Liebende Güte im Alltag

  • Hallo, als Buddhist soll man ja liebende Güte praktizieren. Ich bin einmal im Jahr zu so einem Familientreffen eingeladen und ich möchte da nicht mehr hin, weil mir die Leute schon so auf die Nerven gehen. Kann ich die auch meiden oder hat das dann was mit Stolz und anhaften am Ego zutun und ich sollte diese Situation eher als Probe sehen, um daraus zu lernen? Offen gesagt, will ich einfach nur meine Ruhe. Danke ... :doubt:

  • Irmin82:

    Hallo, als Buddhist soll man ja liebende Güte praktizieren. Ich bin einmal im Jahr zu so einem Familientreffen eingeladen und ich möchte da nicht mehr hin, weil mir die Leute schon so auf die Nerven gehen. Kann ich die auch meiden oder hat das dann was mit Stolz und anhaften am Ego zutun und ich sollte diese Situation eher als Probe sehen, um daraus zu lernen? Offen gesagt, will ich einfach nur meine Ruhe. Danke ... :doubt:

    Hört sich nach Trotzkopf an. Durch alle diese Menschen bist Du erst in der Lage so zu sein wie Du bist, haben sie dafür nicht ein wenig liebende Güte deinerseits verdient? Nur durch deine Familie hast Du überhaupt die Fähigkeit das sie Dir auf die Nerven gehen. Sei einfach nur mal da einfach so ohne deine ganzen Vorstellungen, sei mal als Mensch für diese Menschen da. Sei mal bedingungslos, sein mal Mitgefühl ohne Selbstmitleid.


    Bleib doch einfach weg! Was haben die denn schon mit deinem Leben zu tun? Schließlich hast Du dich ja selber von ganz allein auf deine Füße gestellt. Wer braucht schon andere?

  • Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, liebende Güte und die anderen 3 Unermesslichen (Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut) im Alltag zu praktizieren. Neben der praktischen Ausrichtung im Alltag wäre eine Liebende Güte - Meditation sinnvoll, die Dir eventuell helfen kann, liebende Güte auch im Alltag zu praktizieren!


    Im Übrigen "sollte" man als Buddhist gar nichts, alle Übungen beruhen auf Einsicht, dass es sinnvoll ist, diese Praktiken zu praktizieren, weil kein Wesen leiden möchte.


    Wer könnte also darunter leiden, wenn Du dem Familientreffen fern bleibst ? Vielleicht sogar Du selbst, weil Du ein schlechtes Gewissen hättest ?


    Im Leben werden wir häufiger mit Situationen konfrontiert wo wir einfach nur "unsere Ruhe" wünschen, da ist es besser man übt schon mal ein wenig mit der Familie ;)


    Aber das ist nur meine persönliche Meinung!

  • Wenn man schon im Vorwege sehen kann, dass ein Zusammentreffen mit anderen Menschen für einen selben und/oder auch für die anderen Menschen nicht heilsam und konstruktiv sein wird, so sollte man dieses Zusammentreffen auch nicht unbedingt erzwingen, weil man als "Buddhist" angeblich zu allen und jedem lieb und nett sein sollte. Auch der historische Buddha hat manchmal die Einsamkeit der Begegnung mit anderen Menschen vorgezogen, weil er sehen konnte, dass es sich um destruktive Menschen handelt.
    Nur weil andere Menschen zu der selben Familie gehören, muss man sich nicht mit diesen verbunden und und zu nichts verpflichtet fühlen, wenn diese unheilsam und destruktiv handeln.

  • Danke für eure Antworten. ^^ Vor allem die von Ellviral find ich spannend, weil er in meine Frage so viel von sich selbst oder von Menschen die erkennt hinein interpretiert ... Ich kenne die Leute kaum, das sind die Kinder meiner Tante und deren Mann ich bin in einer ganz anderen Stadt aufgewachsen, wir sehen uns einmal im Jahr. Wegen irgendwas sind sie böse auf mich und schauen mich immer grantig an. Und ich hab mich jetzt 4 bis 5 Treffen bemüht immer sehr freundlich zu sein aber eigentlich will ich jetzt nur noch meine Ruhe und vielleicht ist das auch für die Situation besser.

  • Irmin82:

    ... aber eigentlich will ich jetzt nur noch meine Ruhe ...


    Das ist doch gute Bescheidenheit. Wenn mal die anderen auch so bescheiden wären, würden sie dich auch in Ruhe lassen.

