Merkmale, Definition...Religion

  • Es taucht hier immer wieder die Frage auf ob „der Buddhismus“ eine Religion wäre. Um diese Frage beantworten zu können ist zunächst zu klären, wie der Begriff Religion zu definieren ist und in welchen Punkten sich Übereinstimmung oder Divergenzen zwischen "der Religion" und der "Buddha-Lehre" ergeben.

    Für den Einstieg zu diesem Thema möchte ich den ausgewiesenen Atheisten W.I. Lenin zitieren. Es handelt sich hierbei mehr um eine Kritik, als um die Definition der Religion, wobei aber m.E. auch fundamentale Grundzüge der Religion zu erkennen sind.

    Das Wort Religion geht auf das lateinische Verb 'relegere', "bedenken, achtgeben". Religion bezeichnet im Allgemeinen ein auf einer philosophischen Vorstellung beruhendes Konzept des Weltbildes und des Glaubens an die Existenz einer höheren Macht oder transzendenter Wesen was wiederum für den Gläubigen bestimmte Verhaltensregeln und Rituale mit sich bringt.
    Die Religion ist eine Form des geistigen Jochs, das überall und allenthalben auf den durch ewige Arbeit für andere, durch ein Leben in Elend und Verlassenheit niedergedrückten Volksmassen lastet. Die Ohnmacht des Ausgebeuteten im Kampf gegen die Ausbeuter lässt ebenso unvermeidlich den Glauben an ein besseres Leben im Jenseits aufkommen, wie die Ohnmacht des Wilden im Kampf gegen die Naturgewalten den Götter-, Teufel-, Wunderglauben usw. aufkommen ließ.
    Wer sein Leben lang schafft und darbt, den lehrt die Religion Demut und Geduld im irdischen Leben und vertröstet ihn auf den himmlischen Lohn. Wer aber von fremder Hände Arbeit lebt, den lehrt die Religion Wohltätigkeit hienieden; sie bietet ihm eine wohlfeile Rechtfertigung für sein Ausbeuterdasein und verkauft zu billigen Preisen Eintrittskarten zur himmlischen Seligkeit. Die Religion ist das Opium für das Volk. Die Religion ist eine Art geistigen Fusels, in dem die Sklaven des Kapitals ihr Menschenantlitz, ihren Anspruch auf ein auch nur halbwegs menschenwürdiges Dasein ersäufen.

    • Offizieller Beitrag

    Der Begriff "Religion" ist ein Produkt der westlichen Kultur, und von daher denkt er immer von den abrahmischen Religionen aus, die quasi "Religion im engeren Sinne" sind. Dadurch wird er - je weiter man sich von diesem Ursprung entfernt - immer unbrauchbarer.


    Hantiert man mit dem Begriff Religion, dann hantiert man mit einer westlichen Schablone. Und es besteht die Gefahr, damit verbundene "religionstypische" Begriffe (Kirche, Priester, Gläubiger, Laie, Glaubenbekenntnis, Heilige Schrift, Papst, Gottesdienst) in Kontexte zu übertragen, wo sie überhaupt nicht passen.


    Man verallgemeinert etwas zu einem abstrakten Begriff, was in Wirklichkeit zeitlich und räumlich beschränkt ist. So als überlegt man sich welches der beiden Esstäbchen Messer und welches eher die Gabel ist und was in der thailändischen Küche Hauptgericht, was Beilage und was Salat ist.


    Natürlich wird man bei so einer Untersuchung irgendwo landen. Und feststellen, dass es viele Hauptgericht-Salat Mischformen, viele Beilagen-Salat Mischformen, Hauptgericht-Nebengericht-Mischformen gibt die wieder Mischformen bilden. Und dann auf das wichtige Thema der Suppen gelangen, die man ja sträflicherweise vollkommen ausgeklammert hatte.

