Misstrauen gegenüber dem Lehrer

  • Hallo zusammen, ich bin neu hier.
    Mit dem Buddhismus beschäftige ich mich seit rund 20 Jahren, mal mehr mal weniger. Erst vor ungefähr zwei Jahren habe ich mich einem Sangha angeschlossen, der sich auf einen Meister bezieht, der Autor eines Buches ist, das mich persönlich von Beginn an am meisten angesprochen hat, das ich bis heute ganz wunderbar finde und zu einer wichtigen Grundlage meines Verständnisses des Dharma geworden ist. Im zugehörigen Sangha fühlte ich mich, nachdem ich früher mehrere buddhistische Gruppen "ausprobiert" habe, wohl und gut aufgehoben. Ich finde, dass viele der Mitglieder hervorragende Arbeit leisten, um auch "Neuen" die Grundlagen des Buddhismus näher zu bringen.


    Kürzlich besuchte ich zum ersten Mal ein längeres Retreat mit dem erwähnten Meister. Ich hatte ihn vorher schon mehrmals "live" erlebt, jedoch allenfalls ein Wochenende lang. Ich kannte ihn als humorvoll, zuweilen auch frech und regelrecht provozierend, habe mich aber nie daran gestoßen, da ich einerseits davon ausging, dass dies einfach geschickte Mittel waren, um die Aufmerksamkeit seiner Zuschauer zu erregen und zu erhalten, andererseits auch großes Vertrauen in ihn hatte, das wohl vor allem darauf zurückging, dass er eben jenes Werk verfasst hat.


    Beim letzten Retreat erlebte ich ein Verhalten seinerseits, das ich als schockierend empfunden habe. Es blieb nicht bei ein paar frechen Bemerkungen. Vorwürfe und persönliche Kritik, die er teilweise stundenlang vor allen Teilnehmern äußerte, bezogen sich jeweils auf seine älteren Schüler und ganz konkrete Handlungen, die sie für ihn hatten ausführen sollen und bei denen ihnen seiner Meinung nach Fehler unterlaufen waren. Er lobte sich selbst und seine Qualitäten in extenso, betonte seine Bekanntschaft mit diversen prominenten Persönlichkeiten und verlangte, dass eine Vielzahl von Getreuen buchstäblich sprungbereit um ihn herum war, um nicht nur den gewünschten Ablauf der Veranstaltung sicherzustellen, sondern auch in Sekundenschnelle jede Art von persönlichem Komfort anzudienen, vom Ausziehen der Socken bis zum Umlegen einer Decke. Diese Tiraden unterblieben nur an einem Abend, der auch der Öffentlichkeit zugänglich war. Ganz offensichtlich arbeiteten die Schüler, die zu seinem engeren Umfeld gehörten, für ihn bis zum Umfallen.
    Ich konnte für mich nur den Schluss ziehen, dass ich jemanden mit einem irrsinnig aufgeblähten Ego und deutlichen Missbrauchstendenzen erlebt habe. Im Vorfeld war mir ein Artikel eines Nachrichtenmagazins bekannt, in dem von bestimmten Vorwürfen gegen diesen Meister die Rede war. Meine Haltung dazu war "Kann sein, kann nicht sein" - bekannte Persönlichkeiten stehen halt immer in der Schusslinie. Nach dem Retreat las ich in anderen Medien genauer nach, worauf sich die Anschuldigungen bezogen und fand Erlebnisberichte, die den Meister so schilderten, wie auch ich ihn wahrgenommen hatte - nur dass das fragliche Verhalten demnach außerhalb öffentlicher Veranstaltungen noch viel ausgeprägtere, in jeder Weise absolut inakzeptable Formen angenommen haben soll. Nach den Erlebnissen des Retreats gehe ich davon aus, dass die Vorwürfe alles andere als Hirngespinste sind.
    "Crazy Wisdom" mag unkonventionelle Methoden einschließen. Wenn ich akzeptieren soll, dass tägliche stundenlange Demütigungen eine Methode sind, die gewohnte Denkweise aufzubrechen und die Schüler zur inneren Befreiung zu führen, muss ich vorher meinen Verstand an der Tür abgeben. Eben das haben viele meiner Sanghabrüder und -schwestern offenbar getan.


