Bedeutung der Erdberührungsgeste

  • Zitat

    Bhumisparsha heißt übersetzt: die Erde berühren. In Kombination mit der linken Hand, die in der Position des Dhiana Mudra liegt, symbolisiet diese Haltung die Vereinigung von Samsara (die phenomenale Welt) und Nirvana (die allgegenwärtige Essenz des Daseins) oder die Vereinigung von relativer und absoluter Wahrheit.


    Interessant! Ich habe noch nie was von einer "Dhiana Mudra" gehört! :eek:

  • mkha':

    Achtung: "Dhiana Mudra" - inkorrekt, siehe Erklärung weiter unten.


    Sie meinen vermutlich, dass es bei der Erdberührungsgeste eine "halbe Meditationsgeste" ist, was ja auch zur Symbolik passt, Erde und Meditation(serfahrung) zu vereinigen...

  • Mich irritiert die Schreibweise mit "i" - habe es bisher immer nur als "Dhyana" gesehen...

    • Offizieller Beitrag

    Das ein Mensch von sich heraus Buddaschaft erlangt, ist eine Sache von fundementaler Bedeutung. Wen könnte ein Buddha zum Zeugen anrufen, wenn er Götter und Brachma hinter sich gelassen hat?


    Dass Buddha Shkyamuni da die Erde berührt, drückt für mich sehr viel aus, (was der Verweis auf Göttinnen und Symbole eher verschleiert und verharmlost) nämlich das die Realität selbst den Buddha bestätigt. Buddhaschaft ist eben kein Geisteszustand und nichts Vorgestelltes ( das alles hätte ihm Mara um die Ohren gehauen) sondern so real wie der Boden selbst. Der Boden der Befreiung ist der Boden der Tatsachen und wenn Mara da irgend welche schlauen Anmerkungen und Bedenken dazu hat, kann er das genauso gut einer Steinplatte erzählen oder seinen Kopf dagegenhauen.

  • In diesem Zusammenhang finde ich es immer spannend, welche Buddhafiguren im tibetischen Kontext mit welchen Mudras dargestellt werden. So hat z.B. Vajrasattva die Mudra der Erdberührung, das ist sicherlich kein Zufall, gerade in Bezug auf Voids Beitrag!

  • Dass eine vernünftige Geistesentwicklung immer geerdet ablaufen muss, ist leider in vielen spirituellen / esoterischen Szenen noch nicht angekommen ;) Da scheint das Motto zu gelten: je abgehobener, erdfremder, "über den Dingen schwebender" umso besser. Da finde ich es sehr ansprechend, dass das im Buddhismus an so zentraler Stelle steht! Das zieht sich durch alle Richtungen des Buddhismus durch, auch wenn es manchmal auf den ersten Blick nicht so erscheint. Es geht auch im Tantra nicht darum, in der Meditation "besondere Erfahrungen" zu machen, sondern darum, den Geist zu beobachten und neue Gewohnheiten zu etablieren, die man dann zwischen den Meditationen in den Alltag überträgt. Mit dem Ziel, irgendwann die formelle Meditation nicht mehr zu brauchen, weil die damit verbundene geistige Haltung ständig im Alltag mitläuft. Das nennt man dann z.B. "Nicht-Meditation" - obwohl es eigentlich eine "Immer-Meditation" ist - aber eben nicht mehr formell, nicht mehr als solche nach Aussen sichtbar. Irgendwann wird es komplett natürlich, so dass nichts mehr "mitlaufen" muss. Das wird dann teilw. schon als gleichbedeutend mit der Buddhaschaft angesehen: http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?t=15902#p330539

  • Sherab Yönten:

    In diesem Zusammenhang finde ich es immer spannend, welche Buddhafiguren im tibetischen Kontext mit welchen Mudras dargestellt werden. So hat z.B. Vajrasattva die Mudra der Erdberührung, das ist sicherlich kein Zufall, gerade in Bezug auf Voids Beitrag!


    Das ist falsch oder Du hast eine seltene Sonderform gesehen. Vajrasattva hält normalerweise den Dorje vor dem Herzen und die Glocke mit der Öffnung nach oben im Schoss.


    https://www.google.de/search?q…cQsAQIKA&biw=1920&bih=966


    Interessant ist seine Fuss-Stellung - ausgestreckt über den Rand. Das deutet darauf hin, dass er nicht in stiller Versenkung ist, sondern sich jederzeit in die Welt hinein bewegen kann. Da ist also eine erdende Bewegung, aber keine Erdberührungsgeste.

  • Ich hatte zu diesem Thema früher einmal etwas geschrieben, was momentan aber nicht online ist. Ich kopiere es hier einfach rein.


    Eine der bekanntesten Geschichten des Buddhismus ist wohl Buddhas Kampf gegen Mara, den Fürsten der Unterwelt, kurz vor seiner Erleuchtung (bodhi). Während dieses Kampfes ruft Shakyamuni Buddha die Erde bzw. Erdgöttin als Zeugin für seine frühere Wohltaten heran.


    https://www.youtube.com/watch?v=wPOviqxFllA


    Die Erde als nicht-personifizierte Göttin in der frühen Literatur


    Die Erdgöttin ist als Vasundhara (birm. Wathundaya), Vasundhari und Sthavara bekannt. Die Erdgöttin ist in Myanmar, als auch in Thailand, äußerst beliebt und tritt als Wathundaya in personifizierter Form auf. Im klassischen Textkorpus des Theravada findet sie sich ausschließlich in nicht-personifizierter Form als Erde wieder. So zum Beispiel im Nidana-katha des Jataka als auch im klassischen Kommentar (atthakatha) zur Padhana-sutta des Sutta-nipata.


    Im Nidana-katha ruft der Buddha die „feste, große Erde, wenn sie auch vernunftlos ist“ als Zeugin auf und die Erde antwortet ihm mit: „Ich war damals die Zeugin dafür“ (Nidana-katha im Jataka, zit. nach: Dutoit 1908). Im Atthakatha zum Sutta-nipata dient wiederum auch nur die Erde als Zeugin für des Buddhas Vollkommenheiten (paramita). Buddhaghosas klassischer Kommentar schreibt: „möge diese große Erde dafür Zeuge sein“ (Paramatthajotika, zit. nach: Nyanaponika 1996, S. 285). In der kommentierten Lehrrede, der Padhana-sutta, findet sich gar kein Bezug zur Erde noch zur Erdgöttin. Hier findet der Kampf allein zwischen Buddha und Mara mit seinem Heer statt.


    Verwandlung zur Erdgöttin in der späteren Literatur


    Eine ausführlichere und ausgeschmückte Version dieser Geschichte findet sich im Lalitavistara-sutra. Dieses Werk ist eine Buddha-Biographie mit Wurzeln im Sarvastivada des Hinayana, welches später von Schulen des Mahayana weiter ausgearbeitet wurde. Hier tritt die Erdgöttin direkt auf, wie sie Zeugnis von den Tugendverdiensten des Bodhisattva ablegt:


      „Der Bodhisattva entgegnete: ‚Diese Erde hier, die Mutter aller Wesen, gibt mir das Zeugnis!‘ … Und kaum hatte der Bodhisattva diese große Erde berührt, da erbebte sie auf sechsfache Weise, zitterte heftig und zitterte auf allen Seiten…
        
      Und alsbald erschütterte die Erdgöttin Sthavara [die Stabile] mit ihrem Gefolge von tausend Millionen Erdgottheiten die ganze Erde in eben diesem Teil der vieltausend Welten, durchbrach, nicht weit vom Bodhisattva entfernt, die Erdoberfläche und trat mit dem Oberkörper, reich geziert mit Schmucksachen, hervor. Dann neigte sie sich mit ihrem Leibe zum Bodhisattva herab, legte die Hände zusammen und sprach zu ihm: ‚So wie du sagt, o großer Mann, so ist es! Wir hier sind Zeugen dafür!'“ (Waldschmidt 1991, S. 158-159).


    In Myanmar hat sich im Laufe der Zeit eine besondere Form der dort Wathundaya genannten Erdgöttin entwickelt. Auch hier trat sie nicht von Anfang an in personifizierter Form auf. Handlin schreibt: „the early scarcity of two hugely popular subjects in all Myanmar temples later on – the Four Omens and Vasundhari, Goddess of the Earth“ (Handlin 2012, S. 191). Sie begründet dieses Fehlen ebenfalls durch die oben angeführte Herleitung, dass die Erde als personifizierte Göttin in den frühen Texten nicht auftaucht (Handlin 2012, S. 191-192). In Myanmar wird sie inzwischen aber seit einigen Jahrhunderte auch als eigenständige Göttin verehrt, die alle guten Taten des Buddha und aller Menschen kennt.