  • Ob man den Buddhismus eine Religion nennt, oder nicht - er bleibt so wie er ist. Man kann sich auch die Mühe sparen und sich mit ihm auseinandersetzen, ohne die genaue Einordnung in irgendeine Schublade vorzunehmen.


    Grundsätzlich ist der Buddhismus ein Erklärungsansatz für unsere Probleme, sowie die praktische Anleitung zur Lösung der besagten Probleme (die wird der Achtfache Pfad genannt). Ein Buddhist studiert den Erklärungsansatz um Einsicht in dessen Richtigkeit zu gewinnen, sowie praktiziert den Achtfachen Pfad um die Ursachen für das Leid zu beheben / zu entfernen.


    Ist es eine Religion weil man daran beweislos glauben muss? Anfangs ist ein Vertrauen bzw. ein "blinder" Glaube schon erforderlich, mit steigender Erfahrung im Studium und Praxis glaubt man aber vielmehr aufgrund eigener Ergebnisse an die Richtigkeit des Buddhismus.


    Aber auch Christen, wenn sie denn ihrem Glauben leidenschaftlich anhängen, können Beweise für die Richtigkeit ihres Glaubens finden.

    Wir haben in unserem Körper einen Geist, der die Dinge als gut oder schlecht unterscheidet. Obgleich unser Körper stirbt, lebt der Geist weiter.


    Das ist ganz sicher nicht das Buddha-Dharma. - Dogen Zenji

  • hedin02:

    Für den Einstieg zu diesem Thema möchte ich den ausgewiesenen Atheisten W.I. Lenin zitieren. Es handelt sich hierbei mehr um eine Kritik, als um die Definition der Religion, wobei aber m.E. auch fundamentale Grundzüge der Religion zu erkennen sind.

    Das Wort Religion geht auf das lateinische Verb 'relegere', "bedenken, achtgeben". Religion bezeichnet im Allgemeinen ein auf einer philosophischen Vorstellung beruhendes Konzept des Weltbildes und des Glaubens an die Existenz einer höheren Macht oder transzendenter Wesen was wiederum für den Gläubigen bestimmte Verhaltensregeln und Rituale mit sich bringt.
    Die Religion ist eine Form des geistigen Jochs, das überall und allenthalben auf den durch ewige Arbeit für andere, durch ein Leben in Elend und Verlassenheit niedergedrückten Volksmassen lastet. Die Ohnmacht des Ausgebeuteten im Kampf gegen die Ausbeuter lässt ebenso unvermeidlich den Glauben an ein besseres Leben im Jenseits aufkommen, wie die Ohnmacht des Wilden im Kampf gegen die Naturgewalten den Götter-, Teufel-, Wunderglauben usw. aufkommen ließ.
    Wer sein Leben lang schafft und darbt, den lehrt die Religion Demut und Geduld im irdischen Leben und vertröstet ihn auf den himmlischen Lohn. Wer aber von fremder Hände Arbeit lebt, den lehrt die Religion Wohltätigkeit hienieden; sie bietet ihm eine wohlfeile Rechtfertigung für sein Ausbeuterdasein und verkauft zu billigen Preisen Eintrittskarten zur himmlischen Seligkeit. Die Religion ist das Opium für das Volk. Die Religion ist eine Art geistigen Fusels, in dem die Sklaven des Kapitals ihr Menschenantlitz, ihren Anspruch auf ein auch nur halbwegs menschenwürdiges Dasein ersäufen.


    Danke für das Thema, hedin. Ein abschreckendes Beispiel ist diese Hassrede des W. I. Lenins, eines Diktators, der seinen geschichtlichen Platz neben den übrigen Massenmördern des 20. Jh. Polpot, Stalin und Hilter eingenommen hat.


    Relegere - bedeutet 'wieder-zusammen-führen', die Dualität auflösen, zu dem Urgrund des Menschen und des Seienden wieder zu finden.