    Ich bin sehr erschüttert nach diesen Erlebnissen und weiß nicht recht, wie ich weitermachen soll. Der Sangha, die Beschäftigung mit den Inhalten, die dort vermittelt werden, ist zu einem wichtigen Bestandteil meines Lebens geworden. Natürlich ist die Qualität des Buddhismus durch einen einzelnen Lehrer, der andere zu seinem persönlichen Vorteil missbraucht, nicht in Frage gestellt. Dennoch ist es für mich eine Erfahrung, die mir ein bisschen den Boden unter den Füßen wegzieht.
    Soll ich mich einem anderen Lehrer zuwenden? Wenn ja, welchem?
    Akzeptieren, dass Anhaftung an den Sangha die Ursache von Leiden ist und eine neue suchen, weil wohl keine Basis mehr da sein wird, nachdem mein Vertrauen in den Meister völlig zusammengebrochen ist?
    Es fällt mir schwer, das Gute, dass ich dennoch dort erfahren habe, nicht im Licht der neuen Erfahrungen zu sehen.
    Ich bin ganz schön ratlos.

  • Weg da, würd ich mal sagen.
    Die Suche und die Entscheidung, welcher Lehrer gut für Dich ist, kann dir niemand abnehmen.
    Aber du scheinst ja einen ganz guten Sensor zu haben, also einfach ausprobieren.

  • Mrs._Mahakala:


    "Crazy Wisdom" mag unkonventionelle Methoden einschließen.


    Lass dir doch nicht so einen Bären aufbinden. Entweder einer tickt richtig oder er hat nen Sprung in der Schüssel. :)

  • Stero:
    Mrs._Mahakala:


    "Crazy Wisdom" mag unkonventionelle Methoden einschließen.


    Lass dir doch nicht so einen Bären aufbinden. Entweder einer tickt richtig oder er hat nen Sprung in der Schüssel. :)


    Dieses "schwarz -weiß" denken funktioniert in diesem Falle nicht. Es gibt hervorragende Lehrer, die aus dem Bereich "Crazy Wisdom" kommen.
    Crazy meint hier wohl eher "unkonventionell", mit Wisdom ist buddhistische Weisheit gemeint.

  • Sherab Yönten:
    Stero:


    Lass dir doch nicht so einen Bären aufbinden. Entweder einer tickt richtig oder er hat nen Sprung in der Schüssel. :)


    Dieses "schwarz -weiß" denken funktioniert in diesem Falle nicht. Es gibt hervorragende Lehrer, die aus dem Bereich "Crazy Wisdom" kommen.
    Crazy meint hier wohl eher "unkonventionell", mit Wisdom ist buddhistische Weisheit gemeint.


    Ich ahne Schlimmes. ...
    In Verbindung mit der buddhistischen Floskel, dass jede Selbstbestimmtheit "nur Ego" sei (iSv Verächtlichmachung), tun sich da Abgründe auf ... Abgründe von mentaler Manipulation, Sekten, psychiatrisch auffälligen Symptomenkomplexen, massenhysterischen Phänomenen etc.
    Kann man ja nur vor warnen.

  • Stero:

    In Verbindung mit der buddhistischen Floskel, dass jede Selbstbestimmtheit "nur Ego" sei (iSv Verächtlichmachung), tun sich da Abgründe auf ... Abgründe von mentaler Manipulation, Sekten, psychiatrisch auffälligen Symptomenkomplexen, massenhysterischen Phänomenen etc.


    Nein - das ist mit "Crazy wisdom" nicht gemeint.

    Einmal editiert, zuletzt von Lucky Luke ()

  • Sherab Yönten:
    Stero:

    In Verbindung mit der buddhistischen Floskel, dass jede Selbstbestimmtheit "nur Ego" sei (iSv Verächtlichmachung), tun sich da Abgründe auf ... Abgründe von mentaler Manipulation, Sekten, psychiatrisch auffälligen Symptomenkomplexen, massenhysterischen Phänomenen etc.


    Nein - das ist mit "Crazy wisdom" nicht gemeint.


    Ich rede ja nicht von deiner Meinung, sondern den möglichen Folgen solcher Meinungen (plural) wie deiner. Deswegen rate ich davon ab, eine solche Meinung zu haben oder gar öffentlich zu vertreten.