  • Stero:
    Irmin82:

    ... aber eigentlich will ich jetzt nur noch meine Ruhe ...


    Das ist doch gute Bescheidenheit. Wenn mal die anderen auch so bescheiden wären, würden sie dich auch in Ruhe lassen.

    In den frühen Jahren will man in Ruhe gelassen werden, im den späteren Jahren fragt man sich warum keiner die Ruhe stört.

  • Das stimmt sicher, Ellviral. Mir wäre es auch viel lieber, wenn man dort irgendwie eine fröhliche oder positive Situation hätte. Irgendwie bin ich mit der Situation auch etwas überfordert. Wahrscheinlich geh ich wieder hin, bemüh mich freundlich zu sein und werde böse angeschaut. Ich hoffe, dass sich das irgendwann bessert ... Ich möchte auch nicht in Ruhe gelassen werden, mir wäre eine normale Situation und ein freundschaftliches Verhältnis viel lieber.

  • Irmin82:

    Das stimmt sicher, Ellviral. Mir wäre es auch viel lieber, wenn man dort irgendwie eine fröhliche oder positive Situation hätte. Irgendwie bin ich mit der Situation auch etwas überfordert. Wahrscheinlich geh ich wieder hin, bemüh mich freundlich zu sein und werde böse angeschaut. Ich hoffe, dass sich das irgendwann bessert ... Ich möchte auch nicht in Ruhe gelassen werden, mir wäre eine normale Situation und ein freundschaftliches Verhältnis viel lieber.


    Bemüh dich nicht sei einfach so wie Du bist. Das kann liebevoll oder abweisend ja sogar wütend sein, nur echt und jetzt sollte es sein. Jede Bemühung, egal von welcher Seite bringt dich in die Aus-zone, des nicht Du sein.

  • Irmin82:

    Danke für eure Antworten. ^^ Vor allem die von Ellviral find ich spannend, weil er in meine Frage so viel von sich selbst oder von Menschen die erkennt hinein interpretiert ... Ich kenne die Leute kaum, das sind die Kinder meiner Tante und deren Mann ich bin in einer ganz anderen Stadt aufgewachsen, wir sehen uns einmal im Jahr. Wegen irgendwas sind sie böse auf mich und schauen mich immer grantig an. Und ich hab mich jetzt 4 bis 5 Treffen bemüht immer sehr freundlich zu sein aber eigentlich will ich jetzt nur noch meine Ruhe und vielleicht ist das auch für die Situation besser.


    Hallo Irmin,
    da ist doch schon die Antwort. Du bemühst Dich, freundlich zu sein zu Menschen, die Du nicht einmal richtig kennst, die Dich aber aus irgendeinem Grund böse anschauen.


    Falls Du also wieder hingehst, frage sie doch mal, warum sie Dich so anschauen. Oder ertrage die Ungewissheit, aus irgendeinem Grund nicht gemocht zu werden, und geh nicht mehr hin.


    Dieses Hin und Her kenne ich auch. Aus meiner heutigen Sicht hängt das immer mit dem Stand der eigenen Einsicht zusammen - und der daraus folgenden Energie. Zunächst sind die Empfehlungen Buddhas einfach Übungen, die zu einem scheinbar positiven Verhalten zwingen, zum Beispiel "liebende Güte zu entwickeln". Wenn aber die entsprechende Reife da ist, weiß ich, ich gehe hin, wenn ich in mich hineingehorcht habe und es "ja" sagt, und ich gehe nicht hin, wenn ich beim Hineinhorchen "höre" "Nein!".
    Das heißt für mich, die entsprechende Reife lässt mich nicht mehr nach "liebender Güte" oder "Mit-Gefühl" oder "Abstandhalten" oder sogar "ich will meine Ruhe" schielen, sondern ES (was immer das ist) ist da oder nicht.


    Alles andere sind Erfahrungen. Und die muss jede/r selbst machen. Wenn Du Dich also unwohl fühlst, weil Du nicht hingehst, dann ist dieses Unwohlsein ein gutes Übungsobjekt, nämlich zu beobachten, zu untersuchen und auszuhalten - und was daraus entsteht. Ohne die Beobachtung der sich regenden Gefühle bleibt alles nur an der Oberfläche. Meine Empfehlung: Steig ein und gehe in die Tiefe Deiner sich im Konflikt befindenden Gefühle, ohne sie zu bewerten. Nur so kannst Du "hinter die Kulissen schauen".


