Bezugsrahmen Pali-Kanon

  • In einem anderen Thread hat Florian/Buddhaghosa geschrieben, er erachte den Pali-Kanon als geschlossenes System, innerhalb dessen die Antworten auf seine buddhistischen Fragen zu finden sein müssen.


    1)
    Der historische Buddha hat ja aber nicht den Pali-Kanon gelehrt, sondern Belehrungen an diverse Zuhörer erteilt. Erst in der Nachfolge wurde daraus ein Kanon erarbeitet. Warum also schon von einer offensichtlich falschen Voraussetzung ausgehen, wenn man sich mit der Buddha-Lehre beschäftigt?


    2)
    Was haben Aristoteles oder Wissenschaftstheorie mit der Buddha-Lehre zu tun? Die Lehren des Pali-Kanon machen Annahmen, die sie teilweise begründen; aber nicht voraussetzungsfrei beweisen. Eine Frage ist die Endlichkeit oder Unendlichkeit der Welt, welche relevant ist für ein Denken, welches karma und Wiedergeburt über eine unbegrenzte Anzahl von Leben annimmt. Wenn die Welt aber einen Anfang hat, und/oder ein Ende, wird damit ganz direkt eine solche Annahme in Frage gestellt. Insofern macht es meiner Meinung nach auf jeden Fall Sinn, den Bezugsrahmen offen zu halten.

  • Sôhei:


    1)
    Der historische Buddha hat ja aber nicht den Pali-Kanon gelehrt, sondern Belehrungen an diverse Zuhörer erteilt. Erst in der Nachfolge wurde daraus ein Kanon erarbeitet. Warum also schon von einer offensichtlich falschen Voraussetzung ausgehen, wenn man sich mit der Buddha-Lehre beschäftigt?


    Wer weiß schon genau, wie es war?


    Zitat

    According to a late part of the Pali Canon, the Buddha taught the three pitakas.[15] It is traditionally believed by Theravadins that most of the Pali Canon originated from the Buddha and his immediate disciples. According to the scriptures, a council was held shortly after the Buddha's passing to collect and preserve his teachings. It was recited orally from the 5th century BCE to the first century BCE, when it was written down. The tradition holds that only a few later additions were made. The pitakas were first written down in Sri Lanka in the Alu Viharaya Temple.


    Much of the material in the Canon is not specifically Theravādin, but is instead the collection of teachings that this school preserved from the early, non-sectarian body of teachings. According to Peter Harvey, it contains material which is at odds with later Theravādin orthodoxy. He states that "the Theravādins, then, may have added texts to the Canon for some time, but they do not appear to have tampered with what they already had from an earlier period."[16] A variety of factors suggest that the early Sri Lankan Buddhists regarded canonical literature as such and transmitted it conservatively.[17]


    (http://en.wikipedia.org/wiki/P%C4%81li_Canon)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Hallo Elliot


    Nun, es ist ja gerade ein Charakteristikum, dass bei den diversen Sutten gesagt wird, an wen sie gerichtet sind.
    Der historische Buddha hat den Pali-Kanon ja nicht mal kennengelernt.


    Was willst du also sagen?
    Dass der Buddha immer wenn er jemand neues oder eine neue Gruppe belehrt hat, gleichzeitig wusste was er schon alles gesagt hat, und was er noch alles sagen wird? Natürlich wortwörtlich, und jede neue Rede exakt daran angepasst hat, weil er ja auch wusste dass ein-zwei hundert Jahre später das in einer anderen Sprache niedergeschrieben wird?


    Klar, kann man glauben. Sind halt massive und unnötige Annahmen, völlig unwahrscheinlich, und geht schwer in Richtung Fundamentalismus. Aber trotzdem, kann man natürlich dran glauben.

  • Vielleicht sollte man bei solchen Betrachtungen einen Schritt weiter zurück gehen und sich fragen, wer 'der historische Buddha' überhaupt gewesen ist und was von seinem Leben oder seiner Existenz überhaupt durch Quellen außerhalb der buddhistischen Geschichtsschreibung belegt ist.


    Wobei es mir relativ egal wäre, was dabei herauskommt. Eine Wahrheit ist eine Wahrheit unabhängig davon, wer sie zuerst erkannt hat.