    • Offizieller Beitrag
    Sherab Yönten:


    Dieses "schwarz -weiß" denken funktioniert in diesem Falle nicht. Es gibt hervorragende Lehrer, die aus dem Bereich "Crazy Wisdom" kommen.
    Crazy meint hier wohl eher "unkonventionell", mit Wisdom ist buddhistische Weisheit gemeint.


    "Crazy Wisdom" bedeutet ja, dass der Lehrer die "festgefügten Vorstellungen des Schülers zerstört", indem er anders handelt, als sich das für einen buddhitischen Lehrer so ziemt.


    Haftet der Schüler an der Idee, ein Lehrer müsse ein moralisch korrekte Person sein, die Akohol, Sexualität und das Protzen mit Reichtum meidet, dann könnte "Crazy Wisdom" bedeuten , mit einem Rolls Royce voller spiritueller Groupies und einer Flasche Sekt vorzufahren. Weil ersteres für letzteres eine super Ausrede ist, haben gerade in der Hippie-Zeit sehr viele zweifelhafte Gurus ihre Eskapaden mit "Crazy Wisdom" gerechtfertigt. Selbst schreckliche Fällen sexuellen Missbrauchs wurden als "spirituelle Techniken" gerechtfertigt um damit das Ego zu zerstören.


    Das hat den Begriff "Crazy Wisdom" verbrannt.

  • mahakala:

    Zitat

    zuweilen auch frech und regelrecht provozierend, habe mich aber nie daran gestoßen, da ich einerseits davon ausging, dass dies einfach geschickte Mittel waren, um die Aufmerksamkeit seiner Zuschauer zu erregen und zu erhalten,


    das beschriebene verhalten habe ich noch nie bei einem rinpoche, lama usw. gesehen. nicht mal ansatzweise. habe einige rinpoche erlebt, keiner hat "geschickte mittel" gegenüber anwesenden angewandt. die haben das gar nicht nötig. sie wollen ja auch nix von jemandem.
    das wäre sowieso heikel. karmisch unheilsam. hier und jetzt. geht also "nach hinten los" - allgemein. und: beim handeln ( denken, sprechen , tun ) eines erwachten kann man auch nicht von"geschickten mitteln" sprechen, denn es ist dann nicht vorsätzlich zweckdienlich.
    weise "geschicklichkeit" ist sowieso nur in bezug auf eigene ( innere" praxis ) zu verstehen. es bedeutet eigene anhaftungen, erstarrte konventionen, vorstellungen, absichten usw. "transzendieren". das ist nicht "übertragbar". so einen glauben an "sprengung von ego, konzept usw" von anhängern zu benutzen, wäre eh nicht koscher. die richtigen lehrer sitzen vielleicht höher, aber sie erhöhen sich nicht - und erniedrigen somit nicht.

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Mrs._Mahakala:


    Soll ich mich einem anderen Lehrer zuwenden? Wenn ja, welchem?
    Akzeptieren, dass Anhaftung an den Sangha die Ursache von Leiden ist und eine neue suchen, weil wohl keine Basis mehr da sein wird, nachdem mein Vertrauen in den Meister völlig zusammengebrochen ist?
    Es fällt mir schwer, das Gute, dass ich dennoch dort erfahren habe, nicht im Licht der neuen Erfahrungen zu sehen.
    Ich bin ganz schön ratlos.



    Wenn kein Zweifel besteht dass der Lehrer seine Position zu sehr für sich ausnutzt dann gibt es ja keinen Grund bei ihm zu bleiben. Wenn man sich nicht sicher ist ob er richtig oder falsch handelt, dann konzentriert man sich eben darauf das herauszufinden, bis es eindeutig ist. Blindes Vertrauen und bedingungslose Hingabe sehe ich jedenfalls nicht als eine Forderung der Buddhalehre.

