Das Ideal des Buddhismus, nicht zu missionieren

  • Frage in diesem Zusammenhang - kann man die Arbeit Buddhas als Missionierung bezeichnen?


    In den Lehrreden wird immer wieder erzählt, daß (und in welcher Form) er geduldig Fragen beantwortet hat und niemanden, der auf ihn zugegangen ist abgewiesen hat.
    Aber steht irgendwo, daß er selbst andere aktiv angesprochen hat um die Lehre zu verbreiten?

    • Offizieller Beitrag

    König Ashoka sandte Gesandtschaften zur Verbreitung des Buddhismus bis weit hinein in die griechische Welt.


      Nun ist es die Eroberung durch den Dharma, die der Piyadasi als beste Eroberung ansieht. Und diese wurde hier erreicht, an den Grenzen, sogar sechshundert Yojanas entfernt, wo der griechische König Antiochos regiert, jenseits davon wo die vier Könige mit Namen Ptolemaios, Antigonos, Magas und Alexander regieren, ebenso im Süden unter den Cholas, den Pandyas und so weit entfernt wie Tamraparni.“
      Edikte des Ashoka



    Von König Ashoka wurde die Verbreitung des Buddhismus als eine sehr wichtige und ehrenvolle Aufgabe gesehen, derer er sich auf zahlreichen Stelen rühmte.

  • fotost:

    Frage in diesem Zusammenhang - kann man die Arbeit Buddhas als Missionierung bezeichnen?
    In den Lehrreden wird immer wieder erzählt, daß (und in welcher Form) er geduldig Fragen beantwortet hat und niemanden, der auf ihn zugegangen ist abgewiesen hat.
    Aber steht irgendwo, daß er selbst andere aktiv angesprochen hat um die Lehre zu verbreiten?


    Ja, solche Fälle gibt es und nicht nur einzelne sondern er
    und auch Mönche, gingen wiederholt zu Versammlungen anderer
    die ihre eigenen Lehren hatten. Steht in den Lehrreden. Von
    Angulimalo nicht zu reden.



  • Es ist in meinem Zentrum gelebte Praxis, den Buddhismus nicht aktiv zu verbreiten, sondern nur dann vom Dharma zu erzählen, wenn man explizit gefragt wird. Eine Quelle dazu kenne ich allerdings nicht.

  • void:

    Von König Ashoka wurde die Verbreitung des Buddhismus als eine sehr wichtige und ehrenvolle Aufgabe gesehen, derer er sich auf zahlreichen Stelen rühmte.


    Was ihm wohl mehr zur ehren gereicht als nur eine Tempel zu bauen.

    • Offizieller Beitrag
    Sherab Yönten:

    Es ist in meinem Zentrum gelebte Praxis, den Buddhismus nicht aktiv zu verbreiten, sondern nur dann vom Dharma zu erzählen, wenn man explizit gefragt wird. Eine Quelle dazu kenne ich allerdings nicht.


    Vielleicht hat es ja nichts mit Religion selbst sondern mit Respekt zu tun, dass man seinen noch so guten Rat nicht aufdrängt?

  • fotost:

    Frage in diesem Zusammenhang - kann man die Arbeit Buddhas als Missionierung bezeichnen?


    In den Lehrreden wird immer wieder erzählt, daß (und in welcher Form) er geduldig Fragen beantwortet hat und niemanden, der auf ihn zugegangen ist abgewiesen hat.
    Aber steht irgendwo, daß er selbst andere aktiv angesprochen hat um die Lehre zu verbreiten?


    Ja, bald nach der Erleuchtung. Zuerst wollte er seine beiden Lehrer aufsuchen, die waren schon gestorben. Dann ging er zu seinen ehemaligen Gefährten:


    Zitat

    "Ich erwog folgendes: 'Wen sollte ich zuerst das Dhamma lehren? Wer wird dieses Dhamma schnell verstehen?' Da fiel mir ein: 'Die Bhikkhus der Fünfergruppe, die mir aufwarteten, während ich mit meinen Bemühungen beschäftigt war, waren sehr hilfsbereit. Angenommen, ich lehre sie zuerst das Dhamma.'
    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m026z.html

  • void:
    Sherab Yönten:

    Es ist in meinem Zentrum gelebte Praxis, den Buddhismus nicht aktiv zu verbreiten, sondern nur dann vom Dharma zu erzählen, wenn man explizit gefragt wird. Eine Quelle dazu kenne ich allerdings nicht.


    Vielleicht hat es ja nichts mit Religion selbst sondern mit Respekt zu tun, dass man seinen noch so guten Rat nicht aufdrängt?


    Nicht unbedingt mit Respekt als viel mehr ob es
    denn überhaupt Sinn hat und heilsam ist.
    Auskunft darüber findet man auch in D1 gleich am Anfang
    der Lehrrede.

  • Im Allgemeinen ist es wohl ein Ideal des Buddhismus die Lehre niemandem aufzudrängen. Auch Ashoka hat ja verfügt dass andere Lehren auch respektiert werden sollen. Anders als bei der christlichen Mission, wo oft Zwang und Gewalt angewendet wurde. Das ist der Unterschied.

  • Sherab Yönten:

    Es ist in meinem Zentrum gelebte Praxis, den Buddhismus nicht aktiv zu verbreiten, sondern nur dann vom Dharma zu erzählen, wenn man explizit gefragt wird. Eine Quelle dazu kenne ich allerdings nicht.


    Würdest du dann zustimmen können, wenn man sagt, es ist weniger das Ideal des Buddhismus als dein eigenes Ideal, und dass deiner Gruppe?


    Und was bedeutet genau aktiv verbreiten? Ich kann mich erinnern, wie die Zeugen Jehovas klingelnd von Haustür zu Haustür gingen. Heute sehe ich sie nur noch passiv irgendwo herumstehen mit ihrem kleinen Wachturmwagen. Ist das dann noch Missionierung?

  • pamokkha:
    Sherab Yönten:

    Es ist in meinem Zentrum gelebte Praxis, den Buddhismus nicht aktiv zu verbreiten, sondern nur dann vom Dharma zu erzählen, wenn man explizit gefragt wird. Eine Quelle dazu kenne ich allerdings nicht.


    Würdest du dann zustimmen können, wenn man sagt, es ist weniger das Ideal des Buddhismus als dein eigenes Ideal, und dass deiner Gruppe?


    Und was bedeutet genau aktiv verbreiten? Ich kann mich erinnern, wie die Zeugen Jehovas klingelnd von Haustür zu Haustür gingen. Heute sehe ich sie nur noch passiv irgendwo herumstehen mit ihrem kleinen Wachturmwagen. Ist das dann noch Missionierung?


    Ich bin mir sicher, dass es nicht nur das Ideal meines Zentrums ist, sondern dass dieses Ideal von vielen Zentren geteilt wird. Zumindest gibt es sogar im Mahayana ein Bodisattva Gelübde, das sich auf die Leerheit bezieht: Folgende Handlungen sind aufzugeben: "Die Leerheit (Skt. Sunyata) denen lehren, die noch nicht bereit sind, sie zu verstehen". Vielleicht bezieht sich das Ideal des Verbotes der Missionierung auch lediglich auf die höchsten Weisheitslehren und nicht auf ethische Aspekte oder Meditation.


    In der Geschichte Tibets ist es allerdings schon zu "Missionierungen" gekommen. Wenn ein Meister ein Kloster aufsuchte und um Eintritt bat, dann kam es zunächst zu den sogenannten "philosophischen Debatten". Das war ein Grund warum die Tore der Klöster von berühmten Meistern "verteidigt" worden sind, denn die Partei, die damals bei der Debatte unterlag, musste "konvertieren".

  • Der Mahavagga im Vinaya-pitaka gibt einen Einblick in Buddhas Anfänge als Lehrer. Einige der Geschichte können durchaus missionarisch verstanden werden.


    Als der sangha aus 60 Heiligen bestand gab der Buddha dem Orden folgenden Auftrag:


    Zitat

    Geht in die Welt, ihr Mönche, wandelt vielen Menschen zum Wohl ... zum Glück, aus Mitgefühl für die Welt... Ihr mögt allein, nicht zu zweit gehen. Ihr Mönche, verkündet die Lehre ... macht ... den Reinheitswandel bekannt. (Mvg 2.32)


    Direkt im Anschluss findet Buddhas Missionierung der Flechtenasketen statt. Der Buddha war hartnäckig und hat sich nicht abschütteln lassen. Die Uruvela-Asketen sind drei Asketenführer mit insgesamt 1000 Schülern. Also ziemlich fette Beute, wenn man selber ganz am Anfang steht.


    In der ersten Nacht fängt der Buddha an, Wunder zu wirken und einen Naga zu bändigen. Uruvelakassapa denkt sich, "große Macht hat der große Asket [Buddha] ... aber er ist kein Heiliger wie ich". Das geht dann so weiter, 22 Wunder lang. Bis dem Buddha es irgendwann genug wird und sich denkt:


    Zitat

    Seit Langem war dieser törichte Mensch [eigentlich Blödmann] der Ansicht, dass der große Asket (zwar) große übernatürliche Kraft und große Macht hat, aber kein Heiliger sei wie er. Nun werde ich diesen Flechtenasketen aufrütteln.


    Da sprach der Erhabene zu Uruvelakassapa: 'Du, Kassapa, du bist kein Heiliger!' (Mvg 2.51)


    Die frühen Mönche habe andere Leute zumindest so häufig ungebeten vollordiniert, dass der Buddha dagegen eine Ordensregel erlassen musste (Mvg 2.71).


    accinca hat bereits die Beispiele mit dem Aufsuchen fremder Asketen angesprochen und void die Dhammamissionen von Asoka.


    In Myanmar gab es Dhammadhuta-Mönche und Programme für die Bekehrung der nicht-buddhistischen Minderheiten im Land, insbesondere in den Berggebieten. 1998 eröffnete in Yangon die International Theravada Buddhist Missionary University und eines der Ziele ist wohl "to train more missionaries".

  • Soweit ich verstanden habe, wird Buddhismus nur "angeboten". Es soll nicht unerreichbar sein für die Leute, die es suchen. Direkte Quellen weiß ich leider nicht, aber es ergibt sich aus der gesamten buddhistischen Lehre, dass Buddhismus sich nicht mit Gewalt oder Überredungskunst verbreiten kann/sollte.
    Um Belehrungen etc muss man bitten - bzw irgendjemand muss darum gebeten haben.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • nicht mit zwang, nicht mit überedungskunst, stimmt.
    mit begehren und unmut im herzen wär es auch nicht gut.

  • Asiatische Mönche kommen z.B. in den Westen um die Lehre zu präsentieren, das könnte man schon als Mission bezeichnen.


    Zitat

    Mission: Im 16. Jahrhundert, der Bedeutung des lateinischen Wortinhalts folgend, aus missio → la (Substantivbildung zum Verb mittere → la; Genitiv missiōnis → la) ‚das Gehenlassen, das Schicken, die Entsendung‘ entlehnt. https://de.wiktionary.org/wiki/Mission


    Ich habe aber noch nie erlebt dass dabei an das Gewissen appeliert oder der Teufel an die Wand gemalt wird, oder sonst irgendwelche Zwänge oder Tricks angewendet werden.

  • Aber jemand hat sie eingeladen, nicht ? Ich hab auch mal gelesen, die offene Strasse sei kein Ort der Frage und Antwort.

  • mukti:

    Ich habe aber noch nie erlebt dass dabei an das Gewissen appeliert oder der Teufel an die Wand gemalt wird, oder sonst irgendwelche Zwänge oder Tricks angewendet werden.


    Der Buddha hat Haushälter, die noch keine Laienanhänger sind, in der Regel mittels einer standardisierten Stufendarlegung belehrt:


    Zitat

    ein Gespräch über das Geben, über Sittlichkeit, über den Himmel, dann über die Gefahren, die Schlechtigkeit und Verderbtheit der Sinnesgier sowie aller Befleckungen, und dann zeigte er den Segen des Entsagens auf.


    Ist das auf gläubige Ohren getroffen, fährt er fort und verkündet die Kernaussage der Lehrdarlegung der Buddhas: die 4 edlen Wahrheiten.


    Der Buddha zeigt auf, wie man mittels Geben und Sittlichkeit die Belohnung des Himmels erlangt, und wie Sinnesgier in den Abgrund führt. Das geht für mich schon in Richtung Zuckerbrot und Peitsche - auch wenn es nicht ganz der Teufel an der Wand ist.

  • Standartisierte Stufendarlegung.
    So n Quatsch. Erstmal war das nicht so und zweitens kann das auch agitativ aufgefasst werden, wenn es nicht von einem Mensch der 'sichtbaren Lehre' kommt.


  • Das läuft für mich unter präsentieren der Lehre, wer damit nichts anfangen kann wird nicht irgendwie diskriminiert. Wie der Buddha bei solcher Gelegenheit auch immer sowas sagte wie: Wenn du meinst, tue was du für richtig hältst. Vermutlich war er dabei vollkommen freundlich und ohne Bekehrungseifer. Bezeichnend auch dass jeder den Orden problemlos jederzeit wieder verlassen kann.
    Dem Buddha ging es nicht darum für einen Glauben Schäfchen zu sammeln. Erst als er sah dass es Menschen gab die weniger in Unwissenheit waren und ihn verstehen würden, hat er überhaupt zu lehren begonnen.

  • gemäß der 7. Regel des vajrayānamūlāpattisaṃgraha von Aśvaghoṣa (Derge Kanon Nr. 2478) sollte man die Lehren des Vajrayana nicht an uneingeweihte und/oder ungeeignete Personen weitergeben und/oder diese unterrichten, da sie die Lehren missverstehen könnten. Deshalb wurden die tantrischen Lehren früher auch nur im geheimen bzw. nichtöffentlich gelehrt. Im japanischen Tendai, Shingon und Shugendo wird dies auch heute noch so gelehrt, d.h. dort finden z.B. keine öffentlichen Einweihungen und Belehrungen über die Praxis des Yogatantra statt, sondern nur im nichtöffentlichen Bereich.
    https://enricokosmus.wordpress…gakpas-oder-einer-ngakmo/
    http://studybuddhism.com/de/fo…antrischen-wurzelgeluebde

  • Ausgehend von Mahâvagga des Vinaya-Pitaka 1,11,1, ist die Rede davon, dass "der Mönch"
    (genauer eigentlich: der befreite Mönch) die Lehre "in der Welt verkünden" soll. Ob es dazu noch andere "Verfügungen" gibt, weiß ich nicht.


    Ausgehend von den Brahmajala (Bodhisattva)-Gelöbnissen haben wir folgendes:
    jemanden der nach dem Dharma sucht, diesen entsprechend der eigenen Möglichkeit zu unterrichten ( zumindest "einen Satz einer Lehrrede (sutra), einen Vers, oder ein winziges Stück des Dharma ... ")


    In den geringeren, ergänzenden: Nicht das Dharma lehren oder Gelübde übertragen, ohne diese tief zu verstehen. Jedoch: Nicht versäumen, andere Menschen darin zu ermutigen, eine innere Umkehr und Herzensöffnung zu vollziehen.


    Und für wandernde Mönche und Nonnen: Nicht das kostbare Dharma in einer respektlosen Umgebung oder auf eine respektlose Weise darlegen.

  • Losang Lamo:

    Soweit ich verstanden habe, wird Buddhismus nur "angeboten". Es soll nicht unerreichbar sein für die Leute, die es suchen. Direkte Quellen weiß ich leider nicht, aber es ergibt sich aus der gesamten buddhistischen Lehre, dass Buddhismus sich nicht mit Gewalt oder Überredungskunst verbreiten kann/sollte.
    Um Belehrungen etc muss man bitten - bzw irgendjemand muss darum gebeten haben.


    Wie bringst du das in Einklang mit der Schilderung der Flechtenasketen im Vinaya-pitaka?

  • @pamokkha:


    Und wie gedenkst du eine Missionarstätigkeit mit o.g. Mahâvagga des Vinaya-Pitaka 1,11,1 in Einklang zu bringen?