Sila als Technik

  • Pianisten machen Fingerübungen.
    Auch sehr gute Pianisten machen täglich Fingerübungen.


    Sogar Meisterpianisten machen täglich Fingerübungen: Erst SEEEEHR langsam, mit genauem Spüren auf die Qualität jedes einzelnen Anschlags, dann schneller und streng rhythmisch, mit Betonung auf bestimmte Schläge, schließlich im Fluss, ohne auf die Einzelheiten zu achten, mit Blick auf die gesamte Körperbewegung.


    Ich betrachte die Sila als eine Art „Fingerübung“. Sie bieten mir was, woran sich mein Geist aufhängen und worin er sich verbeißen kann. Manchmal, wenn es nicht so gut läuft im Alltag, checke ich die Silas ab und suche mir eine aus, die ich dann verstärkt übe.


    Sozusagen in allen Einzelheiten, wie ein Pianist eine Fingerübung.


    Meistens bleibe ich bei „Nicht-kritisieren“ hängen. Die genialste Sila (sagt man so? Oder heißt es Der Sila oder Das Sila?).


    Gerade überlege ich, sind Sila vielleicht schon mehr als eine Fingerübung, sozusagen eine Etüde?
    Die Fingerübung ist vielleicht das Sitzen *grübel*
    Obwohl, nein, das Sitzen ist mehr als eine Fingerübung *grübel, grübel*

  • Habe vergessen zu erwähnen, warum ich das Thema eröffnet habe.
    Am Samstag musste ich leider sehr intensiv "nicht wütend werden" üben.


    Ich wäre so gern wütend geworden, aber leider hätte das nicht das Geringste gebracht.
    Also verbrachte ich den ganzen Nachmittag damit, "wütend werden" zu bemerken, mich zu entspannen, und zum Atem zurück zu kehren.


    Und ich muss schon sagen: wenn man sich die Einzelheiten von "wütend werden" immer wieder und gaaaaanz genau ansieht (mein Geist repetiert sowas dann nämlich bis zum Exzess, und es dauert, bis das abflaut), das ist schon nicht unspannend.


    Das Ergebnis der Untersuchung konnte ich heute im Job jedenfalls direkt anwenden.

  • warum sollte "man" eigentlich nich wütend werden "dürfen"???
    ich finde 's ist nur wichtig was in der Phase der Wut abgeht und das ist nicht zu erfahren, wenn "man" lediglich die Arschbacken zusammenkneift und Emotionen, in diesem Falle die Wut "unterdrückt"...macht von meiner Warte aus gesehn nicht wirklich "Sinn"
    Umgang mit Emotionen hab ich anners gelernt.....

  • der ausdruck der mir geläufig ist: dem ärger, der wut nicht freien lauf lassen,
    ausagieren. betrifft auch gedanken und vorstellungen.
    von "unterdrücken" steht da nix, samten.


    2 Beispiele des Sila :


    I vow not to give way to anger.


    I take up the way of not indulging in anger.




    Grüße
    Blue_

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Jojo:

    Pianisten machen Fingerübungen.
    Auch sehr gute Pianisten machen täglich Fingerübungen.


    Das sind keine Fingerübungen, sondern Tonübungen und Körperübungen. Der Pianist spielt nur von "außen gesehen" mit den Fingern.
    Alle Musiker machen Tonübungen - und haben da ein reichhaltiges Programm.


    Zitat


    Ich betrachte die Sila als eine Art „Fingerübung“. Sie bieten mir was, woran sich mein Geist aufhängen und worin er sich verbeißen kann. Manchmal, wenn es nicht so gut läuft im Alltag, checke ich die Silas ab und suche mir eine aus, die ich dann verstärkt übe.


    Sozusagen in allen Einzelheiten, wie ein Pianist eine Fingerübung.


    Meistens bleibe ich bei „Nicht-kritisieren“ hängen. Die genialste Sila (sagt man so? Oder heißt es Der Sila oder Das Sila?).