    • Offizieller Beitrag
    Mrs._Mahakala:

    Ich bin sehr erschüttert nach diesen Erlebnissen und weiß nicht recht, wie ich weitermachen soll. Der Sangha, die Beschäftigung mit den Inhalten, die dort vermittelt werden, ist zu einem wichtigen Bestandteil meines Lebens geworden. Natürlich ist die Qualität des Buddhismus durch einen einzelnen Lehrer, der andere zu seinem persönlichen Vorteil missbraucht, nicht in Frage gestellt. Dennoch ist es für mich eine Erfahrung, die mir ein bisschen den Boden unter den Füßen wegzieht.
    Soll ich mich einem anderen Lehrer zuwenden? Wenn ja, welchem?
    Akzeptieren, dass Anhaftung an den Sangha die Ursache von Leiden ist und eine neue suchen, weil wohl keine Basis mehr da sein wird, nachdem mein Vertrauen in den Meister völlig zusammengebrochen ist?
    Es fällt mir schwer, das Gute, dass ich dennoch dort erfahren habe, nicht im Licht der neuen Erfahrungen zu sehen.
    Ich bin ganz schön ratlos.


    Was nach solchen erschütternden Erlebnissen gut sein kann, ist mit anderen zu sprechen, denen das gleiche passiert ist und die den gleichen Zwiespalt wie du durchgemacht haben.


    Eine gute Anlaufstelle könnte buddhistische-sekten.de sein.

  • Wer ist denn der Glückliche?
    Ohne dass da der Name genannt wird, bleibt das alles die Ansicht einer Enttäuschten.
    Schließlich sind das keine harmlosen Vorgänge, sondern da mißbraucht entweder jemand in einem Retreat seinen Status. Oder jemand mißbraucht hier seine Möglichkeiten und schürt irgendwelche geheimnisvollen Spekulationen. Also bitte: Roß und Reiter nennen.
    Welche Tradition ist das denn? Was wurde da praktiziert?

    • Offizieller Beitrag
    Thursday:

    Wer ist denn der Glückliche?
    Ohne dass da der Name genannt wird, bleibt das alles die Ansicht einer Enttäuschten.
    Schließlich sind das keine harmlosen Vorgänge, sondern da mißbraucht entweder jemand in einem Retreat seinen Status. Oder jemand mißbraucht hier seine Möglichkeiten und schürt irgendwelche geheimnisvollen Spekulationen. Also bitte: Roß und Reiter nennen.
    Welche Tradition ist das denn? Was wurde da praktiziert?


    Es ist ein wichtiger erster Schritt, Zweifel zuzulassen und zu äußern. Diesen ersten Schritt gegangen zu sein, bedeutet aber ja noch nicht, dass man einen zweiten oder dritten Schritt gemacht hätte.


    Gerade in Vajrayana wird der Lehrer ja oft Verkörperung Buddhas gesehen (Guruyoga) Dies verleitet gerade sektierische Gruppen zu der Idee, jede Kritik am Lehrer würde schreckliche karmische Folgen nach sich ziehen. Von daher kann es ein längerere Prozess sein, da für sich selber zu einer Klarheit zu finden.

  • Thursday:

    Wer ist denn der Glückliche?
    Ohne dass da der Name genannt wird, bleibt das alles die Ansicht einer Enttäuschten.
    Schließlich sind das keine harmlosen Vorgänge, sondern da mißbraucht entweder jemand in einem Retreat seinen Status. Oder jemand mißbraucht hier seine Möglichkeiten und schürt irgendwelche geheimnisvollen Spekulationen. Also bitte: Roß und Reiter nennen.
    Welche Tradition ist das denn? Was wurde da praktiziert?


    GERADE wenn da ein Name hingepinnt wird, kannst du nicht ausschließen, dass es sich um die "Ansicht einer Enttäuschten" oder um "das Schüren geheimnisvoller Spekulationen" handelt.
    Immerhin bleibt der, der den Namen nennt, selbst anonym.
    Aber bitte, wenn´s gefällt. Kritik an öffentlichen Personen jedoch bitte sachlich begründen (siehe Forenregeln).

  • Ergänzung: Es gibt Blogs, die sich der Lehrerkritik verschrieben haben, und deren Eigner mit ihrem Klarnamen auftreten. Hier fallen mir gleich Tenzin Peljor und Guido Keller ein. Die beiden recherchieren dann aber auch, fragen schon mal bei den Heimatinstitutionen der Lehrer nach und stellen sich Rückfragen. Das finde ich in Ordnung.