    Was Lenin und Hitler verbindet - schwere Traumatisierung in der Kindheit, spätere psychopathische Züge, die die Ausrottung der s. g. politischen Gegner zwecks Durchsetzung der jeweils eigenen Ideologie der Macht zur Folge hatte, u. a. auch die Vernichtung der bestehenden Kultur- und religiöser Denkmäler.

  • Yofi:

    Was Lenin und Hitler verbindet - schwere Traumatisierung in der Kindheit, spätere psychopathische Züge, die die Ausrottung der s. g. politischen Gegner zwecks Durchsetzung der jeweils eigenen Ideologie der Macht zur Folge hatte, u. a. auch die Vernichtung der bestehenden Kultur- und religiöser Denkmäler.


    Sicher? Ganz sicher?
    Hast Du mal 'Mein Kampf' gelesen mit den massenhaften positiven Bezügen zum Christentum/Katholizismus?


    Ich bin sicher, daß Leuten wie Lenin oder Hitler alles andere außer ihren Wahngebäuden am Ende egal war, nur - die Wahngebäude paßten mal mehr, mal weniger gut zu diesen Ideologien. Wenn Abu Bakr al-Baghdadi seine politischen und ökonomischen Ziele verkündet passen die auch mal mehr, mal weniger gut zum Islam.


    Die wollen bestehende Religionen nicht vernichten. Die wollen die Gläubigen als dumpfe Masse nutzen.


    Es hat funktioniert, es funktioniert und es wird funktionieren solange die braven Mitläufer existieren :idea:


  • Zuerst - gute Frage! Ist Buddhismus eine Religion (?) setzt als Frage voraus, daß man sich über den Begriff Religion einig ist (und vielleicht auch über den Begriff Buddhismus??)


    https://de.wikipedia.org/wiki/Religion
    Ich bin darauf verwiesen worden und ich verweise darauf zurück.


    Zitat

    Es gibt jedoch keine eindeutige Definition von Religion, sondern nur verschiedene Definitionsversuche.


    Sag' mir, was für Dich Religion bedeutet und ich sage Dir, ob Buddhismus (für Dich) eine Religion ist.

  • Ganz wie du schreibst - zweckbedingt, denn die Kirche hat kooperiert oder zumindest geschwiegen. Dafür brannten die Synagogen, wenn auch in einem anderen ideologischen Kontext. Wie es genau im faschistischen Deutschland mit dem Christentum ausgegangen wäre, kann man schlecht einschätzen. Eventuell hätte es doch irgendwann von der Seite der Kirche einen Protest gegeben. Man kann nur temporär unterdrücken, das sieht man anhand der Geschichte ganz klar, nur rücken ja ständig welche mit der gleichen Agenda nach. Lenin hat bereits ein relativ "gesäubertes" Land vorgefunden, die Vernichtung der Religion hat Stalin im umfangreichen Maß vorgenommen, ähnlich wie es seit gut 60 Jahren in Tibet praktiziert wird. Auch die Vernichtung der Religion auf dem amerikanischen Kontinent fand in einem ähnlichen Stil statt. Die Spanier haben das gesamte Kulturgut, das nicht in Steine gemeißelt war verbrannt, alle Silber- und Goldgegenstände eingeschmolzen - konnte man auch so viel besser nach Europa transportieren. Das sind übrigens zum Großteil auch die s. g. Goldreserven der europäischen und US-Währung. Von dieser Zerstörung profitiert westliche Wirtschaft jetzt immer noch.



  • "Der Buddhismus ist eine Lehrtradition und Religion, die ihren Ursprung in Indien findet.... "
    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Buddhismus


    Ich liebe Tante Wiki (:


    Zenman:

    Ob man den Buddhismus eine Religion nennt, oder nicht - er bleibt so wie er ist. Man kann sich auch die Mühe sparen und sich mit ihm auseinandersetzen, ohne die genaue Einordnung in irgendeine Schublade vorzunehmen....