  • All das stellt sich nicht, wenn man einfach seine eigenen Erfahrungen untersucht.
    Die Texte sind Berichte über Ergebnisse. Daher sind sie nicht mehr als ein Handlauf, auf den man immer wieder mal eine Blick zur Inspiration werfen kann. Der eigentlich relevante Text ist der Text, den die Erfahrungen eines jeden selbst schreibt. Ist wie bei einem Gedicht: Es kann keine fremde Erfahrung vermitteln. Es kann jedoch dazu führen, sich einer eigene Erfahrung bewusst zu werden. Das nennt man dann "Aha-Effekt". Das Gedicht wird dann völlig klar. Aber von einem Gedicht ausgehend, eine Erfahrung zu machen, das funktioniert nicht.


    Man gaukelt sich daher etwas vor, wenn man denkt die Texte zu interpretieren. Man interpretiert immer seine Erfahrungen mit dem Text. Das ist natürlich auch eine durchaus effektive Methode, um etwas über sich kennenzulernen. Aber eben über sich. Nur, das ist es, was ich denke, dass der Buddha wollte, dass wir uns kennenlernen, nicht das was er sagt oder was von ihm überliefert und redigiert wurde. Der Text ist der Finger, der auf den Mond zeigt. Den Wissenschaftler interessiert der Finger, den Praktizierenden der Mond.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    All das stellt sich nicht, wenn man einfach seine eigenen Erfahrungen untersucht.
    Die Texte sind Berichte über Ergebnisse. Daher sind sie nicht mehr als ein Handlauf, auf den man immer wieder mal eine Blick zur Inspiration werfen kann. Der eigentlich relevante Text ist der Text, den die Erfahrungen eines jeden selbst schreibt. Ist wie bei einem Gedicht: Es kann keine fremde Erfahrung vermitteln. Es kann jedoch dazu führen, sich einer eigene Erfahrung bewusst zu werden. Das nennt man dann "Aha-Effekt". Das Gedicht wird dann völlig klar. Aber von einem Gedicht ausgehend, eine Erfahrung zu machen, das funktioniert nicht.


    Man gaukelt sich daher etwas vor, wenn man denkt die Texte zu interpretieren. Man interpretiert immer seine Erfahrungen mit dem Text. Das ist natürlich auch eine durchaus effektive Methode, um etwas über sich kennenzulernen. Aber eben über sich. Nur, das ist es, was ich denke, dass der Buddha wollte, dass wir uns kennenlernen, nicht das was er sagt oder was von ihm überliefert und redigiert wurde. Der Text ist der Finger, der auf den Mond zeigt. Den Wissenschaftler interessiert der Finger, den Praktizierenden der Mond.


    Liebe Grüße
    Doris


    Hallo Doris,
    ich finde "jein". Wie Erfahrungen und deren Interpretationen zustande kommen ist eine komplexe Angelegenheit. Texte, ebenso wie andere Geschichten darüber, wie etwas ist oder sein kann, sei es von Eltern und Freunden gehört, in Büchern gelesen etc. können uns sowohl dazu bringen bestimmte Erfahrungen erst einmal zu machen; und zugleich ist unsere Art Erfahrungen zu machen von unserer Vorgeschichte geprägt. Aber wir können uns bemühen, das was wir mit reintragen zu erkennen. Aber auch "blanke Sinneswahrnehmungen" werden zwangsweise mit dem Rest unserer Persönlichkeit verbunden (und ob es solche blanken Sinneswahrnehmungen überhaupt gibt, ist ja auch nicht einfach zu entscheiden). Sprich: Doris kann "den Mond" niemals ohne Doris erfahren, und Sohei den Mond niemals ohne Sohei. Und eigentlich würde ich sagen, dass gerade den Wissenschaftler dasjenige interessiert, was unabhängig davon dass speziell Doris oder Sohei den Mond betrachten, über den Mond aussagbar ist. Schließlich: die Beschäftigung mit der Wissenschaft kann vielleicht auch dazu führen dass man erkennt, dass der Finger überhaupt nicht auf den Mond zeigt.

  • Sôhei:

    In einem anderen Thread hat Florian/Buddhaghosa geschrieben, er erachte den Pali-Kanon als geschlossenes System, innerhalb dessen die Antworten auf seine buddhistischen Fragen zu finden sein müssen.