    In einem Forum mit Namen herumzuwerfen, ohne sich selbst zu outen, finde ich hingegen regelrecht unverantwortlich. Das ist Anprangerei und grenzt an Denunziantentum. Wir Mods können nämlich in keiner Weise prüfen, welche Vorwürfe gerechtfertigt ist und welche nicht. Solche Diskussionen eskalieren regelmäßig, und münden manchmal sogar darin, dass der Forenhost mit rechtlichen Schritten bedroht wird – was wiederum dazu führt, dass die Threads gelöscht werden müssen. Also vollkommene Sinnlosigkeit und Destruktion pur.


    Statt Namen zu nennen, finde ich es sinnvoller, Verhaltensweisen zu benennen - so wie die TE es ja auch gemacht hat. Die Forenteilnehmer können dann dazu ihre Meinung äußern, welches Verhalten sie für vertretbar halten und welches nicht. Auf diese Weise entsteht wenigstens eine Diskussion, die stehen bleiben kann und die für jeden Leser sinnvoll und nützlich ist. Die Entscheidung, ob man bei einem Lehrer, der die betreffenden Verhaltensweisen zeigt, bleibt oder nicht, muss derjenige dann letztlich dennoch selbst treffen.

  • Jojo:

    Ergänzung: Es gibt Blogs, die sich der Lehrerkritik verschrieben haben, und deren Eigner mit ihrem Klarnamen auftreten. Hier fallen mir gleich Tenzin Peljor und Guido Keller ein. Die beiden recherchieren dann aber auch, fragen schon mal bei den Heimatinstitutionen der Lehrer nach und stellen sich Rückfragen. Das finde ich in Ordnung.


    In einem Forum mit Namen herumzuwerfen, ohne sich selbst zu outen, finde ich hingegen regelrecht unverantwortlich. Das ist Anprangerei und grenzt an Denunziantentum. Wir Mods können nämlich in keiner Weise prüfen, welche Vorwürfe gerechtfertigt ist und welche nicht. Solche Diskussionen eskalieren regelmäßig, und münden manchmal sogar darin, dass der Forenhost mit rechtlichen Schritten bedroht wird – was wiederum dazu führt, dass die Threads gelöscht werden müssen. Also vollkommene Sinnlosigkeit und Destruktion pur.


    Statt Namen zu nennen, finde ich es sinnvoller, Verhaltensweisen zu benennen - so wie die TE es ja auch gemacht hat. Die Forenteilnehmer können dann dazu ihre Meinung äußern, welches Verhalten sie für vertretbar halten und welches nicht. Auf diese Weise entsteht wenigstens eine Diskussion, die stehen bleiben kann und die für jeden Leser sinnvoll und nützlich ist. Die Entscheidung, ob man bei einem Lehrer, der die betreffenden Verhaltensweisen zeigt, bleibt oder nicht, muss derjenige dann letztlich dennoch selbst treffen.


    Ich finde da hat sich schon jemand selbst geschadet, denn wenn ich Kritik habe, Mißtrauen oder ähnliches, mir aber die Gruppe gut gefällt, dann berede ich das erst einmal dort ausführlich. Und dann mache ich dort weitere Erfahrungen. Ich muss mir doch auch immer selbst die Frage stellen, was ich da will. Ich halte auch nichts davon Verhaltensweisen bei anderen zu benennen - es reicht das ungute Gefühl, das man selbst hat. Und da muss ich mir das nicht von Forenteilnehmern bestätigen lassen, was ich fühle. Und wenn dann noch nicht mal der Mut aufgebraucht wird, Klartext zu reden - dann befasse ich mich nicht damit.

  • Das ist doch zum Beispiel schon mal ein interessantes Ergebnis.
    Deshalb finde ich es richtig, solche Fragen auch in einem Forum zu thematisieren.


    Deine Fragen an die TE lauten also:
    Hast du das schon mal in deiner Sangha angesprochen?
    Wenn nein, warum nicht?
    Und wenn du so etwas in dieser Sangha nicht thematisieren kannst, was hält dich dann in dieser Sangha?
    Ist eine Sangha, in der man solche Bedenken nicht äußern kann, wirklich eine gute Sangha?

  • Zunächst einemal danke für die zahlreichen Antworten.