    Dem kann ich nur zustimmen. :like:

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Die Religion definiert sich durch einen oder mehrere transzendente Machthaber (Gott/Götter), die allen Menschen den festen Glauben an seiner Existenz und seines Wirkens abverlangen; um das Glaubensdogma durchzusetzen wird auch schon mal rigide nachgeholfen.
    Der Glaube spielt dabei die dominante Rolle, denn Gott sagt: wer an mich glaubt, der wird selig.


    Der Buddhismus dagegen ist m.E. nicht von dieser Art, er ist eine Philosophie, die näher den Wissenschaften ist, als an transzendenten Machtansprüchen. Ausnahmen bestätigen allerdings die Regel.


    Es ist verständlich, dass sich die hier im Westen etablierten buddh. Gruppierungen aus materiellen (existenziellen) Gründen um den von Staats wegen subventionierten Status einer Religion bemühen. Dabei bleibt allerdings zu hoffen, dass die Grundessenz der buddh. Philosophie nicht verwässert wird.
    Tendenzen, bzw. Versuche einer Verwässerung der Buddha-Lehre sind weit und breit zu erkennen und von daher ist es m.E. sehr wichtig zwischen der Religion mit seinem Glaubenskonzept und dem Buddhismus mit seiner analytischen Herangehensweise an die geistigen Vorgänge klar und deutlich zu differenzieren

  • Wenn jemand eine irrationale Beziehung zu einem Wort aufgebaut/kultiviert hat, kann nicht erwartet werden, dass er das, was das Wort bezeichnet, gemäß seiner Faktizität korrekt erkennt. Man spricht in diesem Kontext auch von "Befangenheit".

  • Stero:

    Wenn jemand eine irrationale Beziehung zu einem Wort aufgebaut/kultiviert hat, kann nicht erwartet werden, dass er das, was das Wort bezeichnet, gemäß seiner Faktizität korrekt erkennt. Man spricht in diesem Kontext auch von "Befangenheit".


    Du schreibst für mein Verständnis in Rätseln, kannst du das präzisieren.
    Tatbestand: in wie fern?.......Befangenheit: von was?.............irrationale Beziehung: zwischen wem?

  • hedin02:
    Stero:

    Wenn jemand eine irrationale Beziehung zu einem Wort aufgebaut/kultiviert hat, kann nicht erwartet werden, dass er das, was das Wort bezeichnet, gemäß seiner Faktizität korrekt erkennt. Man spricht in diesem Kontext auch von "Befangenheit".


    Du schreibst für mein Verständnis in Rätseln, kannst du das präzisieren.
    Tatbestand: in wie fern?.......Befangenheit: von was?.............irrationale Beziehung: zwischen wem?


    Das Wort um das es hier geht ist das Wort "Buddhismus". "Eine irrationale Beziehung zu diesem Wort aufgebauen/kultivieren" wäre z.B. zu diesem Wort einen Begriff zu entwickeln, mit dem man sich identifiziert.

  • Stero:

    Das Wort um das es hier geht ist das Wort "Buddhismus". "Eine irrationale Beziehung zu diesem Wort aufgebauen/kultivieren" wäre z.B. zu diesem Wort einen Begriff zu entwickeln, mit dem man sich identifiziert.


    Genau, und hier findest du, hedin, die Arten der Identifikation:


    http://www.seele-und-gesundhei…ritualitaet/religion.html


    Re-legere bedeutet eine Rücbindung, worauf auch die Vorsilbe "re" hindeutet. Da ist noch von Göttern keine Rede, wenn man aber auch anmerken kann, dass Götter im Buddhismus keine Objekte, sondern innere Prozesse symbolisieren.

  • Stero:


    Das Wort um das es hier geht ist das Wort "Buddhismus". "Eine irrationale Beziehung zu diesem Wort aufgebauen/kultivieren" wäre z.B. zu diesem Wort einen Begriff zu entwickeln, mit dem man sich identifiziert.


    .............und das ergäbe dann "Befangenheit" ??

  • hedin02:
    Stero:


    Das Wort um das es hier geht ist das Wort "Buddhismus". "Eine irrationale Beziehung zu diesem Wort aufgebauen/kultivieren" wäre z.B. zu diesem Wort einen Begriff zu entwickeln, mit dem man sich identifiziert.


    .............und das ergäbe dann "Befangenheit" ??


    Zitat

    Mit Befangenheit wird der Zustand eingeschränkten (das heißt nicht unabhängigen) Urteilsvermögens einer Person aufgrund einer im Speziellen vorliegenden persönlichen Motiv- oder Sachlage oder eingeschränkten Urteilsvermögens auf Grund von einseitig bewerteter, das heißt nicht in ausgewogenem Verhältnis vorliegenden Informationen bezeichnet.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Befangenheit

  • Ich habe es ja schon vermutet, der Begriff Faktizität und dein Verstehen von Befangenheit stammen aus der Justiz.
    Hier handelt es sich aber um Ansichten oder Vorstellungen über zwei, aus meiner Sicht grundlegend verschiedenen Konzepten.
    Wenn dabei eine Position den Vorzug bekommt und die andere weniger bevorzugt wird, dann kann m.E. von einer Befangenheit nicht gesprochen werden.

  • hedin02:

    Ich habe es ja schon vermutet, der Begriff Faktizität und dein Verstehen von Befangenheit stammen aus der Justiz.


    Nein, nicht notwendigerweise. Da lässt du dich vom Wort "Urteil" und einer seiner Bedeutungen irreführen.


    Zitat

    Urteilsvermögen ist das Vermögen, sich ein eigenes Urteil zu bilden. „Vermögen“ heißt dabei die Möglichkeit als Fähigkeit und Können. Urteilsfähigkeit und Urteilskraft sind insofern synonym. „Urteil“ bezeichnet die korrekte Einordnung einer Situation oder eines Sachverhaltes und ist so die Grundlage des nachfolgenden, auf Vernunft gegründeten Handelns.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Urteilsverm%C3%B6gen

  • Stero:
    Zitat

    Urteilsvermögen ist das Vermögen, sich ein eigenes Urteil zu bilden. „Vermögen“ heißt dabei die Möglichkeit als Fähigkeit und Können. Urteilsfähigkeit und Urteilskraft sind insofern synonym. „Urteil“ bezeichnet die korrekte Einordnung einer Situation oder eines Sachverhaltes und ist so die Grundlage des nachfolgenden, auf Vernunft gegründeten Handelns.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Urteilsverm%C3%B6gen


    Einem Urteil, der rein auf Vernunft basiert, wird nur im konventionellen Rahmen Priorität gewährt. Die gegebene Urteilsfähigkeit wird im Sinne der religiösen Erfahrung als relativ angesehen, weil sie der gewöhnlichen Geistestrübung unterliegt.


    An diesem Beispiel kann man sehen, dass innerhalb der Konvention (relative Sicht) das Deklarieren eine Sichtweise als 'beschränkt' zu einer ebensolchen Beschränkung führt, weil nämlich Bereiche, die nicht im Fokus der eigenen Erkenntnisfähigkeit liegen, als der Beachtung unwürdig gesehen werden bzw. ihnen eine Relevanz entsprochen wird.

  • Yofi:


    Die Identifikation ist hier gleich im Sinne der Pathologie aufgeschlüsselt, was ich nicht direkt meinte. Das, was allgemein in Frage kommt, ist die "Irrtümliche Identifikation" im Kontext der "Abwehrmechanismen".


    Für Buddhisten ergibt sich hier ein Dilemma anhand der Identifikation einerseits und dem skeptischen Zweifel andererseits, der in der buddhistischen Konvention den Status einer Hemmung hat. Was mir persönlich vorschwebt, ist das Vertrauen darauf, dass auch die Identifikation, die z. T. den gängigen Vergleich mit dem Boot darstellt, sich nach und nach auflösen kann bis schließlich nur die Essenz übrigt bleibt, und in diesem Sinne sind ja auch die Lehrreden verfasst worden. "Objekte" der Identifikation werden beispielsweise im Tibetischen Buddhismus als Gottheiten dargestellt, wobei es darum geht, die Identifikation mit dem Ich durch eine andere zu ersetzen. Nicht um an etwas anderes als an die Beständigkeit des Ich zu 'glauben', sondern um den Glauben/die Indentifikation an sich aufzulösen. Das ist also eine Methode von vielen, einen Abstand zum Glauben an ein Ich aufbauen um diese Identifikation zu lockern.

  • Buddhismus arbeitet auch psychologisch. Ob es jetzt Imagination ist, Stärkung der Konzentrationsfähigkeit, Erzeugen heilsamer Impulse, Bewachen der Sinne, Rekapitulation der Basics. Man muss schon auch ein bisschen neugierig und experimentierfreudig sein. Religion oder Spiritualität ist menschlich nicht mehr oder weniger unvernünftig als eine Reise ins Ausland oder das Erforschen des Weltalls.
    Das andauernde Oh Gott oh Gott Religion kommt nur von einem Festkrallen an vermeintlicher Überlegenheit. Auch den Verstand die "dicke Hose" musst du mal abgeben. Zen sagt nicht umsonst: mach dich zu einem Idioten, stirb dir im Leben. " Das ganze Leben über bist du ganz aus dem Häuschen, weil du es für selbstverständlich hältst, dass es "dich" und "die anderen" gibt: Du trägst dick auf, um aus der Menge herauszuragen. Doch in Wirklichkeit gibt es weder "dich" noch "die anderen". Aber das wirst du erst verstehen, wenn du stirbst." Aber dann ist es (vermutlich) zu spät. "Dort, wo die persönlichen Gedanken zu ihrem Ende kommen, beginnt der Buddhadharma" Richtig. Es beginnt damit, dass du "ich" sagst: Alles, was danach kommt, ist Illusion. "Alle stellen sich vor, dass ihr "Ich" etwas unveränderliches sei. Kurz: Der unbewegliche Mittelpunkt, um den sich alles dreht. Es gab da einmal einen Mann, der sagte: "Seht nur, alles stirbt, bloß ich nicht!" Inzwischen ist er selbst längst tot." / "Wie kommt es, dass die Menschheit als solche, gemessen am Fortschritt von Wissenschaft und Technik, überhaupt nicht fortgeschritten ist? ... Ein Idiot sitzt am Computer, ein Schwachkopf im Cockpit des Düsenfliegers, ein Irrer am Schaltbrett der Atomraketen."
    Also was bringt es Buddhisten oder Religiöse oder Andersdenkende dauernd als irrational zu bezeichnen ? Man kann sich mit x Sachen besser fühlen. Erstmal. Kommt auf s gleiche raus. " Wenn du nach dem Tod noch einmal über das Leben nachdenkst, wirst du erkennen, dass alles gleich ist." Logisch! (:

  • Man hält sich für aufgeklärt und 'herausragend', aber von wo ragt man heraus... da ist nichts. Aufgeklärt - wieso, die Lebensgrundlagen schwinden vor unseren Augen, vernichtet durch Technologien des Aufgeklärt-Seins. Und dann liest du ein Gedicht von Tolkien, einen Koan oder ein Mantra, und erkennst - das ist das, was mir gefehlt hat, das ist das Wesentliche. Die Sprache kann es transportieren, wenn man danach sucht. Und das ist erst der Einstieg, wo werden wir in 100.000 Jahren sein?

  • "Die Philosophie (des Buddhismus) ist, vor allem in Zeiten des Internets, für jedermann offen zugänglich. Sie nicht rational, sondern geistig zu erfassen, erfordert zuerst einen langen - oft leidgeprüften - Weg der Erfahrung und ernsthaften Suche. Wer an diesem Punkt angelangt ist, hält ein Zwiegespräch mit sich selbst (bzw. seinem höheren Selbst, mit dem er zeitlebens verschmelzen will) und er hört auf, über diese Dinge mit anderen zu sprechen.
    Für manche wirkt dieses Schweigen, als wenn es da ein Geheimnis gäbe, welches niemand auszusprechen wagt.
    Tatsächlich geht es hier nicht um ein Geheimnis oder darum, den anderen für dumm oder nicht würdig genug zu halten, sondern an diesem Punkt können Worte keine Information mehr vermitteln. Das Erforschen des Mysteriums wird - ähnlich dem religiösen Empfinden - zu einer zutiefst subjektiven Erfahrung. Hier ist man völlig mit sich allein und weiß, dass sein Gegenüber unter den gleichen Worten nicht dasselbe versteht und jede Beschreibung das Mysterium nur profaniert und rationalisiert.


    Für den sezierenden Geist des hochzivilisierten Abendländers bietet sich, als Einstieg in das Mysteriendenken, Carl Gustav Jung als Schnittstelle zwischen Psychologie und klassischer Esoterik an."


    Stefan Gruber

  • Es ist als wäre man als Tier gestern noch als Vogel unbewusst in einem Nest gewesen, heute fliegt man als dieser Vogel, besser gesagt man fliegt nicht sondern hüpftfliegt herum, mit dem einen Flügel gierig greifend mit dem anderne Flügel andere Vögel abhaltend von der Last der Schuld seinem Körper gedrückt. Wie kann ein solcher Vogel je das Fliegen lernen. Gerade durch Leidvolle Erfahrung, wenn sie nur für einen selbst groß genug geworden ist um sich der reinen Liebe im Vertrauen auf sie zu ergeben. Morgen fliegt man zurück ins Nest und erkennt, dass die Stimme und die Maske die Grundlage waren für die Identifikation mit dem EGO und seinem Anhangen, seiner Gier und seines Hasses und seines Widerstandes gegen sich selbst, gegen sein wahres Wesen, seine innere Unschuld.


    Seine innere Unschuld erkennt man aber nur indem man die Unschuld aller erkennt, bis dahin bleibt es bei einer schönen Idee. Und der Gedanke, eigentlich eine Illusion aber nur für den verständigen Meister, an die eigene Schuld treibt einen an gegen sie etwas zu tun nämlich anderen zu vergeben.

  • Es bedarf keines Vergebens, denn es gibt keine Schuld.
    Das ist jetzt nicht genau das, was ich ausdrücken wollte - aber es entspricht dem, was Gruber meinte - "ab einem bestimmten Punkt, gibt es keine Worte mehr".


    Wenn ich z.B. sage: "Wasser ist Wasser, weil es Wasser ist", ist es etwas völlig anderes, als wenn stero dies sagen würde (was er aber nicht tut, weil er es nicht kann).


    Eine rein " rationale" Betrachtung des Sein ist völlig sinnlos, schon allein deshalb, weil sie den Betrachter nicht betrachtet.
    Selbst der Versuch, eine Rationalität zu postulieren, muss scheitern, weil die Erfindung der Rationalität ihre Basis in einer Kultur der Spiritualität, Mystik und Religiosität hat. Rationalität ist in ihrer Basis irrational.

  • Das Mysterium wurde für uns bewahrt, der Zugang durch Schriften und mündliche Linien blieb erhalten. Man erkennt es aber auch in der Gesetzmäßigkeit von allem, was uns umgibt und was wir auch selbst sind, im geheimen Leben der Pflanzen, in den ruhigen Augen der Tiere, die unsere fühlende Geschwister sind. Und wir sehen uns selbst in den ergeben-traurig-schmerzvollen Augen aller Lebewesen während wir sie quälen und töten. Ergeben, weil sie in ihrem schlimmsten Schmerz ahnen, dass es auch Bereiche der Liebe und Güte gibt, in denen ihnen nicht das widerfahren kann, was durch unseren Hass zustande kam.