    Ich wünsche Dir dabei viel Erfolg und ein freies Herz.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ellviral:
    Stero:


    Das ist doch gute Bescheidenheit. Wenn mal die anderen auch so bescheiden wären, würden sie dich auch in Ruhe lassen.

    In den frühen Jahren will man in Ruhe gelassen werden, im den späteren Jahren fragt man sich warum keiner die Ruhe stört.


    Kann ich nicht bestätigen. Schreib ich aber nur, weil du "man" schreibst und damit vorgibst, was du gar nicht vorgeben kannst.

  • Monikadie4.:

    Aus meiner heutigen Sicht hängt das immer mit dem Stand der eigenen Einsicht zusammen - und der daraus folgenden Energie. Zunächst sind die Empfehlungen Buddhas einfach Übungen, die zu einem scheinbar positiven Verhalten zwingen, zum Beispiel "liebende Güte zu entwickeln". Wenn aber die entsprechende Reife da ist, weiß ich, ich gehe hin, wenn ich in mich hineingehorcht habe und es "ja" sagt, und ich gehe nicht hin, wenn ich beim Hineinhorchen "höre" "Nein!".
    Das heißt für mich, die entsprechende Reife lässt mich nicht mehr nach "liebender Güte" oder "Mit-Gefühl" oder "Abstandhalten" oder sogar "ich will meine Ruhe" schielen, sondern ES (was immer das ist) ist da oder nicht.


    Alles andere sind Erfahrungen. Und die muss jede/r selbst machen. Wenn Du Dich also unwohl fühlst, weil Du nicht hingehst, dann ist dieses Unwohlsein ein gutes Übungsobjekt, nämlich zu beobachten, zu untersuchen und auszuhalten - und was daraus entsteht. Ohne die Beobachtung der sich regenden Gefühle bleibt alles nur an der Oberfläche. Meine Empfehlung: Steig ein und gehe in die Tiefe Deiner sich im Konflikt befindenden Gefühle, ohne sie zu bewerten. Nur so kannst Du "hinter die Kulissen schauen".


    Liebe Monika, liebe alle,


    mittlerweile habe ich auch gelernt, Intuition und Bauchgefühl zu schätzen. Der Buddhismus gibt Empfehlungen, aber auch die Anweisung diese zu hinterfragen. Das ist dann wohl eher mehr eine verstandesmässige Analyse dessen, wofür die Intuition die Richtung aufzeigt :?:


    Oder gibt es noch konkretere Empfehlungen dazu in den Schriften? Hattet ihr schonmal arge Differenzen zwischen Intuition und buddhistischer Empfehlung ? LG :om:

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Carneol:


    Das ist dann wohl eher mehr eine verstandesmässige Analyse dessen, wofür die Intuition die Richtung aufzeigt :?:


    Die Frage verstehe ich nicht ganz. Die Empfehlungen des Buddha sind meiner Erfahrung nach unabdingbar und werden im Laufe der Jahre, mit zunehmender Einsicht immer klarer und selbstverständlich. Was ich früher für Freiheit hielt, ist für mich aus heutiger Sicht Narrheit.


    Zitat

    Oder gibt es noch konkretere Empfehlungen dazu in den Schriften? Hattet ihr schonmal arge Differenzen zwischen Intuition und buddhistischer Empfehlung ? LG :om:


    Nein, ich hatte noch nie Differenzen zwischen meiner Intuition und buddhistischer Empfehlung. Ich kann mich nicht erinnern, mich je geirrt zu haben, wenn ich aufgrund meiner durch buddhistisches Wissen erworbenen Einsicht vertrauensvoll auf meine Intuition gehört habe. Habe ich allerdings nicht darauf gehört, durfte ich recht bald erkennen, dass das falsch war und warum. Allerdings konzentriere ich mich, wenn nötig, auch sehr darauf und habe in früheren Zeiten immer um Weisheit gebeten. Heute handel ich einfach nicht, wenn sich mir keine Antwort zeigt, und zwar aufgrund einer Aussage von J. Krishnamurti: Wenn Sie nicht wissen, was Sie tun sollen, dann tun Sie doch wohl nichts.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Liebende Güte ist eine schöne Sache wenn es möglich ist aber man sollte es auch nicht fanatisch sehen denn wenn aus der Umwelt etwas feindlich gesonnenes auf einen zukommt ist liebende Güte nicht das passende Verhalten sondern Abwehr und Widerstand mit alle Kraft. Wenn also die Herkunftsfamilie etwas bei der Prägung versäumt oder übertrieben hat braucht man dafür nicht dankbar sein sondern geht dieser falschen Prägung aus dem Weg und sucht Menschen die es besser können. Bei sieben Milliarden Menschen ist die Auswahl groß und da kann ein Familientreffen mit diesen Menschen die einen geprägt haben und dabei Fehler gemacht haben sehr destruktiv sein. Da ist sich andere Menschen zum Kontakt suchen ein sehr vernünftiger Schritt und es braucht kein schlechtes Gewissen erzeugen. Eine schlechte Prägung ist etwas feindliches und bekommt keine liebende Güte sondern Widerstand. Vielleicht gelingt es Dir mit dieser Haltung diesen negativen Familien-Bann zu brechen und etwas Neues Positives ins Leben zu rufen mit anderen Menschen. Harmonie wird mit liebender Güte versehen, das Mitgefühl und die Empathie beim Leid am Dasein aber zerstörerische Dinge brauchen den Widerstand um sich nicht selbst zum Opfer zu machen. Auch in einem selbst kann man Konflikte und Störungen mit liebender Güte zwar besänftigen aber nicht lösen, dafür ist Überwindung nötig als ein mutiger Schritt mit Risiko und einer Portion Gegenkraft. Ein Baby kann man mit liebender Güte besänftigen aber das Problem eines Mitkonkurrenten beim Geld verdienen bekommt man damit nicht gelöst, genauso wie in der Konkurrenz einer eigenen Herkunftsfamilie. Wenn diese Familie seit Generationen Störungen vermittelt ist es für denjenigen dem es auffällt ratsam sich anderweitig zu orientieren denn dieser Einzelne hat gegen die gestörte Sippe keine Chance.
    (soweit eine Antwort aus der psychosozialen Online Beratung "Seelegut")

  • sati-zen:

    Liebende Güte ist eine schöne Sache wenn es möglich ist aber man sollte es auch nicht fanatisch sehen denn wenn aus der Umwelt etwas feindlich gesonnenes auf einen zukommt ist liebende Güte nicht das passende Verhalten sondern Abwehr und Widerstand mit alle Kraft. Wenn also die Herkunftsfamilie etwas bei der Prägung versäumt oder übertrieben hat braucht man dafür nicht dankbar sein sondern geht dieser falschen Prägung aus dem Weg und sucht Menschen die es besser können. Bei sieben Milliarden Menschen ist die Auswahl groß und da kann ein Familientreffen mit diesen Menschen die einen geprägt haben und dabei Fehler gemacht haben sehr destruktiv sein. Da ist sich andere Menschen zum Kontakt suchen ein sehr vernünftiger Schritt und es braucht kein schlechtes Gewissen erzeugen. Eine schlechte Prägung ist etwas feindliches und bekommt keine liebende Güte sondern Widerstand. Vielleicht gelingt es Dir mit dieser Haltung diesen negativen Familien-Bann zu brechen und etwas Neues Positives ins Leben zu rufen mit anderen Menschen. Harmonie wird mit liebender Güte versehen, das Mitgefühl und die Empathie beim Leid am Dasein aber zerstörerische Dinge brauchen den Widerstand um sich nicht selbst zum Opfer zu machen. Auch in einem selbst kann man Konflikte und Störungen mit liebender Güte zwar besänftigen aber nicht lösen, dafür ist Überwindung nötig als ein mutiger Schritt mit Risiko und einer Portion Gegenkraft. Ein Baby kann man mit liebender Güte besänftigen aber das Problem eines Mitkonkurrenten beim Geld verdienen bekommt man damit nicht gelöst, genauso wie in der Konkurrenz einer eigenen Herkunftsfamilie. Wenn diese Familie seit Generationen Störungen vermittelt ist es für denjenigen dem es auffällt ratsam sich anderweitig zu orientieren denn dieser Einzelne hat gegen die gestörte Sippe keine Chance.
    (soweit eine Antwort aus der psychosozialen Online Beratung "Seelegut")


    Teilweise kann ich dem zustimmen. Die psychologische Dynamik innerhalb einer Familie kann ein schwarzes Schaf kreieren, so sagt man doch? Ist eine schwere Störung entstanden, dann ist es für die betroffene Person gut, wenn sie aus diesem System raus kommt. Aus der langfristigen Innenperspektive dieses Menschen kann die Sache aber auch anders aussehen. Nehmen wir als Beispiel die Beziehung einer Tochter zu ihrem gewalttätigen Vater.