    Jein. Dass alles ist noch nicht lange her, es gab noch keine Gelegenheit, in meinem Heimat-Sangha darüber zu sprechen. Nicht wenige Mitglieder waren allerdings auch auf dem Retreat. Ich habe mit Einzelpersonen gesprochen, von denen einige die eine oder andere Aussage ebenfalls als unangenehm empfunden hatten. Niemand meiner Gesprächspartner schien aber grundsätzliche Zweifel entwickelt zu haben. Ich muss allerdings sagen, dass ich von der Atmosphäre des Retreats, während ich dort war, sehr eingenommen war und erst am vorletzten Tag nach einer besonders merkwürdigen Sitzung mit dem Rinpoche innerlich bewusst auf Abstand ging. Das Gespräch im Sangha, das in einigen Tagen "fällig" wird, steht also noch aus.


    Ich habe das Gefühl, wenn ich mich äußere, was letztlich nicht ausbleiben kann, läute ich damit meinen Abschied ein. Das tut mir weh.
    Obwohl ich vom Gefühl her sicher bin, dass sich da eine Person mit hohem Missbrauchspotential ausagiert, zweifle ich an mir. Hunderte von Menschen empfanden das, was ablief, offenbar anders als ich. Ich war zwar nicht die einzige, die auf dies oder jenes ablehnend reagierte, aber die Meinung der deutlichen Mehrheit schien anders zu sein.
    Und dann gibt es ja nicht nur den Guru. Im Zentrum werden Kurse angeboten, die meiner Meinung nach hervorragend sind. Ich kann niemandem außer dem Meister Fehlverhalten vorwerfen, solange es nicht um die meiner Meinung nach blinde Akzeptanz geht, die ihm entgegengebracht wird. Die Organisation verfolgt meiner Meinung nach bewunderns- und unterstützenswerte Projekte. Ich frage mich deshalb auch, ob ich nicht bleiben kann, ohne die Persönlichkeit des Lehrer weiterhin ernst zu nehmen. DIe Frage beantwortet sich allerdings beinahe selbst. Da es um Vajrayana geht, hat der Guru außerdem herausragende Bedeutung. Das ist Grund, weshalb ich fürchte, dass Gespräche letztlich zum Scheitern verurteilt sein werden.


    Um die "offizielle" Haltung ihm gegenüber ein bisschen deutlicher zu machen:
    Es gab zusätzlich zu den Teachings Arbeitsgruppen. Zumindest einmal wurde eine der fraglichen Äußerungen des Meisters durch einen Teilnehmer, kritisiert und thematisiert. Die Gruppenleiter hielten sich sehr zurück und stellten den Beitrag zur Diskussion. Sie erklärten allerdings später, dass die betroffenen Schüler den Rinpoche gebeten hätten, sie zu korrigieren und dass niemand die Lehrer-Schüler-Beziehung von außen beurteilen können. DIes war auch der Haupttenor der Äußerungen aus der Gruppe: Man solle sich seines Urteilsgeistes bewusst werden und diesen zähmen.


    Thoretisch ist das natürlich alles richtig. Ich kann und will das allerdings nicht auf die Situationen beziehen, die zu beobachten waren. Beispielsweise kritisierte der Meister im Plenum vor mehr als 500 Zuhörern sehr ausführlich eine Schülerin, die in seinem Zimmer einen Tisch getragen und dabei eine Teetasse umgeworfen hatte. Diese
    Bagatelle wurde am nächsten Tag noch einmal aufgewärmt. Er nahm den Umstand aufs Korn, dass seine Fahrerin auf dem Wege wegen eines Fahrfehlers hatte rangieren müssen und nannte sie "ungeschickt", er warf einer Schülerin von oben vor Hunderten von Menschen Gegenstände zu um zu testen, ob sie sie auffängt, nachdem er sie vorher, als er sie aufs Podium gerufen hatte, wo sie irgendwas richten sollte und dann wieder heruntergeschickt hatte, als "sehr langsam" kritisiert hatte, er sprach, nachdem es zuvor um Verliebtheiten zwischen den Anwesenden gegangen war, über einen/zu einem Schüler ohne erkennbaren Anlass: " He is nice, but so tall. You are so tall. Too tall to enter."


    Während ich das niederschreibe, denke ich, das geht nun wirklich alles gar nicht, das hat ein echter RInpoche nicht nötig. Und trotzdem bleiben die Zweifel, ob ich nicht zu engstirnig bin und die Frage, wie jemand trotz all dem so wunderbare Lehren geben kann.

  • Mrs._Mahakala:

    Da es um Vajrayana geht, hat der Guru außerdem herausragende Bedeutung.