    Ich denke, das ist eine verkehrte Übungsweise der Sila bzw. Gelübde. Aber das passt vielleicht zu deiner prinzipiell formalistischen Vorgehensweise.
    Nimm mal dein Beispiel "nicht wütend werden" - das kommt ja drauf an - es kann angemessen sein, wütend zu werden. ich bin heute z.B. bewusst wütend geworden, d.h. da waren keine Emotionen im Sinne von Wut, aber ich habe jemanden zurecht gewiesen und zwar "wütend" - und der hat diese Emotion aufgenommen und sie verstärkt und an mich zurück geworfen. Es war wie eine kleines Tennis-Match.
    Im Prinzip habe ich ihm damit seine vorhandene Wut abgenommen und sie ist verpufft - an mir.

  • Thursday:

    Nimm mal dein Beispiel "nicht wütend werden" - das kommt ja drauf an - es kann angemessen sein, wütend zu werden


    Ja klar, das kann sein.
    In diesem Fall aber nicht, ich war nämlich ganz allein auf weiter Flur.
    Und ausserdem hatte ich mich selbst in die betreffende Lage gebracht - wie mir mit der Zeit klar wurde :D

  • Jojo:

    Pianisten machen Fingerübungen.
    Auch sehr gute Pianisten machen täglich Fingerübungen.


    Sogar Meisterpianisten machen täglich Fingerübungen: Erst SEEEEHR langsam, mit genauem Spüren auf die Qualität jedes einzelnen Anschlags, dann schneller und streng rhythmisch, mit Betonung auf bestimmte Schläge, schließlich im Fluss, ohne auf die Einzelheiten zu achten, mit Blick auf die gesamte Körperbewegung.


    ja, das ist sehr gut, denn Perfektion des Ausdrucks resultiert aus Übung der Ausdrucksmittel.


    Jojo:


    Ich betrachte die Sila als eine Art „Fingerübung“.


    Ich finde der Vergleich hinkt, weil Sila nicht Ausdruck ist, sondern Unterlassen von Ausdruck, Verhindern des Ausdruckes, Disziplinierung von Kreativität statt Förderung von Kreativität und Perfektionierung.


    Jojo:


    Sie bieten mir was, woran sich mein Geist aufhängen und worin er sich verbeißen kann. Manchmal, wenn es nicht so gut läuft im Alltag, checke ich die Silas ab und suche mir eine aus, die ich dann verstärkt übe.


    Sozusagen in allen Einzelheiten, wie ein Pianist eine Fingerübung.


    Was kommt rüber dabei? Nichts! Ein Pianist kann andere bewegen, du bewegst ja nicht mal dich geschweige denn andere.


    Jojo:


    Gerade überlege ich, sind Sila vielleicht schon mehr als eine Fingerübung, sozusagen eine Etüde?
    Die Fingerübung ist vielleicht das Sitzen *grübel*
    Obwohl, nein, das Sitzen ist mehr als eine Fingerübung *grübel, grübel*


    Nur wenn der Tod vollkommener Ausdruck ist. Aber wer weiß, vielleicht ist er das für jene, die nicht gelernt haben sich auszudrücken, oder keine fördernden Umstände vorgefunden haben, für diese ist vielleicht der Tod der Klimax, das i-Pünktchen auf die eigene Bedeutungslosigkeit ;)

  • Jojo:


    Ich betrachte die Sila als eine Art „Fingerübung“. Sie bieten mir was, woran sich mein Geist aufhängen und worin er sich verbeißen kann. Manchmal, wenn es nicht so gut läuft im Alltag, checke ich die Silas ab und suche mir eine aus, die ich dann verstärkt übe.


    Hallo Jojo,
    ich vergleiche die Praxis gern mit körperlichem Kraft-Training, um Muskeln aufzubauen. Denn sobald nichts mehr "gemacht wird", erschlaffen die Muskeln.
    Genau so muss auch die geistige Kraft ständig im Training bleiben, damit diese wächst und eingesetzt werden kann.