  • kilaya:

    Vajrasattva hält normalerweise den Dorje vor dem Herzen und die Glocke mit der Öffnung nach oben im Schoss.


    Das kenne ich auch.


    Trotzdem wird die Erdberührungsmudra Vajrasattva zugeordnet, zumindest lt. Tabelle unten im Link:


    http://www.tibet-galerie.de/symbole.html


    Ist die Tabelle falsch?

    • Offizieller Beitrag


    Also ich sehe sie da bei Akshobhya

  • Da wird sie doch Akshobhya zugeordnet und nicht Vajrasattva.

  • In der Tabelle: Vajrasattva als "spirituelles Kind" Akshobyas scheint mir auch falsch. Die "spirituellen Kinder" sind normalerweise Bodhisattvas; Vajrasattva ist ein Buddha und wird teilweise als eigener Dhyani-Buddha angesehen.

  • Ist denn die Mudra des spirituellen Kindes eine andere wie die des Dhyani-Buddha ?


    kilaya:

    In der Tabelle: Vajrasattva als "spirituelles Kind" Akshobyas scheint mir auch falsch. Die "spirituellen Kinder" sind normalerweise Bodhisattvas; Vajrasattva ist ein Buddha und wird teilweise als eigener Dhyani-Buddha angesehen.


    Aber es gibt doch nur 5 Dhyani-Buddhas, oder? Wenn Vajrasattva auch einer wäre, welcher von denen in der Tabelle würde dann als Dhyani-Buddha wegfallen?

  • kilaya:


    Danke Kilaya für die Links. Mein Problem damals war, dass mein Englisch nicht so gut ist und die meisten Links, die Thomas eingestellt hatte, englischsprachige Links waren.


    Aber wir müssen an dieser Stelle keine neue Diskussion um die Dhyani-Buddhas beginnen.


    Nur die eine Frage wäre im Zusammenhang mit der Erdberührungsgeste interessant:


    Sherab Yönten:

    Ist denn die Mudra des spirituellen Kindes eine andere wie die des Dhyani-Buddha ?

  • Sherab Yönten:


    Nur die eine Frage wäre im Zusammenhang mit der Erdberührungsgeste interessant:
    Ist denn die Mudra des spirituellen Kindes eine andere wie die des Dhyani-Buddha ?


    Na klar, es ist ein anderer Aspekt! Zu den Dhyani-Buddha gehören ja jeweils ganze Buddha-Familien. Einige der "spirituelle Kinder" sind Teile mehrer Familien. Zu Öpame gehört z.B. Chenrezig, aber auch Manjushri findet man in der Lotusfamilie und Vajrapani und die weisse und grüne Tara. Es geht ja letztlich um sowas wie Zusammenarbeit von Energien und Abläufen. Um seine mitfühlende Aktivität praktisch auszudrücken braucht Chenrezig Weisheit (Manjushri) und Kraft (Vajrapani) usw.

    • Offizieller Beitrag
    kilaya:

    In der Tabelle: Vajrasattva als "spirituelles Kind" Akshobyas scheint mir auch falsch. Die "spirituellen Kinder" sind normalerweise Bodhisattvas; Vajrasattva ist ein Buddha und wird teilweise als eigener Dhyani-Buddha angesehen.


    Im Shingon ist das Vajrasekhara Sutra zentral.


    In ihm taucht Vajrasattva als Bodhisattva/Schüler auf. Was wichtig ist, da man dort an eine Überlieferungslinie von Mahavairocana über Vajrasattva zu Nagaarjuna ausgeht.


      The sutra begins with Mahavairocana Buddha preaching the Dharma to a great host of Bodhisattvas, including Vajrasattva, in the Buddhist heaven of Akanishta.



    Im zugehörigen "Mandala des Diamantreichs" wird Vajrasattva im oestlichen Bereich Akshobhya zugeordnet.