    Danke für die explizite Ansage. Das sollte doch zusammen mit deinen weiteren Aussagen anderen eine Warnung sein können, sich davon fern zu halten. Hoffentlich!


    Philosophier-Modus ein
    Warum lassen sich Leute auf unnötige Dinge ein, die ihnen Probleme verursachen, die sie ohne diese unnötigen Dinge gar nicht hätten?
    Philosophier-Modus aus


    Ironie-Modus ein
    Vielleicht doch zu wenig "Leid" im Leben? ;)
    Ironie-Modus aus

  • Das hört sich an, als ob du da schleunigst verschwinden solltest. Das sind typisch sektenartige Strukturen die du da beschreibst. Da werden deine Bedürfnisse ausgenutzt (vlt. nach Gemeinschaft oder Schutz), aber spirituell wirst du da nichts lernen. Im Gegenteil, so jemand wie dieser " falsche Guru" wird alles dafür tun, seine Leute zu blenden und in Abhängigkeit zu halten statt sie zu "befreien". Hier ist noch eine Liste, die wie ich finde, ziemlich gut passt.


    Aus einer Mailingliste zum Thema Sekten, der Autor ist unbekannt:

    • Offizieller Beitrag
    Stero:
    Mrs._Mahakala:

    Da es um Vajrayana geht, hat der Guru außerdem herausragende Bedeutung.


    Danke für die explizite Ansage. Das sollte doch zusammen mit deinen weiteren Aussagen anderen eine Warnung sein können, sich davon fern zu halten. Hoffentlich!


    Im tibetischen Buddhismus verhert der Guru-Yoga den Lehrer nicht als Person sondern quasi in seiner Eigenschaft als letztes Glied einer Übertragungskette verehrt. Gerade bei der Überlieferung in den Westen ergaben sich Missverständnisse, in denen das zum Personen-Kult werden konnte. Nachdem es bei den Gelugs mehrere solche Fälle gab, hat Alexander Berzin im Auftrag des Dalai Lamas geschaut, was da schief gelaufen ist. Dabei entstand das Buch „Zwischen Freiheit und Unterwerfung. Chancen und Gefahren spiritueller Lehrer-Schüler-Beziehungen“, dessen Vorwort man hier findet.


  • Suuuper Liste!!!
    Allerdings kommt solches Verhalten nicht nur in Sekten, sondern auch bei anderen gestörten Geistern vor. Es gibt dazu eine interessante kommunikations-psychologische Theorie: https://de.wikipedia.org/wiki/Doppelbindungstheorie.


    Stero:
    Mrs._Mahakala:

    Da es um Vajrayana geht, hat der Guru außerdem herausragende Bedeutung.


    Danke für die explizite Ansage. Das sollte doch zusammen mit deinen weiteren Aussagen anderen eine Warnung sein können, sich davon fern zu halten. Hoffentlich!


    Offensichtlich kennst Du keinen einzigen Vajrayana-Lehrer.
    Der hier beispielhaft Dargestellte ist offensichtlich am Durchdrehen. Es gibt jedoch eine Vielzahl ganz wunderbarer Vajrayana-Lehrer, die genau das Gegenteil sind.


    Es gibt einen einfachen Gradmesser: wenn es gut tut, ist es gut. Wenn es eng und krank macht, ist es schlecht.
    Mein Lehrer ist Vajrayana Meister und er tut allen nur gut. Ich beobachte ihn seit inzwischen sechs Jahren und habe ihm viel zu verdanken. Er "verlangt" nie was von uns, ermutigt uns sehr und würde niemals jemanden demütigen, weder privat noch öffentlich.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • void:
    Stero:


    Danke für die explizite Ansage. Das sollte doch zusammen mit deinen weiteren Aussagen anderen eine Warnung sein können, sich davon fern zu halten. Hoffentlich!


    Im tibetischen Buddhismus verhert der Guru-Yoga den Lehrer nicht als Person sondern quasi in seiner Eigenschaft als letztes Glied einer Übertragungskette verehrt. Gerade bei der Überlieferung in den Westen ergaben sich Missverständnisse, in denen das zum Personen-Kult werden konnte. Nachdem es bei den Gelugs mehrere solche Fälle gab, hat Alexander Berzin im Auftrag des Dalai Lamas geschaut, was da schief gelaufen ist. Dabei entstand das Buch „Zwischen Freiheit und Unterwerfung. Chancen und Gefahren spiritueller Lehrer-Schüler-Beziehungen“, dessen Vorwort man hier findet.