    Hi Sohei


    dass der Palikanon nach Buddha zusammengefasst wurde, muss man hier nicht erwähnen


    aber dass er ein geschlossenes System sein soll, wird von Gelehrten nicht vertreten, da der Sutta-Teil manchmal (scheinbar) wiedersprüchliches enthält, das an verschiedene Zuhörer gerichtet war, und später im „Abhi“dhamma-Teil versucht wurde, dieses in ein geschlossenes System zu pressen


    zudem kamen später im „Abhi“dhamma und Visudhimagga neue Theorien wie Drei-Leben-Theorie oder Bewusstseinskontinuum hinzu, um die nicht verstandenen Lehren des Bedingten Entstehens mit der weltlichen Lehre (loka Dhamma) von der Wiedergeburt zu vereinen


    für mich enthält der Sutta-Teil des PK, selbst die ersten drei Lehrreden, alles was man braucht, und auch einen durchgehenden 'roten Faden'


    Liebe Grüße


    nibbuti

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Sôhei:

    Der historische Buddha hat den Pali-Kanon ja nicht mal kennengelernt.


    Was willst du also sagen?
    Dass der Buddha immer wenn er jemand neues oder eine neue Gruppe belehrt hat, gleichzeitig wusste was er schon alles gesagt hat, und was er noch alles sagen wird? Natürlich wortwörtlich, und jede neue Rede exakt daran angepasst hat, weil er ja auch wusste dass ein-zwei hundert Jahre später das in einer anderen Sprache niedergeschrieben wird?


    Ich bin mir nicht sicher, ob ich Deine Einwände verstehe.


    Nehmen wir als Beispiel die folgende Lehrrede:



    Logisch betrachtet kann der Buddha nicht Autor dieser Lehrrede sein, da er laut Inhalt der Lehrrede ja bereits nicht mehr unter den Lebenden weilte, als sich das in der Lehrrede beschriebene zutrug.


    Dennoch wäre denkbar (!), dass der Buddha zu fortgeschrittenem Alter mit Ananda und einigen anderen langjährigen Weggefährten in weiser Voraussicht zusammen gesessen hat, mit diesen Weggefährten sämtliche Lehrreden des Majjhima Nikāya entworfen hat (auch die obige, in der er nicht mehr unter den Lebenden weilt) und diese Lehrreden dann von vielen Bhikkhus hat auswendig lernen lassen, damit diese und seine darin dargelegte Lehre möglichst unverfälscht weitertradiert werden.


    Beim ersten Konzil dann wurden diese Lehrreden gleich kanonisiert:


    Zitat

    Das erste buddhistische Konzil („der Fünfhundert“) soll der Überlieferung nach unmittelbar nach dem Verlöschen des Erleuchteten (483 v.u.Z) einberufen worden sein. Man einigte sich, dass die kommende Regenzeit (ab Juni) der rechte Zeitpunkt wäre und als Ort wählte man die Fläche vor den Sattapaṇṇi-Höhlen ("Siebenblatt-Höhlen", benannt nach dem duftenden Siebenblattbaum) am Nordhang des Vaibhāra-Berges bei Rājagriha (Rājagṛha, Pāli: Rājagaha), wo Ajātasattu, der Großfürst von Magadha eine pavillonartige Überdachung errichten ließ.

    Die Überlieferung (Cullavagga XI des Vinaya-Piṭaka im Pāli-Kanon) berichtet, auf diesem Konzil sei der "Korb der Lehrreden" (pāli: "Sutta-Piṭaka", also die Lehre "dharma") und der "Korb der Ordensregeln" (pāli: "vinaya-Piṭaka", also die Ordensdisziplin der Mönche und der Nonnen) zusammengestellt worden. Der langjährige enge Vertraute des Buddha, Ānanda, der für sein hervorragendes Gedächtnis bekannt war, soll die Lehrreden (Sutta) wiedergegeben haben und Upāli, der für seine exzellenten Kenntnisse der Vorschriften bekannt war, den Vinaya (die Ordensregeln). Den Abhidharma (die "höhere Lehre", das scholastische System der Lehre) hat es zu jener Zeit noch nicht gegeben.

    (http://de.wikipedia.org/wiki/Buddhistisches_Konzil)


    Aber erst viel später wurden die Lehrreden aufgeschrieben.


    Möglich wäre das zumindest.



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot



  • :lol::lol::lol:

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Sôhei:


    1)
    Der historische Buddha hat ja aber nicht den Pali-Kanon gelehrt, sondern Belehrungen an diverse Zuhörer erteilt. Erst in der Nachfolge wurde daraus ein Kanon erarbeitet. Warum also schon von einer offensichtlich falschen Voraussetzung ausgehen, wenn man sich mit der Buddha-Lehre beschäftigt?


    Also durch die Beschäftigung mit der Buddhalehre entsteht bei mir der Eindruck dass die Belehrungen des Buddha im Palikanon erhalten sind. Es fehlt mir da nichts Wesentliches zur Lösung des Daseinsrätsels.