    Um bei Deinem Beispiel mit der Wut zu bleiben, so kann ich dazu nur schreiben, dass die Wut durch dieses Training mit der Zeit ihre Wirksamkeit verliert. Das bedeutet nicht, dass ich alles so hinnehme, aber im Laufe von Jahren hat sich herausgefiltert, was eigentlich wirklich die Ursache davon ist. Und diese ist meist, wenn nicht überhaupt, begründet in verletzter Eitelkeit, Dünkel, mangelnder Achtung sowohl vor sich selbst als auch als Antwort von anderen - beruhend auf falschen Vorstellungen von mir selbst und wie andere zu sein haben. Aus diesem Grund und eben durch ständige Achtsamkeit ist es mir heute möglich, sofort aufkommende Gefühle dieser Art zu durchschauen und zu verabschieden.
    Es kann dann aber durchaus so sein, dass ich es so mache wie Thursday, nämlich ganz bewusst - frei von dieser fehlleitenden und versklavenden Emotion - diesen Unmut zum Ausdruck zu bringen.
    Für mich ist das nichts anderes als ein asiatisches Kampftraining, ohne den anderen wirklich zu verletzen.
    Und für mich ist dies schon eine große Freiheit, weil ich weder handlungsunfähig noch an meine eigenen Emotionen ausgeliefert bin. Auch führt das geistige Training und die damit verbundenen Erfahrungen zur Furchtlosigkeit, was eine Voraussetzung für sinnvolles Handeln ist - meiner Erfahrung nach.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)


  • Hi Jojo,


    nur eine kurze Randbemerkung zur Definition: Die Geistesgifte (Ärger u.s.w.) sind doch etwas anderes wie die Silas (Die 5 Silas sind doch: Ich nehme mich der Übungsregel des Abstehens Leben zu nehmen an, nehmen was nicht gegeben ist an, von sexuellem Fehlverhalten an, vom Lügen (Unwahrheit Sprechen) an, vom nehmen berauschender Mittel, die zur Gewissenlosigkeit führen an - Quelle: Wikipedia).


    Im Umgang mit Ärger wird im tibetischen Buddhismus Geduld empfohlen (siehe z.B. Shantideva).


    Geht es Dir jetzt um die Geistesgifte oder um die Silas ?

  • Jojo:

    ..
    Ich betrachte die Sila als eine Art „Fingerübung“. Sie bieten mir was, woran sich mein Geist aufhängen und worin er sich verbeißen kann. Manchmal, wenn es nicht so gut läuft im Alltag, checke ich die Silas ab und suche mir eine aus, die ich dann verstärkt übe.


    Grüße Jojo,


    die Worte Buddhas wenden sich an alle Menschen, also an Menschen mit sehr unterschiedlichen intellektuellen Möglichkeiten und Kenntnissen der Lehre.


    In der üblichen Formulierung, etwa "Ich nehme mich der Übungsregel des Abstehens Leben zu nehmen an" ist dies eine sehr einfache Basisforderung, die relativ leicht einzuhalten ist (wenn man das dann noch auf menschliches Leben einschränkt). Die wenigsten Menschen bringen andere um. Das ist Pflichtteil der Veranstaltung und mußte für viele Menschen so formuliert werden.


    Die Kür ist dann die Einbindung dieser Idee in einen größeren Zusammenhang. Wenn es schon erstrebenswert ist, Leben nicht zu nehmen - wie viel erstrebenswerter muß es dann sein, Leben zu fördern? Bei sich selbst das volle Potential auszuschöpfen? Eine Umgebung zu schaffen, in der dies für viele möglich ist oder anderen direkt zu helfen?


    Ich vermute, daß solche Basisideen kurz und knapp formuliert werden müssen, damit sie übertragen werden können. Wenn das dann einen Anstoß zum weiter Denken gibt, umso besser.

  • Zitat

    Ich vermute, daß solche Basisideen kurz und knapp formuliert werden müssen, damit sie übertragen werden können. Wenn das dann einen Anstoß zum weiter Denken gibt, umso besser.


    ich glaube, die werden gerade im zen kurz und knapp gehalten
    - wobei es auch kommentare dazu gibt-
    damit ich gar nicht erst drauf kommen kann sie mir aus,-und zurecht zu legen ( denkend ), wie es ja der neigung entspricht.
    andererseits gibt es auch die neigung festzuhalten ( dogma )
    du kannst rechts und links nicht absperren wie bei vinaya, verboten, dann würdest du "am geländer festkrallen" ( anhaften )
    kannst aber auch nicht "offen lassen"- mal so, mal so ( dann entfaltet sich "das potential" nicht )
    wenn da steht: nicht kritisieren, meint das auch: nicht kritisieren. sich nicht erhöhen, andere nicht herab setzen, ergo: nicht kritisieren.
    wie der kreis- bussho, in der mitte der punkt-essenz. typisch.
    jetzt "lote mal den geistigen gehalt aus" ( zazenkai) - ohne "weiter denken". ;)

  • @ stero


    Frage 1: Ist für dich Unterlassen und Unterdrücken dasselbe?


    Frage 2:


    Gehst du von der Annahme aus, dass der Wütende immer in einer unterlegenen Position ist? Was ist mit Wütenden in Machtpositionen?


    Eine Mutter, die den Impuls verspürt, ihr dauerschreiendes Kind zu schütteln und an die Wand zu knallen.
    Ein Diktator, der von seinen Untergebenen genervt ist.


    Was ist mit Wütenden, die schlicht niemals – auch durch den freiesten Ausdruck ihrer Wut – die Welt in die Richtung verändern können, die sie sich wünschen – auch wenn ihr Wunsch dazu absolut berechtigt ist? Die sich, im Gegenteil, durch den Ausdruck ihrer Wut in eine noch schlimmere Situation bringen würden?


    Ein durch einen Unfall Querschnittsgelähmter, der auf die ganze Welt wütend ist.
    Ein alter Mann, der auf Pflege angewiesen ist, und der auf seine Frau wütend ist, weil sie die einzige ist, die da ist.


    Was ist mit Wütenden, die sich irren?


    Meine Kollegin, die mich gestern anschrie, weil sie dachte, ich hätte einen Fehler gemacht – bis sie herausfand, dass sie den Fehler selbst gemacht hatte.


    Es gibt viele Situationen, in denen es fraglich ist, ob der unmittelbare, authentische Ausdruck von Wut ein kreativer und intelligenter Umgang mit einer gegebenen Situation ist.



    @ monikadie4.


    Zitat

    Hallo Jojo,
    ich vergleiche die Praxis gern mit körperlichem Kraft-Training, um Muskeln aufzubauen. Denn sobald nichts mehr "gemacht wird", erschlaffen die Muskeln.
    Genau so muss auch die geistige Kraft ständig im Training bleiben, damit diese wächst und eingesetzt werden kann.


    „Krafttraining“ finde ich einen etwas schwierigen Ausdruck. Er ruft – zumindest bei mir – Assoziationen in Richtung „Unterdrücken“ hervor, das von Stero ja schon als Gefahr angesprochen wurde. Den Ausdruck „Fingerübungen“ habe ich gewählt, weil es bei Fingerübungen auf genaue Wahrnehmung, auf Ruhe, Präzision und Leichtigkeit ankommt. Gleichzeitig ist bei Fingerübungen klar, dass es sich um Übungen handelt, also dass sie nicht das Ziel der Praxis sind – sondern nur ein Mittel, das der Automatisierung von häufig anzutreffenden Abläufen dient.


    @ sherab


    Ich beziehe mich auf die 10 Bodhisattva Precepts (Gelöbnisse, Zen-Kai) der Soto-Shu. Darin geht es ums konkrete Handeln. Blue hat einen Link dazu angegeben.
    Die drei Geistesgifte sind ja Anhaftung, Abneigung (Variante von Anhaftung) und Ignoranz, also eher prinzipielle Reaktions-/Seinsweisen.

  • Jojo:

    @ stero


    Frage 1: Ist für dich Unterlassen und Unterdrücken dasselbe?


    Wenn erst mal etwas ist, und dann erscheint da eine Rationale, ein überlegter Vorsatz und ich künstel dann weg, was da erst mal ist, veranlasst von dieser Rationale, dann ist das eine Form der Unterdrückung, ja.



    Grundsätzlich unterlasse ich Spekulationen in diesem Kontext. Hier habe ich also Unterdrückung ausgeübt. ;) Die Rationale: Ich habe festgestellt, dass es da eine Neigung gibt, so "was wäre wenn" Spielchen anzustellen oder über andere zu spekulieren etc. Dann habe ich festgestellt, dass diese Gedankenspielchen vollkommen irrelevant sind und nicht den geringsten Einfluss darauf haben wie ich mich verhalte, dass es also für mich nur wichtig ist wie ich mich in bestimmten Situationen verhalte und dabei nicht in Situationen, die ich mir spekulativ ausmale, sondern Situationen wie sie Moment für Moment sind. Dabei ist mir jegliche Lust oder Freude an solchen Gedankenspielen vergangen.
    Versteh also alles was ich sage ohne jeglichen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Ich spreche nur für mich.

  • Jojo:

    Ich beziehe mich auf die 10 Bodhisattva Precepts (Gelöbnisse, Zen-Kai) der Soto-Shu. Darin geht es ums konkrete Handeln. Blue hat einen Link dazu angegeben. Die drei Geistesgifte sind ja Anhaftung, Abneigung (Variante von Anhaftung) und Ignoranz, also eher prinzipielle Reaktions-/Seinsweisen.


    Ja, danke Jo Jo. Und danke Blue für den Link. Es scheint hier tatsächlich eine andere Systematik zu geben als im tibetischen Buddhismus.


    Jojo:

    Meine Kollegin, die mich gestern anschrie, weil sie dachte, ich hätte einen Fehler gemacht – bis sie herausfand, dass sie den Fehler selbst gemacht hatte.


    Da bin ich ganz vorsichtig geworden. Bei uns ist es so, dass wir (technisch) erst sehen, dass jemand einen Fehler gemacht hat. Nicht - wer den Fehler gemacht hat. Früher habe ich mich dann schon manchmal geärgert über den Blödmann, der diesen Fehler fabriziert hat. Bis ich gemerkt habe, dass ich selbst dieser Blödmann war, der den Fehler verursacht hatte. :lol:
    Da war denn tatsächlich das beste Rezept, über die eigenen Fehler lachen zu können. Ich persönlich habe es mir komplett abgewöhnt mich über Fehler von anderen zu ärgern oder gar darüber lustig zu machen. Es kann immer auch der eigene Fehler sein.

  • fotost:

    In der üblichen Formulierung, etwa "Ich nehme mich der Übungsregel des Abstehens Leben zu nehmen an" ist dies eine sehr einfache Basisforderung, die relativ leicht einzuhalten ist (wenn man das dann noch auf menschliches Leben einschränkt). Die wenigsten Menschen bringen andere um. Das ist Pflichtteil der Veranstaltung und mußte für viele Menschen so formuliert werden.


    Die Kür ist dann die Einbindung dieser Idee in einen größeren Zusammenhang. Wenn es schon erstrebenswert ist, Leben nicht zu nehmen - wie viel erstrebenswerter muß es dann sein, Leben zu fördern? Bei sich selbst das volle Potential auszuschöpfen? Eine Umgebung zu schaffen, in der dies für viele möglich ist oder anderen direkt zu helfen?


    Ja, absolut. Im Soto-Zen wird das sogar explizit formuliert, wenn ich das jetzt richtig blicke. Den 10 Precepts (das Wort Gelöbnis, Gebot etc. mag ich nicht) sind nämlich noch die so genannten Three Pure Precepts (Drei reine Gebote) vorgeschaltet. Die drei können auf jedes einzelne der folgenden 10 Precepts angewendet werden. Ich versteh sie wie Level in einem Computerspiel:


    Level 1: Das Schlechte unterlassen, hier: nicht töten (ist relativ einfach, kann mit dem entsprechenden Willen und ein bisschen Beobachten fast jeder).
    Level 2: Das Gute tun, hier: Leben fördern (hm, was IST das Gute, was fördert Leben? Das setzt schon ziemlich viel an Einsicht und Durchblick voraus).
    Level 3: Das Gute für die anderen tun, hier: Eine Umgebung schaffen, in der dies für viele möglich ist (Das Gute für die anderen zu erkennen - dafür muss man glaub ich quasi schon erleuchtet sein)


    Ich spiele derzeit auf Level 1.

  • Stero:

    Versteh also alles was ich sage ohne jeglichen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Ich spreche nur für mich.


    Alles klar.
    Dito.

  • Jojo:

    Das Schlechte unterlassen, hier: nicht töten (ist relativ einfach, kann mit dem entsprechenden Willen und ein bisschen Beobachten fast jeder).


    Ja, wenn man es denn will. Die Christen interpretieren das Gebot ja so, dass es sich ausschließlich auf Menschen bezieht und nicht auf "alle fühlenden Wesen". Man kann Schlachter sein und trotzdem in den "Himmel" kommen.

  • Jojo:


    „Krafttraining“ finde ich einen etwas schwierigen Ausdruck. Er ruft – zumindest bei mir – Assoziationen in Richtung „Unterdrücken“ hervor, das von Stero ja schon als Gefahr angesprochen wurde. Den Ausdruck „Fingerübungen“ habe ich gewählt, weil es bei Fingerübungen auf genaue Wahrnehmung, auf Ruhe, Präzision und Leichtigkeit ankommt. Gleichzeitig ist bei Fingerübungen klar, dass es sich um Übungen handelt, also dass sie nicht das Ziel der Praxis sind – sondern nur ein Mittel, das der Automatisierung von häufig anzutreffenden Abläufen dient.


    Auch das Krafttraining ist nicht Ziel der Praxis, sondern dient dem Aufbau von Kraft. Im übrigen war dies nur ein Beispiel, ich fahre mit dem Rad, um mich fit zu halten.
    Meiner Erfahrung nach geht das Hand in Hand mit "Fingerübungen". Um bei der geistigen Kraft zu bleiben, so ist diese notwendig, um überhaupt bewusst wahrnehmen zu wollen, um Ruhe und Leichtigkeit zu erlangen. Solange ich mich nicht stark genug fühle, um unangenehme Gefühle zuzulassen und zu beob-Achten, solange werde ich mich gegen diese sträuben.


    Die Betonung liegt bei mir auf stetes Üben, da sonst z.B. die Muskeln erschlaffen und beim Geistestraining der Geist nicht aufhört, sich Illusionen über sich selbst zu machen.
    Solange ich immer nur sitze und mich nur im Haus bewege, spüre ich nicht, ob meine Muskeln mich noch tragen. Genau so ist es auch mit dem Geist. Solange ich nicht mit Leiden konfrontiert werde, spüre ich nicht, wie gut ich ausgerüstet bin, dem zu begegnen.
    Bin ich aber im "Training", dann wirkt sich diese Kraft sofort positiv aus.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monikadie4.:


    Solange ich immer nur sitze und mich nur im Haus bewege, spüre ich nicht, ob meine Muskeln mich noch tragen. Genau so ist es auch mit dem Geist. Solange ich nicht mit Leiden konfrontiert werde, spüre ich nicht, wie gut ich ausgerüstet bin, dem zu begegnen.
    Bin ich aber im "Training", dann wirkt sich diese Kraft sofort positiv aus.


    Grundsätzlich ist das die Illusion, die darin besteht, dass ich meine, ich sei "gut ausgerüstet" - ich bin aber immer nur bedingt "gut" ausgerüstet - bedingt bezieht sich dann auf alles, was mich (be)trifft. Und da muss ich mich garnicht dem besonders aussetzen, denn ich kann dem, was mich betrifft nicht entkommen. Es trifft mich eben auch zu Hause oder vielleicht gerade dort.

  • Thursday:


    Grundsätzlich ist das die Illusion, die darin besteht, dass ich meine, ich sei "gut ausgerüstet" - ich bin aber immer nur bedingt "gut" ausgerüstet - bedingt bezieht sich dann auf alles, was mich (be)trifft. Und da muss ich mich garnicht dem besonders aussetzen, denn ich kann dem, was mich betrifft nicht entkommen. Es trifft mich eben auch zu Hause oder vielleicht gerade dort.


    Ja, ich bin immer nur bedingt "gut" ausgerüstet, aber besser als gar nicht. Zu wissen, dass ich dem, was mich be-trifft, was mir zu-stößt, nicht entkommen kann, und die Erfahrung der eigenen psychischen Kraft reichen aus, um zu wissen, dass ich in der täglichen bewussten Übung nicht nachlassen darf. Und nur darum geht es mir. Denn als ich das letzte Mal ge-troffen wurde, war ich seit längerer Zeit nicht mehr so diszipliniert, und der Schock hielt eine Weile an, bis ich wieder in meiner Mitte angekommen war.
    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monikadie4.:
    Thursday:


    Grundsätzlich ist das die Illusion, die darin besteht, dass ich meine, ich sei "gut ausgerüstet" - ich bin aber immer nur bedingt "gut" ausgerüstet - bedingt bezieht sich dann auf alles, was mich (be)trifft. Und da muss ich mich garnicht dem besonders aussetzen, denn ich kann dem, was mich betrifft nicht entkommen. Es trifft mich eben auch zu Hause oder vielleicht gerade dort.


    Ja, ich bin immer nur bedingt "gut" ausgerüstet, aber besser als gar nicht. Zu wissen, dass ich dem, was mich be-trifft, was mir zu-stößt, nicht entkommen kann, und die Erfahrung der eigenen psychischen Kraft reichen aus, um zu wissen, dass ich in der täglichen bewussten Übung nicht nachlassen darf. Und nur darum geht es mir. Denn als ich das letzte Mal ge-troffen wurde, war ich seit längerer Zeit nicht mehr so diszipliniert, und der Schock hielt eine Weile an, bis ich wieder in meiner Mitte angekommen war.
    _()_


    Das ist nicht zu Ende gedacht.
    Bedingt bedeutet letztlich eben garnicht. Der Treffer kommt aus deiner Unwissenheit. Du bist für das, was kommt, nicht gerüstet. Du "weißt" zwar, dass du getroffen wirst, das ist sicher, aber dafür kannst du dich nicht rüsten, außer du legst da selbst Hand an - und verstößt damit gegen das Sila.
    Und das letzte Mal ist eben genau das, was gar nicht zählt. Das letzte Mal ist vergangen und da kannst du natürlich versuchen Lehren draus zu ziehen - aber das ist pure Illusion - das nützt nichts.


    Worauf ich hinaus will - die Übung der Silas ist weder Methode noch Technik.

  • Thursday:


    Worauf ich hinaus will - die Übung der Silas ist weder Methode noch Technik.


    Okay, was ist es dann?

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Monikadie4.:
    Thursday:


    Worauf ich hinaus will - die Übung der Silas ist weder Methode noch Technik.


    Okay, was ist es dann?


    Die Sila sind ein Teil des achtfachen Pfades. :grinsen:
    Dieser ist zu gehen. D.h. du übst ja auch nicht zuerst eine Geh-Methode oder Technik, sondern gehst einfach so, wie dein Gang halt ist. Die Ministry of Silly Walks ausgenommen:
    https://www.youtube.com/watch?v=IqhlQfXUk7w


    Daher ist der Vergleich mit dem Pianisten zimelich daneben - aber dennoch eine schöne Idee.