    Ja, das ist sehr intessant, zeigt aber doch deutlich zwei Quelle des Missverständnisses auf: die Kultur und die sog. "spirituelle Suche". Die "Tonlage", in der Herr Berzin da referiert zeugt natürlich von Allem, nur nicht von der Sachlichkeit wie sie in unserer Kultur üblich ist. Aber er erwähnt ja eingangs, dass er selbst einer der "spirituell Suchenden" ist, die sich dem, was sie vermeintlich gefunden haben, verschrieben haben. Tsongkhapa, auf den er sich bezieht, war nicht nur Philosoph sondern eben auch religiöser Prediger. Als Philosoph lieferte er meiner Einschätzung nach einen starken Beitrag bei der Erforschung der Psychologie der Sprache, weil - und nur weil - er sich der Thematik mit messerscharfer Rationalität genähert hat. Als religiöser Prediger war er das Produkt einer monistisch homogenen Kultur, die in krassem Gegensatz zu der Kultur steht wie wir sie heute im Westen haben. Herr Berzin geht es in diesem Kontext um Tsongkhapa den Prediger, denn er will ja die Schüler-Lehrer-Idee einer fremden Kultur im Westen etablieren. Herr Berzin schreibt deswegen auch aus der Perspektive einer religiösen Tradition, zu deren Parteigänger er geworden ist und von der er lebt. Kann er alles machen, denn wir leben in einer freien Kultur, die sich noch dazu der Religionsfreiheit verschrieben hat. Ich persönlich halte nichts davon, vermutlich weil ich auch kein Freund einer "spirtuellen Suche" bin. Und was Herr Berzin tut, halte ich eher für schädlich denn nützlich.

  • Zitat

    Thoretisch ist das natürlich alles richtig. Ich kann und will das allerdings nicht auf die Situationen beziehen, die zu beobachten waren. Beispielsweise kritisierte der Meister im Plenum vor mehr als 500 Zuhörern sehr ausführlich eine Schülerin, die in seinem Zimmer einen Tisch getragen und dabei eine Teetasse umgeworfen hatte. Diese Bagatelle wurde am nächsten Tag noch einmal aufgewärmt. Er nahm den Umstand aufs Korn, dass seine Fahrerin auf dem Wege wegen eines Fahrfehlers hatte rangieren müssen und nannte sie "ungeschickt", er warf einer Schülerin von oben vor Hunderten von Menschen Gegenstände zu um zu testen, ob sie sie auffängt, nachdem er sie vorher, als er sie aufs Podium gerufen hatte, wo sie irgendwas richten sollte und dann wieder heruntergeschickt hatte, als "sehr langsam" kritisiert hatte, er sprach, nachdem es zuvor um Verliebtheiten zwischen den Anwesenden gegangen war, über einen/zu einem Schüler ohne erkennbaren Anlass: " He is nice, but so tall. You are so tall. Too tall to enter."


    Losang Lamo:

    Offensichtlich kennst Du keinen einzigen Vajrayana-Lehrer.
    Es gibt jedoch eine Vielzahl ganz wunderbarer Vajrayana-Lehrer, die genau das Gegenteil sind.
    Der hier beispielhaft Dargestellte ist offensichtlich am Durchdrehen.


    Allerdings und au weia ^^:) !

  • Mirco:
    Losang Lamo:

    Offensichtlich kennst Du keinen einzigen Vajrayana-Lehrer.
    Es gibt jedoch eine Vielzahl ganz wunderbarer Vajrayana-Lehrer, die genau das Gegenteil sind.
    Der hier beispielhaft Dargestellte ist offensichtlich am Durchdrehen.


    Allerdings und au weia ^^:) !


    Warum verdrehst Du mein Zitat und löschst den Zusammenhang? Ist das Deine Art von Gesprächskultur?
    Und was Du genau ausdücken möchtest, hab ich nicht einmal verstanden. Gehen die Leute so mit Deinen Postings um, wenn Du was über Deinen Lehrer schreibst? :(

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee: