu früh verlassen, weil sie irrtümlicherweise glauben schon am anderen Ufer zu sein. Dann lieber das Floß etwas länger als nötig herumtragen, als in den Fluten zu versinken.
Einen Hinweis zum Prüfen ob man ein Arahant sein könnte gibt es hier:
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Majjhima Nikāya 76
An Sandaka - Sandaka Sutta
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"Sandaka, wenn ein Bhikkhu ein Arahant ist, mit vernichteten Trieben, der das heilige Leben gelebt hat, getan hat, was getan werden mußte, die Bürde abgelegt hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat und durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, ist er unfähig, Übertretungen in fünf Fällen zu begehen. Ein Bhikkhu, dessen Triebe vernichtet sind, ist unfähig, absichtlich einem Lebewesen das Leben zu nehmen; er ist unfähig zu nehmen, was nicht gegeben wurde, das heißt zu stehlen; er ist unfähig, sich dem Geschlechtsverkehr hinzugeben; er ist unfähig, wissentlich die Unwahrheit zu sprechen; er ist unfähig, Sinnesvergnügen zu genießen, indem er sie ansammelt, wie er es früher im Laiendasein getan hat [4]. Wenn ein Bhikkhu ein Arahant ist, mit vernichteten Trieben, der das heilige Leben gelebt hat, getan hat, was getan werden mußte, die Bürde abgelegt hat, das wahre Ziel erreicht hat, die Fesseln des Werdens zerstört hat und durch letztendliche Erkenntnis vollständig befreit ist, ist er unfähig, Übertretungen in diesen fünf Fällen zu begehen."
52. ...
Quelle: http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m076z.html - Majjhima Nikāya 76 - An Sandaka - Sandaka Sutta
Der edle achtfache Pfad macht also Sinn und sollte wirklich erst endgültig losgelassen werden, wenn man auch wirklich angekommen ist. Schaut lieber zweimal nach.
Oder man hat keine Lust mehr auf vollkommenes Erwachen. Gibt es sicher auch oft.
Deswegen macht es für mich auch Sinn, dass man Dharma auch als "Ding" bezeichnet, weil Dharma zum Beispiel als edler achtfacher Pfad auch ein Ding ist. Aber ein hilfreiches Ding. Und deswegen ist am Ende auch Dharma loszulassen, weil es ein Ding ist und jedes Ding letztendlich leidhaft, unbefriedigend, vergänglich ist und mir nicht gehört. Aber erst am Ende.
Ich argumentiere hier natürlich vor allem aus Sicht des Palikanon wie ich ihn zur Zeit verstehe, garniert mit Theravada.
Und alles nur eine unvollkommene, vergängliche Meinung, die mir nicht gehört und die ich nicht bin.
Glaubt mir kein Wort. Könnte auch völliger Quatsch sein.
Liebe Grüße