    Sôhei:


    2)
    Was haben Aristoteles oder Wissenschaftstheorie mit der Buddha-Lehre zu tun? Die Lehren des Pali-Kanon machen Annahmen, die sie teilweise begründen; aber nicht voraussetzungsfrei beweisen. Eine Frage ist die Endlichkeit oder Unendlichkeit der Welt, welche relevant ist für ein Denken, welches karma und Wiedergeburt über eine unbegrenzte Anzahl von Leben annimmt. Wenn die Welt aber einen Anfang hat, und/oder ein Ende, wird damit ganz direkt eine solche Annahme in Frage gestellt. Insofern macht es meiner Meinung nach auf jeden Fall Sinn, den Bezugsrahmen offen zu halten.


    Ich erlebe das so, dass man zur Lösung bestimmter Fragen zuerst alles heranzieht was an Informationen erhältlich ist, bis der Bezugsrahmen übrigbleibt der am Vielversprechendsten ist. Das hängt davon ab welche Fragen man hat. Meine Fragen finde ich in der überlieferten Buddhalehre am Besten gelöst, und nur unzulänglich durch Naturwissenschaft, Christentum, griechischer Philosophie oder sonstwas. Zuerst fragt man sich was man eigentlich will und dann sucht man dort wo man es zu finden hofft.
    Von allen Fragen ist bei mir letztlich die Frage übriggeblieben wie das Leid beendet werden kann, ich halte sie sozusagen für die Mutter aller Fragen, den grundsätzlichen Antrieb für alles Streben.

  • mukti:

    1)
    Also durch die Beschäftigung mit der Buddhalehre entsteht bei mir der Eindruck dass die Belehrungen des Buddha im Palikanon erhalten sind. Es fehlt mir da nichts Wesentliches zur Lösung des Daseinsrätsels.



    2)
    Ich erlebe das so, dass man zur Lösung bestimmter Fragen zuerst alles heranzieht was an Informationen erhältlich ist, bis der Bezugsrahmen übrigbleibt der am Vielversprechendsten ist. Das hängt davon ab welche Fragen man hat. Meine Fragen finde ich in der überlieferten Buddhalehre am Besten gelöst, und nur unzulänglich durch Naturwissenschaft, Christentum, griechischer Philosophie oder sonstwas. Zuerst fragt man sich was man eigentlich will und dann sucht man dort wo man es zu finden hofft.
    Von allen Fragen ist bei mir letztlich die Frage übriggeblieben wie das Leid beendet werden kann, ich halte sie sozusagen für die Mutter aller Fragen, den grundsätzlichen Antrieb für alles Streben.


    1) Das im Pali-Kanon Buddha-Lehre drinnen ist, stand ja gar nicht zur Frage (auch nicht, wieviel und wie authentisch). Es ging mir hier vielmehr darum: wir sprechen heutzutage immer bequem vom Pali-Kanon und allen darin enthaltenen Lehren. Historisch hat sich ja aber Buddha nicht hingesetzt und ein 1500-Seiten starkes Lehrgebäude entworfen, sondern er hat gleichzeitig und nacheinander konkrete Menschen unterwiesen. Manche ganz kurz, manche etwas länger; manche einmal, manche mehrmals. Sprich, wenn wir uns dem Buddhismus über das Gesamt "Pali-Kanon" nähern ist das bereits eine Situation, wie es sie zu Lebzeiten des Buddha nie gegeben hat.


    2) Natürlich wenden wir uns den Werkzeugen und Wegen zu, mit denen wir am besten klarkommen und die am besten unseren Bedürfnissen entsprechen. Und, das behaupte ich jetzt, dabei interessiert uns in der Regel nicht die Vollständigkeit und durchgängige inhaltliche Stimmigkeit der zugrundeliegenden Lehre. Das ist ja auch völlig okay. Wenn ich aber abgesehen vom pragmatischen Wert den eine bestimmte Lehre für mich hat auch ihre theoretische Widerspruchsfreiheit (oder sogar Dominanz) behaupte, dann muss ich die fraglichen Probleme (Beständigkeit und Veränderung, Ewigkeit der Welt, Was ist gut bzw. heilsam und warum etc.) auch für andere Sicht- und Herangehensweisen offenhalten. Und das bringt alles nix, wenn ich von vorherein nur ein Ergebnis zulassen will (auch wenn dieser Fehler natürlich auch Naturwissenschaftlern, Geisteswissenschaftlern etc. unterlaufen kann).