    Ich bin nicht sicher, ob die Tochter ihr inneres Bild vom Vater einfach durch andere Menschen ersetzen kann. Bedeutsam daran ist, dass die Tochter zugleich auch selbst ihr inneres Bild ist. Sicher kann man sich nun sagen, der Vater wäre einem egal. Ich glaube aber, dass man sich dadurch eine Chance vertut, eine konstruktive und befriedigende innere Verfassung zu fördern. Meine Sicht ist, dass liebende Güte und Versöhnung in Zusammenhang stehen. Destruktive Angst oder Wut in sich zu tragen ist natürlich schädlich und verhindert die Entfaltung von liebevoller Güte.


    Nun besteht einmal die Möglichkeit, dass die echten Verfehlungen der Eltern/Geschwister bereits Jahre zurück liegen und sie sich inzwischen verändert haben, da auch sie älter geworden sind. Ist dem aber so, dann sehe ich es als einen Gewinn auch für das Kind, wenn es zu einer Versöhnung kommt. Versöhnung bedeutet nicht, dass automatisch alles vergessen und damaliges Verhalten weniger schlimm ist, oder dass man sich einem Aggressor erneut wehrlos ausliefert. Sie bedeutet vielleicht nur, den Elternteil dennoch gerne zu haben, glaube ich. Dieses Gernhaben des Kindes kann nun positive gemeinsame Erfahrungen einleiten.


    Die andere Möglichkeit ist, dass eine reale Versöhnung aus guten Gründen ausgeschlossen ist. Nun ist es aber häufig so, dass sich Opfer- und Täterrollen im späteren Leben nicht so sehr trennen lassen. Können solche eigenen Fehler helfen, ein grundlegendes Verständnis zu gewinnen? Vielleicht gibt es auch positive Aspekte in der Erinnerung an die Person? Hm…

  • Das ist die verständliche Sichtweise und der Wunsch, dass doch immer Harmonie herrsche unter den Lebewesen auf der Erde und es gibt vereinzelt Menschen die das auch leben können. Nur in der Natur mit den Polaritäten zwischen Leben und Tod ist diese Ausgewogenheit nicht stets vorhanden und so ist liebende Güte auf der einen Seite wunderbar aber es braucht auch den Gegenpol will man die Balance halten. Es gibt Menschen im System die diese liebende Güte erfolgreich vorleben, sie lassen die 'Dreckarbeit' der Bewältigung von Destruktion, Blockaden und Verlusten von Anderen erledigen und erscheinen so stehts unberührt rein. Jedoch ist diese Position kein Maßstab denn er betrifft den gelebten Alltag der meisten Menschen nicht. So ist es sinnvoll wenn ein Opfer seinen Täter ablehnt und einen Bogen um ihn macht um sich andere Menschen zu suchen die dieses Gefühl positiv ausfüllen können. Auch einer Tochter mit einem gewalttätigen Vater bleibt nichts anderes übrig als diesen Vater als Bezugsperson und Beziehung los zu lassen wenn sie die Opfer rolle verlassen will und sich als Ausgleich andere Menschen zu suchen die diese liebevollen Vatergefühle vermitteln können. Ein Opfer das in der Beziehung gefangen ist und verzeiht hat sich noch nicht befreit, im Gegenteil, es erleichtert dem Täter seine Gewaltausübung. Sich vom Täter distanzieren und die Beziehung mit allen involvierten Gefühlen beendet ist der Erste schritt und das geht nicht mit liebender Güte sondern mit großer Kraft der Überwindung sich loszureißen. Es entsteht ein Verlust, ein Moment der Leere und diesen auszuhalten und zu überwinden üben wir Zen-Buddhisten täglich, denn dieser Moment ist es vor den die meisten Menschen Angst haben und der so große Schmerzen bereiten kann. Loslassen und sich der Leere hingeben, wer das positiv erlebt hat wird kaum jemals ein Opfer sein. Daraufhin wird liebende Güte im Alltag zu einer wunderbaren Lebensqualität.

  • Wenn ich die Lehre des Buddha richtig verstanden habe und diese auch - möglicherweise Jahrzehnte - praktiziere, dann stellt sich liebende Güte von selbst ein. Da brauch ich keine tägliche Erinnerung, um sie "herzustellen". Dass, was ich erkenne, lerne und verinnerliche, wird ein Teil von mir, ist Ausdruck meines Seins. Solange das noch nicht der Fall ist, kümmere ich mich andererseits auch nicht darum, ob ich sie ausstrahle, ich beobachte meine Empfindungen und mein Umfeld, nach Möglichkeit, ohne es zu bewerten und handle nach bestem Wissen und Gewissen.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monikadie4.:

    (...) ich beobachte meine Empfindungen und mein Umfeld, nach Möglichkeit, ohne es zu bewerten und handle nach bestem Wissen und Gewissen.
    _()_ Monika



    Der DL lehrt eine sehr hilfreiche Einteilung der Gefühle:


    Gefühle, die hauptsächlich destruktiv sind, wie Hass, Boshaftigkeit, eine Form der Angst, die hauptsächlich auf Projektion beruht, Jähzorn, Habgier…

    Gefühle, die nur dann einen destruktiven Charakter annehmen, wenn sie, gemessen an der Situation, aus der sie entstanden sind, unverhältnismäßig heftig sind: Zorn, Neid, Angst, Begehren, Zweifel, Scham, Trauer, Konkurrenz...

    Gefühle, die dem Überleben und Wohlbefinden dienen. Mitgefühl und liebende Güte sind die Quelle von Hilfsbereitschaft, Versöhnlichkeit, Vertrauen, Zufriedenheit usw.


  • Hi Karnataka,
    der Buddha lehrt die Analyse der Gefühle und ihr Ende.
    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Zitat

    Hi Karnataka,
    der Buddha lehrt die Analyse der Gefühle und ihr Ende.



    Ich wie nicht, was Du mit "ihr Ende" meinst.


    Es ist nicht möglich ohne Gefühle zu leben. Das gehört zur Conditio humana.


    So wie ich es verstanden habe, zeigte er auf, was er gemacht hat:
    • Analyse der Gefühle und Emotionen
    Bedingtes Entstehen und die Vergänglichkeit von Gefühlen und Emotionen erkennen
    • Unterscheidung zwischen hilfreich und nicht-hilfreichen Emotionen
    • Kultivierung hilfreicher Emotionen
    • Nicht-Anhaftung an Emotionen.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Aus buddhistisch-tantrischer Sicht sind störende Emotionen sozusagen "vergiftete" Weisheitsenergien. Anstatt sich darum zu kümmern, sie loszuwerden, entfernt man das Gift und hat dann ein nützliches Werkzeug an der Hand. Wobei die anfänglichen Tantras von einer langsamen Umwandlung ausgehen, während die höheren Tantras von der Möglichkeit sprechen, die Emotionsenergie direkt in dem Moment umzuwandeln, in dem sie auftaucht. Dafür muss man wissen, was das "Gift" ist. Allen voran ist es die Ich-Illusion, das Ego, die Vorstellung, dass man getrennt vom anderen ist und einem immer mehr vom Kuchen gebührt. Mit der Ich-Illusion ist auch die Angst um dieses Ich verbunden, die Angst emotional verletzt zu werden.


    Praktisch kann man das an einem Beispiel veranschaulichen: jemand greift einen (verbal) zornig an. Die üblichen Reaktionen wären "Fight or Flight". Hebt man aber die Trennung auf und hat man keine Angst, verletzt zu werden, kommen neue Möglichkeiten ins Spiel. Man erkennt den Zorn des Angreifenden als ungetrennt vom eigenen Zorn und der eigenen Angst. Man erkennt, dass hinter dem Zorn des anderen womöglich auch Angst steckt. Daraus entsteht auf natürliche Weise Mitgefühl. Wenn man nun noch selbst angstfrei wird, weil man erkennt, dass ein Ich, das nicht existiert, auch nicht verletzt werden kann, kann man aus der Energie des Zorns (wessen Zorn ist es nun eigentlich?) die Kraft und Klarheit beziehen, um mit der Situation richtig umzugehen.


    Kurz: Zorn ohne Ego = Kraft und Klarheit


    Das Grundprinzip lässt sich auf die anderen störenden Emotionen übertragen.


    kilaya

  • So gesehen sind alle anderen Versuche die s. g. Liebende Güte zu entwickeln nur eine Verleumdung der eigenen Gefühle und Heuchelei. Wen man Gefühle bei sich selbst nicht annimmt, nicht respektiert und nicht wandelt, hat man auch keine Verbindung "auf der Augenhöhe" zu den anderen. Was übrigt bleibt, ist das Neurotische: Auf- und Abwerten. Feind- und Wunschbilder, die man für wahr hält.