  • Ich befürchte, die Sache ist komplexer. Nehmen wir das Dhammacakkappavattanasuttaṁ (am Anfang des Vinaya Mahavagga). Dort spricht der Buddha vom dhammo ghambiro (gemeint ist paticcasamuppado), das so tiefgründig sei, dass es nur wenige verstehen könnten. Es sei nur den Weisen (paṇḍita-vedanīyo) verständlich. Wir können davon ausgehen, dass nicht alle, die Buddhas Worte weitergaben, weise waren, ansonsten wäre so ein Hinweis kontraproduktiv. Der Sanskrit-Experte Christian Lindtner hat aufgezeigt, dass dieser Text mathematischen Gesetzmäßigkeiten in seiner Gestaltung folgt (dem "Goldenen Schnitt" der Pythagoräer) und demnach nicht ohne Kenntnis dieser Gestaltung gemacht sein kann. Wäre er von Buddha, so seine Meinung, dürfte dieser dann erst zu Zeiten Alexander des Großen gelebt haben, ein paar Jahrhunderte später als viele meinen und zumindest NACH dem ersten Konzil. Entweder hieße das, der Buddha habe also viel später gelebt, oder aber, was im 1. Konzil zusammengetragen wurde, kann nicht von diesem Buddha sein.


    Nach Lindtner fanden die Griechen, als sie nach Indien kamen, eine rückständige Kultur vor, der sie dann erst ihren Stempel aufdrückten. In der Diskussion am Ende des unten verlinkten Vortrags gibt es da ein paar scharfe Kommentare. Der Buddha sei im 3. Jhd. entstanden - aber nur im Kopf seines Erfinders. Lindtner führt diverse Zeichen (das Rad, den Park usf.) auf griechische Zeichen zurück.


    Es sind jedenfalls Hinweise auf eine religionswissenschaftliche Ansicht, dass mit den Buddha-Lehren gewisse Bedürfnisse von Menschen erfüllt werden, aber eben genau keine historischen Wirklichkeiten erzählt sind. Der Ansatz, von einem historischen Geschehen auszugehen, ist m.E. von vornherein falsch.


    https://www.youtube.com/watch?v=Ex-UG4Dg8JQ

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Sôhei:


    1) Das im Pali-Kanon Buddha-Lehre drinnen ist, stand ja gar nicht zur Frage (auch nicht, wieviel und wie authentisch). Es ging mir hier vielmehr darum: wir sprechen heutzutage immer bequem vom Pali-Kanon und allen darin enthaltenen Lehren. Historisch hat sich ja aber Buddha nicht hingesetzt und ein 1500-Seiten starkes Lehrgebäude entworfen, sondern er hat gleichzeitig und nacheinander konkrete Menschen unterwiesen. Manche ganz kurz, manche etwas länger; manche einmal, manche mehrmals. Sprich, wenn wir uns dem Buddhismus über das Gesamt "Pali-Kanon" nähern ist das bereits eine Situation, wie es sie zu Lebzeiten des Buddha nie gegeben hat.


    Die Frage ob alle Lehren des Buddha im Palikanon enthalten sind oder nicht scheint mir weniger wichtig als die Frage ob im Palikanon genug erhalten ist um dem Zweck zu erfüllen, den man im Leben sieht. Wenn sie das tun, dann bleibt noch die Frage ob sie auf die heutige Situation anwendbar sind. Nachdem sich der Mensch im Wesentlichen seit damals nicht verändert hat, sind sie das grundsätzlich schon. Verändert haben sich die Lebensumstände und die Denkweise, mithin der Zeitgeist. Das erschwert die Sache, macht sie aber nicht prinzipiell unmöglich will mir scheinen.


    Sôhei:


    2) Natürlich wenden wir uns den Werkzeugen und Wegen zu, mit denen wir am besten klarkommen und die am besten unseren Bedürfnissen entsprechen. Und, das behaupte ich jetzt, dabei interessiert uns in der Regel nicht die Vollständigkeit und durchgängige inhaltliche Stimmigkeit der zugrundeliegenden Lehre. Das ist ja auch völlig okay. Wenn ich aber abgesehen vom pragmatischen Wert den eine bestimmte Lehre für mich hat auch ihre theoretische Widerspruchsfreiheit (oder sogar Dominanz) behaupte, dann muss ich die fraglichen Probleme (Beständigkeit und Veränderung, Ewigkeit der Welt, Was ist gut bzw. heilsam und warum etc.) auch für andere Sicht- und Herangehensweisen offenhalten. Und das bringt alles nix, wenn ich von vorherein nur ein Ergebnis zulassen will (auch wenn dieser Fehler natürlich auch Naturwissenschaftlern, Geisteswissenschaftlern etc. unterlaufen kann).


    Ich interessiere mich schon für die grundlegende Vollständigkeit der Lehre, also das alles darin enthalten ist was mich zur Erkenntnis über das Dasein führen kann, was mir der Fall zu sein scheint. Dazu gehört auch das sie in sich Stimmig ist, also im Wesentlichen widerspruchsfrei. Auch das scheint mir der Fall zu sein. Ich lasse allerdings nur ein Ergebnis zu wenn ich mich mit Lehren egal welcher Richtung befasse, nämlich das Gewünschte. Soll heißen dass ich die Lehre weiterverfolge, die das gewünschte Ergebnis zu erbringen scheint, bis sich herausstellt, dass sie es nicht erbringen kann. Bei der Buddhalehre habe ich da bis jetzt die geringsten Zweifel. Dabei sehe ich kein Problem weiterhin für andere Sicht- und Herangehensweisen offen zu bleiben, und eine Widerlegung der Buddhalehre zu akzeptieren. Auf der rein theoretischen Ebene sehe ich darin allerdings keinen Sinn, weil man über diese Fragen die du anführst endlos diskutieren könnte ohne zu einem Ergebnis zu kommen. Ich sehe es für mich als nicht sinnvoll an, den pragmatischen Aspekt auszuklammern. Rein theoretisch kann ich nicht wissen ob die Buddhalehre die höchste ist oder nicht, das ist ein subjektives Erleben. Objektiv kann ich bleiben, indem ich andere subjektive Eindrücke gelten lasse, ohne zu beanspruchen die absolute Wahrheit zu kennen.

  • Hallo,
    so ist es halt mit dem Pali-Kanon wie mit den christlichen Schriften. Keiner weiss genau wie es wirklich war.
    Auch die außerordentliche Aufforderung von G. Buddho an seine Anhänger, sich jedes seiner Worte zu merken, jede Silbe, jede Betonung, kam
    es zu widersprüchlichen Auffassungen über die Lehre des Erhabenen. Deshalb wurde versucht, in etlichen Konzilen, die frühere Lehre wieder zu
    finden und auch niederzuschreiben im Pali-Kanon. Aber hier gibt es schon wieder unterschiedliche Auslegungen in den Übersetzungen von Neumann und Zumwinkel.
    Ich bin im Besitz der Neumanschen Übersetzungen und habe alle Ziele erreicht, wie sie dort niedergeschrieben sind.
    Andere sagen, das sei ihnen auch mit Zumwinkel gelungen. Da ich keinen davon kennen möchte ich mich auch nicht dazu äußern.


    SAKKO


  • Du hast alle Ziele erreicht wie sie dort niedergeschrieben sind?? Vollständige Trieberlöschung etc.?
    Dann darf man wohl zur Arhatschaft bzw. Buddhaschaft gratulieren?

  • Hi,
    swe PK ist die einzig verfügbare Literaturquelle. Der PK ist nicht die perfekte Darstellunf der Lehew Goltamo
    Buddhos aber die einzig noch fast originale Quelle, die zur Verfügung steht.
    Das was in den umfangreichen Bänden steht ist ausreichen, die Lehre von G. Buddho zu verstehen.


    sakko



  • Das mit den Griechen stimmt so mMn, nicht ganz. Ob die Indische Kultur an sich zur damaliger Zeit unterentwickelt war halte ich für unwahrscheinlich könnte aber zum Teil stimmen, da die Griechen nicht wirklich viel von Indien eroberten. Alexander und seine Nachfolger hatten nur die Außenbereiche des Indischen Kulturraums erobert, wie zb. Afghanistan. Möglicherweise war die Kultur in den Außenbereichen Indiens ( Baktrien ) noch unterentwickelt.
    http://de.wikipedia.org/wiki/G…ktrisches_K%C3%B6nigreich


    Wie du es schon gesagt hast führte das dann zu einer Synthese zwischen diesen zwei Kulturen aber hier dominierte keine bestimmte Kultur sondern beide beeinflussten sich gegenseitig.
    http://de.wikipedia.org/wiki/Graeco-Buddhismus

    Wir müssen ganz zu einem warmen Herzen werden; Ohne Mitgefühl Ohne Barmherzigkeit Ohne Liebe gibt es keinen Buddhismus